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Kloster Wienhausen fortgenommen hatte, widmete Rhegius eine seiner schönsten Schriften, den Dialog Christi mit den Jüngern von Emaus.

Als Superintendent des Fürstentums hatte Rhegius die Prüfung und Ordination der Geistlichen. Viele Pfarrstellen des Landes waren noch unbesetzt 1); gute Prediger zu bekommen, darauf musste sein Hauptaugenmerk gerichtet sein. Der Entwurf einer Prüfung der Geistlichen ist uns erhalten und zeigt, dass es Rhegius sehr ernst damit nahm. Reinheit der Lehre und des Lebens fordert er vor allem; aber der Prediger muss auch geschickt sein zu lehren. Seine Lehre ist das Evangelium, daraus soll er zweierlei predigen: Busse und Vergebung der Sünden. So soll er auch über diese beiden Punkte besonders geprüft werden, den Schluss soll dann eine Prüfung über die Sacramente bilden. Wird der Geprüfte durch den Superintendenten zum kirchlichen Amte zugelassen, so soll er zunächst noch eine Probe bestehen und dann dem „Senate" präsentiert werden, welchem die Wahl der Geistlichen zusteht 2). Dieser „Senatus ecclesiasticus", der auch sonst noch erwähnt wird3), und welchem u. a. die Entscheidung in Ehesachen zustand, bezeichnet den ersten Ansatz zu dem späteren Consistorium. Über die Zusammensetzung desselben wissen wir nichts, über seine Competenzen nur das Wenige, was soeben angegeben worden ist.

Eine ähnliche Stellung, wie jene Instruction des Herzogs für seine Prediger, nimmt eine Schrift des Rhegius ein, welche noch auf lange hinaus grossen Einfluss geübt und die Instruction völlig verdrängt hat. Es sind das die „Formulae quaedam caute et citra scandalum loquendi". Man kann sie als eine Erweiterung jener früher erwähnten herzoglichen Instruction bezeichnen, dieselben Gedanken kehren in beiden wieder. Rhegius geht auf die einzelnen wichtigen Punkte der kirchlichen Lehre ein und giebt dann gewöhnlich am Schlusse eines solchen Abschnittes eine kurze deutsche Zusammenfassung (während die Schrift sonst lateinisch geschrieben ist), wie man über den betreffenden Gegenstand in richtiger Weise, ohne Anstoss zu erregen, reden soll. Auch diese Schrift ist ganz in dem Geiste des Herzogs geschrieben und geht völlig auf die Gedanken

1) Vgl. Uhlhorn p. 362 Anm. 6.

3) Vgl. Unschuldige Nachrichten, 1706,

2) Vgl. Examen episcopi in ducatu Lüne- p. 362.

burg. Opp. latt. II, 46 ff.

desselben ein; auch sie ist schonend und milde, conservativ, so weit als möglich; jede Übertreibung nach der einen oder anderen Seite wird vermieden1).

Es ist hier nicht der Ort, auf die schriftstellerische Thätigkeit des Urbanus Rhegius überhaupt einzugehen, erwähnen wollen wir nur, dass derselbe bei seiner Sorge für die Pfarren auch die Sorge für die Schulen nicht vernachlässigte. Er schrieb mehrere Katechismen, von denen er den einen den Söhnen Ernsts, Franz, Otto und Friedrich widmete. Dieselben sind mehr für die höheren Schulen als für das Volk bestimmt.

Doch wir kehren zu den Bemühungen Ernsts um die Reformation der Klöster zurück.

Von Urbanus Rhegius, Martin Undermark und seinen weltlichen Räten begleitet finden wir den Herzog Mitte Juli 1535 abermals in Isenhagen. „Die Theologen thaten", so heisst es in jenem erwähnten Tagebuche, „,in einem halben Tage drei Sermonen, Martinus zwei, Urbanus eine in die dritte Stunde, der Kanzler auch eine Stunde, der Fürst selbst auch in grosser und harter Bedräuung Leibes, Lebens und Gutes; denn er war ein gewaltig Mann und auch gewandt neues zu beweisen, und uns strafen konnte".

