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Durchsicht vorgelegt werden sollen. Für dasselbe wurden erwählt die Herren Kaltenbäck, Kaiser, Wessely, Stubenrauch, Stifft *).

Pranters Antrag: Die Geschäftsleute in der Stadt zur Eröffnung ihrer Gewölbe aufzufordern und die Barrikaden zur bessern Passage umzugestalten, wurde in seinem ersten Theile als unnöthig erkannt; hinsichtlich der Barrikaden wurde jedoch beschlossen, die Vermittlung des Studenten-Comitees hiezu dankbar anzunehmen und dem Unterkammeramte die Beseitigung der Barrikaden aufzutragen.

Dem Studenten-Comitee wurde der Dank der Versammlung für die Erklärung seiner Mitwirkung durch eine Adresse ausgedrückt.

Wessely zog seinen Antrag zu einer Vertrauens-Adresse an das Nationalgarde-Obercommando als überflüssig zurück.

Auf eine Mittheilung des Studenten-Comitees, daß die Grenadiere des Bataillons Richter obdachlos und ohne Verpflegung sehen, wurde beschlossen, dem Studenten-Comitee die Summe von 400 fl. anzuweisen, ohne einen bestimm ten Verpflegungsbetrag pr. Mann zu bestimmen; jedoch die Bedingung damit verbunden, daß nur die nothwendigsten Lebensmittel angeschafft werden sollen. Zugleich wurde von einem ungenannt seyn wollenden Mitgliede der Betrag von 20 fl. C. M. für die Grenadiere dem Präsidenten übergeben.

Der Antrag, dem Reichstage die Bitte vorzulegen, daß er die beabsichtigte Amnestie schleunigst erwirken möge, wurde nicht angenommen, weil der Reichstag selbst schon das Nöthige veranlaßt hat. Schuhmann stellte folgende Anträge:

a) Diejenigen, welche ohne der Nationalgarde anzugehören, sich aus dem Zeughaus bewaffnet haben, in ihren Bezirken den Nationalgarde-Compagnien zur Mitwirkung für das allgemeine Wohl und zum Schuße der Personen und des Eigenthums anzureihen,

b) die Erlassung eines Verbotes gegen Waffen-Auflauf;

c) die Erneuerung des Verbotes, innerhalb der Linien Wiens auf den Straßen zu schießen; zog sie aber unter der Bedingung bis morgen zurück, daß der über diese Angelegenheit am 8. d. gefaßte Beschluß des Reichstages bis dahin publizirt seyn müßte.

Gassenbauers Antrag, dem Reichstage ein Programm zu einem feierlichen Leichenbegängnisse aller am 6. d. Gefallenen der Nationalgarde, des Volkes und Militárs vorzulegen und auch die Gründe, warum gerade der Gemeinderath der Stadt Wien eine so große Aussöhnungsfeier wünsche, zu unterbreiten, wurde einstimmig angenommen.

Nach den heftigen Aufregungen des vorgestrigen und auch des gestrigen Tages verging der heutige auffallend ruhig. Man sah am gestrigen und auch am

*) Schade, daß die Protokolle des Gemeinderathes nicht complet veröffentlicht und nicht complet vorhanden sind!

