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tation in Brescia erspart haben, die allein nur dadurch nothwendig geworden war, weil dem Verwundeten während des Weges von dem Feldlazarethe seines Regiments bis nach Castiglione auch gar keine ordentliche Pflege gewidmet worden war. Sollte der Anblick dieser jungen Invaliden, welche, nun eines Armes oder eines Beines beraubt, so traurig in ihre Heimath zurückkehren, nicht ein Gefühl der Neue oder des Bedauerns wachrufen, daß man nicht den bedenklichen Folgen der Verwundungen zuvorkam, welche durch schnelle und rechtzeitige Hülfe oft so leicht zu heilen gewesen wären? Und würden dicse in den Lazarethen von Castiglione oder in den Spitälern von Brescia verlassenen Sterbenden, von welchen Mehrere sich in ihrer Sprache nicht verständlich machen konnten, ihren lezten Seufzer scheltend und fluchend ausgestoßen haben, wenn Jemand bei ihnen gewesen wäre, um sie anzuhören und zu trösten?*)

Hätte nicht trog dem Eifer, den die lombardischen Städte und die Einwohner von Brescia an den Tag legten, noch ungeheuer Vieles gethan werden können? In keinem Kriege und in feinem Jahrhunderte hatte man so viele schöne Beweise von Barmherzigkeit gesehen; und doch reichten dieselben

Der Apparat des Herrn Joubert ist durch seine glückliche Zusammensetzung, seine große Leichtigkeit, seine Form und sein geringes Volumen allen früheren und neueren Systemen vorzuziehen, und besteht aus Theilen, welche den Soldaten schon bekannt und auch sonst nützlich sind.

Sollten diese Gesellschaften, welche wir entstehen sehen möchten, nicht in ganz besonderer Weise jene zu ehren suchen, welche, wie Herr Joubert, ihr Talent und ihre Nachtwachen so menschenfreundlichen und wohlthätigen Nachforschungen oder Erfindungen widmen!

Während dem Kriege in Italien wurden selbst einige Soldaten von einem solchen Heimweh erfaßt, daß sie, ohne andere Krankheit und ohne irgend eine Verwundung, daran starben.

durchaus nicht aus bei so vielen Leidenden, welche eine Unterstüßung in Anspruch nahmen, und außerdem galt auch die meiste Sorgfalt nur der alliirten Armee und durchaus nicht den Oestreichern, und sie war hervorgerufen durch das Gefühl der Erkenntlichkeit eines Volkes, das von einer fremden Unterdrückung befreit wurde, und in der ersten, augenblicklichen Aufwallung von Enthusiasmus und Sympathie zu jedem Opfer sich bereit fand.

Es ist wahr, es gab in Italien muthige Frauen, deren Geduld und Ausdauer kein Ziel fannte, allein ach! ihre Zahl war nicht sehr groß; die ansteckenden Fieber hielten gar viele Personen ab, und die Krankenwärter und sonstigen Bediensteten entsprachen nicht auf lange Zeit den an sie gestellten Anforderungen. Für eine solche Aufgabe kann man keine gedungenen Personen brauchen, welche von Eckel abgeschreckt oder durch die Müdigkeit fühllos, hartherzig und faul gemacht werden. Anderseits bedarf es schneller Hülfe, denn was heute einen Verwundeten retten kann, rettet ihn morgen nicht mehr; oft bei dem geringsten Zeitverluste kann der Brand eintreten, der den Kranken hinwegrafft *). Man muß

*) Beim Beginne des italienischen Feldzuges und ehe noch irgend ein Gefecht geliefert wurde, hatte Frau N... bei einer Abendgesellschaft in Genf den Vorschlag gemacht, ein Comité zu bilden, um den Verwundeten Hülfe zu leisten; mehrere Personen, an die sie sich deßhalb wandte, fanden diesen Vorschlag etwas verfrüht, und auch ich konnte mich nicht enthalten, darauf mit der Bemerkung zu antworten: „Wie mag man daran denken, Charpie zu bereiten, ehe es nur einen einzigen Verwundeten gegeben hat.“ Und doch wie nützlich wäre schon bei den ersten Gefechten diese Charpie in der Lombardei oder im Venetianischen gewesen! Es ist somit durch die sich mir darbietenden Thatsachen, die ich hier mittheilte, meine Ansicht in dieser Beziehung geändert worden, und in Folge dessen sah ich mich auch veranlaßt, einige Bemerkungen über diesen Gegenstand mit einfließen zu lassen; der Himmel wolle geben, daß dieselben eine bessere Aufnahme finden, als ich sie den Vorschlägen der Frau N... im Mai 1859 angedeihen ließz!

