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solche Vergleichung schaffen solle, darüber einigten sich doch die beiden Fürsten 18).

So war im Juni 1546 alles das glücklich zu Stande gebracht, was den Kaiser im vorigen Jahre zum einstweiligen Aufschub des Krieges bewogen hatte. Die militärischen Dispositionen waren getroffen, Geldmittel waren wenigstens für die nächsten Monate zur Hand, die protestantischen Gegner waren an energischen, umfassenden Gegenrüstungen glücklich gehindert, und dem Kaiser aus den deutschen Katholiken und den deutschen Protestanten Bundesgenossen beigebracht.

Am 9. Juni unterzeichnete der Kaiser die Capitulation mit dem Papste, die ihn zu dem Religionskriege gegen die deutschen Protestanten verpflichtete. Mit dem unterzeichneten Vertrage reiste der Cardinal von Trident nach Rom; und am 22. Juni verkündete der Papst dem versammelten Collegium der Cardinäle den gelungenen Abschluß des großen Werkes 19).

In Regensburg berieth der Kaiser noch einmal mit Ferdinand und dem Herzog von Bayern die zunächst vorzunehmenden Maßregeln. Gleichzeitig aber, als ob nichts Außerordentliches im Werke sei und als ob er wieder in gewohnter Weise die üblichen Fragen mit den Ständen erörtern wollte, begann er die Verhandlungen des Reichstages. Die beiden Parteien verharrten dabei in ihrer früheren Stellung. Und erst als es laut wurde, daß der Kaiser in Deutschland Truppen werbe und aus den Niederlanden und Italien Heeresmassen heranbefohlen habe, sahen die Protestanten, was beabsichtigt war. Sie fragten an bei dem Kaiser, was jene militärischen Maßregeln bezweckten, und erhielten nur die allgemeine, unbestimmte Antwort, es sei auf Züchtigung einiger widerspänstigen und ungehorsamen Stände abgesehen.

Und in der That, darauf war der ganze Plan des Kaisers gestellt nicht über die religiöse Frage den Krieg zu eröffnen, sondern die feind, lichen Häupter des Schmalkaldener Bundes wegen politischen Unge

18) Auch hier liegt eine treffliche Monographie zu Grunde: von Langenn Moriz, Herzog und Kurfürst von Sachsen. Die Akten über die Verhandlung mit dem Kaiser sind mitgetheilt Bd. II. p. 229, 231, 234, 244 ff. 254, 256. 259; vgl. die langen Erörterungen über die religiöse Frage bei Ranke VI. 348 -364; zuletzt wurde am 20. Juni abgeschlossen, bei v. Langenn II. p. 265 und 266. Einige neue, aber nicht erhebliche Details hat dazu später noch Langenn Christoph von Carlowit p. 127–140 beigebracht.

19) Vega's Depesche vom 23. Juni 1546. (Sim.)

horsams, vor Allem wegen der Braunschweiger Sache zur Strafe zu ziehen 19).

Mit einer gewissen Ostentation hat der Kaiser es damals nach allen Seiten hin erklärt 20), daß er nicht einen Religionskrieg zu führen beabsichtige. Den größeren Städten protestantischen Bekenntnisses hat er noch besondere Schreiben zugestellt, in denen er sie warnte, sich nicht durch das Vorgeben der Gegner bethören zu lassen. Ueberall hin hat er Eröffnungen gemacht, welche von den Umsturzplänen der Schmalkaldener redeten und nur die Erhaltung des alten Kaiserthums und des löblichen Gehorsams deutscher Nation gegen ihren Kaiser als die Aufgabe seiner Rüstungen hinstellte.

In Rom wußte man es besser, wie es sich damit verhalte. Die Capitulation zwischen Kaiser und Papst und alle die Verhandlungen, die seit mehr als Jahresfrist zwischen den Höfen geschwebt, hatten doch immer nur von der Unterwerfung der Protestanten unter die katholische Kirche geredet. Und nachdem auch der Papst freudig den Beginn des Religionskrieges jetzt den Cardinälen verkündet hatte, erließ er an die auswärtigen Mächte Breven, welche den Zweck seiner Rüstungen zum Behufe dieses deutschen Religionskrieges darlegten. Ganz besonders den Schweizern gab er hierüber Mittheilungen 21), welche schon damals in aller Welt bekannt wurden und damals schon viel Lärmen erregten.

Es pflegt auch heutzutage noch Gegenstand scharfsinniger Erörterungen zu sein, ob der schmalkaldische Krieg ein Religionskrieg gewesen, oder ob der Kaiser die politische Unterjochung Deutschlands durch diesen Krieg gegen die Eine Partei im Reiche habe einleiten wollen; und heutzutage noch pflegen sich auch in dieser Controverse die heutigen Parteiunterschiede zu sondern. Ich sollte meinen, nach allem bisher Ausgeführten und aus den eigenen Akten der kaiserlichen Regierung Dargelegten kann schlechterdings kein Zweifel mehr bleiben, was der Sinn des Kaisers gewesen.

