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Augenblick mit Kurfürst Moriß in Verhandlungen zu treten und zu versuchen, ob es ihm nicht gelinge den Bund der Fürsten zu zertheilen: den Kulmbacher Markgrafen glaubte er für eine Summe Geldes kaufen zu können, dem Kurfürsten Moritz wollte er die Freilassung des hessischen Schwiegervaters gewähren; und wie er in richtiger Erkenntniß der Dinge in der französischen` Macht den eigentlichen Kern seiner Gegner erblickte, meinte er durch solche Verhandlungen die Fürsten von Frankreich wieder abzuziehen. Aber bei allen Conzessionen stand ihm das Eine unwandelbar fest, daß er in der religiösen Frage nicht einen einzigen Schritt von der eingenommenen Stellung abgehen könne; an der Autorität des Conziles, an der Gültigkeit der Reichstagsschlüsse, durch die sich die Protestanten dem Conzile unterworfen, an der einstweiligen Verbindlichkeit seines Interims wollte er keinen Zweifel dulden 8). Und während er nach diesen Grundzügen den Bruder zur Verhandlung mit Moriz bevollmächtigte, machte er selbst und machten seine Agenten bei den anderen Kurfürsten und Fürsten des Reiches, die jenes Manifest der Rebellion nicht unterzeichnet hatten, Versuche, sie auf seine Seite zu bringen, von der Majorität des Reiches sich unbedingte Hülfe zu sichern, für den Fall, daß die Verhandlungen mit Moriß nicht zur Ausgleichung führten. Den eigentlichen Sinn des Kaisers bezeichnete es genau, daß diese, Vorbereitungen für den eventuellen Krieg ihn weit mehr beschäftigt haben, als alle diplomatische Thätigkeit seines Bruders. Auch an seinen Sohn wendete er sich in dieser Lage mit der recht dringenden Aufforderung, aus Spanien Geld und Soldaten herbeizu schaffen. Die ganze Lage des Kaisers gegen die Italiener und gegen die Deutschen hing eben von dem Einen Umstande ab, ob ihm ausreichende Geldmittel zur Hand sein würden, ein Heer gegen seine Feinde zusammenzubringen. Und da klingt es nicht gerade sehr friedlich, wenn der Kaiser erklärte, auch neben der spanischen Beisteuer alle seine Mittel in Sicilien, in Neapel, in den Niederlanden aufs höchste anzuspannen, um von diesen Ländern möglichst viel Geld für seine kriegerischen Rüstungen herauszubringen, ja hier sogar Krondomänen ver äußern zu wollen 9).

8) Schreiben an Maria 7. März, an Ferdinand 11 März 1552. ebd. 3, 112, 114 ff.

9) Die Instruktion für Don Juan Manrique de Lara zur Mittheilung an Philipp (Döllinger 182 ff.) gibt eine gute Uebersicht über diese Lage: aus dem dort nicht abgedruckten Theile fügen wir noch ergänzend hinzu, die furcht bare Höhe der Noth Karl's zu erweisen aunque sabe Dios lo que siento ver

Ferdinand ging auf den Antrag des Brude:s ein. Hülfe und Beistand allerdings konnte er nicht zusagen, er meinte vielmehr selbst von Seiten des Kaisers Hülfe gegen die Türken zu bedürfen 10) — und, was den Kaiser weit empfindlicher berührte, Max erhob damaks im Namen seiner Frau an den Schwiegervater eine recht lästige und unzeitgemäße Forderung, das, was nach seiner Meinung bei der Aussteuer Marias zu wenig gezahlt sei, jezt ihm in baarem Gelde zu verabfolgen, eine Forderung, die der Kaiser in seiner damaligen Lage . nur mit der höchsten Entrüstung anhörte 11), aber er erklärte sich

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bereit, seine Beziehungen zu Kurfürst Moritz zum Nugen des Kaisers zu gebrauchen. Ungesäumt entsendete er einen seiner vornehmsten Großen an Moritz und brachte es auch dahin, daß Moriz ihm verhieß, im April zu ihm nach Linz zu kommen und dort mit ihm die Beschwerden gegen den Kaiser gütlich zu besprechen und dann allen weiteren Krieg zu vermeiden 12).

Die Verhältnisse in Deutschland blieben bis zu dieser Linzer Conferenz in dieser Lage: der Kaiser unterhandelte mit den an dem Aufstande nicht betheiligten Fürsten, er setzte alle seine Thätigkeit in Bewegung, ein deutsches Heer zusammenzubringen, gleichzeitig aber drückte er seine Geneigtheit aus, durch König Ferdinand auf billige Bedingungen hin sich mit den Aufständischen zu vertragen. Und in derselben Zeit rückten die Bun

lo de todas partes tan alcançado y specialmente lo de aquellos reynos, de donde en un estremo tan grande como este en que va lo de la religion nuestro honor y reputacion y el establecimiento y firmeza de los estados que tenemos y de la succession dellos, no puedo dexar de me socorrer y ayudar, porque si esto cessasse haviendo tan poca comodidad, en las otras partes no se deve dudar sino que todo caheria y vernia en gran detrimento, y por esto aunque nunca lo havemos hecho en otras necesidades ni lo pensavamos hazer, si la presente no fuera mayor que todas las pasadas, ha sido forçado de determinarnos en permitir, como se hara en lo de Napoles y Si-. cilia y Flandes, que se vendan y empeñen al quitar algunos pueblos de la corona real.

