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sung! Wir dürfen nicht länger säumen, um jeden Preis unsere kostbaren Errungenschaften zu bewahren, o hört unsere Warnung, unseren Hülferuf, Vertreter eines freien Volkes! Ladet nicht den Vorwurf der Mit- und Nachwelt auf Euer Haupt durch ängstliches Zögern und Berathen wo es sich um das Wohl von Millionen handelt. Freie Männer des Volkes, beweiset daß Ihr würdig des Vertrauens seyd einer so großen Nation, und erbaut Euch ein Denkmal in den Annalen der Geschichte, das unzerstörbar.

Bürger wir vertrauen Euerem bewährten Pflichtgefühl.

Wien, den 17. October 1848. Im Namen des ersten demokratischen Wiener Frauen-Vereines. Caroline Perin, geb. Pasqualati, m. p., Präsidentin."

In der Signng des Centralausschusses der demokratischen Vereine im Gasthofe bei der Ente, wurde den Tag zuvor beschlossen, den Reichstag auf irgend eine Art zur Ausschreibung des Landsturmes zu vermögen, nachdem sowohl derselbe als auch der Gemeinderath zum Angriff der k. Truppen, troß aller Versuche der Mitglieder des demokratischen Vereines hiezu nicht zu bewegen war. Endlich wendete man sich an den demokratischen Frauer-Verein, deren Präsidentin Perin und eine Madame Bruck múller sich für die Zusammenstellung einer Monstre-Deputation erklärten. Bei der Ente wurde die Petition entworfen, dann die Unterschriften gesammelt. Um 4 Uhr Nachmittags zog ein Haufe von Frauen und Mädchen unter Geplauder und Geficher zum Reichstagslokale, und übergab obige Petition.

Der vom Abgeordneten Sierakowski gestellte Antrag: Die hohe Reichsversammlung möge beschließen, daß diejenigen Gouverneure oder sonstige Vorsteher der Provinzen, welche die gefaßten Beschlüsse des Reichstages zu verlautbaren unterlassen, als Landesverräther erklärt und als solche behandelt werden sollen," sammt dem Zusagantrage des Abgeordneten Wienkowski, nach welchem hinter das Wort „Reichstage“ in den obigen Antrag einzuschalten wäre: ,,welche ihnen durch das Organ der Executivgewalt zukommen," wurde durch den yom Abgeordneten Schufelka gestellten, und durch Stimmenmehrheit angenommenen Antrag:,,daß das Ministerium aufzufordern wäre, die Beschlüsse des Reichstages, unter strengster Verantwortung, ämtlich und so schnell als möglich verlautbaren und das Briefgeheimniß aufs Genaueste wahren zu lassen," beseitiget.

8 Uhr Abends langte beim Ober-Commando die Meldung ein: daß das Militär einen Theil der Taborbrücke abgetragen habe.

8. Uhr. Die Garden des Ortes Grinzing übersendeten an das Ober-Commando die Meldung: daß sie ihre Waffen um keinen Preis ablegen wollen, und ersuchen um Uebersendung scharfer Patronen.

Das Studenten-Comitee zeigte beim Ober-Commando an: daß 66 bewaff

nete Finanzwächter auf der Hauptmauth verborgen sehen. Friederich Beck, Uhrmacher im Neulerchenfelde, zeigte beim Ober-Commando an, daß der dortige Richter, Namens König, der auch Hauptmann der Nationalgarde ist, den Befehl gegeben habe, daß sich, im Falle Militär durch den Ort ziche, Niemand an den Fenstern sehen lassen soll, damit sie das Militär nicht reizen, und Anlaß zur Plünderung geben; auch habe er sogar schon mehrere Garden aufgefordert, die Waffen abzulegen. Ein vernünftiger Grundrichter !

11 Uhr Nachts. Erasmus Biel, aus der akademischen Legion, meldete beim Ober-Commando, daß ein Lieutenant des 2. Bataillons der Wiener-Freiwilligen mit einer Kiste erbeuteter Gewehre aus Pavia angekommen sey, und diese Gewehre in Wien heimlicher Weise verkaufen wolle. Derselbe nennt sich Ignaz Kepschira, wohnt auf der Wieden in der Hartmannsgasse, und hat auch als Südfrüchtenhändler ein Gewölh zu Mariahilf in der Kirchengasse.

