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15.

Sicher darf der Staatsmann sich einer allgemeineren Bedeutung und einer wenigstens relativen Richtigkeit seiner Stellung rühmen, welcher auch einen politischen Gegner in seine Richtung eingehen sieht.

Diesen Triumph hat damals Kaiser Karl V. erlebt: der Präsident der seinem kaiserlichen Machtgebot widerstehenden Kirchenversammlung hat als Papst vollständig des Kaisers Meinung angenommen; der von der französischen Faktion erhobene und von dem Kaiser ausgeschlossene Papst hat sofort sich nach dem kaiserlichen Bunde gesehnt.

Nachdem Monte durch eine Combination der Farnesischen Partei mit den Franzosen gegen den Protest der kaiserlichen Kardinäle Papst geworden war, so hat er allerdings den Franzosen seinen Dank ausgesprochen, aber seine ersten Handlungen sind Beweise des Vertrauens und der Freundschaft zu den Kaiserlichen gewesen 1). Er zog in sein persönliches Vertrauen in den ersten Tagen die Kardinäle von Burgos und Carpi, er beschenkte Sfondrato, er erwies dem kaiserlichen Statthalter Gonzaga, der ihn so sehr belästigt hatte, sofort große Gefälligkeit und er erklärte, daß die Farneses auch seine Nepoten sein sollten; er betheuerte, Alles verdanke er den Farneses und, was er ihnen einst zugesagt, wolle er ihnen halten: er wolle lieber arm bleiben und ein anständiger Charakter heißen, als durch einen Wortbruch sich bereichern 2). Als sich ihm der kaiserliche Gesandte vorstellte, der durch diese Wahl sehr erschreckt war und seinen Schrecken nicht ganz zu verbergen wußte, rief der Papst ihm zu: „Nur nicht so viel Furcht, Herr Gesandter“ 3).

2) Ribier II. 264.

2) Ribier II. 265.

3) Relation Dandolo's von 1551 (Alberi Serie II. Bd. III. S. 347.); der Papst sagte: „Signor Don Diego non tanta paura.“

Sofort erklärte er ihm, in allen Fragen Freund des Kaisers sein zu wollen, in allen Fragen sich dem Willen des Kaisers anzuschließen.

Es war das in der That ein unerwarteter Anblick, wie sich dieser Monte als Papst benahm. Es war ein unverhofftes Glück, daß dieser vom Kaiser Ausgeschlossene sofort dem Kaiser Beweise seines Anschlusses gab.

Der Papst schickte, seine Erhebung mitzutheilen, nach Frankreich den Conclavisten Guise's, den Abt von Rosetto und an den Kaiser den Conclaviften Toledo's, Don Pedro de Toledo; er ließ durch diese beiden Gesandten den beiden Höfen seine freundschaftliche Gesinnung betheuern, er ließ darthun, daß er aufrichtig, offen, frei, ohne jegliche Verstellung zu verfahren gedenke, daß er auch die allgemeine Kirchenfrage mit Ernst und Eifer nach den allgemeinen Bedürfnissen und nach den allgemeinen Wünschen erledigen werde. Jede nähere Beschlußfassung aber behielt er weiterer Sendung vor *).

Am kaiserlichen Hofe war man zufrieden, daß doch endlich eine Wahl zu Stande gekommen, und daß der neue Papst sofort jene Versicherungen an Mendoza ertheilt hatte. Man wolle nur hoffen, so meinte man, daß wirklich der Papst die Erwartungen zum Nutzen Gottes und der Kirche auch erfüllen werde. Man erklärte sich auch befriedigt damit, daß Mendoza das kaiserliche Veto nicht verwendet, und daß er auch von des Kaisers Seite jenen Versprechungen des Papstes in freundlicher Weise geantwortet habe. Und der Kaiser wollte auch durch die That beweisen, daß er in Julius III. Vertrauen sezze: er kam sofort mit sehr umfassenden Geldforderungen heraus, mit dem Antrage auf bedeutende geistlichen Steuern in Spanien, und er hegte zu dem gutgesinnten Papste das Zutrauen, daß er keine Schwierigkeiten dagegen machen werde. Was er 1547 fallen gelassen, auf den Widerspruch der Spanier zuletzt doch hörend, das hoffte er in umfassendem Maße durch des Papstes Auctorität jetzt durchzuseßen. Und auch er sandte einen persönlichen Freund und Diener nach Rom, den Luis de Avila, den bekannten spanischen Geschichtschreiber des deutschen Protestantenkrieges 5).

