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erwiederte Hugbald vorsichtig, „darum nimm noch eine Warnung. Wenn du merken solltest, daß Bewaffnete gegen mich sprengen, so treibe die Weiber mit den Rechen hinter einen Strauch und sieh selbst aus der Ferne zu, damit du berichten kannst, daß ich mich ehrlich gehalten habe."

„Ich meine, Vater, besser werde ich das erkennen, wenn ich an deiner Seite reite," sagte Immo stolz und trieb sein Pferd zum Sprunge.

Hugbald lächelte ein wenig, dann wies er ernsthaft nach dem nahen Berge, wo der Abt sein Haus hatte. „Dennoch ist es schwer zwei Gebietern zu dienen. Dort oben liegen wackere Gesellen müßig, welche bei einer Schlägerei im Heu wohl den Rücken decken könnten. Aber was einem Herrn gefällt, will der andere nicht leiden.“

Sage mir, ob du um Gefahr sorgst, so will ich hinaufreiten sie zu rufen.“

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„Damit Herr Tutilo mir später Feindseliges sinne,“ versezte Hugbald kopfschüttelnd. Lieber vertraue ich auf die Hilfe des heiligen Wigbert, denn ich habe ihm, so lange ich lebe, nie etwas genommen und manchen Schlag zu seiner Ehre gethan, warum sollte er mich also mißachten?" So ritten sie ohne anzuhalten an St. Peter vorüber dem Laubwald zu, welcher in weitem Kreise die Niederung umschloß.

2.

Die Gesellen.

Die beiden Mönche zogen nebeneinander durch das Flußthal, Tutilo hoch zu Roß, Reinhard demüthig zu Fuß; in heißem Sonnenlicht stiegen sie den Hügel hinauf, auf welchem Herr Bernheri, der Abt, sich ein kleines Kloster erbaut hatte, ganz nach seinem Herzen, seinen Mönchen zum Troß. Es sah einer Burg ähnlicher als einer heiligen Zelle, hinter dem Graben ragte eine hohe Mauer und an dem offenen Thor saß auf seinen Spieß gestützt ein Kriegsmann. Gemächlich erhob er sich, empfing mit geringer Kopfneigung den Segen, welchen Tutilo spendete, und führte in den Hofraum. Dort stand neben einer Kapelle das neugebaute Haus des Abtes, eine zweistöckige Kemenate mit einem Vorhaus, dessen Dach auf schön geschnitten Holzsäulen ruhte, daneben erhoben sich Ställe und ein umhegter Raum, aus welchem unablässig das Gebell vieler Hunde klang. Gegenüber dem Haus des Abtes ragte eine hölzerne Halle für das Kriegsvolk, auf den schattigen Stufen dehnten sich mehre Bewaffnete, ihnen gesellt zwei Mönche. Die großen Trinkkannen, welche dazwischen standen, und das laute Gelächter der Trinker bewiesen, daß diese Klosterleute nicht unter strenger Zucht lebten. Tutilo begann bitter, während er einritt: „Du weißt, mein Bruder, St. Petrus war ein Kriegsknecht, er trug ein Schwert in der Nacht, da der Herr verrathen ward; darum gefiel es auch dem Abte, diese Behausung von Jägern und Schwertträgern als eine

Burg St. Peters zu gründen.“ Die eintretenden Mönche störten die lustige Gesellschaft, die Klosterbrüder eilten herzu und während sie um den Segen baten, blickten sie spähend und mißtrauisch nach dem Präpositus.

Als ein Mönch von St. Peter die Glocke der Abtei gezogen hatte, trat Eggo, der vertraute Kämmerer des Abtes, in die Thür und führte die Gäste eine Wendeltreppe hinauf in das Gemach, wo Herr Bernheri am liebsten zu weilen pflegte. Dort sah man zwischen den Säulen und Rundbogen der kleinen Fenster in ein Waldthal hinab, und im Vorgrund auf grüne Weiden und wogende Aehrenfelder, das große Kloster Wigberts aber sah man nicht. Ueber dem Tisch in der Mitte des Raumes lag eine Decke, welche zierlich mit der Nadel gestickt war, auf dem hohen Lehnstuhl weiche Kissen. Geweihe, die an der Wand befestigt waren, dienten als Haken, woran Waffen zur Jagd und zum Kriege hingen: Hornbogen und Köcher, Eberspieße und große Halsbänder mit eisernen Stacheln für die Jagdhunde.

Herr Bernheri war ein wohlbeleibter Herr mit großem Haupte; dem gerötheten Gesicht und den dicken Augenlidern merkte man an, daß er sorgfältig den Wein seines Kellers prüfte; er trug einen langen Hausrock von seinem dunklem Tuch, am Halse ein goldenes Kreuz. Die Mönche knieten nieder, Tutilo zögernd und mit steifem Nacken, so daß man den Zwang erkannte.

