Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

wesen, jezt auf christliche und gebührliche Wege" zum schleunigen Austrage gebracht werden müsse. Und von den Ständen erging darauf die Erklärung, daß sie alle die Nothwendigkeit einer Beilegung anerkannten, und alle die verschiedenen Gutachten der Kurfürsten, der Fürsten und der Städte kamen darin überein, daß durch ein christliches und gemeines Conzil am sichersten solche Ausgleichung stattfinden könne.

Es ergaben sich Differenzen nur in der Frage, wie dies Conzil gestaltet werden müsse, und ob das unter kaiserlich-päpstlicher Leitung begonnene Conzil italienischer und spanischer Geistlichen ein solches genannt werden könne, dem Deutschland sich zu unterwerfen habe. Die Kurfürsten glaubten, es genüge, wenn der Papst jenes Conzil nicht mehr leiten würde, und wenn tie proklamirten Artikel in den controversen Dogmen nicht als bindende Beschlüsse aufgefaßt würden. Die Städte forderten geradezu ein nicht päpstliches Conzil und ein Conzil, das nicht als Fortsetzung der Tridentiner Versammlung erscheine. Auf der anderen Seite drangen die Fürsten auf eine vorhergehende Unterwerfung der Protestanten unter das Conzil, das sie ihrerseits direct als Fortsetzung des Tridentinums bezeichneten; sie meinten dabei, dort über die früheren Beschlüsse noch einmal die Meinungsäußerung der Protestanten einzufordern1). Aus allen diesen Gutachten war das aber deutlich, daß eine Vereinigung aller Stände nicht gerade unüberwindliche Schwierigkeiten bieten werde2). So faßte auch der Kaiser die Sache auf. Er antwortete dem Reichstage, daß er gerne sich um ein solches Conzil, wie sie Alle es wünschten, bemühen wolle, daß er ihnen ein freies und genau an die Bestimmungen der Kirche sich haltendes Conzil verschaffen werde; er verlangte nur, daß die näheren Modalitäten, auf die es ja eigentlich wenig ankomme, seiner Bestimmung allein überlassen blieben. Bis zu der definitiven Ordnung durch dieses Conzil zeigte er zugleich den Ständen seinen Entschluß an, auf eine verläufige Vereinbarung denken zu wollen und behielt sich nähere Eröffnungen darüber noch vor. Und dabei beruhigten sich auch die Stände; und wenn auch die lutherischen Städte ihre frühere Erklärung gegen die vorigjährigen Festsetzungen der Tridentiner Versammlung wieder

1) Die kaiserliche Proposition und die Erklärungen der Kurfürsten, Fürsten und Städte sind mitgetheilt bei B. Sastrowens Herkommen, Geburt und Le= benslauf; herausgegeben von Mohnike. Bd. 2. p. 100–151.

2) So schreibt schon der savoyische Gesandte Graf Stroppiana am 9. September a. a. D. p. 149.

holten, so legten sie doch kaum einen Nachdruck darauf3). Das Resultat dieser Verhandlungen war zweifellos das, wie es Karl triumphirend verkündete, daß er das deutsche Reich mit allen seinen Mitgliedern, und auch die widerstrebendsten Protestanten einbegriffen, zur Unterwerfung unter die Kirchenversammlung von Trident vermocht habe.

Es kam darauf an, daß man den Papst zu diesem von Deutschland jezt acceptirten Conzile bewege. Wenn auch der Papst noch so sehr dem Kaiser zürnen mochte, so durfte man doch wohl erwarten, daß er unter dem Eindrucke dieser Nachrichten aus Deutschland sich dem Kaiser fügen werde.

Es war den Politikern in Rom endlich klar geworden, was der Schlag der kaiserlichen Macht in Piacenza bezweckt hatte. Wenn allen ihren Vorstellungen und Sendungen zum Troße Karl keine Miene machte, jenes Herzogthum fahren zu lassen, so war doch damit den Farneses und allen Italienern ein Beispiel aufgestellt, welche Folgen die Behinderung des Kaisers in seinem Laufe haben könne; es war deutlich geworden, daß auf den Papst durch Furcht und Schrecken gewirkt werden sollte. Und dennoch gab es wohlmeinende Kirchenpolitiker, welche glaubten, sich mit dem Kaiser in jener italienischen Frage einigen zu können: es kam der Legat Sfondrato mit Granvella überein, daß man den Farneses eine Entschädigung gebe, daß der Kaiser die beiden Punkte, Piacenza und Parma, behalte und daß sofort das Conzil in Trident wieder aufgenommen werde. Diese Vereinigung beider Mächte schien möglich der Vorschlag eines solchen Compromisses machte den alten Papst in der That noch einmal unentschieden. Und gerade während er zwischen dieser Furcht vor des Kaisers Zorn und seinen Gelüsten einer französischen Allianz einherschwankte, während ihn noch die mögliche Aussicht auf eine anderweitige Entschädigung seiner Familie und die Lockungen eines französischen Bündnisses im Ungewissen über die nächste Zukunft hielten, gerade in jenen Tagen kam des Kaisers Erklärung in Rom an, daß Deutschland sich dem Conzile von Trident unterworfen.