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deßhalb freiwillige Krankenwärter und Krankenwärterinnen haben, welche gewandt, vorbereitet oder eingeweiht sind, um bei einem solchen Hülfswerke thätig sein zu können, und die auch, durch die Anführer der kriegführenden Armeen anerkannt, in ihrer Mission unterstüßt und durch jedwede Erleichterung begünstigt werden. Das Personal der militairischen Lazarethe ist immer ungenügend, und wenn man es auch verdoppeln und verdreifachen wollte, so würde es dennoch nicht ausreichen; man muß immer wieder zum Publikum seine Zuflucht nehmen, man ist dazu gezwungen, und man wird immerwährend dazu gezwungen werden; denn nur seine Mitwirkung macht die Erreichung des vorgesteckten Zieles möglich. Es handelt sich deßhalb darum, einen Aufruf, eine Bitte an die Männer aller Länder und jeden Ranges ergehen zu lassen, von den Mächtigen dieser Welt bis zu den ärmsten Arbeitern; denn Alle können auf die eine oder andere Weise und Jeder in seiner Art und nach seinen Kräften bei dieser guten That mitwirken. Ein Aufruf dieser Art würde den Frauen ebenso gut als den Männern gelten, der auf den Stufen eines Thrones sitzenden Prinzessin ebensowohl als der dienenden und ergebenen Waise oder der auf Erden allein stehenden Wittwe, kurz Allen, welche ihre leßten Kräfte der Linderung der Leiden ihres Nächsten widmen wollen; man würde ihn sowohl an einen General oder Feldmarschall, als auch an einen Philanthropen und einen Schriftsteller richten, der von seiner Arbeitsstube aus in seinen Veröffentlichungen mit Talent eine Frage aufzufassen im Stande wäre, welche die ganze Menschheit interessirt, und die in beschränkterem Maße jedes Volk, jede

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Gegend, ja selbst jede Familie berührt; denn nirgends weiß man sicher, ob man sich den Folgen eines Krieges entziehen könne.

Wenn nach der Schlacht von Solferino ein östreichischer und ein französischer General an dem gastfreundlichen Tische des Königs von Preußen neben einander sißen konnten, um sich in guter Freundschaft zu unterhalten, was würde sie wohl gehindert haben, eine des allgemeinen Interesses und der allgemeinen Aufmerksamkeit so würdige Frage zu prüfen und zu besprechen?

Bei außerordentlichen Gelegenheiten wie jene, welche in Köln und in Chalons kriegserfahrene Fürsten von so ver= schiedenen Nationalitäten zusammenbrachten, wäre es da nicht wünschenswerth, daß man diese Art von Congreß benutte, um irgend einen internationalen, vertragsmäßigen und geheiligten Grundsatz festzustellen, der, einmal angenommen und gegenseitig anerkannt, als Basis zur Errichtung von Hülfsgesellschaften für Verwundete in allen Theilen Europa's dienen würde? Es wäre um so nothwendiger, sich im Voraus über solche Maßregeln zu vereinigen und sie festzustellen, da jeweilen mit dem Beginne von Feindseligkeiten die kriegführenden Mächte schon schlecht genug auf einander gestimmt sind, und nur solche Fragen in Berücksichtigung zu ziehen geneigt sein dürften, welche zunächst ihre eigenen Angehörigen betreffen*).

Die Humanität und die Civilisation verlangen gebieterisch nach dem hier angedeuteten Werke; es scheint uns, daß

*) Beruft man nicht kleine Congresse von Gelehrten, Juristen, Astronomen, Statistikern, Dekonomen, welche über weit geringere Fragen fich zu besprechen haben, und giebt es nicht internationale Gesellschaften, welche sich mit Industrie, Wohlthätigkeit, öffentlichen Nutzen 2c. beschäftigen?

deffen Vollführung selbst eine Pflicht wäre, zu deren Erfüllung jeder irgend einflußreiche Mann seine Unterstüßung und jeder Wohldenkende irgend einen Gedanken beitragen sollte. Welcher Fürst, welcher Monarch könnte diesen Gesellschaften seine Unterstüßung versagen, und wer von ihnen wäre nicht glücklich, den Soldaten seiner Armee die volle Sicherheit zu verschaffen, daß sie, sobald sie verwundet sind, alsogleich und in der sorgfältigsten Weise gepflegt werden? Welcher Staat würde denen nicht seinen Schuß gewähren, welche auf diese Weise das Leben brauchbarer Bürger zu erhalten suchen? Ein Krieger, der seinem Vaterlande dient, oder es vertheidigt, hat er nicht Anspruch auf die Sorge seines Vaterlandes? Welcher Offizier, welcher General, wenn er seine Soldaten so zu sagen als „seine Kinder" betrachtet, sollte nicht wünschen, daß die Aufgabe der Krankenwärter erleichtert werde? Welcher Militär-Intendant, welcher Ober-Chirurg würde nicht dafür erkenntlich sein, wenn eine Anzahl intelligenter Personen ihm beistehen und unter einer guten Leitung diesem Zwecke dienen wollte?*)

Ist es endlich nicht in einer Zeit, in welcher man so viel von Fortschritt und Civilisation spricht und in welcher die Kriege einmal nicht immer vermieden werden können, ist es da nicht dringend nothwendig, Alles zu thun, um den

*) Durch die Gesellschaften, wie wir sie im Auge haben, würde man noch den Vortheil haben, daß man alle Verschleuderung und die unrechtmäßige Vertheilung der zugesendeten Unterstützungen vermiede. Während des orientalischen Krieges z. B. wurden von St. Petersburg aus bedeutende Ladungen von Charpie, welche von russischen Damen gesammelt worden waren, nach der Krim geschickt; allein die Ballen, anstatt in die Spitäler zu gelangen, wohin sie adressirt waren, kamen in die Papierfabriken, welche sich ihrer natürlich wie einer Waare für ihre Industrie bemächtigten.

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