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eindringlich und rücksichtslos die Verpflichtung vor, die er als katholischer Fürst zu diesem Kriege habe: die Bedenken, die man in dem Kaiser wach gerufen, seien wohl von dem Eigennute Granvella's eingegeben, der doch mit so manchen Protestanten verkehre: welle der Kaiser jezt nicht den Krieg beginnen, so sei er, Seto, der geistige Vater des Krieges gegen die Protestanten, bereit, sofort den kaiserlichen Hof zu verlassen und sich in die Stille eines Klosters zu vergraben. Wenn nur Karl in sich entschlossen sei zum Kriege, so erörterte er dem Kaiser, werde es schon am Gelde nicht fehlen: die großen deutschen Handelshäuser und die Mediceer in Florenz würden gegen einen kleinen Landerwerb bereitwillig die nöthigen Summen vorschießen 11). Endlich fand sich Soto auch veranlaßt, in einem eingehenden Gutachten alle die Umstände dem Kaiser ins Gedächtniß zu rufen, die die Schwäche der Protestanten zu verrathen und also auf protestantischer Seite die Sache des Kaisers zu fördern schienen. Wir finden, daß dieser spanische Theologe recht scharf die deutsche Lage beobachtet und die Schwächen der Gegner recht treffend erspäht hat. Wir finden auch, daß es für ihn galt, noch andere weit peinlichere Bedenken im Kaiser und bei den Ministern des Kaisers zu überwinden: manchen Anstoß glaubte man da in einer Capitulation mit dem Papste zu sehen, welche immerhin dem Kaiser die Hände binden und die Freiheit der politischen Bewegungen ihm nehmen mußte. Aber es ist interessant zu sehen, wie der spanische Mönch diesem Einwurf beizukommen gedachte: alle Verpflichtungen unter Menschen, das sei ein Grundsatz aller Theologen und Juristen, verpflichteten selbstverständlich nur so weit, als sie einen größeren Vortheil nicht verhindern oder einen Nachtheil vermeiden: wolle also der Papst den guten Fortgang der Unternehmung durch seine Dazwischenkunft in irgend einer Weise aufhalten und der Beichtvater erörterte das in einzelnen möglichen Fällen so sei der Kaiser auch durch den Vertrag nicht weiter gebunden, als er es auch ohne den Vertrag dem geistlichen Haupte gegenüber ohnehin schon gewesen wäre. Aus allen diesen Erörterungen kommt Soto endlich zu dem Schlusse, es sei nothwendig, ohne weiteren Anstand und ohne weiteres Mißtrauen mit dem Papste abzuschließen 12).

11) Diese Details entnehme ich aus einem Schreiben Erasso's Anhang III. 2. und Briefen Granvella's vom 24. April und Erasso's vom 9. Juli 1546, beide an Cobos gerichtet (A. v. Sim.) Vgl. über die Nachrichten aus Spanien Anhang IV. 7.

12) Parecer del confesor sobre la empresa de Alemania im Anhang III. 1.

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Und in der That, es kann keinem Zweifel unterlieg Entschluß zum Kriege ist ernstlich nicht mehr in's Want In allen Schreiben an den Sohn in Spanien spricht er er in Regensburg noch einmal eine letzte kurze Berathu Bruder vorhabe und nach katholischer und nach protestan hin Unterhandlungen führen wolle, um in möglichst gün und unter möglichst günstigen Umständen den Feldzug von aus zu eröffnen 13).

Es kam dem Kaiser vor Allem darauf an, und die sichtspunkt gewesen, aus welchem er in jenem Jahre von bis zum Regensburger Reichstage sein Verhalten geregelt ihm darauf an, zu dem Kriege nicht nur Finanzen und gehöriger Anzahl und Ordnung nach Deutschland zu scha auch aus Deutschland selbst sich Verbündete zu gewinne gestehen, es verdient unsere Bewunderung, wie inmitten all keiten dieser Kaiser und sein Minister Granvella von Fürsten Einen nach dem Andern unter seine Fahnen eing

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Schon oft hatte der Schmalkaldener Bund eine weser seiner Erfolge in einem Bündniß mit den überaus eifrig Herzogen von Bayern gefunden. Zulegt nach jenem für so bedrohlichen Friedensschlusse von Cresph waren im aufs Neue die Verhandlungen zwischen Hessen und Baye hin- und hergegangen. Im Juli 1545 war man sich se kommen, und sehr nahe stand der Abschluß dieses antikaiserli in diesem Sommer 1545 in Aussicht 14). Da zerriß des K Dazwischenkunft die angeknüpften Fäden. In vertraulich ließ er zuerst dem bayerischen Herzoge die Solidarität schen Interesses vorstellen, und beauftragte dann den C Otto von Augsburg mit den weiteren Verhandlungen am Hofe: bald nachher in dem Winter traten in den Niede die Bedingungen deutlicher hervor, unter welchen der Herzo befolgte Politik der Opposition gegen Habsburg aufgebe Kaisers katholische Pläne jezt auch durch seine katholisch rückhaltlos unterstützen wollte. Die Aussicht auf den Herzogthumes von Neuburg, das ja das bayerische Territo

13) Anhang IV. 1–9.

