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dicanten sollen aus der Schrift, den Historien und alten Lehrern die Behauptungen der Nonnen widerlegen, dazu will auch Rhegius sein Bestes thun1).

Für die Antwort des Fürsten gab Rhegius ausserdem eine Reihe von Gesichtspunkten und Bemerkungen, welche Förster, der die Entgegnung verfasst hat, zum Teil wörtlich in dieselbe aufgenommen hat2).

Er geht darin auf die Einwände der Nonnen ein. Auch der Herzog kenne nur eine Kirche, welche von den Aposteln auf Christum gegründet worden sei; aber die Lehre derselben sei verderbt gewesen. Freilich lobe Paulus den jungfräulichen Stand, aber es solle kein Zwang dabei herrschen, auch könne das Klosterleben nicht aus den alten Lehrern bewiesen werden. Man habe die Irrtümer erkannt und wolle ihnen das Evangelium in apostolischem Sinne predigen lassen, rechtschaffen und Gott angenehm und nicht gegen Zucht und gute Sitte; dagegen hätten sie sich gesträubt. Weil aber der Fürst durch kaiserliches und göttliches Recht Macht und Gewalt habe, sie zum Anhören des Wortes Gottes zu zwingen, so ermahne er sie nochmals sich zu fügen, damit er nicht schärfer gegen sie vorzugehen brauche. Dem Prediger habe er befohlen, alles in seiner Predigt zu meiden, was Anstoss erregen könne; thue er das nicht, so solle er bestraft werden.

Die Prädicanten hatten inzwischen eine längere Schrift verfasst, welche Rhegius vorgelegt und von diesem noch verbessert wurde. Es ist das die „Warnung des hochgeborenen Fürsten und Herrn Ernsts, Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg an alle Frauenklöster seines Fürstentums, dass sie das heilige Evangelium zu hören sich nicht weigern").

Bislang - so lassen die Prädicanten den Herzog schreiben hätten ihm die Klöster in seinem Vorhaben widerstrebt, er glaube aber seinem Amte schuldig zu sein, alles, was möglich sei, zu versuchen. Darum wolle er ihnen und ihren Glaubens- und Blutsverwandten jetzt gründliche Rechenschaft geben, damit sie

1) Rhegius an Förster, Lüneburg, am 27. August 1533. Dabei liegt ein Zettel, welcher die Vorschläge in betreff der beiden Antworten enthält.

2) Mir lag nur das undatierte Concept der Antwort in der Handschrift Försters vor.

3) Ich halte diese Schrift um so mehr für die von Rhegius geforderte Antwort der Prädicanten, als mir ein Exemplar derselben vor

lag, welches mit eigenhändigen Correcturen von Urbanus Rhegius versehen worden war. Die Schrift ist undatiert. Uhlhorn setzt sie in das Jahr 1533, aber etwa Ende Juli, vor jenen Brief der Nonnen von Ebstorf vom 18. August; während ich dieselbe, da sie erst auf Anregung des Briefes von Urbanus Rhegius (am 27. August 1533) entstanden ist, frühstens Anfang September ansetzen kann.

klar sähen, dass er nur das fordere, wozu er Fug und Recht habe, und worin ihn daher niemand hindern dürfe.

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Als die seligmachende Wahrheit des Evangeliums so klar erschienen sei, dass man habe erkennen können, in welcher Finsternis man bisher gewandelt, da habe er geglaubt, nicht bloss selbst in der Gnade verharren, sondern auch die ihm Befohlenen dazu führen zu müssen. Zur christlichen Wahrheit aber könne man nur durch das göttliche Wort kommen: darum sei vor allen Dingen nötig, dass man das Evangelium höre, lauter, rein und einfältig, wie Christus und die Apostel dasselbe gepredigt hätten, und wie es jetzt zum Preise Gottes im ganzen Fürstentume gepredigt werde. Wenn aber jemand aus Verstocktheit und Frevel seine Seligkeit verscherzen will, so darf der Fürst ihn wenigstens zum Anhören des Evangeliums zwingen. Die weltliche Obrigkeit kann keinen Glaubensartikel machen, die Leute aber zum wahren Glauben zu führen und die Verächter zu strafen das erlauben die göttliche Schrift, das kaiserliche Recht und selbst die „guten“ Canones des geistlichen Rechts. Wenn jemand spricht, man solle keinen zum Glauben zwingen und nicht „,fictos catholicos", Heuchler, machen, so muss man demselben antworten: Zum Glauben kann man allerdings niemanden zwingen, denn der Glaube ist ein freies Werk. Der heilige Geist giebt ihn durch das Anhören des göttlichen Wortes. Ein Vater kann seine Kinder züchtigen, warum soll der Fürst, der pater patriae, seine Unterthanen nicht wenigstens zwingen die reine Lehre anzuhören? Dass selbst das gezwungene Hören des göttlichen Wortes eine grosse Frucht bringe, das hat schon Augustin in seiner Schrift gegen die Donatisten bewiesen. Der Fürst handelt, wie er es verantworten kann, ohne Ansehen der Person. Er darf nicht dulden, dass die, welche aus Unwissenheit gegen Gottes Wort sich sträuben, in derselben gelassen werden. Dies mögen sich die Klosterpersonen zur Warnung gesagt sein lassen. Reich ausgestattet ist die Schrift mit Citaten aus der Bibel, aus Augustin und Gregorius Magnus. Die Edicte der Kaiser Marcian, Valentinian, Gratian und Constantin werden angeführt, so dass die Schrift einen durchaus gelehrten Charakter trägt und auch darin der Forderung des Rhegius völlig entspricht.

