Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

sichten Gonzaga's nur neuen Nachdruck geben. So billigte denn auch Karl ausdrücklich die Absichten seines Vertreters: für den Fall einer Veränderung in dem Papate ordnete er an, daß Gonzaga sich jener Städte bemächtigen solle. Der Sturz Pierluigi's schien damals schon eine beschlossene Sache zu sein16). Aber Gonzaga ging noch weiter. Er fragte bei dem Kaiser an, ob er eine etwa sich bietende Gelegenheit benußen und ob er auch schon zu Lebzeiten des alten Papstes einen Handstreich auf Parma oder Piacenza machen dürfe. Ja, er wußte bald es darzulegen, welche Vortheile ein solcher Handstreich auch noch zu Lebzeiten Pauls III. biete. Jetzt im Frühlinge 1547, meinte er, seien alle Umstände einem solchen Unternehmen günstig. Er entwickelte alle Vorwände, durch die man die Truppenbewegungen zu maskiren habe, und allé Wege, auf denen man zuerst sich Piacenza's und dann auch Parma's bemächtigen könne17). Dazu wollte Karl zunächst noch nicht seine Zustimmung geben; noch immer wähnte er, nicht auf ewig mit dem Papste und seiner Familie brechen zu dürfen. Und so verfiel auch Gonzaga einmal auf jene 3dee, mit den Farneses einen Tauschhandel einzugehen und ihnen gegen die Ueberlassung von Parma und Piacenza an das Herzogthum Mailand von kaiserlicher Seite die unter kaiserlichem Schute lebende Republik von Siena zu opfern 18). Wir wissen, daß ramit den Wünschen der Farneses gedient gewesen wäre. Aber diese Vorschläge einer Nachgiebigkeit, die auch gewiß Gonzaga nicht ernstlich meinte, fanden am kaiserlichen Hofe damals immer weniger Anklang. Gonzaga's feindselige Gedanken und feindselige Pläne hatten doch in der Nähe des Kaisers einen wackeren Vertreter: Granvellä, der intime Freund Gonzaga's, suchte die kaiserliche Politik zu einem feindlicheren Verhalten gegen des Papstes Familienpläne zu bewegen. Es währte nicht lange, und inmitten jener Spaltung über die Conzilfrage faßte der Kaiser den Entschluß, nicht mehr mit freundlichen Anerbietungen, sondern mit offener Gewalt gegen Pierluigi zu verfahren 19). Und als Gonzaga erst diese endgültige Entscheidung erhalten, war auch er schnell mit einem detaillirten Angriffsplane gegen Piacenza und Parma zur Hand 20).

16) Karl an Gonzaga vom 11. Februar 1547.

17) Gonzaga vont 6. März 1547 (das Original in Sim., aber schon nach einer minuta bei Affò p. 145–152.

18) Gonzaga vom 21. April. Vgl. auch Affò p. 153.

19) Karl 31. Mai: nos havemos resuelto que lo que mas conviene por todos respectos es que se proceda por la via de la fuerça como os parece. 20) Gonzaga vom 13. Juni. Auch hier hat Affò p. 159 ff schon aus einer minuta das Schreiben gekannt.

Nach Art dieser kleinen italienischen Fürsten war auch Pierluigi in seinem neuen Staate mit konsequenter Energie und rücksichtsloser Strenge verfahren. Den Adel jener Städte hatte er natürlich sich zu Feinden gemacht; und solche Mißvergnügte waren es, auf deren revolutionären Beistand Gonzaga rechnete. Während Pierluigi durch den Bau einer Festung allen Aufstandsgelüsten zu begegnen gedachte, knüpften seine unzufriedenen Unterthanen mit dem Statthalter von Mailand an. Eine Revolution dort zu erregen, Pierluigi gefangen zu nehmen und den Plaß dem Kaiser auszuliefern, dazu erboten sie sich an Gonzaga. Alles drängte dahin, daß Gonzaga sich leicht mit ihnen einigte.