14) Darüber gibt Andeutungen aus den bayrischen Akten Stum politische Geschichte p. 264 f. und 268 ff.

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wünschter Weise arrondiren mußte, wurde Herzog Wilhelm gezeigt und zugleich die früher nicht berücksichtigten Ansprüche des Herzogs auf die pfälzische Kurwürde nicht nur anerkannt, sondern auch bald zu verwirklichen zugesagt. Auf diese Präliminarien hin gelangten Kaiser und Herzog auf dem Reichstag in Regensburg am 2. Juni 1546 zum Abschluß. In demselben Monat noch ward durch die Ehe des bayerischen Erbprinzen Albrecht mit einer Tochter Ferdinands der Bund gekräftigt. So wurde für des Kaisers Kriegspläne der Herzog von Bayern als Verbündeter gewonnen. Auf Bayern und die Cardinäle von Trident und von Augsburg durfte der Kaiser jezt unbedingt zählen 15).

Auch unter den jüngeren, thatenlustigen und kriegsmuthigen protestantischen Fürsten gelang es dem Kaiser sich Genossen für seine Waffenthaten zu sammeln. Des brandenburgischen Kurfürsten jüngeren Bruder, den Markgrafen Hans von Küstrin, einen der eifrigsten und glaubensfestesten Protestanten, gewannen die kaiserlichen Diplomaten: auf einen Kriegszug bedacht und in militärischen Gefühlen lebend, hat Hans zuleht mit der Versicherung des Kaisers, er werde ihn in seiner Religion nicht stören, sein protestantisches Gewissen getröstet 16).

Noch ein ähnlicher Fang gelang in demselben Hause der Brandenburger. Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Culmbach war ein wilder, rauflustiger Geselle, eine stürmische Natur von wenig Ueberlegung und wenig Ueberzeugung. Da in seiner Jugend ihm Kurfürst Johann Friedrich und Landgraf Philipp zu Vormündern bestellt ge= wesen waren, fehlte es dem Heranwachsenden nicht an Gelegenheit zu Zwist und Beschwerden wider diese Häupter des protestantischen Bundes. Die Spannung wuchs bald zu erbitterter Gereiztheit, bei Albrecht zu wüthenden Rachegedanken über die ihm vermeintlich von ihnen zugefügte Unbill. Und so war es ein Leichtes, ihn zu dem Werkzeuge der kaiserlichen Pläne gegen jene Fürsten zu machen. Schon im Winter war es bekannt, daß er in die Dienste des Kaisers getreten; man erzählte sich, der Kriegsherr werde Albrechts Schaaren gegen Köln verwenden; und wenn dieser Angriff auf Köln auch unterblieb, so war es doch zweifellos sicher, daß der Kaiser in dem jungen,

15) Bgl. Stumpf p. 270 ff.; die Denkschrift bei Lanz Staatspapiere p. 394 ff. und Rante D. G. IV. p. 307, der aus dem Brüsseler Archiv zuerst eine fichere Notiz über den Abschluß beigebracht.

16) Vgl. Rante IV. 319.

muthigen und raschen Fürsten, der bei allen Soldaten populär der Abgott deutscher Landsknechte zu werden verhieß, einen ergebenen und äußerst brauchbaren General gewonnen 17).

