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Neapel und in Mailand, besaß, ihm Machtmittel, auch die Mitte des Landes zu fassen: was jetzt in Deutschland gelungen schien, durfte nun auch in Italien versucht werten 14). Und auch unter den italienischen Fürsten fand in den Medicis und Gonzagas Karl Verbündete zu dieser Politik.

In jenem Sommer 1547 schon haben Franzosen und Italiener unaufhörlich davon geredet, daß der Kaiser durch seine ungebändigte Eroberungslust und seine tyrannischen Gefühle zu Angriffen auf die italienischen Zustände getrieben werde. In der That zeigen es uns jetzt die Akten dieser Regierung, die bis heute geheim geblieben sind, daß wirklich solche Pläne vorgelegen haben: Gonzaga hat wirklich auf allen Seiten vorwärts gestrebt. Das Wichtigste war, daß die Farneses ent= weder vollständig und auf immer für den Kaiser gewonnen oder ganz. aus der Reihe italienischer Fürsten beseitigt wurden. Wie die Reibungen zwischen Pierluigi und Gonzaga immer weiter um sich griffen, da gewann Gonzaga immer mehr die Ueberzeugung, daß dem ein Ende zu machen sei. Während Pierluigi immer mehr sich in französische Verbindungen einließ, ward die Nothwendigkeit immer dringender, sich so wichtiger Plätze wie Parma und Piacenza zu bemächtigen. Schon im Winter legte Gonzaga es seinem Kaiser vor, daß genug Elemente der Unzufriedenheit in jenen Ländern vorhanden seien, um mit geringem Zuthun von kaiserlicher Seite Pierluigi's Herrschaft zu stürzen15). Die Vorgänge in Genua und Pierluigi's Theilnahme an Fiesco's Complett, die den kaiserlichen Ministern zweifellos feststand, konnten auch den Ab

14) Schon Aubespine (Histoire particulière de la court du roy Henry II.) macht diesen politischen Vergleich zwischen Teutschland und Italien.

15) Gonzaga (30. December 1546) zählt alle einzelnen Akte Pierluigi's auf und kommt zum Schlusse: le quali cose tutte danno inditio del non buon animo suo, et io per me non il vedo volontieri, cosi et vorrei che V. M. pensasse di pigliar qualche forma a casi suoi per asicurarsi da tutti questi sospetti; und weiterhin noch deutlicher: se ancora V. M. pensa di non lassarlo durare, è bene che io ne sia avertito, percio che da hora si cominciera a trattenere molti gentilhuomini dello stato suo a dar loro de fomenti, de favori, a persuader loro delle inobedienze et a tener altri modi simili con essi, in modo che vedendo esso nelli suoi sudditi una generale et publica mala sodisfactione, la quale ha havuto non pur hora principio et agevolmente si tireria avanti, pensasse di non andare ordendo trame con nissun potentato come fa, et da vivere in casa sua sotto il dominio et patrocinio di V. M, la quale havendolo condotto a questo stato starebbe in sua mano di condurlo poi dove ella volesse. (Leg. 1192. fol. 51.)

Fichten Gonzaga's nur neuen Nachdruck geben. So billigte denn auch Karl ausdrücklich die Absichten seines Vertreters: für den Fall einer Veränderung in dem Papate ordnete er an, daß Gonzaga sich jener Städte bemächtigen solle. Der Sturz Pierluigi's schien damals schon eine beschlossene Sache zu sein16). Aber Gonzaga ging noch weiter. Er fragte bei dem Kaiser an, ob er eine etwa sich bietende Gelegenheit benutzen und ob er auch schon zu Lebzeiten des alten Papstes einen Handstreich auf Parma oder Piacenza machen dürfe. Ja, er wußte bald es darzulegen, welche Vortheile ein solcher Handstreich auch noch zu Lebzeiten Pauls III. biete. Jezt im Frühlinge 1547, meinte er, seien alle Umstände einem solchen Unternehmen günstig. Er entwickelte alle Vorwände, durch die man die Truppenbewegungen zu maskiren habe, und alle Wege, auf denen man zuerst sich Piacenza's und dann auch Parma's bemächtigen könne 17). Dazu wollte Karl zunächst noch nicht seine Zustimmung geben; noch immer wähnte er, nicht auf ewig mit dem Papste und seiner Familie brechen zu dürfen. Und so verfiel auch Gonzaga einmal auf jene Idee, mit den Farneses einen Tauschhandel einzugehen und ihnen gegen die Ueberlassung von Parma und Piacenza an das Herzogthum Mailand von kaiserlicher Seite die unter kaiserlichem Schuge lebende Republik von Siena zu opfern 18). Wir wissen, daß damit den Wünschen der Farneses gedient gewesen wäre. Aber diese Vorschläge einer Nachgiebigkeit, die auch gewiß Gonzaga nicht ernstlich meinte, fanden am kaiserlichen Hofe damals immer weniger Anklang. Gonzaga's feindselige Gedanken und feindselige Pläne hatten doch in der Nähe des Kaisers einen wackeren Vertreter: Granvella, der intime Freund Gonzaga's, suchte die kaiserliche Politik zu einem feindlicheren Verhalten gegen des Papstes Familienpläne zu bewegen. Es währte nicht lange, und inmitten jener Spaltung über die Conzilfrage faßte der Kaiser den Entschluß, nicht mehr mit freundlichen Anerbietungen, sondern mit offener Gewalt gegen Pierluigi zu verfahren 19). Und als Gonzaga erst diese endgültige Entscheidung erhalten, war auch er schnell mit einem detaillirten Angriffsplane gegen Piacenza und Parma zur Hand 20).

