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dung mit dem Gesandten, der sogar wohl einmal über das Dach hin sich zu ihm wagte. Die Anweisungen Heinrichs aber lauteten dahin, zunächst den Kardinal Pole in jedem Falle auszuschließen, dann aus der französischen Partei entweder den alten Kardinal von Lothringen, Guises Onkel, oder Ferrara selbst oder Ridolfi oder Salviati wählen zu lassen, zuletzt, wenn sie zu einer Verbindung mit Farnese schreiten müßten, auch Cervino oder Monte als die Schüßlinge Farnese's unter ihre Candidaten aufzunehmen.

Wir wollen hier nicht alle einzelnen Intriguen dieses Conclave verfolgen und alle einzelnen Versuche erzählen, diesen oder jenen neutralen Candidaten von beiden Seiten annehmen zu lassen. In dem Gewirre aller dieser allgemeinen und persönlichen Interessen ist es das Wesentliche, daß wir über die Tendenzen der leitenden Mächte Aufklärung erhalten können.

Als man einmal von der Wahl des Dekanes, des Kardinales von Trani, oder gar Caraffa's selbst redete, und als man auch jene beiden Conzillegaten Cervino und Monte wiederholt in Vorschlag brachte, liefen vom kaiserlichen Hofe Schreiben ein, welche diese vier Persönlichkeiten als durchaus unannehmbare bezeichneten und im Namen des Kaisers ihnen die Exclusion gaben).

Die Worte des Kaisers hatten überhaupt auf dieses Conclave einen ganz besonderen Einfluß: die ehrgeizigen Italiener, die alle Mittel aufboten, zu dem Papate zu gelangen, suchten sich der kaiserlichen Zu

9) Trani und Monte wurden durch folgende Anweisung an Mendoza excludirt: visto lo que screvis de Trana y Monte y qualidades de ambos, no cumpliriamos con nuestro dever si en alguno dellos concurriessemos, y assi los terneys por contradichos como a los demas, con advertiros que esto sea para vos solo, guiandolo por la mejor manera que os parescera, por no dar causa que publicandolos se den por nuestros enemigos. — Am 19. Dezember antwortete Karl auf eine Anfrage Mendozas ob die kaiserliche Partei auf die von Franzosen und Farnese Aufgestellten, Salviati, Ridolfi oder Cervino eingehen dürfe mit einer nachdrücklichen Wiederholung des Veto gegen diese: tras esto sera bien que por la via que mejor se pudiere pues le podreis hallar — le deis claramente a entender (a Farnese) que si por su respecto sale papa qualquier de los cinco que de aca se señalaron perniciosos, señalamente Santa Cruz (d. h. Cervino) como dezis que podria ser, pues de otra manera no puede salir papa sino con su favor, que tenga entendido que jamas podre. mos satisfazernos del ni creer que aya procedido con buen pie ni con la verdadera aficion que ha ofrecido a nuestro servitio, und dieser Auftrag wurde schon am 21. December nachdrücklich wiederholt. Am 30. Dezember heißt

es dann auch: en la contradiccion sea comprendido el Theatino (d. h. Caraffa).

stimmung zu versichern. Salviati, der, mit Mantua befreundet, eben durch diese Fürsprache der so mächtigen Partei Gonzagas und Mendozas die Abneigung des kaiserlichen Hofes zu überwinden hoffte, unterhandelte über eine Unterstützung durch die kaiserliche Partei; und hierdurch standen die eigentlichen Wahlverhandlungen in Rom eine Zeitlang stille 10). Und auch den Franzosen wurde ihre Verbindung mit Ferrara hinderlich. Ferrara in seiner sanguinischen Auffassung und seinem ungebändigten Ehrgeize war nicht im Stande, einem seiner Mitkandidaten das Papstthum zu gönnen; er richtete alle Intriguen nur auf das Endziel hin, seine eigene Wahl zu befördern, er knüpfte sogar zu diesem Zwecke mit dem kaiserlichen Hofe an, von dem er doch nur eine Zurückweisung erwarten konnte 11).

Während dieser hin und hergehenden Verhandlungen schloß die Gesammtheit der Kardinäle unter sich einen Vertrag über die Bedingungen, auf die sich ein Jeder verpflichten sollte 12). Vor Allem beschworen alle Kardinäle, so schnell als möglich das Conzil der Kirche zu fördern und damit eine allgemeine Reformation der Geistlichkeit, vor allem in der römischen Kurie zu verbinden; sie verpflichteten sich auch, von dem Besißthum des apostolischen Stuhles nichts abzubringen und nichts zu veräußern, aber sie verhießen doch dem Herzoge Ottavio Farnese als Lehen der Kirche Parma zurückgeben zu lassen. Diese allgemeine Verpflichtung sind alle Kardinäle eingegangen. Aber wenn einmal Mendoza es für nöthig erachtet hatte, dem zu wählenden Papste einen förmlichen bindenden Contract aufzuerlegen, ehe man seine Wahl unterstüße, so war eine solche Idee doch von dem katholischen Sinne des Kaisers zurückgewiesen worden. Karl sprach seine Ueberzeugung aus, daß ein jeder Papst, wer es auch immer sei, sich in der Conzilfrage mit ihm einigen müsse: die Lage der Christenheit und die Natur der päpstlichen Stel