Der Abt blickte unzufrieden auf den Präpositus und begann, während er mit flüchtiger Handbewegung den Segen ertheilte: „Ungern sehe ich heut dein Gesicht, Tutilo, da du doch die Brüder, wie ich höre, in das Heufest gesandt hast. Es wäre besser, wenn du deine gefurchte Stirn den Heimkehrenden entgegen hieltest, damit ihnen die weltliche Fröhlichkeit aus dem Herzen schwände. Aber auch die krächzende Krähe fliegt gern dorthin, wo sich die Habichte niederlassen.“ „Du selbst, Herr und Abt von St. Wigbert, vergleichst dich Freytag, Werte. IX.

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mit dem Habicht, der sich in dem Klostergut niedergelassen hat," versette Tutilo schnell aufstehend, „ich aber und mancher von den Brüdern meinte, daß in der Nothzeit des Klosters den Brüdern gezieme, ihren Groll zu vergessen und einträchtig auf Nützliches zu denken, was die Gefahr abwenden kann."

„Du_sprichst gut," antwortete der Abt ungnädig, „sorge dafür, daß deine Thaten der Rede nicht widersprechen. Kommst du auch ungeladen, size dennoch nieder, ob du dem Kloster deine Treue erweisen kannst.“ Er winkte dem Mönch Eggo, dieser verschwand und trug drei große silberne Becher und eine Weinkanne herzu, die er auf den Tisch stellte, er selbst aber trat hinter den Lehnstuhl des Abtes. Dieser setzte sich gewichtig, winkte den Gästen zu beiden Seiten Plaß zu nehmen und sagte auf die Becher weisend: „Es sei erlaubt. Ich freue mich deiner Ankunft, Reinhard. Deine Klugheit ist rühmlich bekannt, du hast dich den Heiligen unserer Kirche in meine Hand zugeschworen und als vertrauten Boten habe ich dich nach Thüringen gesandt, damit du gleich einem Fremden ohne Gunst und Haß die Höfe des Klosters bereisest und mit eigenen Augen Alles erkundest, denn üble Nachrichten erhalten wir aus jedem Gaue. Jezt berichte von unsern Höfen und von den Zellen, in denen unsre Brüder hausen, damit wir Alles erfahren, wenn es auch unwillkommen ist."

Reinhard holte einen Pergamentstreifen heraus, auf dem die Hufen und Höfe des Klosters verzeichnet waren, und begann den Reisebericht. Es war eine lange Reihe von Klagen der Verwalter über Gewaltthat der Grafen und Widerspenstigkeit der Verpflichteten. Als er innehielt, that Herr Bernheri einen tiefen Trunk und sprach darauf seufzend: „Solange ich lebe, habe ich erfahren, daß die Frommen spenden und die Gottlosen nehmen. Sonst waren der Frommen mehr und der Gottlosen weniger. Wie ein Weiher ist das Klostergut, in den die kleinen Quellen rieseln; wenn er aber gefüllt ist, kommen die Müller des Teufels, öffnen ihre Gräben und

leiten die Fluth wieder ab über ihre Mühlräder. Ich sorge, der Weiher wird einmal leer und meine Mönche werden wie Karpfen in mißfarbigem Schlamme zappeln.“

„Wer kommendes Unglück meldet, dem danken wir, wenn er auch sagt, wie zu helfen ist. Unerhört ist es, daß ein neuer Bruder die Geheimnisse des Klosters erfährt, welche sonst nicht einmal den Dekanen bekannt sind," fiel Tutilo mit rauher Stimme ein.,,Leichter ist es Klagen vorzutrugen, als die Hilfe zu finden."

„Du selbst weißt ja, mein Vater," antwortete Reinhard, ,,wo die beste Hilfe zu finden ist. Die Heiligen fragen vor Allem, ob unsere Brüder nach der heiligen Regel ihren Dienst thun. Den Säumigen aber entziehen sie ihre Gnade. Manches sah ich in St. Wigberts Kloster, was nicht nach der Regel war.“

„Sage das doch den Mönchen in Fulda, in Corvey und sonstwo, überall ist der Muthwille größer als bei uns,“ rief Tutilo zornig, und lebt ihr in Altaha, die ihr euch als starke Beter rühmt, deshalb in größerer Sicherheit?"

„Gern verkünde ich dir, o Herr, auch Günstiges," fuhr Reinhard ruhig fort, „nämlich daß unter den Waldleuten, welche bei unserer Zelle Ordorf wohnen, ein neuer Eifer erwacht ist. Die Brüder, welche du dorthin gesandt hast, leben in froher Hoffnung, denn sie meinen, großes Heil sei ihnen widerfahren. In mehr als einer Nacht sahen die Brüder Licht in der Kirche und als Hunibald der Magister einst aufstand und hineinging, erkannte er einen Schein über der Platte, unter welcher, wie die Sage geht, der selige Vater Meginhard, der Genosse des heiligen Bonifacius, bestattet ist. Viel erzählen sie dort von den christlichen Heldenthaten, die Meginhard zu seiner Zeit unter den Heiden gewirkt hat. Die Laien drängen sich in die Kirche und beten auf seinem Grabe und große Heilungen von schweren Leiden werden berichtet, die an dieser Stätte ganz plötzlich gelungen sind. Das läßt Hunibald dir durch mich mit Freuden verkünden."

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