4) Die Instruktion für Pedro de Toledo und für den Abt Rosetto sind abschriftlich in der Sammlung Berzosa's vorhanden. Ich bemerke noch, daß auf die sich steigernden Ausdrücke der Dankbarkeit und des Vertrauens gegen den Kaiser in dieser Instruktion oder in dem Schreiben des Papstes an Karl kein Gewicht zu legen ist,weil ganz dieselben Phrasen auch dem Könige von Frankreich gemacht wurden. 5) Karl an Mendoza vom 27. Februar, 18. März und 23. April 1550.

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Von den Eröffnungen, die dann im Auftrage des Papstes Pedro de Toledo zu machen hatte, war Karl auf das Höchste befriedigt. Theilte ihm der doch mit, daß der Papst ohne Weiteres das Conzil fortsetzen wolle, daß er ohne Zögern in Rom die Reformen in der Kirche selbst vorzunehmen gedenke, und daß er auch über die deutschen Verhältnisse nach genauerer Information gerne mit dem Kaiser ein Abkommen treffen werde. Toledo versicherte dabei, gegen die Fortsetzung des Conziles in Trident, gegen welche der Kardinal Monte sich vor wenigen Monaten noch auf das allerheftigste ausgesprochen hatte, werde der Papst keine Schwierigkeiten machen, ja, wenn der Kaiser es wünsche, würde er auch an einem anderen Orte, weiter in Deutschland hinein, keinen Anstand finden, vorausgeseßt, daß die päpstliche Autorität dabei sicher gestellt werden könne 6). Der Kaiser nahm diese Mittheilungen freudig auf; es blieb ihm nur noch der Wunsch, daß diese Versprechungen auch ohne Zeitverlust ausgeführt würden. Und wenn der Papst dabei hatte andeuten lassen, auch im Voraus schon einen Endpunkt für das Conzil festzustellen, einen bestimmten Termin, bis zu welchem alle Debatten ein Ende erreicht haben müßten, so war der Kaiser zwar nicht in der Lage ohne Weiteres darüber zu bestimmen, aber er hatte nichts einzuwenden, daß der Papst sich irgend eine Form suche, unter welcher er diese Absicht erreichen könne, ohne dabei die Freiheit des Conziles zu beschränken.

Den französischen Kardinälen hatte Papst Julius das Versprechen gegeben, nicht ohne die Zustimmung Frankreichs zu der Wiedereröffnung der Conzilverhandlungen zu schreiten. Und die Franzosen erhoben nun wirklich eine ganze Reihe von Einwendungen und Bedenken gegen dieses Conzil. Es gewann den Anschein, als ob König Heinrich die Sache der katholischen Kirche durch seine politischen Manöver aufhalten wollte. Alle Vorstellungen und Bitten, die auch der Papst nach Frankreich richten mochte, fruchteten wenig 7). Aber Papst Julius ließ sich durch den Widerstand Frankreichs einstweilen nicht beirren. Den Karrinälen

6) Ueber die Verhandlungen Toledo's am kaiserlichen Hofe gibt eine sehr ausführliche Depesche des Kaisers an Mendoza vom 18. März Aufschluß. Es heißt darin: nos dixo en esto del concilio como de suyo que el creya que no solamente le dara su sd. en Trento, pero aun mas adelante en Alemania si aquel lugar paresciese incomodo, con tanto que le asegurasemos que las cosas tocantes a la reformacion y authoridad de su sd, no pasassen por el rigor de quien quisiesse meter mas adelante la mano en ellas.

7) Ribier II, 274. 276. 277.

legte er im April die ganze Sache vor; und ihr Gutachten ging dahin, daß wirklich dieses Conzil in Trident fortgesetzt werden müsse: man sah allerdings ein, daß bei einer Wiederaufnahme der Tridentiner Versammlung sich manche Schwierigkeiten ergeben würden, aber man war überzeugt, daß man diese einzelnen Fragen in der Praxis auf irgend eine Weise überwinden müsse und könne 8). Das einzige Bedenken, bei dem es sich wirklich um eine Prinzipienfrage handelte, und das im Sinne des Kaisers zu entscheiden dem Papst wirklich hart ankommen mußte, war die Frage, ob jene Verlegung von Trident nach Bologna rechtskräftig gewesen, und ob das in Bologna Geschehene zu den Akten des Conzils mitzurechnen sei. Aber auch diese Frage wußte man zu umgehen. Der Kaiser war einstweilen damit einverstanden, daß man diese Rechtsfrage fallen lasse, und daß man, ohne von Rückkehr des Conziles zu reden, einfach die Verhandlungen in Trident wieder aufnehme 9).

