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bens, ihres Lebens und ihrer Lehre geprüft werden und zwar vor ihrer Wahl durch den Convent des Klosters. Wählt dieser dann aber nicht richtig, so soll der Herzog die Beichtväter einsetzen. Die „Officien von der Zeit" (die sonnund festtäglichen Chordienste) sollen bleiben, die „Officien von den Heiligen" aber abgeschafft werden, damit durch die grössere Übereinstimmung des Gottesdienstes im Kloster und in den Gemeinden ,,der Wille und die Gunst des Volkes unter einander wüchse und sich vermehre".

Die Klostergelübde, die nicht von Gott, sondern von Menschen in Gleisnerei erdacht sind, sollen aufhören, denn sie sind der christlichen Freiheit entgegen. Gelübde gegen der Seelen Seligkeit aber sind kraftlos, und auch ohne sie kann in den Klöstern ein ehrbares, christliches Leben geführt werden.

Wenn nicht alle lateinisch verstehen, so darf bei der Communion, die natürlich unter beiderlei Gestalt stattfinden muss, nur deutsch geredet werden, und das ist überhaupt vorzuziehen.

Die Klostergefängnisse, die Prassunen, sollen aufgehoben werden, denn diese Einrichtung ist misbraucht worden. Wer straffällig ist, den soll man der Obrigkeit übergeben.

Wer erkannt hat, dass das Klosterleben sein Gewissen beschwert, der soll von der Obrigkeit unterstützt und ihm zu einem bessern Leben verholfen werden.

Dieser „Ratschlag" wurde gedruckt und im Anfange des Jahres 1530 den Frauenklöstern mit der Weisung übersandt, sich nach demselben in Zukunft zu richten1). Er rief jedoch einen weit heftigern Widerstand hervor, als der bisherige gewesen war.

In Medingen kehrte man sich überhaupt vorläufig nicht an das Gebot des

1) Havemann a. a. O. p. 112 f. und Heimbürger, Ernst der Bekenner p. 129 f. erwähnen eine Klosterordnung für Wienhausen, die ich nicht habe auffinden können. Der allgemeine Teil derselben scheint seinem Inhalte nach mit dem „,Ratschlage" übereinzustimmen; aber es finden sich ausführlichere Bestimmungen über Klosterschule, Klosterhaushalt u. dgl. Ob dieselbe schon vor den „Ratschlag" fällt oder erst später, wage ich nicht zu entscheiden. Havemann setzt sie erst in die letzte Hälfte des Jahres 1530; das von Heimbürger benutzte

Exemplar aus der Justiz - Canzlei zu Celle war undatiert (vgl. Zts. d. hist. Vereins f. Niedersachsen 1849, p. 148). In der Bibliothek des Oberlandes-Gerichts zu Celle konnte ich sie nicht auffinden. Heimbürger giebt an, dass sie mit der unter Ernsts Nachfolgern publicierten Klosterordnung im wesentlichen übereinstimme; möglich, dass Havemann von dorther seine Nachrichten hat. Die älteste allgemeine Klosterordnung des Herzogs Franz Otto ist bei Lyssmann a. a. O. p. 273 ff. gedruckt.

Herzogs. Die beiden dort vorhandenen Capläne versuchten zu wiederholten Malen, Lichter zu weihen und eine Prozession zu veranstalten. Dies wurde ihnen zuerst vom Prediger untersagt, und als das Verbot desselben wenig half, wurden sie von dem herzoglichen Hauptmann Thomas von Görden mit Gewalt aus der Kirche getrieben. Man untersagte den Caplänen den Aufenthalt auf dem Klosterhofe, da gaben ihnen die Nonnen Wohnung auf dem Klosterspeicher; auf dem Kornboden liessen sie sich die Messe lesen und durch ein dazu verfertigtes Gitter absolvieren1). Öffentlich durfte keine Messe mehr gehalten werden; denn seit Mitte Februar war dies auf Befehl des Herzogs verboten2).

Dazu kam es auch bald in den andern Klöstern. Bezeugt ist es uns freilich nur für Wienhausen und für Lüne, wohin der Kanzler in der Osterwoche kam und die Abstellung der Messe befahl. Vergeblich hatte der Herzog in Lüne, als er dort im Februar mit dem Rate der Stadt Lüneburg verhandelte, den Convent zur Annahme des „Ratschlags" zu bewegen gesucht.

Dass auch die anderen Klöster denselben Widerstand leisteten, selbst die, von denen wir nur sehr wenig wissen, wie Walsrode und Ebstorf, geht aus den späteren Ereignissen deutlich hervor. Eine engere Verbindung bestand zwischen den drei Klöstern der Verdener Diocese, Lüne, Medingen und Ebstorf. Sie ergriffen dieselben Massregeln zur Abwehr.

