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mischte sich das Gebrüll der Rinder und das Geheul der Einwohner.

Der König hielt auf einem Hügel nahe dem Thor, um welches gestritten wurde, er sah, wie die lodernden Flammen hinter der Mauer aufstiegen, und nährte den Kampf durch neue Haufen, welche er über die Brücke trieb. Aber wie sehr er sich des Erfolges freute, er dachte auch daran, daß der letzte Streit gegen die gesammelte Macht der Verzweifelten seinem eigenen Heere einen guten Theil der Kraft nehmen könne, und daß an der abgewandten Seite der Festung noch eine feste Burg lag, in welcher die Feinde sich wohl zu halten vermochten, bis der Böhmenherzog zu Hilfe kam. Deshalb bezwang er die Sehnsucht nach Rache und sandte seinen Heerrufer über den Bach nach der Burgseite, um auf's Neue mit den Belagerten zu handeln.

In das Gewühl am Thore klang der Ruf, daß der König sich vertragen wolle, und der Kampfzorn der Vertheidiger wurde schwächer. Einer nach dem andern warf sich nach rückwärts, um seine Habe aus der brennenden Stadt zu retten und die Burg zu gewinnen, und die Königsmannen stürmten mit hellem Siegesrufe vor. Als erster Immo, gefolgt von den schnellsten seiner Knaben. Gleich einem Wüthenden war er von der Mauer gegen das Thor gefahren. Während er im Kampfe stieß und schlug und jeden Ansturm der Feinde zurückwarf, hatte er nur einen Gedanken, zu ihr durchzudringen, die zwischen Rauch und Glut und dem Todeskampf der Männer die Arme zum Himmel hob. Jetzt sprang er wie ein wildes Roß durch Qualm und züngelnde Flammen in die Gassen der Stadt. Laut schrie er über die Haufen und in die offenen Höfe den Namen Hildegard. Der geborstene Helm war ihm vom Haupte geworfen, das blutbesprengte Haar flog ihm wild um die heißen Schläfe. Zwischen Herdenvich, beladenen Karren, über Leichen der Gefallenen, durch kleine Haufen feindlicher Krieger stürmte er vorwärts, bald ausweichend, bald Schläge tauschend, bis er

den Marktplatz der Stadt erreichte, wo das Getümmel am wildesten durcheinander wogte. Er überstieg die gedrängten Karren der Flüchtigen und wand sich durch eine Schaar feindlicher Reiter, wie ein Verzweifelter mit dem Strome ringend. Da, in der Mitte des Marktrings, wo das steinerne Kreuz auf einer Erhöhung ragte, sah er einige böhmische Krieger auf eine helle Gestalt eindringen, die am Fuß des Kreuzes lag und mit beiden Armen den Stein umschlang. „Hildegard,“ schrie er und ein schwacher Gegenruf: „Immo, rette mich," klang in sein Ohr. Den Wilden, welcher die Hände nach der Liegenden ausstreckte, schleuderte er zur Seite, daß dieser das Aufstehen für immer vergaß, seine heranspringenden Genossen verscheuchten den fremden Schwarm. Er nahm die Gerettete in seine Arme, küßte das bleiche Antlig und rief sie mit den zärtlichsten Grüßen, und als sie die Augen aufschlug, da hob er sie lachend empor, während ihm die Thränen aus den Augen stürzten, und mit dem Schildarm sie umschlingend, hielt er am Kreuze die Wache für das geliebte Weib, das an seinem Hals hing und sich fest an seine Brust drückte. Ueber ihm wirbelte der glühende Rauch, um ihn krachten die stürzenden Balken und das Kampfgetümmel wälzte sich durch die Straßen der Stadt, aber er stand, umgeben von Tod und Vernichtung wie ein Seliger, und er sah, wie die hohen Engel mit flammenden Schilden und Speeren durch die Lohe schwebten und um ihn und die Geliebte eine feste Schildburg zogen.

An der Ecke des Marktes wehte ein Banner, auf welchem er das weiße Roß der Sachsen erkannte, da rief er: „Glückauf, mein Geselle, dort nahen die Helden, denen ich am liebsten vertraue, damit sie dich zum König geleiten."

8.

Die Noth des Grafen.

Der Kampf um die Krone war entschieden. Mit unwiderstehlicher Gewalt trieb der König den Markgrafen der böhmischen Grenze zu, eine Burg nach der andern fiel in seine Hände, die Flammen, welche aus den gebrochenen Mauern aufstiegen, verkündeten dem erschreckten Lande den Sturz eines edlen Geschlechtes und die Rache des Königs. Schonungslos wollte der König Alles mit Feuer und Schwert tilgen, was an die Herrschaft seines Feindes erinnerte, und die harten Vollstrecker seines Willens fühlten zuweilen ein Mitleid, das er nicht kannte, und milderten in der Ausführung sein Gebot. So scharf war des Königs Zorn, daß sich Jedermann über die Schonung wunderte, die er einem der Verschworenen zu Theil werden ließ. An dem Grafen Ernst wurde das Todesurtheil nicht vollstreckt, der Held büßte nur mit einem Theil seines Schaßes und wurde in milder Haft gehalten. Und die Leute rühmten den Erzbischof Willigis, weil seine Bitten den Haß des Königs gedämpft hätten.