Im Juni war der Entschluß des Papstes zur Reife gelangt; und ihn zu verkünden, geschah auch jezt eine doppelte Sendung an den Kaiser und an König Heinrich. Dem Kaiser erörterte der Papst, daß er in dieser allgemeinen Angelegenheit der Kirche doch auch auf Frankreich Rücksicht zu nehmen habe, und so habe er der Franzosen Zutritt zu gewinnen, festgestellt, daß man auf dem Conzile nur kirchliche Fragen behandeln, alles Politische dagegen sorgfältig vermeiden werde: mit dieser Beschränkung sei er entschlossen demnächst das Conzil wieder zu eröffnen. Er wollte den Kaiser nur seinerseits auffordern und erinnern, auf's Neue den deutschen Reichstag zu der Unterwerfung und Beschickung dieses Conziles anzuhalten, und der Kaiser sollte sich verpflichten, auch den schon früher gefaßten Beschlüssen des Conziles Beachtung zu verschaffen 10). Und gleichzeitig wurden auch die Franzosen ermahnt, dieses Conzil anzuerkennen: indem er ihnen jene Entfernung aller politischen Fragen aus den Debatten zusagte, wies er darauf hin, daß nicht seine Freundschaft für den Kaiser, sondern die Nothwendigkeit der Sache selbst ihm diesen Beschluß dictirt habe 11).

Diese Eröffnungen fanden verschiedene Aufnahme. Der Kaiser

8) Raynaldus 1550 §. 9.

9) Karl an Mendoza vom 12. Juni (vgl. aber Anhang VIII. 2.)

10) Instruttione Portata da Monsignor Pighino all'imperatore. 22. Juni 1550. P. d'État III. S. 423 ff.

11) Sendung des Monsignore de Tolone nach Frankreich unter den Papieren Berzosa's.

konnte doch nicht anders als durch diese Mittheilungen zur Zufriedenheit gestimmt sein. Pighino und Granvella einigten sich ohne Schwie-rigkeit über alle sonst noch zu erledigenden Details. Daß ohne Zeitverlust zchon der Papst Reformen anordne, ohne auf die Beschlüsse des Confiles zu warten, auch das entsprach durchaus der Meinung Karls. Wenn er hierzu noch besonders den Papst ermahnen ließ, nahm er es auf sich, jene gewünschte Unterwerfung der deutschen Stände unter das Conzil beizubringen, und Beiden schien es angemessen, für nächstes. Frühjahr den Wiederbeginn des Conziles festzustellen 12).

Aber es ergab sich ein anderes Bedenken. Wenn der Papst von seinem Standpunkte aus mit vollem Rechte darauf bestehen mußte, daß die in der ersten Versammlung von Trident aufgestellten Dogmen jezt nicht wieder in Zweifel gezogen werden dürften, und daß also die Fortsetzung des Conziles in Trident nur das noch unerledigt Gelassene in Berathung ziehe, so war vorauszusehen, daß an dieser Frage die Unterwerfung der deutschen Protestanten unter das Conzil anstoßen werde. Auch nach den Siegen Karl's, auch nach der Unterordnung. der Deutschen unter seinen Willen war es eine starke Zumuthung an einen Protestanten, jene ohne sein Zuthun gefaßten Beschlüsse nachträglich anzuerkennen, sich zu jenen seiner Religion durchaus feindlichen Dogmen jetzt nachträglich zu bekennen. In der That, wir finden, daß: sich aus dem bisherigen Gange dieser Dinge hier ein schwieriges Problem herausgestellt hatte. Der echte Katholik konnte sicher nicht wollen, daß die Dogmen eines ökumenischen Conziles wieder umgestoßen würden ;und ein guter Protestant konnte sich nicht einer Versammlung anschließen, die die Grundpfeiler seiner Ueberzeugung schon verworfen hatte. Aber auch. in dieser Frage suchte des Kaisers Staatskunst durch einige praktische Kunstgriffe zu helfen. Ich glaube, auch wenn wir nicht die ausdrückliche Erklärung unseres Kaisers über diese Schwierigkeiten besäßen, wir dürften doch keinen Zweifel hegen, auf welcher Seite er gestanden.. Aber trotzdem war Karl ein zu guter und zu gewandter Politiker, als daß er diese seine innere Ueberzeugung allen Parteien offen ausgesprochen hätte. Als ihm der Papst vorhalten ließ, daß die Gültigkeit der früheren Beschlüsse außer allem Zweifel stehen müsse, antwortete der Kaiser, das sei allerdings auch seine Meinung und sein Wille, aber da sie Beide, Kaiser wie Papst, doch darauf ausgingen für Deutschland

12) Karl an Mendoza 10. September, vgl. Depeschen Pighino's aus dem Auguft und September. (Ich benußte eine Copie derselben in jenen libros de Berzosa in Simancas.)

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