10) Ferdinand 11. März 1552. Lanz III. 117.

11) Max und Maria ließen die Geldforderungen erheben durch La Gasca, Bischof von Palencia, im März 1552 und nachher noch einmal im Oktober durch Murga, den Kaffirer der Königin von Böhmen. Die dahin gehörigen Papiere (Rechnungen, Gegenrechnungen u. s. w.) kewahrt das Archiv von Simankas. Vgl. ein Schreiben Karl's an Ferdinand ebd., und an Maria s. Schwester, Lanz

III. 131.

12) Langenn I. 501. II. 336.

desfursten nach Süden vor. Am 4. April nahmen sie Augsburg, sie jagten allen geistlichen Fürsten Schrecken ein. Der französische König hatte seinerseits ohne Widerstand sich Lothringens bemächtigt, den Lothringischen Herzog in völlige Abhängigkeit von Frankreich gebracht und schickte sich jest an, die ihm preisgegebenen Bisthümer einzunehmen. Aber dieser französische Feldzug erregte in der deutschen Nation eine Aufregung, die für die Bundesfürsten von Tag zu Tag bedrohlicheren Charakter annahm. Was des Kaisers Diplomatie nicht erreicht hatte, bewirkte der Eindruck, den weit und breit das Auftreten des neuen Protectors deutscher Freiheit machte. Und wenn Karl geschickt genug war, diesen neutralen Reichsgliedern seine Geneigtheit zu wiederholen, auf billige Bedingungen hin sich mit den Rebellen zu vertragen, so schienen die französischen Waffen manchen der vorhin unschlüssigen Fürsten auf die Seite des Kaisers zu treiben 13). Obwohl persönlich bedrängt und sogar an einem Versuche, sich heimlich in die Niederlande zurückzuziehen, durch die Nähe des feindlichen Heeres verhindert, gewann Karl damals doch nach und nach Beden bei der Majorität des Reiches 14). Die Conferenz zu Linz, so durfte er hoffen, sollte ihm da das günstige Resultat bringen, entweder einen billigen Frieden mit dem neuen Gegner oder einen vom ganzen Reiche gebilligten und unterstützten Krieg gegen den Aufstand.

Am 20. April begannen die Besprechungen zwischen Ferdinand und Merit. Aber wie sehr auch Ferdinand von der Nothwendigkeit eines gütlichen Abschlusses überzeugt sein, wie sehr er auch auf Morit in diesem Sinne einwirken mochte, Moritz blieb fest dabei, einstweilen keine bestimmte Verpflichtung eingehen zu können, ehe er nicht seine Verbündeten darüber befragt habe. Die beiden Fürsten mußten am 23. April mit der einstweiligen Verabredung zufrieden sein, daß nach einigen Wochen eine größere Versammlung von deutschen Fürsten in Passau zusammentreten sollte, zu der man eine Reihe neutraler Stände als Vermittler zwischen dem Kaiser und den Bundesfürsten zu berufen gedachte. Auch den französischen Bund hatte Moritz nicht sofort aufgeben wollen, aber er nahm es auf sich, in Passau die Bedingungen vorzulegen, unter welchen König Heinrich seinen Frieden machen wollte. Und im Allgemeinen hatte man sich darüber schon geeinigt, daß man

13) Ueber die Verhandlungen mit den rheinischen Kurfürsten, z. B. Vgl. Lanz Staatspapiere 498 ff. und Corresp. 3, 170. 192.

14) Ueber den Fluchtversuch vgl. Lanz 3, 159 und Bucholtz 9, 544 ff.

Landgraf Philipp freilassen, und daß dann der Aufstand ein Ende haben müsse. Der Kaiser hieß diese Praeliminarien eines Abkommens mit den Fürsten gut, er sprach nur seinem Bruder es nochmals aus, daß in der religiösen Frage es ihm unmöglich sei, ein Zugeständniß zu machen: er zeigte es schon sehr deutlich, daß er jeder ausgleichenden Maßregel auf religiösem Gebiete seine Zustimmung versagen werde, daß er an den Resultaten des Conziles und der Augsburger Reichstage auch nur durch einen förmlichen Reichstagsschluß in gesetzmäßiger Mitwirkung aller Faktoren eine Aenderung zulassen könne 15).

