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hatte eine Ausdehnung von 5 Meilen und man schlug sich während 15 Stunden.

Die östreichische Armee mußte, nachdem sie während * der ganzen Nacht vom 23. die Strapagen eines anstrengenden Marsches zu überdauern hatte, vom frühen Morgen des 24. an den gewaltigen Choc der alliirten Armee aushalten, sie hatte überdies bei der drückendsten Hiße vom Hunger und Durst zu leiden, da mit Ausnahme einer doppelten Ration Branntwein der größte Theil dieser Truppen während des ganzen Tages keine Nahrung zu sich nehmen konnte. In der französischen Armee, die sich mit Tagesanbruch in Marsch sezte, hatten die Leute nur den Morgenkaffee zu sich genommen, so daß die Erschöpfung der Streiter und besonders der unglücklichen Verwundeten am Ende dieser furchtbaren Schlacht den höchsten Grad erreicht hatte!

Gegen drei Uhr Morgens seßten sich die von den Marschällen Baraguey d'Hilliers und Mac Mahon befehligten Corps gegen Solferino und Cavriana in Marsch; allein kaum hatten die Spigen ihrer Colonnen Castiglione überschritten, so stießen sie auf die östreichischen Vorposten vor sich, welche ihnen das Terrain streitig machten.

Beide Armeen rüsten sich zum Kampfe.

Auf allen Seiten ertönen die Trompeten zum Angriffe, wirbeln die Trommeln.

Kaiser Napoleon, welcher die Nacht in Montechiaro zugebracht hatte, begiebt sich in aller Eile nach Castiglione. Um 6 Uhr hat der Kampf ernstlich begonnen.

Die Oestreicher rücken in vollkommener Schlachtordnung auf den gebahnten Straßen vor. Im Centrum ihrer fest= geschlossenen Massen in weißen Waffenröcken sieht man die

schwarz-gelben Fahnen mit dem kaiserlichen Adler Oestreichs flattern.

Unter allen an dem Kampfe Theil nehmenden Corps bietet besonders die französische Garde einen imposanten Anblick dar. Es ist ein herrlicher Tag und der blendende Schein der Sonne Italiens spiegelt sich in dem Waffenschmucke der Dragoner, Guiden, Lanziers und Cuirassiere wieder.

Mit dem Beginne der Action hatte der Kaiser Franz Joseph mit seinem Generalstabe sein Hauptquartier verlassen, um sich nach Volta zu begeben; er war von den Erzherzogen des Hauses Lothringen begleitet, unter denen man besonders den Großherzog von Toskana und den Herzog von Modena bemerkte.

Jnmitten eines den Alliirten vollkommen fremden und ungeheure Schwierigkeiten darbietenden Terrains fand der erste Zusammenstoß Statt. Die französische Armee mußte sich vor Allem durch die mit Rebengeflechte verbundenen Maulbeerbaumreihen, die als wirkliche Terrainhindernisse betrachtet werden können, Bahn brechen, außerdem hemmten große ausgetrocknete Gräben, dann zwar niedere, aber mitunter breite und lang hinziehende Mauern jedes rasche Vorrücken; die Pferde mußten die Mauern erklimmen, durch die Gräben traben.

Die auf den Höhen und Hügeln aufgestellten Oestreicher ließen ihre Batterien auf die französische Armee spielen, welche mit einem Hagel von Vollkugeln, Kartätschen und Bomben überschüttet wurden. In die dichten Wolken des von den Geschüßen aufsteigenden Pulverdampfes mischt sich die durch rikoschetirende Geschosse aufgeworfene Erde und der aufwirbelnde Staub. Die Franzosen, troßend dem verheerenden Feuer der Batterien, die den Tod in ihre Reihen schleu

dern, stürzen sich wie ein tobendes Gewitter von der Ebene her im Sturme gegen diese Stellungen, entschlossen sie um jeden Preis zu nehmen.

Während der steigenden Mittagshiße ist auf allen Seiten der Kampf am heftigsten entbrannt.

Geschlossene Colonnen dringen aufeinander ein mit dem Ungestüm zerstörender Ströme, die alles auf ihrem Wege niederreißen; ganze französische Regimenter werfen sich in Plänklerketten auf die immer zahlreicher in Linie rückenden drohenden östreichischen Massen, welche gleich Mauern von Eisen festen Fußes den Angriff erwarten; ganze Divisionen legen die Tornister ab, um sich besser und rascher mit dem Bajonett auf den Feind werfen zu können; wenn ein Bataillon zurückgeworfen ist, rückt ein anderes an seiner Stelle vor. Um jeden Mamelon, um jeden Hügel, um jeden Felsvorsprung werden hartnäckige Kämpfe geliefert, ganze Haufen von Todten sind auf den Hügeln, in den Hohlwegen aufgethürmt. Oestreicher und Alliirte tödten einander auf den blutigen · Leichnamen, sie morden sich mit Kolbenschlägen, zerschmettern sich das Gehirn, schlißen sich mit Säbeln und Bajonetten die Leiber auf: kein Pardon wird mehr gegeben, es ist ein Gemezel, ein Kampf wilder, wüthender, blutdürstiger Thiere, und selbst die Verwundeten vertheidigen sich bis zum Aeußersten; wer keine Waffen mehr besißt, faßt seinen Gegner an der Gurgel und zerfleischt ihn mit den Zähnen.

