Abbildungen der Seite
PDF
EPUB
[ocr errors]

zu zeigen 30). Auf der andern Seite hielt Ferdinand es für nöthig, wiederholt an den kaiserlichen Hof die Versicherung einzusenden, daß weder er, noch Max in der Sache Schritte gethan31); wir gehen gewiß nicht fehl, wenn wir schließen, daß in der Stille die Beiden recht thätig gewesen sind, die Kurfürsten auf ihre Seitte zu bringen und gegen. des Kaisers Wünsche zu stimmen.

Es war die Absicht des Kaisers, auf dem Reichstage, den er für den Sommer 1550 nach Augsburg berufen, auch diese Frage ins Reine zu bringen. Dieser Reichstag sollte überhaupt Alles, was vor zwei Jahren unvollendet geblieben, nach des Kaisers Willen in Deutschland ordnen. Jenen Widerstand der norddeutschen Rebellen" sollte die Autorität des Reiches und die Reichsgewalt aus dem Wege schaffen; aufs Neue sollte das deutsche Reich eine Erklärung abgeben, daß alle Religionsparteien sich dem Conzile unterwürfen, dem Conzile, dessen zweite Versammluug in Trident hier auf dem Reichstage den Ständen officiell angekündigt wurde. Diese beiden Punkte fanden allerdings keine ernstliche Opposi= tion, man erledigte sie zulezt ganz nach den Wünschen des Kaisers. Und so war auch dem leßten Ziele die Bahn geöffnet: jezt sollte auch der Successionsplan zur Verhandlung gebracht und in einem Zuge bei dem römischen Könige und den deutschen Kurfürsten durchgesetzt werden. Da es sich aber dem Kaiser herausgestellt hatte, daß König Ferdinand in immer wiederholten Gegenvorstellungen von einem jeden Versuche abrieth, so mußte er gewiß zuerst darauf denken, diese Opposition des Bruders zu beseitigen, ehe man mit den Kurfürsten reden konnte. Kurz vor dem Reichstage hatte auch Königin Maria im Namen des Kaisers zum ersten Male Ferdinand unzweideutige Eröffnungen gemacht 32). Sie, die bisher ihn immer beruhigt und beschwichtigt, sagte ihm jezt geradezu, daß es der feste Wille Karl's sei, nach seinem und Ferdinands Tode Philipp zum deutschen Kaiser zu machen; der Erzherzog Max werde vor dem Better zurückstehen müssen: sie betonte es nachdrücklich, daß es Pflicht und Schuldigkeit für Ferdinand und für Max sei, diesem Willensausspruche des Kaisers zu gehorchen, und daß Max vor Allem sich einer jeden Intrigue, einer jeden Bewerbung bei den Kurfürsten zu enthalten habe. Ferdinand zeigte sich durch diese Mittheilungen seiner Schwester

30) Antrag der hessischen Prinzen. Ranke VI. 479. und des Kurfürsten Moritz Schreiben an Karl vom 17. März 1549 bei Langenn II. 314.

31) Vgl. die einzelnen Schreiben Ferdinands, bei Bucholz VI. 459 ff. und Marillac 29. September 1549 bei Menden II. 1401.

32) Marie an Ferdinand 1. Mai 1550, Bucholz IX. 495 ff.

unangenehm berührt; er erinnerte daran, daß doch Karl selbst vor zwei Jahren Bedenken in der Sache gehabt habe, er glaubte, daß diese Bedenken auch jezt noch Plat griffen; er meinte dem Bruder von diesen Ideen endgültig abrathen zu sollen: zu allem Anderen, was man von ihm als dem fünftigen Kaiser wünschen könne, werde man ihn gern bereit finden, nur dieses Eine solle man nicht von ihm verlangen 33).

und

Als die Brüder in Augsburg sich trafen, konnte es Niemanden verborgen bleiben, daß Etwas zwischen sie getreten. Sie verfuhren nicht mehr mit dem alten offenen Vertrauen zu einander, sie beobachteten sich ängstlich und vorsichtig, Jeder wollte, daß der Andere von dieser peinlichen Sache anfange. Die Lage Ferdinands war gewiß die günstigere. Der spanische Philipp hatte wenig Gefallen in diesen Nationen erregt; man erzählte es sich überall, wie wenig er bei dem Volke beliebt sei; wenn auch die kaiserlichen Minister diese mißgünstigen Gerüchte auf den Neid der Gegner vor solcher Hoheit und Größe zurückgeführt haben34), so kann es doch keinem Zweifel unterliegen, daß allen den Aeußerungen der Abneigung eine wahre Stimmung zu Grunde lag. Darin aber fand Ferdinand einen günstigen Boden für seine Zwecke. Obwohl die Schwester ihn gebeten, von jenen Eröffnungen über Karl's Pläne durchaus keinen Gebrauch zu machen, - der Kaiser wollte mit seinem Antrage nicht eher an die Kurfürsten herantreten, ehe nicht unter den Habsburgern selbst völlige Uebereinstimmung erzielt sei; — so war er doch in Augsburg sofort thätig, allen einflußreichen Personen Marias Schreiben mitzutheilen und selbst alle Welt mit dem Habsburgischen Geheimnisse bekannt zu machen 35). Es gelang ihm vortrefflich, die Kurfürsten zu bearbeiten und sie zu einem Widerstande aufzuheßen. Noch ehe der Antrag gestellt war, war es entschieden, daß er nicht leicht angenommen werden würde. Alle fremden Gesandten sind in ihren Mittheilungen einig, daß der Plan der ,,Coadjutorie", wie man ihn bezeichnete, bei der deutschen Nation, bei allen Parteien, bei den Kurfürsten eine Ablehnung erfahren werde 36).