16) Karl an Gonzaga vom 11. Februar 1547.

17) Gonzaga vom 6. März 1547 (das Original in Sim., aber schon nach einer minuta bei Affò p. 145–152.

18) Gonzaga vom 21. April. Vgl. auch Affò p. 153.

19) Karl 31. Mai: nos havemos resuelto que lo que mas conviene por todos respectos es que se proceda por la via de la fuerça como os parece. 20) Gonzaga vom 13. Juni. Auch hier hat Affò p. 159 ff schon aus einer minuta das Schreiben gekannt.

Nach Art dieser kleinen italienischen Fürsten war auch Pierluigi in feinem neuen Staate mit konfequenter Energie und rücksichtsloser Strenge verfahren. Den Adel jener Städte hatte er natürlich sich zu Feinden gemacht; und solche Mißvergnügte waren es, auf deren revolutionären Beistand Gonzaga rechnete. Während Pierluigi durch den Bau einer Festung allen Aufstandsgelüsten zu begegnen gedachte, knüpften seine unzufriedenen Unterthanen mit dem Statthalter von Mailand an. Eine Revolution dort zu erregen, Pierluigi gefangen zu nehmen und den Plaß dem Kaiser auszuliefern, dazu erboten sie sich an Gonzaga. drängte dahin, daß Gonzaga sich leicht mit ihnen einigte.

Alles

Wir verfolgen hier nicht die nähere Entwickelung des Verhängnisses in jenem Theile Italiens; es genüge hier, darauf hinzuweisen, daß der Kaiser gern und schnell auf diese Anträge einging, daß Gonzaga mit den Verschworenen von Piacenza Alles im Einzelnen ordnete, wie es kommen sollte, daß endlich der Kaiser alle Verabredungen seines Statthalters billigte. Und nur den Einen Umstand heben wir hervor, der Karls Verhalten nach einer anderen Seite hin beleuchtet. Er schärfte es Gonzaga mit allem Nachdrucke ein, daß man sich bei jenem Aufstande in Piacenza nicht an dem Leben Pierluigi's vergreifen dürfe, und daß man den Herzog nur in sichere Gefangenschaft bringe. In der That weit vortheilhafter war es für den Kaiser, diesen Sohn des Papstes in seiner Hand zu halten und in langen Prozessen wegen der Genuesischen und Florentinischen Complotte ihm mit dem Todesloose zu drohen, als durch eine Mordthat den Papst sich auf immer zu verfeinden21).

21) Die wichtigeren der hierhin gehörigen Alten theilt schon Affò mit; (158179) die vollständigere Reihe der Depeschen Gonzaga's würde allerdings noch Eins oder das Andere dazu geben. Ich betone hier nur das noch ausdrücklich, daß Karl das Leben Pierluigi's geschont wiffen wollte. (seguido el qual y que el pero luys se halle desposeido de la ciudad, en la persona del qual no converna que por ninguna manera se toque sino que le echen fuera, porque no se pueda dezir en ningun tiempo que fue hecho por nuestra orden ni mandado etc. ordnet Karl am 12. Juli an.) Gonzaga meinte darauf, wenigstens die Gefangennahme (detentione) desselben könne nüßen (23. Juli bei Affd 168). Er bemühte sich auch, von den Verschworenen ein Versprechen zu erhalten (Affò 172) und dies billigte Karl sehr entschieden am 6. August (lo que haveis hecho y trabajado por salvar si fuere posible la vida a pero luys y duque de Camarino su hijo ha sido como convenia y conforme a nuestra intencion y asi os tornamos a rogar que lo procureys quanto se pudiere; y porque segun la condicion y natura del duque de Camarino y ser moço se juzga que querra ser de los que primero saldran al alboroto y que desta