heutigen Tage zahlreiche Waffenträger aus den unteren Classen, und Bauern mit ihrer Beute aus der Stadt durch die Vorstädte eilen, was die Bedächtigen und Gemäßigten mit Besorgniß und Angst für die nahe Zukunft erfüllte. Ueberaus zahlreiche Spaziergänger und Neugierige durchströmten am heutigen Sonntage die Gassen, die der Schauplag des Kampfes gewesen, den Stephansplaß, den Graben, die Bognergasse, den Plaß am Hof, die Freiung und sämmtliche Umgebungen des Zeughauses, um die Spuren des Geschüßes, der durch KartätschenKugeln hervorgebrachten Zerstörungen zu beschauen. In Folge des vorangegangenen Reichstags-Befehles blieb wohl die nächste Umgebung des t. Zeughauses geschlossen, aber die anbefohlene Schließung des Zeughauses selbst blieb der Protection und der einzeln spekulirenden Nationalgarde - Mitglieder wegen unausführbar. Aengstliche Personen verließen massenweise die Stadt und begaben sich in die nächsten Umgebungen, von denen besonders einige mit Flüchtlingen überfüllt waren. Das auf der Türkenschanze liegende Militär verlangte, dem Vernehmen nach, Nationalgarde-Eskorte, um sicher in die Vorstadt rüden zu können. Die Garden des Michelbairischen Grundes, verstärkt durch gestern bewaffnetes Volt, eskortirten einzelne Soldaten, und das seit drei Tagen ohne Löhnung und Ration gebliebene Militär wurde aus eigenen Mitteln vom besagten Vorstadtgrunde versorgt. Besonders lobenswerth war die in dieser Vorstadt bewerkstelligte Entwaffnung unmündiger Jungen und verdächtigen Gesindels. Ein beiläufig fünf» zehn- bis sechzehnjähriger Tambour der Garde verwundete daselbst aus Muthwillen einen Soldaten tödtlich. Bauern strömten den ganzen Tag vom Lande herein, um Waffen zu holen. Ihrem Verlangen konnte nur ungenügend willfahrt werden. Es verbreitete sich das Gerücht, Jellačić sey in magyarische Gefangenschaft gerathen ohne Zweifel von Magyaren erdacht und verbreitet. —

Um einen Beweis zu liefern, von welcher Bangigkeit die Wiener beherrscht waren, beweist nachstehendes Faktum. Nur einmal im Laufe des Tages wurde ein Theil durch einen eben so falschen als panischen Schrecken allarmirt. Mehrere Individuen, die sich gestern zum ersten Male bewaffnet hatten, versuchten ihre Gewehre im Stadtgraben nächst dem Studenthore. Da rief plöglich eine Stimme mitten aus der am Universitäts-Plaße zahlreich versammelten Menge: Man beschießt die Stadtmit Kanonen! — Wie Spreu zerstob die Menge, drängte sich mit demselben Angstrufe gegen den Stephansplag, wo leider im Gedränge mehrere bedauerliche Unglücksfälle vorfielen.

Abends wollte eine Abtheilung der akademischen Legion nach Schwechat marschiren, — so berichtete der Freimüthige" — um das dort angeblich auf den Uebergang zur Wiener Nationalgarde harrende Regiment Heß ausclen; es wollte jedoch, sagte der „Freimüthige“ weiter, Vielen erscheinen, als fiele man in einen Hinterhalt — und der Abmarsch unterblieb. Ebenso sollen sich die

Soldaten geweigert haben, nach Wien zu marschiren, weil sie ebenfalls fürchteten, auf Feinde zu stoßen. Solche erbärmliche, aus der Luft gegriffene Nachrichten von Uebergang der Truppen brachten die Schandblätter Mahler's u. A. in Unzahl!

Anmerkung. Als Nachtrag zur Seite 131 Zeile 20 kömmt noch zu bemerken, daß der Techniker Rauch, welcher gleich beim Eindringen in das Kriegs-Gebäude mit zwei Nationalgarden als Parlamentär zum Kriegsminister Grafen Latour hinauf gehen wollte, vom Adjutanten desselben, Hauptmann Niewiadomski, im 2. Stockwerke angehalten wurde.

Dieser Techniker, der, wenn auch vom Kampfe erhigt, für die Rettung des Kriegsministers die beste Absicht hegte, schloß mit Hauptmann Niewiadomsti eine Uebers einkunft ab, nach welcher das Kriegsgebäude von einem Bataillon der Stadtgarden oder der Legion besegt, gleichzeitig aber der noch in diesem Gebäude befindlichen Grenadier-Divisions-Abtheilung der freie Abzug gestattet werden sollte.

Der Kriegsminister bestätigte im Beiseyn des Majors Boxberg diese Konvention, deren Ausführung aber durch die tobende Menge vereitelt wurde.

