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BAYERISCHE
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MUENCHSN.

Der Jer blutige Sieg von Magenta hatte der französischen Armee die Thore Mailands geöffnet und der Enthusiasmus der Italiener erreichte seinen Gipfelpunkt; in Pavia, Lodi und Cremona wurden die Befreier überall mit Begeisterung begrüßt; die Linien der Adda, des Oglio und der Chiese waren von den Oestreichern aufgegeben worden; denn, um endlich für die vorhergehenden Niederlagen eine glänzende Genugthuung sich zu verschaffen, sollten an den Ufern des Mincio bedeutende Streitkräfte vereinigt werden, an deren Spize sich der junge und ritterliche Kaiser von Oestreich stellte.

Den 17. Juni kam Victor Emmanuel nach Brescia, woselbst ihn die seit zehn langen Jahren unterdrückte Bevölkerung mit begeisterten Huldigungen empfieng, indem sie in dem Sohne Karl Albert's nicht allein einen Retter, sondern auch einen Helden begrüßte.

Den darauffolgenden Tag hielt Kaiser Napoleon in derselben Stadt seinen Siegeseinzug, umwogt von einer Bevölkerung, welche im Freudentaumel sich glücklich schäßte, dem Herrscher seine Erkenntlichkeit zu bezeugen, der ihr zur Wiedererlangung der Freiheit und Unabhängigkeit behülflich war.

Den 21. Juni zogen der Kaiser der Franzosen und der König von Sardinien aus Brescia, das von ihren

Truppen schon Tags vorher verlassen worden war. Den 22. wurden Lenato, Castenedolo und Montechiaro besetzt; den 23. Abends gab der Kaiser, als Ober- Commandant des ganzen Heeres, den Befehl an die bei Desenzano lagernde Armee des Königs Victor Emmanuel, welche den linken Flügel der Alliirten bildete, den 24. Morgens gegen Pozzolengo aufzubrechen. Marschall Baraguen d'Hilliers sollte gegen Solferino, der Herzog von Magenta gegen Cavriana, General Niel nach Guidizzolo und Marschall_Canrobert nach Medole marschiren, indessen die kaiserliche Garde in Castiglione Stellung zu fassen hatte. Die ganze alliirte Streitmacht war 150,000 Mann stark mit etwa 400 Geschüßen.

Dem Kaiser von Oestreich standen in der Lombardei 9 Armee-Corps in der Gesammtstärke von 250,000 Mann zur Verfügung, da seine Invasionsarmee durch die Besayungen von Verona und Mantua verstärkt worden war. Auf den Rath des Feldzeugmeisters Baron Heß hatten sich die faiserlichen Truppen, von Mailand und Brescia an, nur deßhalb fortwährend zurückgezogen, damit zwischen der Etsch und dem Mincio sämmtliche Streitkräfte Oestreichs in Italien vereinigt würden; allein nur 7 Armee-Corps oder 170,000 Mann mit etwa 500 Geschüßen könnten als für die Kriegsoperationen verwendbar angesehen werden.

Das kaiserliche Hauptquartier war von Verona nach Villafranca und von da nach Valeggio verlegt worden, worauf die Truppen Befehl erhielten, den Mincio bei Peschiera, Salionze, Valeggio, Ferri, Goito und Mantua wieder zu überschreiten. Das Gros der Armee wurde von Pozzolengo nach Guidizzolo verlegt, um von da aus, auf den Rathschlag

mehrerer erfahrener Feldmarschall-Lieutenants die franco-fardische Armee zwischen dem Mincio und der Chiese anzugreifen.

Die östreichischen Streitkräfte bildeten unter den Befehlen des Kaisers zwei Haupt-Armeen. Die erste wurde von dem Feldzeugmeister Graf Wimpffen commandirt, unter deffen Befehlen die Corps der Feldmarschall-Lieutenants Prinz Edmund von Schwarzenberg, Graf Schaafgottsche und Baron von Veigl, sowie die Cavallerie-Division des Grafen Zedtwiß standen. Diese erste Armee bildete den linken Flügel und faßte in der Umgegend von Volta, Guidizzolo, Medole und Castel Goffredo Stellung. Die zweite Haupt-Armee war von dem Cavallerie-Generale Graf Schlick befehligt, und unter ihm standen die Feldmarschall-Lieutenants Graf ClamGallas, Graf Stadion, Baron von Zobel und Nitter von Benedek, sowie die Cavallerie-Division des Grafen Mensdorf. Diese Armee bildete den rechten Flügel und hielt Cavriana, Solferino, Pozzolengo und San Martino besezt.

Alle Höhen zwischen Pozzolengo, Solferino, Cavriana und Guidizzolo waren somit den 24. Morgens in den Händen der Oestreicher und starke Batterieen schmückten die Mamelons, welche das Centrum einer ausgedehnten OffensivLinie bildeten und dem rechten und linken Flügel erlaubten, sich im Nothfalle unter den Schuß der als uneinnehmbar angesehenen befestigten Höhen zurückzuziehen.

Obgleich beide feindlichen Heere sich gegeneinander in Bewegung setzten, so dachten sie doch nicht, so bald und so heftig aufeinander zu stoßen. Die Oestreicher hatten gehofft, daß nur ein Theil der franco-sardischen Armee die Chiese überschritten habe, sie kannten den Plan Napoleons nicht

und waren überhaupt ohne jede genauere Nachricht über die feindlichen Bewegungen.

Auch die Alliirten glaubten nicht, so schnell der Armee des Kaisers von Oestreich zu begegnen; denn die Recognoscirungen, die Beobachtungen und Berichte der Plänkler,` sowie die während des 23. in die Höhe gelassenen Luftballons ließen in keiner Weise die Spur einer neuen feindlichen Offensivbewegung oder gar eines Angriffplans entdecken.

So war also, troßdem daß beide Theile sich auf eine demnächstige und große Schlacht vorbereitet hatten, der Zusammenstoß der Oestreicher und der Franco - Sarden am Freitag den 24. Juni ein gegenseitig überraschender, Dank der Unkenntniß der Heerführer über die gegnerischen Bewegungen.

Wohl Jedermann hat über die Schlacht von Solferino einen Bericht gehört oder gelesen. Eine so ergreifende Erinnerung verwischt sich gewiß nicht so leicht, und hier wohl um so minder, als die Folgen dieses Tages in mehreren Staaten Europa's jezt noch fühlbar sind.

Als einfacher Tourist, und dem Zweck dieses großen Kampfes vollkommen ferne stehend, hatte ich, durch besondere Umstände begünstigt, das seltene Vorrecht, bei dem ergreifenden Schauspiele, das ich hier zu schildern versuchen werde, zugegen zu sein. Ich will übrigens in den folgenden Zeilen nur meine persönlichen Eindrücke wiedergeben, und man wird darum auch hier weder genauere Einzelheiten, noch strategische Aufschlüsse entdecken, die in anderen Werken ihren Platz finden mögen.

Während dem denkwürdigen Tage des 24. Juni standen sich mehr als 300,000 Mann gegenüber, die Schlachtlinie

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