Dort findet ein ähnlicher Kampf Statt, allein er wird noch schrecklicher durch das Nahen einer Eskadron Cavalerie, welche im Galopp heransprengt; die Pferde zertreten unter ihren Hufen Todte und Sterbende; einem armen Verwundeten wird die Kinnlade zerrissen, einem andern die Hirnschale

zerschmettert, einem Dritten, der noch zu retten gewesen wäre, die Brust eingetreten. In das Wiehern der Pferde mischen sich Flüche, Schmerzens- und Verzweiflungsrufe und Wuthgeschrei. Dort ist es die Artillerie, die in gestrecktem Laufe der Cavalerie über die umherliegenden verstümmelten Leichname und Verwundete folgt, und sich wie jene über sie Bahn bricht; auch hier giebt es zertretene Hirnschalen, zerschmetterte Ge= beine, der Boden wird mit Blut getränkt, mit menschlichen Ueberresten bedeckt.

Die französischen Truppen stürmen mit unwiderstehlicher Gewalt die steilen Abhänge gegen die Mamelons, unter dem Gewehrfeuer der östreichischen Infanterie, dem Kartätschenhagel und dem Zerplaten der Bomben. Kaum ist jeßt ein Mamelon genommen, kaum haben etliche Eliten-Compagnieen in höchster Ermattung und im Schweiße gebadet den Gipfel erstiegen, so stürzen sie sich gleich einer Lawine auf die Oestreicher, werfen sie zurück, treiben sie von Posten zu Posten und verfolgen sie bis in die Hohlwege und Gräben.

Die Stellungen der Oestreicher sind ausgezeichnet, sie haben sich in den Häusern und Kirchen von Medole, Solferino und Cavriana verschanzt. Allein nichts hält, nichts verhindert oder vermindert das Gemezel, man tödtet sich im Großen und im Kleinen, jeder Fleck Bodens wird mit dem Bajonette erkämpft, jede Baustelle wird Schritt um Schritt vertheidigt, die Dörfer werden nur Haus um Haus, Gut um Gut erobert, ein jedes macht gleichsam eine BeLagerung nöthig, und die Thore, die Fenster und die Höfe sind ebensoviel Schauplähe des wildesten Mordens.

Das französische Kartätschenfeuer verursachte eine große Unordnung in den östreichischen Massen; es bedeckte die

Hügelabhänge mit Todten und schleuderte Verheerung und Tod selbst bis auf unglaubliche Entfernungen in die Neserven der östreichischen Armee. Allein wenn gleich die Oestreicher wichen, so geschah dies doch nur Schritt um Schritt, und um bald wieder zum Angriffe zu schreiten; ihre Reihen schloßen sich wieder und immer wieder zusammen, um gleich darauf von Neuem durchbrochen zu werden.

In der Ebene treibt der Wind Staubwolken von der Straße vor sich her und wie ein dichtes Nebelmeer verdunkelt dieses Gewölk die Luft und erblindet fast die Streiter.

Wenn auch da und dort für Augenblicke das Kämpfen nachzulassen scheint, so beginnt es doch bald wieder mit erneuerter Wuth. Die frischen Reserven der Oestreicher füllen bald die Lücken wieder aus, welche die Wucht der eben so hartnäckigen als tödlichen Angriffe in ihren Reihen gerissen. Fortwährend hört man auf dieser oder jener Seite zum Angriffe die Trompeten blasen, die Tamboure schlagen.

Die Garde giebt Beweise des höchsten Muthes. Die Schüßen, die Jäger und die Linientruppen wetteifern mit ihr an Ausdauer und Kühnheit. Die Zuaven stürzen mit dem Bajonett, aufspringend wie wilde Thiere, mit furchtbarem Geschrei voran. Die französische Cavalleric dringt auf die östreichische ein, Ulanen und Husaren durchbohren und zerfleischen sich; die von der Hiße des Kampfes selbst erregten Pferde werfen sich auf die feindlichen und beißen sich, indessen ihre Reiter auf einander einhauen oder sich niederstoßen. Die Kampfeswuth ist so groß, daß man auf einigen Punkten, wo die Munition ausgegangen und auch die Gewehre schon zerschmettert worden, zu Steinen seine Zuflucht nimmt

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