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und Leib an Leib damit aufeinander losschlägt. Die Croaten tödten Alles, was ihnen begegnet; sie geben den alliirten Verwundeten mit dem Kolben den Gnadenstoß, indessen die algierischen Jäger, deren Führer vergebens ihrer Grausamkeit Einhalt zu thun suchen, mit den östreichischen Verwundeten, gleichviel ob Offiziere oder Soldaten, in gleicher Weise verfahren und bei dem Handgemenge ein wildes Geschrei ausstoßen. Die stärksten Positionen werden genommen, wieder verloren, wieder gewonnen, um von Neuem wieder verLoren, wieder erobert zu werden. Ueberall fallen zu Tausenden Streiter dahin, verstümmelt, von Kugeln durchbohrt oder von Geschossen jeder Art tödtlich getroffen.

Wenn auch der Zuschauer von den dem Städtchen Castiglione zunächst liegenden Höhen nicht die ganze Schlachtlinie zu übersehen im Stande war, so konnte er doch leicht erkennen, daß die Oestreicher das Centrum der Aliirten zu sprengen suchten, um Solferino zu decken, das durch seine Lage zum Hauptobjekt, zum Zankapfel der Schlacht wurde; man bemerkte wohl, welche Mühe sich der Kaiser der Franzosen gab, um die verschiedenen Corps seiner Armee zusammenzuhalten, damit sie sich gegenseitig unterstüßen könnten.

Sobald Kaiser Napoleon bemerkte, daß es bei den östreichischen Truppen an einer zusammengreifenden umfassenden Leitung fehlte, befahl er den Armee-Corps von Baraguen d'Hilliers und Mac Mahon und alsdann ebenfalls der von Marschall Regnaud de St. Jean d'Angely commandirten Kaisergarde, zu gleicher Zeit die Verschanzungen von Solferino und S. Cassiano anzugreifen und das feindliche Centrum zu sprengen, das die Armee-Corps Stadion, Clam

Gallas und Zobel bildeten, die nur nach und nach zur Vertheidigung dieser so wichtigen Stellung in die Linie rückten.

Bei San Martino hält der tapfere und unerschrockene Feldmarschall Benedek mit nur einem Theile der zweiten öftreichischen Armee gegen die ganze sardische Armee Stand, welche mit Heroismus Junter den Befehlen ihres Königs kämpft, von dessen Gegenwart entflammt.

Der rechte Flügel der alliirten Armee, von den Corps des Generals Niel und des Marschalls Canrobert gebildet, leistet mit unbeugsamer Energie der vom Grafen Wimpffen befehligten ersten östreichischen Armee Widerstand, deren drei Corps unter Schwarzenberg, Schaafgottsche und Veigl freilich nicht im Stande sind, in ihre Bewegungen eine passende Uebereinstimmung zu bringen.

Marschall Canrobert, der genau den Anordnungen des Kaisers der Franzosen folgte, indem er sich mehr abwartend verhielt, was auch nicht gerade tadelnswerth erscheint, führte nicht gleich vom Morgen an seine noch verfügbaren Kräfte in's Gefecht; allein der größte Theil seines Armee-Corps, die Divisionen Renault und Trochu, sowie die Reiterei des Generals Partouneaur nahmen lebhaften Theil an der Schlacht.

Wenn Marschall Canrobert anfänglich durch die Voraussicht zurückgehalten wurde, daß ihn das Armee-Corps des Prinzen Eduard von Lichtenstein angreifen werde, welches nicht bei den zwei östreichischen Armeen inbegriffen war, sondern durch sein Herausrücken aus Mantua den Kaiser Napoleon beschäftigte, so war auch dieses Lichtenstein'sche Corps seiner Seits in seiner Aktion durch Canrobert paralysirt, besonders da sich das Armee-Corps des Prinzen Napoleon

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näherte, von welchem eine Division von Piacenza aus heranrückte.

Die Generale Forey und Ladmirault hatten mit ihren muthigen Colonnen an diesem denkwürdigen Tage die Schlacht eröffnet; sie bemächtigten sich nach unbeschreiblichen Kämpfen der Hügellinien des niedlichen Mamelons dei Cipressi, gleichwie des Thurmes und des Gottesackers von Solferino, berüchtigt durch die schauderhafte Mezelei, deren sie die Zeugen und der Schauplah waren; dieser Cypressen-Berg wurde endlich mit Sturm genommen und, auf der Höhe angekommen, ließ Obrist d'Auvergne auf der Spiße des Degens sein Taschentuch als Zeichen des Sieges flattern.