Es war der Kardinal von Trident, der im Namen des Kaisers und des Reiches in Rom erschien, die Beschlüsse des Reichstages mitzutheilen und die sofortige Wiederaufnahme der conziliaren Arbeiten in Trident, die man im März dieses Jahres abgebrochen, zu verlangen. Dieser Kardinal Christoph Madrucci war doch einer der eifrigsten Parteigänger der kaiserlichen Politik, der durchaus ergebene Diener seines

3) Diese Akten bei Sastrowen 2. p. 151-166. Maurenbrecher, Karl V.

12

Landesherrn, unter den Beförderern der kaiserlich-päpstlichen Liga von 1545 der Eifrigsten einer. Am 9. Dezember hielt er vor Papst und Kardinälen einen längeren Vortrag, seine Mission darzulegen und alle Gründe auseinanderzusetzen, die nach seiner und seines Kaisers Meinung geradezu unwiderleglich und schlechterdings unabweisbar für diese neue Eröffnung der Versammlung in Trident sprachen1).

Aber wie täuschte sich der, der bei diesen Italienern einen Eindruck durch solche Erwägungen des allgemeinen Interesses hervorzubringen glaubte! Schon bald sah es der Kardinal ein, daß man in Rom feinen Ernst mit dieser Conzilfrage mache, unmuthig ging er bald nach Deutschland zurück.

Wie hätte auch die Weise der Behandlung, die man in Rom beliebte, beim Kaiser Beifall finden können! Mußte es ihm doch höchst eigenthümlich erscheinen, daß der Papst nicht mit seinen Kardinälen einen Entschluß zu fassen sich getraute, sondern sich um ein Gutachten an jene Versammlung in Bologna wandte, deren Existenz schon für den Kaiser nicht rechtskräftig war. Die Antwort aus Bologna fiel denn auch aus, wie man sie nur erwarten konnte. Ehe man in Bologna, so führte man aus, sich zu einer Rückkehr des Conziles nach Trident verstehen könne, müßten zuerst die in Trident noch verweilenden Geistlichen nach Bologna kommen, die Rechtsgültigkeit der Translation anzuer= kennen und damit ihre eigene Stellung aufzugeben; zuvor müßte auch die deutsche Nation sich allen den früher gefaßten Beschlüssen des Conziles ohne Vorbehalt unterwerfen, zuvor müßten den Prälaten Versicherungen ertheilt werden, daß das, was man in Deutschland von einer neuen Form conziliarer Erörterung geredet habe, dem Willen des Kaisers durchaus fremd sei; man müsse zuletzt auch darüber beruhigt werden, daß Niemand in Trident einen Zwang ausüben werde, die Prälaten etwa zum Dortbleiben zu nöthigen: wenn alle diese Vorbedingungen erfüllt seien, dann erst könne man sich über eine Rückkehr nach Trident äußern).

Eine solche Antwort, die eine rücksichtslose Ablehnung des kaiserlichen

4) Die Instruktion für den Kard. v. Trident bei Le Plat. III. p. 658 ff. (Freilich in wunderlich gestaltetem Texte!) Vgl. auch Raynaldus ad. a. 1547. §. 89. Die Punktation zwischen den beiden Parteien, im Anhang V. 21 u. 22. 5) Relation des Kardinal von Trident an den Reichstag und durch Mendoza übersandte Mittheilungen des Papstes bei Sastrowen 2. p. 179-198. Vgl. Raynaldus a. a. 1547. §. 91-97. und Pallavicino X. c. 6. 7. 8. 9. 10.

Antrages in sich schloß, wagte der Papst nach langem Zögern dem Kaiser zu ertheilen. Und mochte auch die deutsche Geistlichkeit alle in katholischem Eifer noch so dringend und so beweglich diese Neueröffnung des Tridentiner Conziles empfehlen haben, auch ihnen wurde eine ähnliche Abfertigung zu Theil. Die Männer der starken und unbeugsamen Restauration des mittelalterlichen Katholizismus, die Alles darangesetzt, das Conzil dem kaiserlichen Einflusse zu entziehen, sie konnten es nicht über sich gewinnen, es auf's Neue in die frühere Lage zurückzubringen. Wie nach ihrer Meinung das Conzil, vom Heiligen Geiste inspirirt, bei der Translation von einem Orte an einen anderen vollständig im Rechte gewesen war, so verharrten sie unwandelbar fest auf diesem Standpunkte, nur in Bologna und nicht in Trident ein Conzil zu sehen. Ihre Forderungen waren demnach logisch und konsequent, sie machten der that= sächlichen Macht und den thatsächlichen Erfolgen des Kaisers nicht die geringste Conzession®).

