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seine Kriegsfahrt rüstet. Unterdeß wird die Jungfrau im Hause der edlen Edith zurückbleiben, wenn der Vater, wie ich wünsche, die Herrin gleich zur Stelle darum bittet und diese es ihm gewährt. Du junger Gottfried, bewahrst bis zur Heimkehr des Bruders sein Erbe und legst es ihm dann in seine Hand zurück, wie du schon heute gethan; ihr andern Söhne des Helden Irmfried aber steigt auf die Rosse und folgt dem Bruder in meinem Heere. So oft die Speere an den Schilden der Welschen dröhnen, hoffe ich euren Gesang zu hören.“

Der König erhob sich, legte den Richterstab in die Hand des Erzbischofs und trat vor Edith.

„Und jezt, Base Edith, wenn der König durch die gebrochene Mauer reitet, willst du ihm dennoch freundlichen Willkommen sagen? Mit großem Gefolge komme ich und nur wenige Stunden werden wir dich beschweren; doch man rühmt ja, daß Speicher und Keller, wo du waltest, reichlich gefüllt sind. Heut sollst du deinen Stammgenossen und Vetter gastlich empfangen, denn als Freund schwingt sich des Reiches Aar zu dem Nest der Zaunkönige."

13.

Schluß.

Im Lande der Alemannen weilte der gebannte Immo auf einem Hofe des Königs, bis seine Wunde geheilt war und seine Brüder mit reisigem Gefolge dem Heere zuzogen. Als Heinrich über die Alpen nach Italien drang und durch Ueberraschung und Gewalt den Widerstand seiner Feinde brach, da führte Immo das Banner der freien Thüringe vom Walde, wie einst sein Vater gethan; er und seine Brüder fochten in den Straßen Pavias gegen die empörten Welschen, und als König Heinrich von einem treuen Bischof in Pavla zum König des langobardischen Italiens geweiht wurde, klang auch Immos Heilruf unter den Säulen und Steintrümmern der alten Königstadt. Heinrich kehrte im Sommer nach Deutschland zurück, aber er ließ die Brüder als Wächter gewonnener Burgen durch den Winter in Italien.

Seit jenem Gerichte waren Jahr und Tag vergangen, ein neuer Sommer zog ins Land und kleine Blätter schlüpften aus den Baumknospen, da legten die Mannen Immos der Mühlburg festlichen Schmuck an, sie hefteten Fichtenkränze an Thor und Zinnen und breiteten schöne Teppiche aus dem Lande Italien an die Wände und über den Fußboden. Denn im Ringe seiner Edlen vermählte König Heinrich den Burgherrn mit der Tochter des Grafen, und der große Erzbischof ertheilte den Vermählten den Segen der Kirche. Edith schritt im Brautzug an der Hand des Königs, gefolgt von sechs Söhnen; auch

Graf Gerhard trat hinter dem König einher, er lächelte nach allen Seiten und freute sich, aber er war verfallen und gar nicht in seiner alten Kraft, denn auf dem Kriegszuge hatte ihn ein Pfeilschuß verwundet, und im Heere sagten sie, daß der Pfeil nicht aus welschem Köcher gekommen sei, sondern hinterrücks aus dem eines heimlichen Feindes. Da der Graf an der Wunde kränkelte, so sprach er öfter vertraulich mit dem Mönch Reinhard, denn ihn ängstigte jetzt seine Feindschaft mit den Wigbertleuten.

Als am Abend des festlichen Tages der König in seinen nahen Hof zurückkehrte, folgte ihm Gundomar, welcher dem Feste fern geblieben war, in das Gemach. Heinrich hielt dem Helden den Becher entgegen: „Heut bin ich fröhlich, auch du glätte die Falten auf deiner Stirn, denn Gutes bedeutet dieser Tag deinem Geschlechte."

„Alles ist dem König wohlgelungen," versette Gundomar. „Ich aber flehe jezt zu meinem Herrn, daß er mir nicht zürne, wenn ich mein Schicksal von dem seinen scheide."

Heinrich sah betroffen auf die ernsthafte Miene: „Unverständiges sprichst du. Da ich noch ein Kriegsmann war wie du, gelobten wir einander Gesellen zu sein; an den Eid habe ich gedacht, auch wenn ich dir einmal zürnte. Wie willst du dich von mir scheiden?"

„Als ich gestern durch die neugeflickte Mauer ritt, dachte ich daran, daß sie von meinem Herrn gebrochen wurde, obwohl ich der Frau, die dort oben gebot, angelobt hatte, daß der Bau meines Geschlechtes ihr unversehrt zurückgegeben werden sollte."