Wir verfolgen hier nicht die nähere Entwickelung des Verhängnisses in jenem Theile Italiens; es genüge hier, darauf hinzuweisen, daß der Kaiser gern und schnell auf diese Anträge einging, daß Gonzaga mit den Verschworenen von Piacenza Alles im Einzelnen ordnete, wie es kommen sollte, daß endlich der Kaiser alle Verabredungen seines Statthalters billigte. Und nur den Einen Umstand heben wir hervor, der Karls Verhalten nach einer anderen Seite hin beleuchtet. Er schärfte es Gonzaga mit allem Nachdrucke ein, daß man sich bei jenem Aufstande in Piacenza nicht an dem Leben Pierluigi's vergreifen dürfe, und daß man den Herzog nur in sichere Gefangenschaft bringe. In der That weit vortheilhafter war es für den Kaiser, diesen Sohn des Papstes in seiner Hand zu halten und in langen Prozessen wegen der Genuesi= schen und Florentinischen Complotte ihm mit dem Todesloose zu drohen, als durch eine Mordthat den Papst sich auf immer zu verfeinden21).

21) Die wichtigeren der hierhin gehörigen Alten theilt schon Affd mit; (158179) die vollständigere Reihe der Depeschen Gonzaga's würde allerdings nochEins oder das Andere dazu geben. Ich betone hier nur das noch ausdrücklich, daß Karl das Leben Pierluigi's geschont wissen wollte. (seguido el qual y que el pero luys se halle desposeido de la ciudad, en la persona del qual no converna que por ninguna manera se toque sino que le echen fuera, porque no se pueda dezir en ningun tiempo que fue hecho por nuestra orden ni mandado etc. ordnet Karl am 12. Juli an.) Gonzaga meinte darauf, wenigstens die Gefangennahme (detentione) desselben könne nügen (23. Juli bei Affd 168). Er bemühte sich auch, von den Verschworenen ein Versprechen zu erhalten (Affò 172) und dies billigte Karl sehr entschieden am 6. August (lo que haveis hecho y trabajado por salvar si fuere posible la vida a pero luys y duque de Camarino su hijo ha sido como convenia y conforme a nuestra intencion y asi os tornamos a rogar que lo procureys quanto se pudiere; y porque segun la condicion y natura del duque de Camarino y ser moço se juzga que querra ser de los que primero saldran al alboroto y que desta

Die Absichten Gonzaga's blieben nicht auf diese Gebiete beschränkt sie suchten auch an anderen Stellen die kaiserliche Herrschaft weitervorzuschieben; und alle Bewegungen in italienischen Städten durften zu diesem Zwecke ausgenugt werden. Wenn in Genua der Aufstand Fiesto's eine unmittelbare Gefahr für die kaiserliche Stellung in nächsterNähe angezeigt hatte, so waren nachher der Kaiserlichen Pläne nur lebendiger geworden, sich für immer der Macht in Genua zu bemeistern: es war besonders Gonzaga's Wunsch, einen Handstreich in dieser Richtung wagen zu können; und beständig blieb er bemüht, die Chancen eines solchen Schlages vorzubereiten. Wenn sich damals in Siena Erinnerungen an alte Freiheit und Herrlichkeit regten, so schien es allen diesen kaiserlichen Politikern, Gonzaga wie Mendoza, wünschenswerth, gegen diese populare Bewegung eine kaiserliche Besatzung dorthin zu legen. Hier im Herzen von Italien diesen sicheren Stüßpunkt zu finden die Aussicht mußte alle Bedenken niederschlagen. Und legte nicht der Aufstand, der gegen den großen Vice-König von Neapel Don Pedro de Toledo ausbrach, die Befürchtungen nahe, daß mit französischem Gelde und mit französischer Hülfe eine allgemeine Erhebung Italiens ausbrechen könne? Das Verhalten, das man in Rom in diesem kritischen Momente beobachtet hatte, konnte auch das Mißtrauen des Kaisers nur steigern. Und so empfahlen sich Gonzaga's Pläne auf weitere Annexionen italienischen Landes an das kaiserliche Reich durch jebe Erwägung, dieman nur anstellen konnte. In dem Schwanken der Verhältnisse in Italien und in dieser Lage, die in jedem Augenblick durch eine päpstlich-fran-zösische Liga dem Kaiser gefährlicher werden konnte, kam Gonzaga auf die Jbee, nicht nur dieses Siena zu besetzen, sondern auch außer Parma und Piacenza noch einige andere günstig gelegene Städte dem Herzog=. thume Mailand zu incorporiren. In Breffa, in Crema und in Bergamo dachte er Aufstände des Volkes gegen die venetianische Herrschaft zu erregen und durch seine Agenten auch dort die kaiserliche Annexionspolitik vorbereiten zu lassen 22). Der Anfang aber sollte mit Piacenza und Barma gemacht werden.