Ehe Karl selbst mit dem Bruder über die Sache sprach, hatte er

33) Ferdinands Antwort vom 14. Mai, Bucholz VI. 464, vgl. vom 15. und 19. Juli, ebd. IX. 731 f.

34) So z. B. Granvella an Renard. 28. Mai 1549 in Pap. d'ét III. 373. 35) Marillac 29. Juli 1550. (Ribier II. 282).

36) So der savoyische (Depeschen Stroppiana's 188. 190.) der päpstliche, (Bighino) der französische (z. B. vom 28. August) und der englische Gesandte.

16*

durch Granvella ihn ausholen lassen. Der alte Granvella meinte, ihn mit der Aussicht auf den Erwerb von Würtemberg zu födern, aber Ferdinand wich behutsam jeglicher Berührung aus, und der alte Staatsmann, der so lange Jahre hindurch die beiden Brüder einträchtig erhalten, und der jezt an dem Ziele seiner langen Thätigkeit angelangt zu sein hoffte, hatte in diesen lezten Wochen seines Lebens den Kummer, das Gewitter zwischen den Brüdern aufsteigen zu sehen, das alle seine Erfolge wieder zerstörte. Plötzlich kam Ferdinand mit dem Antrage heraus, seinen Sohn Max aus Spanien herbeizurufen. Der Erzherzog mit seiner Gemahlin führte dort im Namen des Kaisers die Regierung; und für des Kaisers Ideen war es gewiß vortheilhaft, daß der den Deutschen so sympathische Prinz nicht persönlich in die Verhandlungen eingreife. Jener unerwartet ausgesprochene Wunsch Ferdinands sette den kaiserlichen Staatsrath in eine große Verlegenheit. Bei den Conferenzen der kaiserlichen Minister fühlte man es bald heraus, daß Max gerade wegen der deutschen Successionsfrage zurückgewünscht wurde, und daß Ferdinand nichts lieber sei, als wenn der Prinz Philipp den spanischen Posten übernehme und wenn May an Stelle Philipps in den Familienrath eintrete. Man wußte sich nicht besser zu helfen, als daß man die Königin Maria aus den Niederlanden herbeirief, ihren Einfluß auf Ferdinand geltend zu machen37). Im September kam auch Maria nach Augsburg. Von den Verhandlungen, die hier im Schooße der kaiserlichen Familie Statt hatten, haben wir keine Kunde. So ge= heim wurden sie betrieben, daß die fremden Gesandten, selbst der päpstliche Nuntius Nichts davon erfuhren. Man hörte wohl zuweilen aus den geheimen Conferenzen einzelne Notizen ins diplomatische Publikum dringen: als ob Karl dem Bruder auch seinerseits Vortheile angeboten habe, wie die Ehe Philipps mit einer Tochter Ferdinands oder die sofortige Abtretung von Würtemberg oder eine nachhaltige Unterstüßung in Ungarn, und ähnliche Dinge 38). Aber es sind das eben nur ungewisse Gerüchte: nur das Eine Ergebniß ist unzweifelhaft: man kam zu keiner Festsetzung, man vertagte noch einmal die Beschlußfassung, man rief, wie Ferdinand es gewünscht, den Erzherzog Max aus Spanien herbei. Und nun wurden erst recht Gerüchte und Muthmaßungen laut über die Pläne des Kaisers und die muthmaßlichen Folgen seiner Ordnung. Man redete von allerlei Entschädigungen an die Ferdinandische

37) Der Bischof von Arras an Maria. 25. Auguft, Rante VI. 481 ff. 38) Depeschen Pighino's vom 5. und 18. September 1550.

Linie. Am französischen Hofe hieß es:. Oberitalien solle dem Erzherzoge May verliehen werden; man war dort eifrig bemüht, sich klar zu machen und dem kaiserlichen Gesandten es auseinander zu setzen, welche Nachtheile die habsburgische Herrschaft davon haben werde39). Aber im Rathe des Kaisers war von diesen Dingen gewiß nicht die Rede. Karl selbst glaubte von dem Erzherzoge Max, seinem Schwiegersohne, Nachgiebigkeit zu erfahren; er meinte auch in einzelnen Zeichen es schon zu sehen, daß Max sich zu fügen gesinnt sei. Freilich die Nachrichten, die man in Rom hatte, lauteten anders. Der Erzherzog Max habe seinen festen Willen erklärt, so wußte es der Papst bestimmt 4o), in die Wahl des Vetters niemals zu willigen. Und es war gewiß ein bedenkliches Zeichen, daß in Trident sich ein sächsischer Agent bei Max einfand, der vom tiefsten Geheimniß umgeben den Erzherzog und den Kurfürsten Moritz in der deutschen Frage zu gemeinsamer Politik verband11).