Allein diese Erfolge hatten die Aliirten schwere Opfer gekostet. Dem General de Ladmirault wurde die Schulter von einer Kugel zerschmettert; jedoch kaum daß der heldenmüthige Verwundete sich in dem in der Kapelle des kleinen Ortes aufgeschlagenen Feldlazarethe hatte verbinden lassen, nahm er von Neuem troß seiner schweren Wunde zu Fuß am Kampfe Theil, ermuthigte seine Bataillone, bis eine zweite Kugel ihn im linken Beine traf. Der ruhige und troß seiner schwierigen Stellung unerschütterliche General Foren wurde in der Hüfte verwündet, sein weißer Caban, den er über der Uniform trug, wurde von Kugeln durchlöchert, seine Adjutanten fielen an seiner Seite; einem derselben, dem 25jährigen Hauptmann von Kervenoel, riß ein Bombenstück das Hirn hinweg. Am Fuße des Cypressen - Mamelon und im Augenblicke, da er seine Schüßenlinie vorwärts führte, stürzte General Dieu tödtlich ge= troffen vom Pferde; auch General Douay wurde unweit seines Bruders, des getödteten Obristen Douay, verwundet.

Dem Brigade-General Auger wurde von einer Kanonentugel der linke Arm zerschmettert; auf dem Schlachtfelde zum Divisions-General ernannt, fand er auch da seinen Tod.

Die französischen Offiziere, immer voran mit geschwungenem Degen, rissen ihre Soldaten mit sich fort, sie fielen an der Spiße ihrer Bataillone, wo ihr Ordensschmuck und ihre Epaulette sie zu Zielpunkten für die Tyroler Scharfschüßen machten. Bei dem ersten Regimente der afrikanischen Jäger und zur Seite des tödtlich getroffenen Obrist-Lieutenant Laurans des Ondes drang der nur 22jährige Unterlieutenant von Salignac-Fenelon in ein östreichisches Carré und bezahlte seine glänzende Heldenthat mit dem Leben. Obrist von Maleville, welcher unter dem furchtbaren Feuer des Feindes bei dem Landgute von La Casa nova von der Uebermacht überwältigt zu werden fürchtete und dessen Mannschaft keine Munition mehr hatte, ergriff die Regimentsfahne und rief: „Wer seine Fahne liebt, folge mir!" Seine Soldaten folg= ten ihm stürmend mit dem Bajonette, eine Kugel zerschmetterte ihm das Bein, allein troß den furchtbarsten Schmerzen blieb er dennoch, indem er sich auf dem Pferde stüßen ließ, an der Spize der Seinen. Nicht weit davon wurde der Bataillons-Commandant Herbert getödtet, als er, um einen Adler zu retten, sich in das dichte Handgemenge drängte; zusammenstürzend und zertreten unter den Füßen der Kämpfenden, rief er noch, ehe er den Geist aufgab, den Seinen zu: „Muth, meine Kinder!" Bei dem Mamelon des Thurmes von Solferino eroberte Lieutenant Moneglia bei den Fußjägern der Garde für sich allein 6 Geschüße, von denen 4 bespannt waren und commandirt von einem östreichischen Obristen, der ihm seinen Degen übergab. Lieutenant von

Guiseul, welcher die Fahne eines Infanterie-Regimentes trägt, und dessen Bataillon von zehnfach stärkeren Kräften umzingelt wird, fällt, von einer Kugel getroffen, preßt jedoch die Fahne wie sein kostbarstes Kleinod an die Brust; ein Sergeant bemächtigt sich der Fahne, um sie zu retten, eine Stückkugel reißt ihm das Haupt hinweg; ein Hauptmann tränkt sie mit seinem Blute in demselben Augenblicke, als seine Hand die Fahnenstange erfaßt, welche zerschmettert wird; Alle, welche diese Fahne ergreifen, Unteroffiziere und Soldaten, sie fallen Einer nach dem Andern, aber lebend und todt dienen ihre Leiber ihr als lezter Wall, bis dieser glorreiche Ueberrest, zerrissen und zerbrochen, in den Händen eines Sergeant-Majors des Regimentes von Obrist Abatucci bleibt. Der Commandant de la Rochefoucauld Liancourt, ein verwegener afrikanischer Jäger, stürzte sich auf die ungarischen Carré's, sein Pferd wurde von Kugeln durchbohrt, und er selbst, von zwei Schüffen getroffen, fiel endlich in die Hände der Ungarn, welche nunmehr ihr Carré wieder schließen *).

Bei Guidizzolo gieng der östreichische Obrist Franz Karl von Windisch-Gräß an der Spiße seines Regiments dem sichern Tode entgegen, um sich wieder in den Besitz der starken Stellung von Casa Nova zu sezen; tödtlich getroffen, commandirte er noch; seine Soldaten stüßten ihn, trugen ihn auf ihren Armen, sie hielten unbeweglich unter einem Hagel von Kugeln Stand, indem sie ihm noch als lezte Schußmauer dienten; sie wissen, daß der Tod ihnen droht,

*) Sobald der Kaiser von Oestreich erfuhr, daß ein La Rochefoucauld zum Gefangenen gemacht wurde und verwundet sei, gab er den Befehl, daß er mit aller Zuvorkommenheit behandelt und gepflegt werden solle.

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