12 Uhr Mitternacht. Das Commando der akademischen Legion bei der St. Marger-Linie zeigte beim Ober-Commando an, daß auf den Höhen bei Schwadorf Wachsener sichtbar werden, welche von der Stellung der f. Truppen abweichen, und den Ungarn gehören dürften.

Auf der Wieden herrschte eine Kampflust, als wenn die Leute bisher kein anderes Handwerk getrieben hätten. Die Linien und die Wälle waren mit Kanonen und einer täglichen Wache von beiläufig 500 Garden und Arbeitern beseßt. In Mariahilf, Gumpendorf, Neubau und auch im Schottenfeld war eine große Rührigkeit der Bewaffneten wahrzunehmen.

Die allgemeine österreichische Zeitung schrieb:,,Das Lager im Belvedere wird aus 40000 Mann mobiler Garden bestehen. Die Leitung hat der berühmte polnische General Bem. Es ist bestimmt, bei dem bevorstehenden Angriffe der Ungarn dem Feinde in Rücken zu fallen.“

Mit den 40000 Mann hatte es eine ganz andere, etwas moderatere Bewandtniß. Die allg. österr. Zeitung brachte Lügen als Verbündete.

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An den löblichen Ausschuß der hohen Reichsversammlung in Wien. Mit Befremden entnehme ich aus der geschäßten Zuschrift vom 16. d. M., daß ein löblicher Ausschuß Gerüchten über eine standrechtliche Hinrichtung von fünf Individuen Glauben schenkt, ferner sich über schmähliche Behandlung eines Deputirten und Schmähungen und Drohungen gegen den Reichstag beklagen zu sollen glaubt. Ich weiß nicht, woher der löbliche Ausschuß diese und ähnliche Nachrichten erhält, muß sie aber jedenfalls als ganz lügenhaft bezeichnen. Obwohl ich durch die häufig vorgekommenen Versuche zur Verführung meiner Soldaten alle Ursache gehabt hätte, für dieses Verbrechen das Standrecht zu publiciren, so habe ich es bis jezt absichtlich vermieden, dieses ernste Wort auszusprechen, und es kann somit von in meinem Lager geschehenen

Hinrichtungen durchaus keine Rede seyn. Eben so wenig ist mir von schmählicher Behandlung eines Deputirten, so wie von Schmähungen und Drohungen gegen den hohen Reichstag die geringste Kunde zugekommen. Das Erfinden und Ausbreiten solch' lügenhafter Gerüchte, die troß vielfachen Erfahrungen über ihre Grundlosigkeit dennoch nur zu leicht Eingang finden, gehört unzweifelhaft mit zu jenen Mitteln, wodurch eine gewisse Partei allenthalben Besorgnisse zu unterhalten, und Haß und Erbitterung zu erwecken bemüht ist.

Hauptquartier Inzersdorf, am 17. Oct. 1848. Graf Auersperg, m. p." „Vom Nationalgarde-Ober-Commandanten an die Bevölkerung der Stadt Wien und Umgebung. Mitbürger! Waffenbrüder! Ihr habt gestern Morgens meine erste Note an den Banus gelesen. Abends bin ich vor den hohen Reichstags= Ausschuß, und eine Stunde später vor den versammelten Gemeinderath getreten.

Es war mein erstes Auftreten vor dieser ehrwürdigen Körperschaft, die constituirende Reichsversammlung (?) unserer freien Gemeinde. Ich hatte die Antwort des Banus zu überbringen. Der Banus antwortefe nicht schriftlich. Der Gemeinderath wird seine an den Parlamentär gerichteten Worte veröffentlichen. Ihr werdet daraus ersehen, wie gering der Banus von dem Charakter Eures provisorischen Ober-Commandanten dachte.