Jene wichtige Frage, die den Schlußstein der kaiserlichen Einrichtungen bildete, blieb also bis zur Ankunft Maximilians ausgesetzt. Man brachte inzwischen auf dem Reichstage die religiöse Frage zum Schlusse: alle deutschen Stände unterwarfen sich dem Conzile und nahmen es auf sich, demnächst in Trident zu erscheinen. Wenn dabei auch die Protestanten einige Vorbehalte machten, so war doch das Wesentliche außer Frage gestellt, daß sie in Trident auftreten und dort ihre religiösen Ansichten vortragen würden. Und auch gegen Magdeburg und die norddeutsche Opposition war jest, so schien es wenigstens, - der Wille des Kaisers gesichert. Kurfürst Moriß, der in zweideutiger Weise sich vom Reichstage fern hielt und durch keine kaiserliche Botschaft zum Erscheinen bewogen werden konnte, ließ sich gerne bereit finden, selbst das Heer gegen diese protestantischen Reste anzuführen: dadurch gab er ja dem Kaiser einen neuen Beweis seiner völligen Ergebenheit, dadurch schürte er ja den popularen Haß gegen sich zu immer größerer Flamme an, dadurch band er sich ja fest an die antiprotestantische Partei. Aber man hat sich gerade an dieser Stelle in diesem Morig verrechnet. Gerade in diesem Kriege, in dem er sich auf immer von der protestantischen Sache scheiden sollte, hat er das Mittel gefunden, sich zum Haupte eines antikaiserlichen Bundes aufzuschwingen.

39) Renard berichtet darüber am 18. Dezember 1550. (Arch. de l'empire ; papiers de Simancas.)

40) Ribier II. 279.

41) Sendung des Karlowig an Maximilian. 3. Dezember 1550. Langenn II. 319.

In denselben Tagen kam auch der lange zurückgehaltene Unmuth des Kaisers gegen seinen Bruder zum Ausbruch.

In den ungarischen Angelegenheiten hatte der Gegensaß habsburgischer, ungarischer und türkischer Interessen einmal wieder zu einem türkischen Kriege geführt: es stand damals wieder einmal so, daß man in jedem Augenblicke einen gewaltigen Einbruch türkischer Heeresmassen befürchten mußte. Und da lag es König Ferdinand nahe, sich auch dieses Mal an das deutsche Reich zu wenden, von ihm sich eine neue Türkenhülfe zu erbitten. Am 22. November sprach der König diesen seinen Wunsch dem Kaiser aus, die Einwilligung des Kaisers als selbstverständlich voraussetzend; er dachte jetzt noch vor dem Auseinandergehen der Stände sich diese Türkenhülfe bewilligen zu lassen. Aber Karl erhob ganz unerwartete Einsprache. Durch den direkten Widerspruch und die indirekten Machinationen Ferdinands aufs Höchste gereizt ließ Karl bei dieser nur Ferdinands Interessen berücksichtigenden Forderung seinem Unmuthe Lauf. Es kam zwischen den Brüdern zu einer sehr heftigen persönlichen Scene, aus der Ferdinand sich mit der Bemerkung zurückzog, er werde weiterhin die Sache überlegen. Einige Wochen nachher, am 14. Dezember, brachte er dem Bruder eine schriftliche Auseinandersetzung aller Gründe, die jene Reichshülfe gegen den Türken nothwendig machten, und auch gegen die Vorwürfe des Egoismus, der Undankbarkeit, des Widerstrebens glaubte er sich bei dieser Gelegenheit schriftlich vertheidigen zu sollen: in Allem, was möglich sei, werde der Kaiser ihn ergeben und willig finden. Als nun Max in Augsburg am 17. Dezember erschien, brachte der Kaiser zuerst persönlich die wichtige Frage, um derentwillen man ihn hatte kommen lassen, in Anregung. Aber Max verhielt sich gegen jeden Versuch zugeknöpft und ablehnend, er wich geschickt aus, er wußte bei solcher Gelegenheit immer von anderen Dingen zu sprechen. Es wurde dem Kaiser aus gelegentlichen Aeußerungen klar, daß Max für sich auf drei Stimmen rechnete und sich selbst die vierte zu geben entschlossen war. Auch die Versuche, die Kart durch den jüngeren Granvella (der nach und nach in die Stellung des Vaters eingerückt war) auf Ferdinand und Max machen ließ, führten zu Nichts. Karl sah ein, daß er wieder der Hülfe der Schwester bedürfe, er rief jetzt aufs Neue Maria aus den Niederlanden herbei. 42)

Der Kaiser, der in derselben Zeit von seinen alten Krankheiten schwer zu leiden hatte, - er war so elend und an Kräften so herunter

42) Ferdinand an Karl, und Karl an Maria bei Lanz III. 11 ff.

« ZurückWeiter »