Sie wandten sich an den Rat von Lüneburg und suchten durch die Fürbitte desselben den Herzog zur Zurücknahme des „Ratschlags" zu bewegen. Sie beklagen sich bitter über das ihnen zugefügte Unrecht. Das Buch, welches der Herzog ihnen übersandt, so schrieb der Convent von Lüne, streite gegen ihr Gewissen und gegen die Regel Benedicts. Absque pastore et absque humano solatio et consilio sässen sie da. Gegen ihre Privilegien fordere der Herzog die Annahme des Buches, in die sie nicht eher willigen dürften, ehe nicht die Stände der Christenheit einträchtig eine Neuordnung beschlossen hätten3).

Ähnliche Klagen hatte auch der Convent von Medingen: Seit Septuagesimae habe man sie der Messe beraubt; die Capläne hätten das Kloster verlassen müssen; der Prädicant überschreite seine Befugnisse, halte unnütze Reden

1) Lyssmann a. a. 0.
p. 141.

2) Dies ergiebt sich aus einem später anzuführenden Schreiben des Convents von Medingen an den Rat von Lüneburg.

3) Mathilde Wilden und der Convent an den Rat, Lüne, Sabbato ante Esto Mihi (26. Februar) 1530 (Des. 49, Reform. d. Stifte und Klöster.)

und sage, dass alle die, welche sich dem Klosterleben ergeben hätten, verdammt seien; vieles habe er abgeschafft, was das Evangelium nicht mit sich bringe1).

Das Schreiben, welches der Convent von Ebstorf an den Rat richtete, ist uns nicht erhalten, seinen Inhalt können wir nach den beiden Briefen von Lüne und Medingen uns denken3). Die Gewährung der Forderungen lehnte der Herzog, wie das nicht anders zu erwarten war, in einem Schreiben an den Rat ab: Billigkeit und Gottes Ehre zwängen ihn, dem unschicklichen, unergründlichen, schädlichen Begehr der Klosterpersonen nicht nachzugeben. Ihre Wünsche entsprängen nur aus „,menschlicher Bewegnis und Unverstand", die Erfüllung derselben würde den Klosterfrauen selbst zum Schaden gereichen.

Ob schon bei diesem ersten gemeinsamen Schritte der drei Klöster der Erzbischof Christoph von Bremen seine Hand im Spiele hatte, lässt sich wohl nicht entscheiden. Jedenfalls standen sie mit der katholischen Partei im Fürstentum in Verbindung, wie das schon daraus hervorgeht, dass der Convent zu Lüne an den Abt Boldewin von St. Michaelis kurz vor Ostern 50 Gulden sandte, um dafür auf dem Reichstage einen Erlass zu Gunsten des Klosters zu erwirken3).

Urbanus Rhegius.

Mitten in diese bewegte Zeit, wo nur erst an einzelnen Punkten die kirchlichen Verhältnisse fest geordnet waren, wo Streit überall und das Ende desselben noch nicht abzusehen war, fällt die Reise des Herzogs zum

1) Margaretha Stöteroge und der Convent an den Rat, Donnerstag nach Laetare (31, März) 1530. Am Sonnabend nach Laetare sandte der Rat dies Schreiben an den Herzog.

2) Dass auch Ebstorf ein solches Schreiben an den Rat richtete, ergiebt sich aus der Antwort Ernsts an den Rat, Celle Mittwoch nach Ostern (20. April) 1530 (Orig. im L. A., Copie ohne Datum im H. St. A. Des. 49, 1.) 3) Hannov. Magazin 1821, p. 410. weit die Nachricht richtig ist, dass der Erzbischof von Bremen im August 1530 gegen Herzog Ernst beim Kammergericht für die Klöster Klage erhoben und am 8. October ein Manutenenz-Decret erhalten habe (Lenthe, Archiv für die Ge

Reichstage nach

schichte und Verfassung des Fürstentums Lüneburg. Bd. 9, p. 404, Anm. 3) habe ich nicht ermitteln können. Ich habe dieselbe sonst nirgends bezeugt gefunden. Vielleicht liegt eine Verwechslung vor mit einer Klage für Bardowik (vom October 1540).

Auch wegen der Beseitigung der bischöflichen Jurisdictiou soll (der Erzbischof (1531) Klage erhoben haben Uhlhorn p. 216); ich Wie habe darüber ebensowenig etwas finden können. Auch Heimbürger, und er, soviel ich sehe, zuerst, hat diese Nachricht; vermutlich beruht dieselbe auf einer Verwechslung mit dem früher erwähnten Streit des Herzogs mit Marienrode, den auch Guden anführt.

Augsburg. Begleitet von seinem ersten Prediger Heinrich Bock, dem Kanzler Förster und mehreren lüneburgischen Adligen trat der Herzog dieselbe an1); sein Bruder Franz begab sich im Gefolge des Kurfürsten von Sachsen wie dies auch Ernst, um Kosten zu vermeiden, ursprünglich beabsichtigte2) Reichstage.

zum

Am 14. Mai traf Ernst in Augsburg ein. Schon früher haben wir etliche Aufgaben kennen gelernt, die seiner hier warteten, so die Aufhebung der über seinen Vater verhängten Acht und der Streit mit dem Abte von Marienrode, der hier vor den Kaiser gebracht wurde. Das Wichtigste waren natürlich auch für ihn die Verhandlungen, welche in betreff der Religion hier geführt wurden. Auf dieselben näher einzugehen, ist hier nicht der Ort; Ernst nahm an ihnen eifrigen Anteil und er, sowie auch sein Bruder Franz, setzte seinen Namen unter die Confession. Für den Fortgang der Reformation im Fürstentume Lüneburg hat der Augsburger Reichstag nur eine untergeordnete Bedeutung, wenn er auch zur Ermutigung und Belebung der Anhänger Luthers im Lande viel beigetragen haben mag.