Man war zu einem Vernichtungskriege gegen den Protestantismus entschlossen, aber man wählte in wohl überlegter Berechnung eine

19a) Erft in Regensburg entschied man sich definitiv für diese Art des Vorgehens. Erasso an Cobos vom 10. Juni. (Sim.)

20) Vgl. Lanz II. p. 496 ff. besonders an Herzog Ulrich (p. 492) an die Schweizer (p. 493 und 512.)

21) Breve an die Schweizer bei Hortleder; ähnliche noch bei Raynaldus ad. a. 1546. §. 98 ff.

andere Form, die man dem Religionskriege geben konnte. Und das war durchaus keine neue Idee für diese kaiserliche Staatskunst.

Schon im Jahre 1530, als man im kaiserlichen Staatsrathe davon sprach, daß man Gewalt gegen die Protestanten werde anwenden. müssen, schon damals war es die Meinung der Legaten und der kaiserlichen Minister, daß dabei nicht der Grund der Religion vorzuschieben sei, sondern daß man auf reichsrechtlichem Wege, wie gegen Rebellen und Empörer, durch Reichsacht und Execution dieser Reichsacht vorgehen solle 22). Und genau nach diesen damals entwickelten Plänen, die wir von dem Standpunkt dieser kaiserlichen Anschauung aus als vollkommen sachgemäße bezeichnen durften, hat der Kaiser in diesem Jahre 1546 sein Verhalten geregelt. Und wie wollte es uns möglich erscheinen, wenn wir bei dem Ausbruch des Krieges die ausdrückliche Aeußerung im Munde des Kaisers hören, die erlassenen Erklärungen seien nur ,,Deckmantel und Vorwand"23), wie wollte es uns da möglich erscheinen, diesen Vorwand" heute noch für die wahre Ursache anzusehen? In der vertrauten Correspondenz des Kaisers mit dem Sohne ist auch durchaus kein Mangel an Erklärungen ähnlicher Art: den Spaniern gegenüber, welche ihn so oft zur Ausrottung der Keßerei gedrängt hatten, diente es sogar zur Begründung der kaiserlichen Geldforderungen, daß aller Aufwand für die von ihnen gewünschte Aufgabe geschehe 24).

Und sollte man wirklich der Meinung sein können, daß der alte Farnese seine Hülfstruppen und seine Subsidien für die Erhöhung der kaiserlichen Macht, für politische Zwecke des Kaisers in Bewegung gesetzt habe? Es lehrt uns doch der Gang der Ereignisse, daß der Papst, sobald er politische Erfolge des Krieges erblickt hatte, aller ferneren Hülfe sofort sich entzogen.

Allerdings wir dürfen auch das nicht verkennen und ich glaube, auch der Kaiser hat es sich in keinem Augenblicke verborgen eine Unterwerfung der Protestanten unter die Kirche, die Vernichtung des Schmalkaldener Bundes mußte dem Kaiser überhaupt für alle Fragen.

22) Vgl. in den Gutachten von 1530 die Stellen, z. B. im Anhang p. 14*, p. 17* und 18* u. s. w.

23) Das oft citirte Schreiben an Maria vom 9. Juni 1546. Bei Lanz II. 486 ff.

24) 3. B. im Anhang p. 56*. - Eine besonders ausdrücklich,,Vorwand“ (titulo) und Ziel" (fin) unterscheidende Stelle ist auch p. 47*: überhaupt ist fast kein Schreiben an Philipp aus dieser Zeit ohne ähnliche Erklärungen.

einen bedeutenden Zuwachs an Macht und Einfluß in Deutschland verschaffen. In einem Lande, in dem die Macht der höchsten Obrigkeit fast nur ein Schall und Name war, in dem von den untergebenen Fürsten dem Kaiser der Welt Bedingungen vorgeschrieben und Zugeständnisse abgezwungen wurden, in dem ein Bund der Gegner in alle Fragen europäischer Politik ein gewichtiges Wort hineinsprach, in diesem Lande mußte die Bezwingung dieser alten Gegner den Sieger nicht nur mit Ruhm und Glanz, sondern auch mit erneuerter Macht und Kraft beschenken. Auch die Stellung seines kaiserlichen Amtes und die Bedeutung des Hauses Habsburg in Deutschland durfte Karl hoffen durch den Sieg über den Protestantismus zu fördern 25). Aber nach der Anschauungsweise dieses Kaisers, wie sie in den geheimsten Schreiben an seinen Sohn sich uns darlegt, tritt diese weltliche Seite des deutschen Unternehmens für ihn weit hinter die religiöse Verpflichtung zurück, die ihn, den spanischen Katholiken, in den Kampf gegen Unglauben und Keßerei getrieben.