Alle diese Schachzüge, mit welchen in jener Winterszeit durch seine abwartende Haltung, durch den Aufschub des Krieges des Kaisers scharf rechnende Staatskunst den Erfolg des großen Feldzuges vorbereitet hatte, sie waren alle unbedeutend und wenig austragend im Vergleich zu dem großartigen Manöver, durch welches Karl sich den bedeutendsten und gefährlichsten unter allen protestantischen Fürsten zum Bundesgenossen gemacht hat. Der junge Herzog Moritz von Sachsen, wie sehr auch unsere theologische Geschichtschreibung an ihm Flecken aufzu» decken bemüht sein mag, ist ohne allen Zweifel der politisch bedeutendste, ja der einzige politische Kopf unter allen deutschen Fürsten und Staatsmännern jener Zeit. Er war wohl selbst ein guter Protestant, wie alle die anderen seiner Standesgenossen; aber es kam ihm gar nicht darauf an, um eines politischen Vortheiles Willen auch einmal gegen seine protestantischen Glaubensgenossen mit dem geschworenen Feind der Protestanten ein recht enges Bündniß einzugehen: die politischen Absichten und Tendenzen haben bei ihm immer den Ausschlag gegeben. Damals wähnte der Kaiser den Ehrgeiz des jungen Fürsten zu durchschauen und glaubte in ihm ein gefügiges Werkzeug für seine deutschen Pläne zu halten: er hoffte, auch diesen Herzog von Sachsen ausnuten und beliebig gängeln zu können, wie alle jene anderen Fürsten. Aber da hatte er doch den Grund des Verhaltens, das Herzog Moritz 1546 beobachtete, nicht richtig gewürdigt: und daß die spanische Staatskunst diesen Herzog Moriß nicht völlig erkannt und, ihn unterschäßend, völlig auf ihn gezählt hat, dieser Eine Fehler in dem genau berechneten Systeme Karl's hat alle anderen Erfolge des Kaisers wieder zu Nichte gemacht: Herzog Moriz' einsichtige und die Chancen der europäischen Verwickelungen richtig benußende Politik hat des Kaisers Triumph von 1548 in die schmähliche Niederlage von 1552 verwandelt.

In engen und kleinen Verhältnissen aufgewachsen, hatte Herzog Morig von früh auf Reibungen und Zerwürfnisse in lokalen und territorialen Fragen mit dem mächtigeren Nachbar, dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, durchgemacht. In seiner bescheidenen Stellung auf die Ausnugung auch der kleinsten Vortheile angewiesen, durfte er

17) Voigt, Markgraf Albrecht Altibiades bes. I. p. 105 ff.

sich keine der großen Parteien im Reiche verfeinden. Wie er daher 1542 schon den Eintritt in den Schmalkaldener Bund troß seines aufrichtigen protestantischen Bekenntnisses ablehnte, gewann man am kaiserlichen Hofe bald die Meinung, in ihm ein Gegengewicht gegen die Schmalkaldener und den Punkt zu finden, in welchem die Hebel gegen des protestantischen Bundes Machterweiterung anzusehen seien. Granvella vor Allem faßte bestimmt und klar diese Aufgabe für die deutsche Politik seines Herrn in's Auge. Mit dem vertrauten Rathgeber des Herzogs, mit Christoph von Carlowig, trat er in freundlichen Verkehr und wußte durch geschickte Schmeichelei, durch eine auch im Kleinen genau berechnete Weise des Verfahrens in Morig die Hoffnung zu erregen, daß in einem Anschluß an Karl ihm die herrlichsten Aussichten auf Erwerb von Macht und Einfluß blühen würden. Aber wie sehr auch Moriz solche Wünsche und Erwartungen hegen mochte, es kennzeichnet sehr genau den Charakter und die Bedeutung seiner Politik, daß er nicht in übermäßigem Eifer selbst sich zu Diensten erbot und selbst auf die Belohnungen für diese Dienste antrug, sondern daß er durch abwartendes Zurückhalten und durch ein mit Zuversicht und Bewußtsein geführtes Spiel, mit beiden Parteien unterhandelnd, den Preis seiner endlichen Entscheidung für eine der Parteien zu steigern wußte. Während er auf der einen Seite mit Landgraf Philipp, seinem Schwiegervater, an jener 3dee des großen protestantischen Bundes, dem die deutschen Protestanten und die nordischen Mächte und der englische König beitreten, und den Frankreich unterstüßen sollte, unablässig arbeitete, unterhielt er auch durch Carlowit den Verkehr mit Granvella und dem Kaiser. Die protestanische Liga kam, wie bekannt, durch der Schmalkaldener politisches Ungeschick, vor Allem durch Johann Friedrich's pedantisch-theologischen Eigensinn nicht zu Stande. Dafür aber gerieth der Bund zwischen dem Kaiser und Morig auf eine für beide Theile erfreuliche Weise. Nach manchem Briefwechsel und manchen Sendungen, die im Einzelnen hier nicht zu verfolgen find, reiste Herzog Moriz - und das war das Unglückssignal für die Protestanten an den Reichstag zu Regensburg, persönlich mit Karl und Ferdinand und Granvella die Sache zu ordnen. Und dort gelangten Karl und Moritz zu der Uebereinkunft über den Krieg, den Moriß unterstützen, und über den Preis, den Karl ihm dafür zahlen sollte: es gab dabei der Kaiser auch ihm eine Zusage, daß die Religion der Protestanten,,bis zu weiterer Vergleichung" nicht angefochten werden würde; aber daß das allgemeine Conzil eine

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