Damit schliesst der eigentliche Bericht, und wir irren wohl nicht, wenn wir annehmen, dass auch die anfangs papistische Klosterjungfrau sich dem Neuen angeschlossen hat. Sich selbst anklagend und entschuldigend schliesst sie ihr Tagebuch über die erduldeten Leiden. Die Mehrheit der Klosterbewohnerinnen scheint zum Luthertume übergetreten zu sein; noch nicht freilich die Äbtissin. Als im Jahre 1539 Herzog Franz mit Gifhorn auch Isenhagen bekam, liess er durch den von ihm eingesetzten neuen Hauptmann schärfere Massregeln gegen den Rest der noch katholischen Nonnen ergreifen. Das veranlasste im Jahre 1540 die Äbtissin Margarethe von Boldessen, unter Mitnahme der wertvollsten Papiere nach Halberstadt in das Burchardskloster zu fliehen, mit ihr verliessen die Priorin Lucke von Gilten und Sillien von Mahrenholz das Kloster. An ihrer Stelle wurde die bereits gut lutherische Judith von Bülow Äbtissin, und die Reformation des Klosters war damit vollendet. Als die besser geordneten Verhältnisse ihr Duldung versprachen, kehrte auch Margaretha von Boldessen im Jahre

1) Die erste Ausgabe erschien Wittenberg | 1535. Gedruckt Opp. latt. I, 76 ff.

1554 nach Isenhagen zurück; sie starb dort dem katholischen Glauben treu bis zu ihrem Tode1).

Im Jahre 1537 oder 1538 gelang es dem Herzoge auch mit Walsrode einen Ausgleich herbeizuführen. Die bisherige katholische Domina Anna Behr legte ihr Amt nieder, und an ihre Stelle trat eine der bereits lutherischen Conventualinnen, Anna von Weige. Die Briefe und Siegel, welche man aus Furcht vor dem Herzoge ins Ausland gebracht hatte, sollen baldigst zurückgeholt und im Kloster in einer Kiste mit drei Schlössern verwahrt werden, zu welchen die alte Domina, die neue und die Küchenmeisterin je einen Schlüssel haben soll. Verschiedene Bestimmungen werden getroffen, ähnlich denen, welche wir früher in den Männer - Klöstern kennen lernten, nur weniger umfangreich, durch welche der Herzog die in den Ruhestand tretende Äbtissin auf Lebenszeit versorgte2).

Mit dem Kloster Lüne stand man eigentlich fortwährend in Verbindung. Immer aufs neue bemühte man sich, die Nonnen dem Luthertume zu gewinnen, aber immer erhielten der Herzog oder seine Räte dieselbe Antwort: es sei gegen ihr Gewissen, den Forderungen nachzugeben. 1535 starb die Äbtissin Mathilde Wilden; am folgenden Tage kam der Kanzler ins Kloster, auch der Fürst wurde erwartet. Man schwebte in grosser Angst, dass die Neuwahl beeinflusst werden würde und wählte daher auf den Rat etlicher guter Freunde aus Lüneburg so schnell als möglich die streng katholische Elisabeth Schneverding wieder. Ohne Priester, in aller Stille wurde die Beerdigung der alten Domina vorge

nommen.

Ähnlich wie in Isenhagen versuchte der Herzog auch hier im Jahre 1537 zum Ziele zu kommen. Er kam im Juli in Begleitung seines Bruders Franz, des Urbanus Rhegius, Ginderichs und seiner weltlichen Räte in das Kloster und forderte: Die Nonnen sollen die Predigt anhören, das Abendmahl unter beiderlei Gestalt feiern und nicht mehr den Gesang Salve regina singen. Der Fürst

1) Vgl. die „Ertzelung und Beschreibung Handschrift Klammers) im H. St. A. (Des. des Closters Isenhagen". Zts. d. hist. Vereins 49, 1). Ein Auszug aus derselben ist gedruckt f. Niedersachsen, 1867, p. 150. Hier ist irrig in dem Urkundenbuche von Walsrode Nr. 372. als Ort der Flucht Hildesheim angegeben. Vgl. Die Urkunde ist ohne Jahr, aber sie ist ausgedarüber Urkundenbuch von Isenhagen p. VIII, stellt von Ernst und Franz, sie gehört daher Anm. 5. in die Zeit, in welcher Franz wirklich Mitregent gewesen ist (December 1536 October 1539).

2) Die Urkunde (vom Montag nach Kiliani) findet sich im Concept (anscheinend in der

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selbst, Rhegius, der Kanzler redeten auf den Convent ein, mehrere Tage blieb man im Kloster, und es gelang endlich, die Nonnen zu dem Versprechen zu bewegen, den Prediger anhören zu wollen. Durch die Mauer des Jungfrauenchores wurde ein Loch gebrochen, so dass der Prediger in der Kirche dort verständlich war und sehen konnte, ob niemand von den Nonnen die Predigt versäumte. Dann wurde dem Convente eine Reihe von Gesängen namhaft gemacht, welche nicht mehr öffentlich gesungen werden durften. Mehr hat man dann bis zum völligen Übertritt aller Nonnen zum Luthertume, der erst im Jahre 1573 erfolgte, nicht erreichen können 1).