Der politischen Einsicht des spanischen Karl hat es entsprochen, daß er seine Absicht zu verhüllen und aus der Täuschung der Welt über seine Zwecke zur Förderung derselben Vortheile zu ziehen gesucht hat.

Der Erfolg zeigte bald die Richtigkeit seines Planes. Denn sofort fügte jene Proklamation des Religionskrieges, die von Rom aus verbreitet wurde, ihm manchen Schaden zu. Städte lutherischen Bekenntnisses, auf deren Mitwirkung gegen den Schmalkaldener Bund er gerechnet, traten deshalb ins Lager der Gegner, so daß es schwierig wurde, die Werbungen in der gewünschten Weise vorzunehmen. Wie bedächtig auch der Kaiser seine Vorbereitungen von ferneher eingeleitet hatte, in dem letzten Augenblick kam ihm doch der Ausbruch des Krieges zu früh. Die befohlenen Mannschaften aus den Niederlanden und aus Italien waren noch nicht zur Stelle; und auch des Papstes Hülfsheer, das des Kaisers Eidam, Ottavio Farnese, führte, und dem als Legat der Kirche der Cardinal Alessandro Farnese beigegeben war, rüstete sich eben jezt erst zum Aufbruch 26).

Unter diesen Umständen galt es dem Kaiser, Zeit zu gewinnen und in Mitten der sich erhebenden Gegner den festen Punkt zu behaupten, in dem er die Vereinigung aller seiner Streitkräfte bewerkstelligen konnte.

25) Auch dies ist zuweilen bezeichnet, z. B. im Anhang p. 40* (vom 16. Febr. 1546.)

26) Depesche vom 31. Juli und 10. August 1546.

Es ist nicht unsere Absicht, hier die Geschichte des Feldzuges zu schreiben. Es genügt uns die politisch wichtigen und entscheidenden Maßregeln auf militärischem Gebiete kurz anzudeuten. Wir finden auch hier den Kaiser seinen Gegnern bei weitem überlegen. Von Alba berathen hat Karl und es mag unentschieden bleiben, ob Karl, oder ob Alba das eigentliche Verdienst gebührt — so geschickt seine militärischen Dispositionen zu treffen und in so geschickter Weise zu manöveriren gewußt, daß er die Gegner bald um alle ihre anfänglichen Vortheile gebracht hat.

Anfangs war der Augsburger General Schertlin bemüht gewesen, die Verbindung zwischen Deutschland und Italien zu besegen. Und gewiß war es ein verhängnißvoller Fehler, daß er den Rückzug aus dieser Position anzutreten sich entschließen mußte. So vermochte der Kaiser am 12. August schon die aus Italien herbeiziehenden Truppen in sein Heer aufzunehmen.

Berhängnißvoll war es ferner, daß die Verbündeten nicht das ge= ringe Heer des Kaisers bei Regensburg überfielen und so ihm alle weitere Möglichkeit des Feldzuges abschnitten. Durch ihr Zögern wurde es dem Kaiser erlaubt, auch sein niederländisches Heer im September heranzuziehen.

Dann manöverirten die Heere der Gegner den ganzen Herbst hindurch in Märschen und Gegenmärschen: es fand bei Ingolstadt einmal eine gewaltige Kanonade Statt, es standen sich die Heere auch zweimal in Schlachtordnung gegenüber; aber zu einer entscheidenden Schlacht wollte es niemals kommen. Nach und nach wurden die Aussichten für die Protestanten immer zweifelhafter: des Kaisers Beharrlichkeit und Zähigkeit, mit der er einmal ausgerufen, lebend oder todt wolle er in Deutschland bleiben, machte endlich die Gegner mürbe.

Während so in Süddeutschland kaum ein entscheidender Fortgang erfolgte, ward die Entscheidung des Feldzuges von einer anderen Seite gebracht: am 12. November durfte im kaiserlichen Lager mit Freudensalven dem Gegner die Kunde mitgetheilt werden, daß seine Sache eine verlorene geworden: der Schmalkaldener Bund, der sich an der Donau behauptete, hatte seine Basis in Sachsen verloren.

Schon am 20. Juli noch von Regensburg aus hatte der Kaiser die Acht über die beiden Fürsten Johann Friedrich und Philipp verhängt, und am 1. August war Herzog Moriß der Auftrag ertheilt, das kaiserliche Achtmandat auszuführen. Freilich hatte Moritz noch Monate lang mit der That gezögert; mit seinen eigenen Ständen unterhandelte

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