manera con dificultad se le podria salvar la vida, mirareys si sera bien scrivirle que se venga a olgar ay con vos por algun dia con el achaque y color que mejor os parecera.) Am 8. August berichtet dann Gonzaga, daß er: den Aufstand hinausgerückt habe bis zur Abreise Ottavio's.

22) Gonzaga's Depeschen vom 22. Juli, über jene venetianischen Städte; vom 19. Januar, 12. Juni, 1. und 17. Sept. betreffend Genua; (vgl. auch Anhang V. 8.) vom 21. April, 5. Juni, 3. Juli über Siena.

Noch eine kurze Weile verzögerte den Streich Ottavio's Besuch bei dem Vater in Piacenza. Erst als es gelungen, ihn von dort zu entfernen, konnte Gonzaga den Verschworenen das verabredete Zeichen geben. Und da erfolgte am 10. September der Aufstand in Piacenza. Des Herzogs Leben sollte man schonen, aber die Privatrache jener verschworenen Adeligen war stärker als die Rücksicht auf das Verbot des Kaisers. Pierluigi selbst fiel. Und dann riefen die Verschworenen nach der früheren Verabredung Gonzaga's Hülfe herbei, der sofort die Stadt im Namen des Kaisers besetzte 23).

Die Nachricht dieser Vorgänge fiel plötzlich in die Verhandlungen in Rom. Zuerst glaubte der Papst einen kurzen Augenblick an Gonzaga's Versicherungen, daß er nur, um die Ruhe zu erhalten, jene Stadt besezt habe; dann aber mehrten sich mehr und mehr die Zeichen, daß Gonzaga seine Hand im Complotte gehabt habe. Der Papst und seine Freunde wurden immer dringender in ihren Vorstellungen und Forderungen, daß eine genaue Untersuchung des Geschehenen erfolgen, und daß Piacenza in die Hand res rechtmäßigen Erben, d. h. Ottavio's zurückgegeben werden müsse 23).

Das Spiel, das man da mit dem Papste trieb, war ein seltsames und mußte die Gefühle dieses Kirchenfürsten immer höher aufregen. Der Kaiser erklärte von der Nichtbetheiligung seines Feldherrn überzeugt zu sein, er gab auch gute Worte und trostreiche Versicherungen, auf das Wohl der Farneses bedacht zu sein, aber er war weit entfernt davon, die gewünschte Ordre an Gonzaga auszustellen, die ihr zur Uebergabe der Stadt ermächtigt hätte, und Gonzaga sette allem Drängen und Bitten immer die eine Erklärung entgegen, daß er ohne besonderen kaiserlichen Befehl seine Truppen nicht zurückziehen dürfe25). Da ward es auch bald den Farneses klar, daß man sie nur hinhalten wollte,

23) Affò 179–188. und Gonzaga's Bericht an den Kaiser vom 16. Septem= bey (S. 190.)