Während der Markgraf als landloser Flüchtling in Böhmen umherirrte und die übrigen Empörer demüthige Boten sandten, um die Gnade des Königs zu gewinnen, hielt Heinrich seinen Hof in Babenberg, der Stammburg seines Feindes. Dort sammelte sich das siegreiche Heer, der Belohnung und Entlassung harrend, auch die Königin Kunigund kam von Regensburg an; mit großem Geleite holte sie der König ein, und die Freytag, Werke. IX.

13

Edelsten des Heeres begrüßten die Herrin nach altem Heldenbrauch auf ihren Rossen im Eisenhemd, indem sie zu zwei Schaaren getheilt in gestrecktem Lauf durcheinander ritten und dabei die Gerstangen durch wilden Wurf an den Schilden der Gegner zerbrachen.

Immo hatte in dem Kampfspiel seine Reitkunst rühmlich erwiesen, die Jungfrau aber, in deren Augen er am liebsten sein Lob gelesen hätte, blickte nicht auf den glänzenden Zug. Er wußte, daß Hildegard auf Befehl des Königs unter der Aufsicht einiger frommer Schwestern in der Stadt weilte, aber ihm war trog aller Mühe nicht gelungen zu ihr zu dringen. Als er jezt vom Rosse stieg und in die Herberge trat, fand er den Spielmann Wizzelin, der in neuem Gewande und mit klirrendem Goldschmuck, das Saitenspiel in der Hand seiner wartete, umdrängt von Kriegsleuten, welche mit dem wohlbekannten Mann Scherzreden tauschten und ihn mahnten, seine Kunst vor ihnen zu erweisen.

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Gutes Glück bringe mir das Wiedersehen, du flüchtiger Wanderer," rief Immo.

,,Auch euch ist Alles gelungen," antwortete der Spielmann, „und als ein Glückskind rühmten euch die Leute, während ihr heut so hurtig rittet. Liegt euch noch am Herzen, zu erfahren was ihr einst von mir begehrtet, so vermag ich Bescheid zu sagen.“

Immo führte ihn schnell in seine Kammer.

„Sie ist hier,“ sprach Wizzelin leise, „sie will euch sehen, und ich vermag euch zu ihr zu führen. Die alten Nonnen, bei denen sie weilt, sind keine strengen Wächter, auch sie vernehmen gern, wenn ich vor ihnen die Saiten rühre. Folgt mir sogleich, wenn es euch gefällt, doch haltet euch eine Strecke hinter mir zurück, denn ich bin den Helden hier nicht unbekannt," fügte er stolz hinzu, „und muß auf viele Grüße antworten."

Sie traten auf die Straße, der Spielmann glitt behend

durch das Gewühl von Reitern und Rossen, von Burgmannen und Landleuten, welche herzu geströmt waren, den Einzug zu sehen. Oft wurde er angerufen, auch Gelächter und Spottreden klangen ihm entgegen. Gegen die Huldreichen verneigte er sich und versprach Besuch und Lied, den Spöttern antwortete er mit dreister Gegenrede, so daß er die Lacher stets auf seiner Seite hatte. Endlich bog er in eine stille Seitengasse und fuhr durch das Thor eines dürftigen Hofes. Er wies auf eine niedrige Fensteröffnung, hob einen Zipfel der Decke, welche das Innere verbarg, und sagte zu Immo: „Springt dreist durch die Thür, ich halte die Wache."

Immo eilte in das Haus. Mit einem Freudenschrei warf sich Hildegard in seine Arme und drückte sich an seine Brust. „Wie bleich du bist, Hildegard, und gleich einer Gefangenen sehe ich dich bewahrt.“

„Sie sind nicht hart gegen mich, und wären sie es auch, ich würde es wenig beachten, wenn ich an dich denke und dein. Antlig zu sehen hoffe. Denn so oft mich die Einsamkeit ängstigt und die Gefahr bedroht, bist du mir in meinen Gedanken nahe, du Lieber, mich zu trösten. Bald aber werden sie mich von hier fortführen zu der Königin, in ihrem Gefolge soll ich bewahrt werden.“

„Das ist gute Botschaft," rief Immo,,,dort vermag ich dir eher nahe zu sein."

Aber Hildegard schwieg, ihr Haupt lag schwer an seiner Brust, und ihr junger Leib bebte in seiner Umarmung. „Hoffe das nicht, Immo, denn nicht für ein fröhliches Leben denkt mich der König zu retten, nur weil der große Erzbischof Mitleid mit mir hatte. Sie halten mich fest, wie die frommen Mütter sagen, damit ich nicht gleich einer Dirne auf die Straße geschleudert werde. Mein unglücklicher Vater!" rief sie mit gerungenen Händen. „Geh von mir, Immo, denn Elend ist mein Loos, und meinem Vater droht das Verderben."

Immo wußte wohl, daß der König damals, als er dem

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