10) Der Vicekönig Pedro de Toledo und der Florentiner Herzog meldeten diese Intrigue der Diplomaten mit einem vom Kaiser ausgeschlossenen Kardinale und darauf erfolgte an Mendoza eine sehr scharfe Rüge und das nachdrücklich wiederholte Gebot, für Toledo oder Pole zu wirken. (13. Januar 1550 mit aufgefan= genen Schreiben Gonzagas an Mendoza aus dem Dezember.) Noch im Jahre 1552 rechnete Cosimo es sich als Verdienst an, zuerst dem Plane Gonzagas und Mendozas auf die Erhebung Salviatis begegnet zu haben.

11) Karl an Mendoza 25. Januar 1550. Vgl. bei Ribier II. 268.

12) Le Plat IV. 156: in einem handschriftlichen Exemplar finde ich noch hinzugesetzt, daß aus der apostolischen Kasse den einzelnen Conclavisten (d. H. den Begleitern der Kardinäle im Conclave) jedem ein Geldgeschenk von 6000 Thlr. gemacht werden solle.

lung werde den conziliaren Zwist, in dem Papst Paul gestorben, nicht weiter mehr ertragen können 13).

Das Conclave zog sich in die Länge; man konnte keinen Kandidaten ausfindig machen, gegen den nicht von irgend einer Seite sich ein gefährliches Hinderniß erhoben hätte. Allerdings am kaiserlichen Hofe gab man nie die Hoffnung auf, auch mit Pole schließlich noch durchzubringen; man bestand auf seiner Wahl, und schickte sich zuletzt sogar an, direct mit dem französischen Hofe zu unterhandeln, den Franzosen die Vortheile dieser Wahl begreiflich zu machen und sie selbst zur Rücknahme ihres Veto zu be wegen 14). Es ergab dies doch kein Resultat. Mittlerweile aber wurde sowohl Salviati als Ferrara alle Hoffnung genommen, und höchst energisch die kaiserliche Partei in die Grenzen ihrer Instruktionen zurückgewiesen.

Immer mehr gestaltete sich da die Lage in Rom so, daß es auf die Farnesische Partei ankam. Farnese entschloß sich Pole's Wahl fallen zu lassen: er hoffte zuerst mit französischer Hülfe seinen alten Lehrer Cervino durchzusehen; und in der That dieser Cervino war ein Mann, durch seinen. Charakter dieser höchsten Stellung in jeder Weise würdig; nur wäre nach allen früheren Vorfällen seine Erhebung in diesem Augenblicke ein offener Bruch mit dem Kaiser gewesen. Hatte doch früher schon Mendoza jede gelegentliche Anspielung auf seine Kandidatur nur mit der höchsten Entrüstung beantwortet, und auch jetzt konnte Mendoza zu förmlichen Drohungen gegen die Farneses schreiten, wenn man seine Wahl wagen wollte 15).

Da kam Farnese auf den Gedanken statt Cervino's einmal Monte's Kandidatur zu versuchen, der ja ebenfalls eine von seiner Partei abhängige Rolle gespielt.

Monte war der erste Legat am Conzile gewesen; ein derber, heftiger, aber nicht übermäßig eifriger Charakter: so hatte er in der Versammlung durch sein rauhes, unvorsichtiges und leidenschaftliches Be= nehmen die heftigsten und wildesten Scenen herbeigeführt, er hatte bei

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13) Mendoza meinte: de ningun papa se puede tener seguridad en palabras si antes de la eleccion no se lo haze screvir poliça, con la qual despues de hecho papa le puedan deponer sino la cumple, como hizieron a papa Julio, y el cardinal Colona hizo a papa Clemente. - Der Kaiser aber erwiederte: quanto a lo que apuntais de la condicion que se podia pedir al que se pensasse que ha de salir elegido de que se prosiguiesse el concilio en Trento, nos paresce que porque la eleccion se haga libremente sera mejor que esto se dexe para despues de aquella hecha, pues es de creer que qualquiera verna en ello y en el remedio de las cosas de la Germania.

14) Karl an Mendoza 21. Dezember.

15) Vgl. Döllinger 94; und die Anweisung Karl's vom 19. Dezember 1549.

allen Kaiserlichen in Italien sich gründlich verhaßt gemacht, so daß Gonzaga die Einkünfte seines Bisthums Pavia mit Beschlag belegt hatte; er hatte auch zuletzt noch am heftigsten auf ein offenes rücksichtsloses Vorgehen der päpstlichen Politik gegen den Kaiser gedrängt 16). Auch auf französischer Seite waren manche Kardinäle durchaus nicht seine Freunde; ja Guise hatte noch in diesem Conclave laut und unverhüllt über seinen Lebenswandel, seine Leichtfertigkeit, Lasterhaftigkeit und Unwürdigkeit geredet. 17). Und dennoch einigten sich die Franzosen zuleht mit Farnese über diese Wahl Monte's 18). Diente es ihnen doch zur Beruhigung, daß er ein Feind des Kaisers sein Leben lang gewesen sei.