Vergebens beschwor Niewiadomsti und Rauch, mit weißen Tüchern schwenlend, im Hofe des Gebäudes das wüthende Bolt, allein nach Proklamirung dieser Konvention wurden sie beide als Verräther umringt, herumgezogen, am Leben bedroht, und nur das Erscheinen der Reichstags-Deputirten rettete Niewiadomski, den die Deputirten dem Volke als Latours Adjutanten bezeichneten. Leider blieb Nauch In den Händen des Volkes. Im Laufe dieser Ereignisse wurde Major Gustav SchindIer, vom Ingenieur-Corps, durch einen Hieh niedergestreet.

Erst nachdem diese Konvention nicht in Erfüllung gebracht werden konnte, geschah die Abdankung Latours, wie Seite 132 beschrieben. Als Latour über die Stiege gegen den Hof geführt wurde, rief ihm ein Arbeiter zu:,,Du zitterst !" worauf Latour mit Kaltblütigkeit antwortete; Ich bin vor Kugeln gestanden, ich fürchte auch den Dolch nicht, ich habe ein gutes Gewissen, und bin in Gottes Hand."

Wir verdanken diese Berichtigung dem Hauptmann Niewiadomski selbst, welcher sich als Zeuge bei der Ermordung Latours in Untersuchung befunden hat, aber gänz lich freigesprochen wurde, und uns überhaupt die freundliche Mittheilung machte, daß die Darstellung der Ermordung Latours vollkommen der Wahrheit getreu ist.

9. October.

Nationalgarde Oberoffiziere dürfen nicht abdanken.

tausches im kaif. Beughause.

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Der Ban Jellačič rückt gegen Wien mit einer

Auersperg weigert sich die Garnison in die Kasernen einrücken zu
Deputationen von Graz und Prag.

Statut über die Dienst- und

Disciplinar Verhältnisse.

„An die Commando der Bezirke Leopoldstadt, Lindstrasse, Wieden und Mariahilf : „In In diesen bedrängten Zeiten können die angezeigten Abdankungen von

Bezirks-Chefs, deren Stellvertretern, Bataillons- und Compagnie-Commandanten, und der übrigen Offiziere von Seite des Nationalgarde-Ober-Commando durchaus nicht angenommen werden, im Gegentheile erwartet man von denselben die Erfüllung ihrer Bürgerpflichten in deren vollstem Umfange. Neue Wahlen sind bis auf Weiteres zu verschieben.

Wien am 9. October 1848, 8. Uhr Vormittags.

Bom Nationalgarde-Ober-Commando: Scherzer, m. p.

provisorischer Ober-Commandant.”

2. Bataillon, 2. Compagnie, 8. Bezirkes.

Gelesen, Hails am, m. p., Hauptmann.

Im Verhinderungsfalle :

Gelesen, Theodor Hirn, m. p., Bezirks- Chef der Wieden.
Gelesen, Al. Plattensteiner, m.p., Bezirks-Commandant der Landstrasse. *)
Vidi! Hofmann, m. p., Bezirks-Chef der Leopoldstadt."

Vorstehendes Circulandum erscheint um so auffallender, als Scherzer den Tag zuvor selbst abgedankt hat, und an die Ober-Offiziere Forderungen stellte, denen er als Ober-Commandant beispielweise vor Allen nachzukommen verpflichtet war. Noch auffallender ist aber der Umstand, daß er am 8. abgedankt hatte, am 9. noch als Ober-Commandant Befehle ertheilte, und zwar neben Braun. Es waren somit am 8. und 9. zwei prov. Ober-Commandanten.