In Medingen war seit dem Jahre 1535 Cord Küsel Verwalter geworden; derselbe ging gegen den widerstrebenden Convent sehr scharf vor. 1536 kam Herzog Ernst mit Rhegius auch nach Medingen und blieb dort einige Zeit; täglich predigte und katechesierte Rhegius in Gegenwart der Nonnen, aber er richtete nichts aus. Da wurde zu härteren Massregeln gegriffen. 1539 liess der Herzog eine Kapelle und sieben Altäre abbrechen und die Glocken bis auf eine aus dem Kloster entfernen. Im folgenden Jahre wurde etwa der dritte Teil der Klostergebäude, das Capitel- und Schlafhaus, 1541 ein Teil der Propstei und der Glockenturm auf dem Kirchhofe abgerissen und das Baumaterial nach Celle geschafft, wo es zum Bau eines Herrenhauses verwandt werden sollte.

Die Äbtissin wurde nach Celle gefordert, sie zog es aber vor, sich in das Magdalenenkloster nach Hildesheim zu begeben und trotz oft wiederholter Aufforderung kehrte sie nicht zurück. Auch ein Teil der Conventualinnen hatte das Kloster verlassen, und eine völlige Auflösung desselben schien bevorzustehen 2). Es zeigt sich gerade hier sehr deutlich, dass der Herzog nicht die Aufhebung der Frauenklöster beabsichtigte, denn gerade bei Medingen hätte er dieselbe jetzt mit leichter Mühe durchsetzen können.

Eine besondere Stellung nimmt das zur Hildesheimer Diocese gehörige Kloster Wienhausen ein. Dort hatte ja der Propst Heinrich von Kramm schon sehr früh dem Herzoge die Propstei übergeben, und schon früh scheint man energisch gegen das Kloster vorgegangen zu sein. 1531 wurden die Propstei

1) Vgl. über die Vorgänge in Lüne: Hannoversches Magazin, 1821 p. 414 und den Kalender von Lüne im H. St. A. (Verz. der Ma

nuscripte J. 37).

2) Vgl. über Medingen: Lyssmann a. a. O.

gebäude abgebrochen1), und in demselben Jahre (am 27. Mai) floh die Äbtissin Katharina Remstedt in das Magdalenenkloster nach Hildesheim 2). Dies hatte aber auf die Stellung des Conventes zur Reformation gar keinen Einfluss. Die Nachrichten über das Kloster sind nur spärlich, aber sie lassen erkennen, dass der Widerstand hier nicht weniger heftig gewesen ist als in den Klöstern der Verdener Diocese 3). Noch im Jahre 1537 fühlte sich Rhegius veranlasst, seinen ,,Sendbrief an das gantz Convent des Jungfrauen Closters Wynhusen wider das unchristlich gesang Salve Regina" zu schreiben. Er hält in demselben den Nonnen das Verwerfliche derartiger Gesänge vor und zeigt ihnen, dass sie gegen Gottes Gebote handeln, indem sie Maria und andern Heiligen eine Ehre geben, die nur Christus gebührt, denn er allein soll unser Fürsprecher sein im Himmel1). Die Rückkehr der Äbtissin Katharina Remstedt im April 1539 besserte und

änderte nichts.

Rhegius hat es nicht mehr erlebt, die Klöster dem Luthertume gewonnen zu sehen. Am 23. Mai 1541 machte ein Schlagfluss seinem Leben ein Ende. Sein Nachfolger Martin Undermark hat in seinem Geiste das Werk weiter geführt.

Der Widerstand der Klöster wurde, wie wir bereits früher erwähnt haben, durch die stetige Verbindung mit auswärtigen Freunden, wie dem Bischofe von Verden und Augustin von Getelen genährt. Gerade jetzt, im Anfang des Jahres 1542, hatte Christoph an Medingen, Lüne und Ebstorf ein Rundschreiben ergehen lassen, in dem er sie zum treuen Ausharren und zur Beständigkeit im Glauben ermahnte 5). Das war der Grund, weshalb der Herzog in der Mitte des Jahres 1542 seinen Klosterverwaltern in Medingen, Lüne und Ebstorf (und wahrscheinlich auch in Wienhausen) den Befehl erteilte, den Nonnen jeden Verkehr mit der Aussenwelt abzuschneiden. Die Thore sollten geschlossen werden, und Briefe sollten die Bewohnerinnen nur durch die Hand des Prädicanten erhalten).

1) Vgl. Leukfeld Antiquitates Winhusanae, p. 123.

2) Vgl. Zeitschrift des hist. Vereins f. Niedersachsen, 1855, p. 255.

4) Deutsche Schriften IV, 33 ff.

5) Lyssmann a. a O. p. 145, d. d. 6. Februar 1542.

6) Herzog Ernst an Cord Küsel, Befehls

3) Vgl. Leukfeld, Antiquitates Winhusanae, haber von Medingen, am Tage Laurentii (10. p. 119 ff.

August) 1542. Dass diese Massregel auch

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