Die Absichten Gonzaga's blieben nicht auf diese Gebiete beschränkt, sie suchten auch an anderen Stellen die kaiserliche Herrschaft weiter vorzuschieben; und alle Bewegungen in italienischen Städten durften zu diesem Zwecke ausgenugt werden. Wenn in Genua der Aufstand Fiesto's eine unmittelbare Gefahr für die kaiserliche Stellung in nächster Nähe angezeigt hatte, so waren nachher der Kaiserlichen Pläne nur lebendigér geworden, sich für immer der Macht in Genua zu bemeistern :. es wär besonders Gonzaga's Wunsch, einen Handstreich in dieser Richtung wagen zu können; und beständig blieb er bemüht, die Chancen eines solchen Schlages vorzubereiten. Wenn sich damals in Siena Erinnerungen an alte Freiheit und Herrlichkeit regten, so schien es allen diesen kaiserlichen Politikern, Gonzaga wie Mendoza, wünschenswerth, gegen diese populare Bewegung eine kaiserliche Besatzung dorthin zu legen. Hier im Herzen von Italien diesen sicheren Stüßpunkt zu finden, die Aussicht mußte alle Bedenken niederschlagen. Und legte nicht der Aufstand, der gegen den großen Vice-König von Neapel Don Pedro de Toledo ausbrach, die Befürchtungen nahe, daß mit französischem Gelde und mit französischer Hülfe eine allgemeine Erhebung Italiens ausbrechen könne? Das Verhalten, das man in Rom in diesem kritischen Momente beobachtet hatte, konnte auch das Mißtrauen des Kaisers nur steigern. Und so empfahlen sich Gonzaga's Pläne auf weitere Annexionen italienischen Landes an das kaiserliche Reich durch jede Erwägung, die man nur anstellen konnte. In dem Schwanken der Verhältnisse in Italien und in dieser Lage, die in jedem Augenblick durch eine päpstlich-französische Liga dem Kaiser gefährlicher werden konnte, kam Gonzaga auf die Idee, nicht nur dieses Siena zu besetzen, sondern auch außer Parma und Piacenza noch einige andere günstig gelegene Städte dem Herzog= thume Mailand zu incorporiren. In Bressa, in Crema und in Bergamo dachte er Aufstände des Volkes gegen die venetianische Herrschaft zu erregen und durch seine Agenten auch dort die kaiserliche Annexionspolitik vorbereiten zu lassen 22). Der Anfang aber sollte mit Piacenza und Parma gemacht werden.

manera con dificultad se le podria salvar la vida, mirareys si sera bien scrivirle que se venga a olgar ay con vos por algun dia con el achaque y color que mejor os parecera.) Am 8. Auguft berichtet dann Gonzaga, daß er den Aufstand hinausgerückt habe bis zur Abreise Ottavio's.

22) Gonzaga's Depeschen vom 22. Juli, über jene venetianischen Städte; vom 19. Januar, 12. Juni, 1. und 17. Sept. betreffend Genua; (vgl. auch Anhang. V. 8.) vom 21. April, 5. Juni, 3. Juli über Siena

Noch eine kurze Weile verzögerte den Streich Ottavio's Besuch bei dem Vater in Piacenza. Erst als es gelungen, ihn von dort zu entfernen, konnte Gonzaga den Verschworenen das verabredete Zeichen geben. Und da erfolgte am 10. September der Aufstand in Piacenza. Des Herzogs Leben sollte man schonen, aber die Privatrache jener verschworenen Adeligen war stärker als die Rücksicht auf das Verbot des Kaisers. Pierluigi selbst fiel. Und dann riefen die Verschworenen nach der früheren Verabredung Gonzaga's Hülfe herbei, der sofort die Stadt im Namen des Kaisers besetzte 23).

Die Nachricht dieser Vorgänge fiel plötzlich in die Verhandlungen in Rom. Zuerst glaubte der Papst einen kurzen Augenblick an Gonzaga's Versicherungen, daß er nur, um die Ruhe zu erhalten, jene Stadt besezt habe; dann aber mehrten sich mehr und mehr die Zeichen, daß Gonzaga seine Hand im Complotte gehabt habe. Der Papst und seine Freunde wurden immer dringender in ihren Vorstellungen und Forderungen, daß eine genaue Untersuchung des Geschehenen erfolgen, und daß Piacenza in die Hand des rechtmäßigen Erben, d. h. Ottavio's zurückgegeben werden müsse 23).

Das Spiel, das man da mit dem Papste trieb, war ein seltsames und mußte die Gefühle dieses Kirchenfürsten immer höher aufregen. Der Kaiser erklärte von der Nichtbetheiligung seines Feldherrn überzeugt zu sein, er gab auch gute Worte und trostreiche Versicherungen, auf das Wohl der Farneses bedacht zu sein, aber er war weit entfernt davon, die gewünschte Ordre an Gonzaga auszustellen, die ihr zur Uebergabe der Stadt ermächtigt hätte, und Gonzaga setzte allem Drängen und Bitten immer die eine Erklärung entgegen, daß er ohne besonderen kaiserlichen Befehl seine Truppen nicht zurückziehen dürfe25). Da ward es auch bald den Farneses klar, daß man sie nur hinhalten wollte,

23) Affò 179–188. und Gonzaga's Bericht an den Kaiser vom 16. September (S. 190.)

24) Mendoza vom 17. 18. 20. 22. 26. und 28. Sept. (Döllinger 112 ff.) 25) Karl vom 7. October, Anhang V. 20. Am 8. October wird Gonzaga von Karl dazu angewiesen: que, lo justifique lo mejor que pudiere agora sea por ocasion de las cosas ocupadas por el duque pero luys del conde de fiesco o por la rebellion de los possessores si son feudatarios de Plasencia o de otra manera, y que embiandosele alguna persona o de la parte del papa o del duque de Camarino que se firme siempre en lo que ha mandado dezir y respondido muy bien al dicho duque con Alexandro Gonzaga, que en efecto es remitirse siempre con buenas palabras a su ma.

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