Das Rundschreiben wurde den Klöstern zugeschickt, allein es half gar nichts. Sämtliche Klöster beharrten in ihrem Widerstande, und selbst persönliche Verhandlungen mit den herzoglichen Räten, die uns z. B. für Lüne be

zeugt sind, führten zu keinem besseren Resultate. Da glaubte der Herzog endlich zu schärferen Mitteln greifen zu müssen, seine Geduld war erschöpft. Er gab deshalb Ende des Jahres 1533 seinen Verwaltern zu Ebstorf, Lüne, Medingen, Isenhagen, Wienhausen und Walsrode den Befehl, noch einmal die Convente aufzufordern, den Prädicanten wöchentlich vier Mal auf dem Chore predigen zu hören. Geschehe dies nicht, so sollen die Stricke von den Glocken abgeschnitten und die Klöppel aus denselben genommen werden. Sobald der Herzog andere Geschäfte erledigt habe, werde er Ernst damit machen und die Nonnen zum Anhören der Predigt zwingen 1).

In Medingen forderte der Hauptmann Thomas von Görden von den Nonnen, den lutherischen Prädicanten entweder auf dem Chore predigen zu lassen, oder ihm eine Kanzel zu bauen, die so hoch sei, dass er den Jungfrauenchor übersehen könne. Dessen weigerte man sich entschieden, und so kam der Befehl des Herzogs in betreff der Glocken zur Ausführung; derselbe wurde auch nicht aufgehoben, als der Convent sich deshalb an den Herzog wandte und demütig bat, sie bei ihrem Glauben und Stande zu lassen und sie nicht irre zu führen. Sie versprachen sogar den Prediger anzuhören und niemanden zu hindern dies zu thun, nur sollte derselbe an seiner bisherigen Stelle bleiben *).

Die Antwort des Herzogs, die wohl zum Teil aus der Feder des Rhegius geflossen ist, zeigt nochmals scharf den Standpunkt des Fürsten. Zur Anhörung des Wortes Gottes werde er sie zwingen, aber nur dies und die Feier des Abendmahls unter beiderlei Gestalt fordere er von ihnen, er wolle sie dagegen bei ihren Statuten, ihrer Regel und ihrem Orden lassen, obwohl sich auch dagegen vieles anführen liesse 3).

Das Schreiben ist im wesentlichen theologisch gehalten und geht noch besonders auf die Klage der Nonnen ein, dass sie der Messe beraubt seien. Sie sollten das Sacrament recht feiern, dann würde ihnen weder jetzt noch jemals die Messe fehlen.

Der Widerstand der Nonnen wurde dadurch nicht gebrochen; sie wurden

1) Das Schreiben ist gedruckt bei Lyssmann a. a. O. p. 142, d. d. Celle, Donnerstag nach Luciae (18. December) 1533; dass es an alle Frauc klöster gerichtet wurde, beweist die Adresse des im H. St. A. vorhandenen Concepts.

2) Der Convent von Medingen an den Herzog, am Tage Silvestri 1534 (31. December 1533).

3) Der Herzog an Medingen, Celle am Montage nach Reminiscere (2. März) 1534.

um

so hartnäckiger, je mehr sie sich als Märtyrer ihres Glaubens fühlten. Mit Gewalt ging der herzogliche Hauptmann in Medingen gegen sie vor: am Klosterhofe liess er Thore und Pforten zerschlagen, in die Mauer des Jungfrauenchors liess er ein grosses Loch brechen, durch welches der Prädicant predigen musste1). Dafür machte man ihm aber auch das Leben so sauer, dass er schon

1535 seinen Abschied nahm.