24) Mendoza vom 17. 18. 20. 22. 26. und 28. Sept. (Döllinger 112 ff.) 25) Karl vom 7. October, Anhang V. 20. Am 8. October wird Gonzaga von Karl dazu angewiesen: que lo justifique lo mejor que pudiere agora sea por ocasion de las cosas ocupadas por el duque pero luys del conde de fiesco o por la rebellion de los possessores si son feudatarios de Plasencia o de otra manera, y que embiandos ele alguna persona o de la parte del papa o del duque de Camarino que se firme siempre en lo que ha mandado dezir y respondido muy bien al dicho duque con Alexandro Gonzaga, que en efecto es remitirse siempre con buenas palabras a su md.

daß man durchaus nicht an die Restitution von Piacenza dachte. Wir wissen nun, daß wirklich nie der Gedanke den kaiserlichen Politikern gekommen ist, Piacenza wieder fahren zu lassen. Ja, Gonzaga hielt mit ganzer Hartnäckigkeit jezt noch an der Idee fest, in Parma einen Aufstand hervorzurufen, der auch diesen von Ottavio gehaltenen Platz in seine Hand bringen sollte. Aber da erhielt Gonzaga die Weisung, einstweilen diesen Fortgang des Unternehmens auf sich beruhen zu lassen: man würde ja dadurch auch die Betheiligung an dem Aufstande in Piacenza verrathen und den Gegner zu den verzweifeltsten Versuchen hingedrängt haben 26).

Die Farneses waren in der That durch diese Vorgänge aus allen Träumen eines neuen Verhältnisses zum Kaiser erweckt. Stand doch zwischen ihnen und dem Kaiser jezt die Leiche des ermordeten Herzogs von Parma und Piacenza. Sie ließen dem Kaiser wohl auf indirecten Wegen noch Andeutungen zugehen, daß er mit ihnen noch immer seinen Handel schließen könne, aber auch der Cardinal Farnese erklärte es dem kaiserlichen Diplomaten, wenn Karl jezt nicht ernstlich Gonzaga's Auftreten strafe, und nicht ernstlich sich der Farneses annehme, dann würde man selbst,,bei dem Teufel Schutz suchen müssen2")." Und im Consistorium der Cardinäle gab der Papst die feierliche Versicherung ab, daß er zwar die ihm als Menschen zugefügte Beleidigung verzeihen könne, Gott die Strafe des Frevlers überlassend, daß er aber die dem Papstthume und der Kirche zugefügte Unbill und Beraubung niemals vergeben oder vergessen werde, daß er Rache zu nehmen schwöre, wenn es ihm selbst auch den Märtyrertod einbringen sollte28). Man wandte sich auch sofort an die Seite, wo man Hülfe zu finden hoffen durfte.

Die früheren Verhandlungen mit Frankreich und Venedig hatten, wie wir oben sahen, nicht zum Abschlusse geführt. Besonders in Vene

26) Gonzaga besteht am 17. September auf den Angriff gegen Parma: io vi ho mandato diverse persone per solevarla et ho operato che i medesimi di questa città vi mandino; quando perseverassero in obstinatione sera bene che V. M. mi ordine quanto havero da fare. Karl antwortet darauf am 8. October: quanto a lo de Parma que, pues el duque de Camarino se ha entrado en ella y no se ha podido seguir lo que se pretendia de cobrarla juntamente con Placenzia, mejor sera que por agora se dexe de tentar mas adelante esta empresa, que seria dar mal son a lo de Placenzia y ocasion de mover guerra por aquella parte.

27) Mendoza 20. September bei Döllinger 119.

28) Bericht über dieses Consistorium bei Ribier II. p. 61 und aus einem Schreiben Montesa's vom 13. September bei Affò p. 189.

Maurenbrecher, Karl V.

11

« ZurückWeiter »