Seine Excellenz, der Herr Banus, wunderten sich, daß unter der geglätteten Sprache staatsmännischer Schönrednerei, der grollende Ernst eines Mannes vernehmbar durchbrach, der im Namen von Zehnmal zehn Tausend (?) mißhandelter und tiefverleßter Wehrmänner reden zu sollen, die ernste Sendung hat. Hättet Ihr es dulden können, daß ich über die offenkundigen Gewaltthätigkeiten gegen die Stadt und Umgebung kalten Herzens und argen Geistes hinweggesehen, weil ich für meine Person nicht darunter litt? Hättet Ihr das? - Redet!

Der Herr Banus spricht von meiner Ansicht. Ich erklärte vor den Schranken des Gemeinderathes, der Versammlung unserer ehrwürdigen Väter:

Ich, der Mensch, das Individuum, der Bürger Wenzel Messenhauser, hat keine Ansicht. Der provisorische Ober-Commandant vollstreckt die Ansicht des hohen Reichstages. Er vollstreckt die Ansicht des Gemeinderathes. Er vollstreckt mithin, eben so sehr die Ansichten der tagenden Völker, als die Ueberzeugung der tagenden Gemeinde.

Mitbürger! Waffenbrüder! Dieses mein Urtheil über die ausweichende Politik des Banus ist mit Beifall begrüßt worden. Mein lauschendes Ohr trank daraus die Musik, die in dem offenen entschlossenen Gefühls- und Gedankensausdrucke freier unabhängiger Bürger liegt. Mitbürger! Waffenbrüder! Diese Männer sind Euere Båter. Ihr habt Sie zu ehren; Ihr habt Ihren Absichten und Leistungen mit Vertrauen zu begegnen. Diese Männer, obwohl

nur schlichte Bürger, obwohl nur (?) Industrielle, werden — ich bürge Euch dafür - im entscheidenden Augenblicke eher die hochherzigen Worte nachrufen -,,Alles ist verloren, nur die Ehre nicht“ — als der Zukunft Ihrer Kinder und Enkel ein geschändetes Wien überlassen. Waffenfähige Männer von Wien! Das kleine Sparta hatte keine Mauern, und durch Jahrhunderte sahen seine Weiber nicht den Rauch eines feindlichen Lagers.

Barum? Die Brust seiner freien Männer war die unbezwinglichste Mauer. Mitbürger! Euer provisorischer Ober-Commandant hat dem versammelten Gemeinderath sein Schreiben an den Banus vorgelesen, und über den Inhalt der mündlichen Antwort Seiner Excellenz seine Bertheidigungs-Anträge gestellt. Es waren die Väter der freien Gemeinde der Stadt Wien. Seinen Anträgen ist wiederholter Beifall zu Theil geworden.

Morgen werden alle Mobilen-Corps, alle Freiwilligen in das Feldlager vom Belvedere beordert werden. Herr General-Lieutenant Bem ist Lager-Commandant. An ihn und seinen Stab ist sich mit allen Meldungen zu wenden. Euer Ober-Commandant hat sich von dem Grafen Auersperg eine ähnliche bestimmte Erklärung erbeten. Die Antwort ist noch ausständig. Sie wird von mir dem hohen Reichstags-Ausschusse, so wie dem ehrwürdigen Gemeinderathe alsogleich mitgetheilt werden, und dadurch sowohl, als durch meine Kundmachung zu Eurer Kenntniß gelangen. Mitbürger! Morgen Abend befindet sich auch Euer Führer in der Mitte zahlloser (?) Tapferer in dem Feldlager vom Belvedere. Sein Hauptquartier in der Stallburg wird für einige Zeit geschlossen bleiben. Wien, am 17. Oct. 1848 Messenhauser, prov. Ober-Command."

Als Beleg, wie verblendet die Provinzialen über die Wiener Ereignisse schrieben und handelten, möge nachstehende Adresse dienen, worin der schmachvollste Mord an Latour ohne allem Zweifel als der wichtigste Theil des angeblich glorreichen Sieges des unvergeßlichen 6 Octobers" verstanden werden muß.

Adresse des Kärthner Volksvereins. „Legionäre, National- und Bürgergarden und Volf von Wien!"