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„Du hattest es gelobt, nicht ich," unterbrach ihn Heinrich. „Du hast gethan nach Art der Könige. Denn sie üben das Vorrecht, das Gute für sich zu begehren, das Unrecht auf das Haupt ihrer Diener zu wälzen. Auch klage ich nicht darüber, denn ich weiß, auch den König zwingt die Königspflicht. Ich aber sah zerbrochen, was zu bewahren meine

Pflicht war, und mir war diese That eine Mahnung, daß ich genug für meinen Herrn gethan und gesündigt habe. Und ich saß im Abendlicht am Fuß der Mauer und sah in die untergehende Sonne, da erkannte ich, daß auch für mich das Thor des Himmels geöffnet wird.“

„Du willst der Welt entsagen?" rief der König bestürzt. „Ich aber brauche dich; ein Undankbarer bist du, daß du mich verlassen willst, denn gütig war ich dir und oft habe ich deine harte Mahnung mit Geduld ertragen."

„Gütig war mein Herr, auch wenn er frug, ob die Treue des Andern ihm nüße, gütiger noch ist der Herr in der Himmelshalle."

„Bist du unzufrieden, weil ich Andere mehr ehre als dich, so fordere, Gundomar."

,,Was du von dem Einen nimmst, gibst du dem Andern, das ist die Art der Mächtigen; ich aber wähle mir jetzt den Herrn, der Jedem zu spenden weiß aus dem Schaß seiner Liebe." Er hob eine goldene Kette vom Halse und legte sie zu den Füßen des Königs. „Dies war die erste Spende, die du mir gabst, und vor allem Schmuck habe ich sie hochgehalten. Wie dieses Gold, so will ich hinfort Alles entbehren, was ein Mensch dem andern zu schenken vermag."

Heinrich wandte sich gekränkt ab. Gundomar kniete an seiner Seite nieder und faßte seine Hand: „Laß mich dahinfahren. Gleichgiltig ist mir alle Freude der Welt geworden. Wenn ich deine Ritter im Kampfspiel reiten sehe und die langen Züge der Wallenden in ihren Festgewändern, so scheinen sie mir wie spielende Kinder gegenüber den hohen Engeln, die im Abendlicht dahinschweben."

Der König hielt traurig die Hand des Knienden fest und dieser fuhr fort: „Alle Liebe, die du je zu mir in deinem Herzen gehegt, laß sie den Knaben meines Geschlechtes zu Gute kommen. Der junge Held, dem du heut deine Huld erwiesen, wird ihrer würdig sein. Er hat sich gesträubt gegen den

fremden Willen, der ihn in das Kloster warf, damit er für die Schuld Anderer büße. Jetzt tausche ich mit ihm. Der jüngere Held in blühender Jugend soll meinem König unter Waffen dienen, ich aber wende als müder Mann meine Schritte dem Kloster des heiligen Wigbert zu.“

Auf der Mühlburg saß Edith in dem hohen Herrenstuhl, zu ihren Füßen die sieben Söhne und im Ringe umher die vertrauten Gäste des Geschlechts: Heriman, das Haus Baldhards, voran Brunico und der Mönch Rigbert, auch Balderich mit seiner Tochter und andere Freie aus den Nachbardörfern. Die Gäste schwenkten fröhlich die Festbecher, welche die junge Wirthin Hildegard ihnen mit holdem Lachen darbot. Als sie den Becher zu Brunico trug, reichte sie ihm die Hand: „Das nächste Hochfest feiern wir im Hofe deiner Braut und erflehen Segen für euch beide." Und Immo mahnte seinen Klostergenossen Rigbert: „Jezt ist die Stunde gekommen, wo du vom Kloster und von den Vätern berichten sollst.“

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Gutes und Böses habe ich zu künden,“ begann Rigbert. „Ganz verwandelt kehrte Tutilo vor einem Jahre in das Kloster zurück, er hatte mit König Heinrich seinen Frieden geschlossen und demüthigte sich bei seiner Ankunft vor Herrn Bernheri. Dieser aber wurde täglich kränklicher, er stieg niemals mehr von St. Peter herab und warf in seinem Gemach mit dem Krückstock nach den Hirschgeweihen, weil er den Stock für einen Speer hielt. Der König jedoch wollte nicht leiden, daß dem Herrn Bernheri, solange dieser lebte, sein Amt genommen würde. Da nun Reinhard fast immer in der Nähe des Erzbischofs weilte, so wurde Tutilo wieder zum Präpositus erhoben und er herrschte in ganz neuer Weise; denn sonst hatte er wenig auf die Regel geachtet, jezt aber wurde er hart und eifrig und versagte den Brüdern auch Erlaubtes. Du selbst magst ermessen, ob er das gethan hat aus frommem Eifer oder aus einem anderen Grunde. Darum wurde der Wider

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