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Isenhagen nimmt durch den erwähnten Übertritt mehrerer Nonnen zum Luthertume eine Ausnahmestellung unter den Klöstern ein. Ernst beschäftigt sich mit diesem Kloster ganz besonders, seine Strenge gegen den Convent ist grösser als in anderen Klöstern, welche noch vollständig katholisch waren. Als er nach Ostern 1533 vom Convente in Isenhagen eine Summe von 700 Gulden forderte, und man sich weigerte dieselbe zu geben, da untersagte er", wie uns eine Nonne berichtet, „Brot und Trank, Milch und Butter, Käse, Holz und alles, was uns von unserer Propstei zu Fuhrwerk gehört, so dass wir unsere Conversen müssen aussenden und lassen bitten Freunde und Fremde zu Uelzen und Lüneburg um Brot und Trank. Das Holz müssen wir uns selbst durch Pfütze und Dreck zusammentragen, waten und fällen auf unsern eignen Schaden. Sothane Gewalt und unerhört unchristlich Leidwesen trugen wir zehn Wochen; unsere Dienste waren uns ja so ungnädig als der Fürst samt der Bauerschaft").

Es musste ja jetzt durch die Verschiedenheit der Religion im Kloster notwendig eine Lockerung der Klosterzucht herbeigeführt werden. Lutherische Schriften kamen in Menge nach dort, und die lutherischen Klosterpersonen kehrten sich nur noch wenig an die Befehle der Domina. Man benutzte sie gegen die andern, fragte sie fleissig, ob sie auch bedrückt würden und Not leiden müssten. Der Schreiber des Klosters, Heinrich Krege, war als Verwalter in den Dienst des Herzogs getreten, und auch über ihn wird wehklagend das Urteil gefällt: „O, du ungetreuer Knecht".

Der Befehl in betreff der Glocken erging auch wegen fortdauernden Widerstandes an Isenhagen. Als Krege in Gegenwart des Prädicanten dem Convente denselben mitteilte, antwortete man zunächst mit Scheltworten. Aber

1) Lyssmann a. a. O. p. 142.

2) Zeitschrift des hist. Vereins für Nieder

sachsen, 1867, p. 147.

am folgenden Tage erklärte man sich doch

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wie in Medingen zum Anhören der Predigt bereit, nur solle der Prädicant nicht auf dem Chore predigen. Die Stricke von den Glocken abzuschneiden, war nicht möglich, da man nur vom Kloster aus in den Turm gelangen konnte, und die Nonnen alles stets sehr sorgfältig verschlossen.

Der Herzog war sehr wenig mit der Antwort der Nonnen, welche Krege ihm mitteilte, zufrieden. Er drohte, aber das half nichts1). Die lutherisch Gesinnten klagten über schlechte Behandlung von Seiten des Convents. Daher sandte Herzog Ernst am 21. April 1534 seinen Bruder Franz in Begleitung des Licentiaten Klammer an den Convent, und liess durch sie die Forderung stellen: den lutherischen Klosterpersonen zu gestatten, so oft sie wollten, das Abendmahl unter beiderlei Gestalt in der Klosterkirche zu feiern. Aber zu einer solchen Entweihung wollte man seine Einwilligung nicht geben. „Da sprach", so berichtet unsere Nonne, „der Licentiat Klammer: er verstände es wohl in unsern Reden, wir wollten uns halten als die Papisten und nicht an die Wahrheit, derohalben hätten wir Conscientiam Pharaonis". Im Zorne schied man von einander.

Eine Zeit lang ruhten die Verhandlungen mit den Klöstern.

Urbanus Rhegius hatte sich inzwischen des Landes eifrig angenommen. Er hatte dem Herzoge jetzt versprochen, Zeit seines Lebens bei ihm zu bleiben und hatte daher verschiedene günstige Anerbietungen, welche ihm von anderen Seiten gemacht worden waren, zurückgewiesen.

Zu dem Herzoge und seinem ganzen Hause stand er in einem sehr engen Verhältnisse. 1535 widmete er den drei herzoglichen Brüdern das „Handbüchlein eines christlichen Fürsten", in welchem alle jene Sätze von dem christlichen Berufe eines Fürsten, der das Recht und die Pflicht hat, seine Unterthanen zum Worte Gottes zu führen, noch einmal auseinandergesetzt werden. Wir haben sie ja schon längst als Ernsts innerste Überzeugung kennen gelernt. Der Schwester des Herzogs, jener Apollonia, die Ernst 1527 ziemlich gewaltsam aus dem

1) Vgl. folgende Schreiben: Krege an den 1533). Der Herzog an Krege, Montag nach Herzog, Dienstag nach Thomae apostoli (23. De- Trium Regum (12. Januar) 1534. Krege an cember) 1534 (das Jahr ist jedenfalls ver- den Herzog, Donnerstag nach Hilarii (15. Jaschrieben, das Schreiben gehört, wie die Ant- nuar) 1534. wort des Herzogs zeigt, noch in das Jahr

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