Der neuerliche, glorreiche Sieg des unvergeßlichen 6. Octobers hat mit ehernem Griffel ein Blatt Volksgeschichte geschrieben, welches der Zeitensturm von Jahrtausenden nicht verlöschen wird! Männer mit der flammendsten Begetsterung im Herzen und der kühnsten Todesverachtung in den Blicken, haben einen Kampf geschlagen, der wie ein rächender Wetterstahl, die freiheitsmörderische Hofpartei zu Boden schmetterte! — Es war ein Kampf auf Leben oder Sterben, und das Volk von Wien hat den unumstößlichen Beweis geliefert, daß an dem Heldenmuthe und der Begeisterung einer tapferen, todesmuthigen Nation, welche das Panier der Freiheit bis zum leßten Herzensschlage schwingt, alle Machina

tionen einer nichtswürdig en Camarilla zerschellen müssen, wie die ohnmächtige Brandung an dem unerschütterlichen Felsenriffe!

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Wir halten es daher für unsere heiligste Pflicht, der tapferen akademischen Legion, National- und Bürgergarde, so wie allen tapferen Kämpfern des 6. Octobers für den ruhmvoll erfochtenen Sieg, unseren heißesten Dank auszudrücken. Der Freiheit unser Gut, für's Volk unser Blut! — Klagenfurt, 17. Oct. 1848. Im Namen des Kärnthner Volksvereines. Dr. Jof. Hanet, prov. Obmann. K. Kroner, Schriftführer." Wir, für unsere Person und für 200,000 und mehr einheimische Bewohner Wiens, halten es für eine wahrhaft heilige Pflicht, obiger Adresse gegenüber, den 6. October keineswegs einen glorreichen, oder ruhmvoll erfochtenen Sieg, zu nennen, vielmehr die ohne Ober-Commando-Befehl erfolgte Ausrückung von circa 14 Compagnien Garden zum Schuße rebellirender, betrunkener, demoralisirter, verführter Grenadiere, die dem Kriegsgerichte verfallen waren; deren mörderisches Feuer auf die ihre Pflicht erfüllenden Truppen; die eben so niederträchtige als barbariste Ermordung des wehrlosen Kriegsministers; die räuberische Plünderung des Zeughauses, halten wir für eine beispiellose Dummheit zu Gunsten der in Unrecht begriffenen Magyaren, und zum fürchterlichsten Nachtheil der Stadt Wien, für eine Schmach,,,welche der Zeitensturm von Jahrtausenden nicht verlöschen wird und alle dabei Betheiligten für Mörder und Verbrecher, die die Ehre der Stadt Wien gebrandmarkt haben.

Am 17. 11 Uhr Mittags bekam der dem Obersten Schaumburg als Ordonnanz-Offizier zugetheilte Bürger-Hauptmann Knoth den Auftrag, mit Depeschen nach Stein zu dem dortigen Militär-Commandanten abzugehen, und hauptsächlich dahin zu wirken, daß ein in Stein gefangen gehaltener Garde befreit werde. Als er mit seiner Begleitung Abends 9 Uhr in Stein anlangte, wurde er zu dem Feldmarschall-Lieutenant von Ramberg geführt, welcher von Knoth die Reichstags-Depesche übernahm, und ihn versicherte, daß er in Betreff des gefangenen Garden durchaus nichts thun könne. In Bezug der Wiener Angelegenheit aber sprach sich der General sehr energisch aus; er erklärte, daß dem in Wien herrschenden Terrorismus gesteuert werden müsse, der Presse müsse ein Zügel angelegt, die Mörder Latour's zur Strafe gezogen, und überhaupt der Zustand der Stadt Wien geregelt, und zur geschlichen Freiheit zurückgeführt werden. Der General gab Knoth zugleich die vollste Versicherung, daß es niemals dem Militär einfallen könne, von den Errungenschaften auch nur das Ge ringste zu schmälern; er erzählte ferner, der gefangene Garde sey mit Depeschen von Messenhauser, welche an die Nationalgarden-Commandos von Krems, Stein und Langenlois gerichtet waren, aufgefangen worden, und zwar nur des halb, weil derselbe in Krems auf offener Straße Aufruhr gepredigt, und die Be

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