Wir sind nicht authentisch unterrichtet über den Gang dieser leyten Intrigue, die Monte das Papat verschafft hat: es scheint nur, daß Monte seinem Nebenbuhler Cervino sehr bindende Versprechungen machen. mußte, um ihn zur Verzichtleistung auf die eigne Wahl zu bewegen: er sagte ihm zu, Alles darnach einzurichten, daß sicher Cervino sein Nachfolger werden müsse 19). Die kaiserliche Exclusion wurde im Conclave nicht bekannt gemacht; die Spanier, vor allen Pacheco, behaupteten zwar, es sei eine solche vorhanden, aber Farnese läugnete es; und es wurde ihm der Beweis nicht geliefert, daß dieselbe dennoch an Mendoza erfolgt war; wir wissen nicht, weshalb man es unterlassen 20). Es haben die kaiserlichen Kardinäle Madrucci, Mantua, Pacheco und Cueva noch einen Protest versucht, aber zuletzt haben. auch sie sich gefügt. Der Kardinal Monte wurde am 7. Februar 1550 gewählt und nahm den Namen Julius III. an.

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16) Pallavicino X. 17. §. 3. XI. 1. §. 3; 2. §. 17.

17) Ribier II. 268.

18) Es ist kein Zweifel, daß die Coalition der Partei Farnese's und der Franzofen diese Wahl entschieden: so sagt es eben sowohl Guise (noch aus dem Conclave heraus Ribier II. 264) als auch der Papst selbst, am Tage nach seiner Wahl. (Raynaldus 1550. §. 1.) An dem französischen Hofe war man durchaus dieser Ansicht (que havia salido un frances). Renard, 22. Februar 1550.

19) So erzählte Papst Julius an den kaiserlichen Gesandten, Don Juan Manrique de Lara, dadurch des Kaisers Unterstützung für die beabsichtigte Wahl des Cervino zu gewinnen. Nach einer Depesche Manriques vom 12. April 1554.

20) Die Exclusion des Kaisers steht fest (oben S. 222.), nachher aber hat Karl es nachdrücklich gut geheißen, daß man von diesem seinem Schreiben im Conclave nicht Gebrauch gemacht habe. Er schreibt an Mendoza am 18. März: los repectos que tuvistes para no mostar a Fernes la carta que contenia la exclusion de Monte fueron buenos y asi los terminos con que despues respondistes a su sd., quando os hablo en la volundad que tiene de conformarse con la nuestra.

Maurenbrecher, Karl V.

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15.

Sicher darf der Staatsmann sich einer allgemeineren Bedeutung und einer wenigstens relativen Richtigkeit seiner Stellung rühmen, welcher auch einen politischen Gegner in seine Richtung eingehen sieht.

Diesen Triumph hat damals Kaiser Karl V. erlebt: der Präsident der seinem kaiserlichen Machtgebot widerstehenden Kirchenversammlung hat als Papst vollständig des Kaisers Meinung angenommen; der von der französischen Faktion erhobene und von dem Kaiser ausgeschlossene Papst hat sofort sich nach dem kaiserlichen Bunde gesehnt.

Nachdem Monte durch eine Combination der Farnesischen Partei mit den Franzosen gegen den Protest der kaiserlichen Kardinäle Papst geworden war, so hat er allerdings den Franzosen seinen Dank ausgesprochen, aber seine ersten Handlungen sind Beweise des Vertrauens und der Freundschaft zu den Kaiserlichen gewesen 1). Er zog in sein persönliches Vertrauen in den ersten Tagen die Kardinäle von Burgos und Carpi, er beschenkte Sfondrato, er erwies dem kaiserlichen Statthalter Gonzaga, der ihn so sehr belästigt hatte, sofort große Gefälligkeit und er erklärte, daß die Farneses auch seine Nepoten sein sollten; er betheuerte, Alles verdanke er den Farneses und, was er ihnen einst zugesagt, wolle er ihnen halten: er wolle lieber arm bleiben und ein anständiger Charakter heißen, als durch einen Wortbruch sich bereichern 2). Als sich ihm der kaiserliche Gesandte vorstellte, der durch diese Wahl sehr erschreckt war und seinen Schrecken nicht ganz zu perbergen wußte, rief der Papst ihm zu: „Nur nicht so viel Furcht, Herr Gesandter“ 3).

2) Ribier II. 264.

2) Ribier II. 265.

3) Relation Dandolo's von 1551 (Alberi Serie II. Bd. III. S. 347.); der Papst sagte: Signor Don Diego non tanta paura.“

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