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vorwärts, bis sie, von Neuem getroffen und niedergeworfen, nicht länger mehr zu folgen im Stande waren! An anderer Stelle standen ganze Bataillone, dem furchtbarsten Feuer ausgesetzt, und erwarteteen unbweglich den Befehl zum Vormarsche, gezwungen hier ruhige, unthätige Zuschauer zu bleiben, während sie vor Kampfbegierde brannten und ihre Reihen widerstandslos gelichtet sahen.

Die Sarden waren vom Morgen bis zum Abend fortwährend damit beschäftigt, in kleinen Scharmüßeln und durch Sturmangriffe die Mamelons von San Martino, Roccolo, Madonna della Scoperta bald zu vertheidigen, bald dem Feinde zu entreißen, fünf und sechs mal hinter einander wurden diese Mamelons genommen und wieder genommen, bis endlich die Sarden im Besize von Pozzolengo blieben, obgleich sie nur divisionsweise und ohne allzuviel Uebereinstimmung kämpften. Ihre Generale Mollard, de La Marmora, Della Rocca, Durando, Fanti, Cialdini, Cuccchiari, De Sonnaz, sowie die Offiziere aller Waffen und Grade unterstüßten die Bemühungen ihres Königs, unter dessen Augen die Generale Perrier, Cerale und Arnoldi verwundet wurden.

Sollten wir bei Erwähnung der französischen Armee nicht auch, nebst den Marschällen und Divisionsgeneralen, des glorreichen Antheils gedenken, den die wackeren Brigadegenerale, alle diese thatkräftigen Obristen, die braven Commandanten und Hauptleute an dem glücklichen Erfolge dieses großen Tages hatten? Es war wahrlich auch ein Nuhm, Krieger zu bekämpfen und zu besiegen, wie einen Prinzen

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Alerander von Hessen, einen Stadion, einen Benedek oder einen Karl von Windisch-Gräß *).

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Es schien, als ob uns der Wind vorwärts geblasen hätte," meinte ein einfacher Liniensoldat in seiner eigenthümlichen Ausdrucksweise, um mir einen Begriff zu geben von dem Eifer und dem Enthusiasmus seiner Kameraden, mit dem sie sich in's Handgemenge stürzten. „Der Geruch des Pulvers, der Lärm der Kanonen, das Trommeln und das Trompeten, das belebt, das reizt!" In diesem Kampfe schien sich in der That jeder Einzelne so zu schlagen, als ob es sich allein um seinen eigenen Ruhm, um den Sieg seiner Privatangelenheit handelte. Diese unerschrockenen Unteroffiziere der französischen Armee besigen in der That eine ganz besondere Regsamkeit und einen unvergleichlichen Muth, für sie giebt es keine Hindernisse, sie stürmen gegen die gefährlichsten und ausgeseztesten Stellen, als ob es zu einem Feste gienge.

Die Truppen des Kaisers Franz Joseph hatten sich nun zurückgezogen. Die Wimpffen'sche Armee erhielt Befehl, den

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*) Was den General Forey betrifft, so entlehnen wir über ihn folgende Stelle aus dem hübschen Buche des eidgenössischen Herrn Obrist Edmund Favre: „Die preußische Armee und die Manoevres von Köln im Jahre 1861": „Der König ließ uns alle für den gleichen Tag zur Tafel im Schlosse Benrath bei Düsseldorf einladen. . . . Ehe sich der König zu Tische setzte, nahm er die Generale Forey und Paumgartten bei der Hand. „Nun Sie Freunde find“, sagte er lachend zu ihnen, „so setzen Sie sich einer neben den Andern und plaudern Sie." Da nun Forey der Sieger von Montebello und Baumgartten sein Gegner war, so konnten sie nach Herzenslust einander um alle Einzelheiten jenes Tages befragen. Aus dem ehrlichen Lächeln des Oestreichers war zu erkennen, daß die Zeit des Grolles vorüber sei, der Franzose hatte, wie wir wissen, ohnehin keinen Grund dazu. So ist der Krieg, so find die Soldaten! Die beiden diesen Herbst so befreundeten Generale, theilen sich vielleicht nächstes Jahr wieder Hiebe aus, um dann nach zwei Jahren irgendwo wieder zusammen zu speisen.“

Nückzug zuerst anzutreten, noch ehe Marschall Canrobert alle seine Streitkräfte entwickelt hatte; die Armee des Grafen Schlick mußte troß der Standhaftigkeit des Grafen Stadion, der mit Ausnahme der Division des Prinzen von Hessen von den Feldmarschall-Lieutenants Clam Gallas und Zobel zu schwach unterstüßt wurde, alle ihre Positionen aufgeben, die in den Händen der Oestreicher zu ebensoviel Festungen geworden waren.