Während man so auf beiden Seiten eine größere Verhandlung für die Passauer Versammlung vorbereitete, machte man doch in den militärischen Maßregeln keinen Stillstand. Der Kaiser fuhr fort, sich zu rüsten; der französische König drang gegen den Rhein hin vor; die Truppen des Bundes operirten weiter gegen die kaiserliche Stellung in Tirol; ja, Kurfürst Moritz stellte sich selbst an die Spitze seines Heeres und machte jenen Streifzug nach Innsbruck hin, der in aller Welt seinen Namen bekannt und berühmt gemacht hat. Nachdem er den Paß ins Gebirge erstürmt, nahm er ohne Hindernisse Innsbruck ein, den Sitz des kaiserlichen Hofes. Karl selbst, der früher einmal den Versuch gemacht, vor einem solchen Streifzuge seine Person in Sicherheit zu bringen, schien in diesem Augenblicke den Anfall nicht erwartet zu haben. Gichtkrank und gelähmt mußte er weiter ins Gebirge hinein fliehen. Dies Ereigniß zeigte die Schwäche der kaiserlichen Stellung, den Mangel an Hülfsmitteln, die Erfolglosigkeit jeglichen Widerstandes. Aber in der Seele des Kaisers waren solche Versuche eines Zwanges gewiß nur geeignet, seine Verstimmung zu steigern, ihn heftiger gegen Moritz zu reizen. Wenn er sich auch dem Bruder gegenüber zur Nachgiebigkeit verpflichtet, und wenn Ferdinands Interessen zweifellos auf eine friedliche Vermittelung mit dem Aufstande, nicht auf eine gewaltsame Vernichtung der Opposition hinwiesen, so war doch der Kaiser damals fast mit sich im Reinen darüber, daß er den Kurfürsten Moritz für dies lezte Attentat sehr nachdrücklich strafen müsse: die Unterhandlungen, die er mit Johann Friedrich führte, ihn gegen den neuen Kurfürsten zu gebrauchen, die Anweisungen, die er an Gonzaga ertheilte, in dem piemontesischen Feldzuge inne zu halten und ein italienisches Hülfscorps für den deutschen Krieg zu bereiten, alle vertraulichen Aeußerungen des Kaisers beweisen, wie wenig er damals ein glückliches

15) Bucholtz 9, 540. Lanz 3, 185.

Resultat der gütlichen Ausgleichung wünschte, zu der er doch des Bruders Vermittlung zu benutzen vorgab16).

Es war demnach eine schwierige Aufgabe, zwischen Karl und Moritz zu vergleichen. Und wenn trotz aller dieser persönlichen Schwierigkeiten Ferdinand schließlich einen Friedstand für Deutschland erzielt hat, so dürfen wir seiner politischen Geschicklichkeit unsere Anerkennung nicht versagen. Weit größeren Nachtruck aber als diese Gewandtheit des ersten Vermittlers hat die Macht der Verhältnisse auf den Gang der Verhandlungen geübt: den sichersten Rückhalt, die beste Unterstützung in seinem Bemühen hat König Ferdinand bei der allgemeinen Stimmung der Nation gefunden. Nach den wechselvollen Ereignissen der letzten sechs Jahre, nach den verunglückten Experimenten kaiserlicher Religionspolitik war die Nation von dem Gefühle durchdrungen, daß man nur in gegenseitiger Toleranz, in vollständiger rückhaltloser Anerkennung der Verhältnisse, wie sie sich in den verschiedenen Theilen des Reiches verschieden gestaltet hatten, die dauerhafte Basis eines gesunden Zu standes gewinnen könne. Weder die katholisirende, großartige, aber einseitige Tendenz des spanischen Kaisers, noch die nicht allseitig geklärten, allgemeine und persönliche Interessen vermengenden Ideen des Fürstenaufstandes haben den Frieden dictirt, zu dem Ferdinands Verhandlungen den Weg eröffneten, nein, es ist die große Masse der zwischen beiden Parteien stehenden Fürsten und Reichsstände gewesen, deren Auftreten als Vermittler und deren Haltung in den Verhandlungen den Ausschlag für den Religionsfrieden gegeben hat.

Wir sahen eben, wie im April der französische Feldzug in Lethringen und am Rhein jene große Mittelpartei es sind die vier Kurfürsten am Rheine, der Kurfürst von Brandenburg, die Herzege von Cleve, von Baiern, von Würtemberg, die süddeutschen Bischöfe und eine Reihe kleinerer Fürsten und Städte, vornehmlich des deutschen Südens auf die Seite des Kaisers hinzutreiben schien. Jetzt aber im

16) Ueber die Verhandlung mit Johann Friedrich vgl. Lanz 3, 191. 192 200. 201 ff. und Staatsp. 508 ff. Am 30. Mai sprach Karl der Schwester unumwunden seine Absicht aus, Moritz zu strafen (3, 205); und ähnlich schon am 23. Mai an Gonzaga, wo es geradezu heißt: procediendo el duque Mauricio en su desverguença despues de haver ganado la clusa como lo havreys ya 'entendido por lo que Vargas os scrivio a nuestra partida de Yspruck, havemos determinado no llevarlo mas por los terminos de dissimulacion y blandura que hasta aqui sino armar y juntar nuestras fuerças para procurar de castigarle y a los otros rebeldes que con el estan coligados.

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