Doch hat die Reise indirekt eine grosse Wirkung auf die kirchlichen Verhältnisse des Fürstentums gehabt, und wohl konnte Ernst bei seiner Heimkehr sprechen: „es gereue ihn alles Geld und alle Kosten nicht, die er an dieselbe gewandt habe, da er einen Schatz für das ganze Land mitgebracht habe". Hier in Augsburg lernte er den Mann kennen, der seit dieser Zeit neben dem Herzoge in den Mittelpunkt des kirchlichen Lebens des Fürstentums trat.

Urbanus Rhegius (sein eigentlicher Name war Rieger)) war im Mai des Jahres 1489 zu Argen am Bodensee geboren. Nachdem er seine Schulzeit in Lindau verbracht, kam er 1508 auf die Universität Freiburg und fand hier Aufnahme in dem Hause des Juristen Zasius, der bedeutenden Einfluss auf ihn geübt hat. Hier trieb er neben juristischen auch classische Studien, und diese überwogen bald, besonders als er sich immer enger an Eck anschloss. Der Weggang desselben nach Ingolstadt veranlasste auch Rhegius, der inzwischen Baccalaureus geworden war, Freiburg zu verlassen. Er ging zunächst nach

Basel und von dort nach Ingolstadt, wo er nur kümmerlich sein Leben fristen

1) Die Namen der Begleiter giebt Cölestin, d. d. Uelzen, am Sonntag Oculi 1530 b. Müller, Hist. Comit. August. IV. 132. Hist. Protest. p. 456 f.

2) Vgl. den Brief Ernsts an den Kurfürsten, |

3) Uhlhorn a. a. O. p. 343. Anm. 4.

konnte. Die Verbindung zwischen Eck und ihm wurde hier immer enger, und Rhegius feierte in Wort und Schrift seinen verehrten Lehrer und Freund. Allmählich wandte er sich mehr der Theologie zu, und durch die Vermittlung des Weihbischofs Faber trat er, nachdem er 1519 die Weihen empfangen hatte, in den Dienst des Bischofs von Constanz. Sein Aufenthalt in dieser Stadt ist für seine Entwicklung sehr wichtig. Durch fleissiges Studium und Verkehr mit Gelehrten vertiefte er seine theologischen Ansichten; mit Zwingli trat er hier zuerst in Briefwechsel.

Ein allmählicher innerer Umschwung vollzog sich in ihm; mehr und mehr wandte er sich Luther zu, das musste natürlich zum Bruche mit Eck führen. Um die theologische Doctorwürde zu erlangen, begab er sich im Jahre 1520 nach Basel. Er erreichte sein Ziel und folgte dann am Ende desselben Jahres einem Rufe, welcher von Augsburg aus an ihn ergangen war.

Er schloss sich hier an die evangelische Partei an und predigte das reine Evangelium, allein damit zog er sich die Feindschaft der katholischen Partei zu, deren Verfolgungen und Verläumdungen ihn im Jahre 1522 zwangen die Stadt auf einige Zeit zu verlassen. Er blieb zunächst in seiner Heimat Argen und wirkte dann zu Hall am Inn als Prediger. Obwohl er hier sehr vorsichtig bei der Abstellung von Misbräuchen verfuhr und so auch bei den Katholiken anfangs wenig Anstoss erregte, dauerte doch der Friede nicht lange; 1524 musste er Hall verlassen und nach einem kurzen abermaligen Aufenthalt in seiner Heimat kehrte er wieder nach Augsburg zurück, wo er vorläufig als Privatmann lebte.

Bald brach hier die Bewegung los; der Rat verwies einen ihm misliebigen Prediger aus der Stadt und erregte dadurch im August 1524 einen Aufstand des Volkes. An die Stelle des verwiesenen Predigers Schilling berief der Rat den gemässigten Urbanus Rhegius. Das Volk war anfangs gegen ihn, weil er vom Rate eingesetzt worden war, als aber Schilling in die Stadt zurückkehren durfte, vermochte er seine frühere Beliebtheit nicht wieder zu gewinnen, und man wandte sich Rhegius zu. Rhegius brach jetzt völlig mit dem Katholicismus, er teilte das Abendmahl unter beiderlei Gestalt aus und trat selbst 1525 in den Ehestand mit einer Augsburgerin, Anna Weisbrücker, die wegen ihrer grossen Gelehrsamkeit berühmt war. 16 Jahre lang hat er mit ihr in einer sehr glücklichen Ehe gelebt.

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