Ferner ist nachstehendes Circulandum an die sämmtlichen Bezirke von Seite des Ober-Commando ergangen:

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*) So viel mir bekannt geworden, hatte Plattensteiner an jenem Lage bereits eingepackt gehabt, und wollte von Wien abreisen. Dieser Befehl hielt ihn aber in und Wien zurück! Derselbe Fall trat auch bei den andern Ober-Offizieren ein nur Bosheit oder Unkenntniß konnte leßtere, die in Wien als Gutgesinnte nügten, deshalb verdächtigen. Hat doch ein reaktionärer, seinem Bataillon des Bezirkes LandStraße entlaufener, hasenfüßiger Maulheld nach seiner Rückkehr mehrmal rücksichtslos erflárt, es wären im October nur Bumpen und Habenichtse in Wien geblieben. Solche gelds aufgedunsene Speichellecker schmeicheln jegt einem Stande, den sie früher beschimpften, werden aber verachtet. Sie sind in ihrer Kurzsichtigkeit nicht fähig zu beurtheilen, daß die wenigen von Wien nicht Entflohenen keineswegs-wie Erstere - reactionäre Feinde des Volles waren, und endlich der Geflohenen, des Staates und das städtische Hab und Gut gegen Angriffe vor entfesselten Banden beschüßten, mit Lebensgefahr beschüßten — während die Erstgedachten anderwärts Karten spielten als Gott der Magyaren Attila's Geißel über das unglückliche Wien schwang. Solche politische Nullen können in Zeiten der Gefahr fliehen, wie sie wollen, aber Jene sollen sie nicht schmähen, denen sie verpflichtet sind. Lezteres ist schändlich! Dr.

„Nachdem die Anzeige geschehen ist, daß die Herren Bezirks-Chefs, Nationalgarden und Private ins kais. Zeughaus schicken, um Waffen zu empfangen oder solche auszutauschen, wodurch der Zudrang zu dem Zeughause stündlich zunimmt, so werden die Herren Bezirks-Chefs hiermit ersucht, Niemanden mehr ins Zeughaus zu schicken, indem auf Befehl des hohen Reichstages vorläufig weder Waffen verabfolgt, noch umgetauscht werden können.

Wien, 9. October 1848, 9'/. Uhr Vormittags."

Bom provisorischen Ober-Commando: Scherzer, m. p."

Im Verhinderungsfalle des Bezirks-Chefs: Hailsam, m. p., Hauptmann.
Gelesen, Hirn, m. p., Bezirks-Chef der Wieden.

Gelesen, Plattensteiner, m. p., Bezirks-Chef.
Vidi! Hofmann, m. p., Bezirks-Chef."

,,An die Commando der Bezirke Leopoldstadt, Landstraße, Wieden und Mariahilf."

Neben vorstehendem Circulandum des provisorischen Ober-Commandanten Scherzer erschien an demselben Tage nachstehende Proklamation des provisorischen Ober-Commandanten Braun, und zwar:

Nachdem der hohe Reichstag die Siegel bei dem t. t. Zeughause angelegt hat, uns es nicht thunlich ist, bei so bewandten Umständen einem jeden einzelnen Herrn Garden Gewehre zu verabfolgen, so werden die betreffenden Corps der Nationalgarde hievon verständiget. Wien am 9. October 1848.

Braun, m. p., provisorischer Ober-Commandant."

Nachdem Scherzer das Ober-Commando niedergelegt hatte, erschien an den Straßeneden folgende Kundmachung:

,,Akademische Legion! Sämmtliche Glieder der akademischen Legion werden auf das Dringendste aufgefordert, sich heute Montag den 9. um 10 Uhr am Universitätsplag in Waffen einzufinden, um sich zur Disposition des Herrn National-Garde-Ober-Commandanten Scherzer zu stellen.

Man erwartet vom Ehrgefühle und Diensteifer der Herren Legionäre, daß keiner versäumen wird, in diesen gefährlichen Momenten seine Pflicht und Schuldigkeit zu thun. Wien den 9. October 1848.

Bom Studenten-Comitee.

Aigner, m. p., Legions - Commandant.“

Von der Wieden wurden ins bürgl. Zeughaus zwei Wagen mit Waffen sammt Frachtbrief eingebracht.

Des Morgens zogen mehrere im Transporthause stationirt gewesene Gemeine von Deutschmeister auf die Universität und wurden mit Enthusiasmus em

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