Es ist begreiflich für uns, daß in den Berathungen in Rom diese Meinung die Oberhand behalten mußte, wenn die politischen Interessen des italienischen Papstes mit ihr Hand in Hand gingen; die Stimmen, die sich für Nachgiebigkeit an den Kaiser aussprachen, wurden nicht be= achtet, die strengere und die französische Partei haben die Ablehnung der durch Madrucci gestellten Anträge diktirt.

Man war allerdings noch nicht zum Abschluß der mit Guise verabredeten Allianz gelangt, aber nichts destoweniger war man dessen sicher, daß die Franzosen eine Beunruhigung der kaiserlichen Stellung in Italien auf den verschiedensten Seiten versuchen würden. Man war dahin übereingekommen, daß ein Aufstand der französischen Partei in Genua hervorgerufen werden, und daß gleichzeitig ein Ueberfall auf Piacenza versucht werden solle; wenn man an diesen Stellen einmal erst Franzosen und Kaiserliche aneinander gebracht habe, dann würden sich bald weitere Folgen daran schließen. Die Hoffnungen der Farneses, im engsten Anschluß an König Heinrich ihr Glück dauerhafter zu gründen, waren in beständigem Wachsthum. Auf die französische Freundschaft gestützt und von der Hoffnung eines stets engeren Bundes mit Frankreich getragen, glaubten sie kühn jene Abweisung dem Kaiser ertheilen zu dürfen.7)

6) Caraffa ebensowohl als Cervino erklärten sich nachdrücklich gegen die Forderung des Kaisers. Vgl. Raynaldus a. a. 1547. §. 90 und Pallavicino X. c. 6. §. 8.

7) Französische Depeschen aus Rom vom 14. und 22. Januar und 18. Februar

Wenn nun auch wohl das Gerücht auftauchen konnte, daß der Kaiser in seinem Zorne über die französisch-päpstlichen Umtriebe und über die Nichtberücksichtigung der religiösen Verhältnisse von Deutschland sich zu einem äußersten Schritte möchte hinreißen lassen 7), wenn man wohl gar von einen kaiserlichen Heereszuge gegen Rom redete, einer lutherischen Völkerfluth gegen die Burg des Papstthums, so ist och dem Kaiser selbst eine solche Idee nicht gekommen. Mochte man in Rom die Hand, die Deutschland zur Versöhnung bot, zu ergreifen verweigern, der Kaiser trug immer Sorge, den Faden einer Verbindung mit dem römischen Hofe nicht ganz zu zerreißen.

Freilich war es zunächst seinem eigenen Sinne ein Bedürfniß und ebenso seiner Politik durchaus angemessen, den Zorn über die letzte Wendung, die die Verhandlungen genommen, einmal in recht formellen und feierlichen Akten der Christenheit darzulegen.

Schon als die Versammlung sich von Trident nach Bologna verfügt hatte, schon damals hatte er seinen Ministern den Auftrag ertheilt, cinen recht gründlich gestützten und allseitig wohlbegründeten Protest gegen ein solches Beginnen vorzubereiten, und nur die Unthätigkeit der Bologneser Versammlung hatte die Vornahme desselben aufgehalten. Aber es war immer das legte Mittel gewesen, mit dem Mendoza in Rom drohte, daß er bei dem geringsten synodalen Akte in Bologna zu dieser feierlichen Protestation gegen alle Folgen desselben schreiten werde 8). Als jetzt der Papst den letzten Antrag des Kaisers und des Reiches verworfen hatte, blieb der kaiserlichen Politik, die bei ihrer Auffassung von der Alleingültigkeit des Tridentiner Conziles verharren wollte, nichts anderes übrig, als diesen ihren Willen in der feierlichsten

bei Ribier II. p. 99. 105 und 110. Vgl. Stroppiana's Depesche vom 22. November p. 155, die recht gut die allgemeine Lage charakterisirt.

7a) Die Spannung war immerhin so groß, daß Mendoza einmal dem Prinzen Philipp den Vorschlag machte, eine dem Papste zugehörende Geldsumme mit Beschlag zu belegen: porque el canonigo Ayala me haze relacion que de parte de su sd. ay alla 100 mil ducados, recuerdo a V. A. con la reverencia que devo que quanto para poner en efecto tan justa y sancta intencion como la de su md. y de V. A. se pudiesen tomar los unos y los otros, pues estan las cosas como estan todos los que a su sd. se diessen havian de servir contra nosotros, no seria mal expediente y syno a lo menos aprovecharse agora de los de su sd. y pagarle en lo ultimo de la cruzada, porque syno se va por este camino se hara poco; y creo que speran a cobrar sus dineros y no dar nada a su md de lo que pide. 19. Dezember 1547. Leg. 874 fol. 117.

8) Vgl. Anhang V. 13. und Mendoza's Depeschen aus dem Sommer 1547

« ZurückWeiter »