Der Himmel verdunkelte sich plötzlich durch das Heranziehen dichten Gewölkes, der Sturm tobte und brach Aeste von den Bäumen, welche er forttrug durch die Lüfte; ein falter, vom Sturm gepeitschter Regen oder vielmehr eine wirkliche Wasserhose entlud sich über die Streiter, welche bereits von Hunger und Müdigkeit erschlafft, von den Nauchwolken und dem aufgeworfenen Staube fast erblindet, nun auch gegen die vom Himmel entfesselten Elemente anzukämpfen hatten. Allein troß diesem Wetter sammelten sich dennoch die Oestreicher auf den Commandoruf ihrer Offiziere; gegen 5 Uhr mußte das Kämpfen von beiden Seiten aufgegeben werden, die Regengüsse, die Schloßen, die Blizschläge, der dumpf rollende Donner und die über das Schlachtfeld sich verbreitende Dunkelheit hinderten jede Fortsetzung des Kampfes.

Während dieser ganzen Schlacht zeigte das Haupt des Habsburgischen Hauses eine bewunderungswürdige Ruhe und Kaltblütigkeit; bei der Einnahme von Cavriana befand er sich mit dem Grafen Schlick und seinem Flügeladjutanten, dem Prinzen von Nassau, auf einer benachbarten Höhe, auf la Madonna della Pieve, zunächst einer mit Cypressen umgebenen Kapelle. Als das östreichische Centrum weichen mußte und der linke Flügel nicht mehr hoffen konnte, die Stellung

der Alliirten zu forciren, wurde der allgemeine Rückzug beschlossen, und der Kaiser entschloß sich nunmehr, in diesem bedenklichen Augenblicke mit einem kleinen Theile seines Generalstabes sich gegen Volta zu wenden, indessen die Erzherzoge und der Erbgroßherzog von Toskana sich nach Valeggio begaben. Auf mehreren Punkten hatte die deutschen Truppen ein panischer Schrecken erfaßt, bei einigen Regimentern wurde der Rückzug zur wilden Flucht, vergebens suchten ihre Offiziere, welche sich wie Löwen geschlagen, sie zurückzuhalten; die Ermahnungen, die Scheltworte und Säbelhiebe, nichts brachte sie zum Stehen, ihr Schrecken war zu groß, und diese Soldaten, welche bis dahin so heldenkühn ausgehalten, sie ließen sich jezt lieber beschimpfen und schlagen, als an der Flucht hindern.

Die Verzweiflung des Kaisers von Oestreich war unbeschreiblich; er, der wie ein Held Kugeln und Geschofse jeder Art neben sich einschlagen sah, er weinte über diese Niederlage; von Schmerz erfüllt warf er sich den Fliehenden entgegen, ihnen ihre Feigheit vorwerfend. Als diese leidenschaftliche Heftigkeit sich gelegt, betrachtete er stille diesen Schauplah der Zerstörung, schwere Thränen rannen über seine Wangen und nur die Vorstellungen und Bitten seiner Flügeladjutanten vermochten ihn, Volta zu verlassen und sich nach Valeggio zu begeben.

In der schrecklichen Verwirrung ließen sich östreichische Offiziere voll Verzweiflung und Wuth tödten, allein sie verkauften ihr Leben theuer; andere tödteten sich selbst voll Gram über diese unglückliche Niederlage, welche sie nicht überleben wollten; die meisten erreichten ihre Regimenter, bedeckt mit Blut von ihren eigenen Wunden oder mit dem Blute des Feindes besprigt.

Lassen wir hier ihrem Muthe die wohlverdiente Gerechtig= keit widerfahren.

Kaiser Napoleon zeigte sich an diesem Tage überall, wo seine Gegenwart nothwendig sein konnte; begleitet von Marschall Vaillant, dem Chef des Generalstabs der Armee, dem Generale Martimprey, dessen erstem Flügeladjutanten, dem Grafen Roguet, dem Grafen Montebello, dem Generale Fleury, dem Prinzen de la Moskova, den Obristen Reille, Robert, seiner ganzen königlichen Leibgarde (maison militaire) und der Schwadron der Centgardes, hatte er fortwährend die Schlacht geleitet, indem er sich stets nach den Punkten begab, wo die hartnäckigsten Hindernisse zu bekämpfen waren, ohne sich um die ihn bedrohenden Gefahren zu bekümmern; auf dem Fenile-Berg wurde dem Baron Larrey, seinem Leib-Chirurgen, ein Pferd unter dem Leibe erschossen und mehrere Centgardes der Eskorte getödtet. Er nahm Besitz von demselben Hause in Cavriana, in welchem sich am gleichen Tage der Kaiser von Oestreich aufgehalten hatte, und von hier aus entsendete er eine Depesche an die Kaiserin, in welcher er derselben seinen Sieg verkündigte.

Die Kaiserliche Armee lagerte in den Stellungen, welche sie während des Tages erobert hatte; die Garde bivouakirte zwischen Solferino und Cavriana, die zwei ersten Corps auf den an Solferino grenzenden Höhen, das dritte in Rebecco, das vierte in Volta.

Guidizzolo wurde bis Abends 10 Uhr von den Dest= reichern besetzt gehalten, deren Nückzug gedeckt wurde auf dem linken Flügel durch den Feldmarschall von Veigl, auf dem rechten Flügel durch den Feldmarschall Benedek, der, bis spät in die Nacht Herr von Pozzolengo, den Rückmarsch

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