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tion lag dem Verfasser noch ein ganz anderer Bericht vor, den er unter der Überschrift: „Summarischer Bericht von der Reformation" giebt, so dass es mir fraglich erscheint, ob er die benutzte Quelle völlig wiedergegeben hat1); für das Jahr 1530 ist derselbe am ausführlichsten. Während Schomaker Patricier war, entstammte Hämmenstädt der Bürgerschaft, er selbst war Bierbrauer; und der Parteistandpunkt prägt sich natürlich auch in ihren Chroniken aus, denn gerade zur Zeit der Reformation war ja der Gegensatz zwischen Patriciern und Bürgern in Lüneburg ein sehr schroffer.

Nicht bloss der Herzog, auch andere Förderer der Reformation haben ihre Biographen gefunden. So befindet sich eine Lebensbeschreibung des Kanzlers Klammer in Maneckes biographischen Skizzen der Kanzler der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. Vor allem ist es aber Urbanus Rhegius, der um die weitere Ausbildung und Organisation der kirchlichen Verhältnisse des Fürstentums sich grosse Verdienste erworben hat, und es sind denn auch eine Reihe Schriften über ihn erschienen 3). Durch die neueste Darstellung seines Lebens von Uhlhorn sind jedoch alle anderen veraltet. Heimbürger) verdient der abgedruckten Urkunden wegen genannt zu werden. Das Werk von Uhlhorn darf nicht nur in Bezug auf Urbanus Rhegius, sondern auch in Bezug auf die Reformationsgeschichte des Fürstentums als das beste der gesamten einschlagenden Litteratur bezeichnet werden. Mit Heranziehung der Akten des Hannoverschen Staats- und des Lüneburger Stadt-Archivs, sowie der Handschriften der Kgl. Bibliothek zu Hannover wird hier zum ersten Male die Reformationsgeschichte der Stadt Lüneburg von den bisherigen, besonders durch Bertram veranlassten Fehlern befreit, und obwohl die Wirksamkeit des Urbanus Rhegius in Nord-Deutschland erst mit dem Jahre 1530 beginnt, wird doch auch die Vorgeschichte behandelt, und die Quellenschriften werden in ausgiebiger Weise benutzt.

menstädt 1524--93, die Chronik soll 1567 gcschrieben sein, sie kann nicht nach 1572 verfasst sein, da der in diesem Jahre gestorbene Pastor Heberding noch als lebend erwähnt wird.

1) Ergänzt wird derselbe häufig durch den bei Bertram a. a. O. abgedruckten Bericht; vielleicht stammen beide aus einer gemeinsamen Quelle.

2) Manecke, biographische Skizzen von den Kanzlern der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg (insbesondere die Biographie des

Kanzlers Klammer). 1823. Von demselben Verfasser ist auch eine Topographie von Braunschweig-Lüneburg, die manche historische Notiz enthält.

3) Für die Übersicht und Beurteilung der früheren Litteratur über Urbanus Rhegius vgl. Uhlhorn, Urbanus Rhegius. Sein Leben und ausgewählte Schriften (Elberfeld 1862). p. 343. Anm. 2.

4) Heimbürger, Urbanus Rhegius. 1872.

Ich verdanke dem Buche für meine Arbeit sehr viel, wenn ich auch in manchen Punkten mit ihm nicht übereinstimmen kann; so scheint mir die Bedeutung des Urbanus Rhegius für die Reformation des Fürstentums Lüneburg nicht so gross zu sein, wie U. annimmt. Besonders wertvoll ist mir noch die Nennung der Fundorte der seltneren Quellenwerke gewesen.

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die Werke, welche als umfassendere Darstellungen der Landes- oder Kirchengeschichte auch unserem Gegenstande ihre Beachtung zuwenden. Kaum den dürftigsten Anforderungen selbst für die damalige Zeit genügt die „Geschichte von Hannover" von Hüne (1824). Mehr schon bietet Schlegels Hannoversche Kirchengeschichte1), allein sie ist seit dem Erscheinen des zweiten Bandes von Havemanns Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg (1855) veraltet. Havemann hat in seinem Buche zuerst das Staats-Archiv und die Kgl. Bibliothek zu Hannover benutzt und bringt so eine Menge bislang unbekannter Nachrichten. Aber das reiche Material ist nicht besonders gut durchgearbeitet, die Geschichte der Reformation ist aufgelöst in eine Reihe von Einzeldarstellungen; die gemeinsamen Massregeln gegen die widerstrebenden Klöster, die doch das Wichtigste sind, werden nicht erkannt. Dazu kommt dann noch eine grosse Leichtfertigkeit in Kleinigkeiten und ein Mangel an genügender Kritik, der sich besonders bei der Darstellung der Reformation der Stadt Lüneburg zeigt. Havemann kennt und benutzt sowohl die Chronik Schomakers als auch die Hämmenstädts, statt aber diese zur Prüfung heranzuziehen, legt er den bei Bertram abgedruckten Bericht zu Grunde, der viel Gutes, aber auch manches Falsche enthält, und bei dem besonders feste Zeitangaben nur in geringem Masse vorhanden sind.

Auf Havemanns Geschichte beruht der betreffende Abschnitt in dem ganz kürzlich erschienenen zweiten Bande der „Geschichte von Braunschweig und Hannover" von O. v. Heinemann. Uhlhorns Buch scheint gar nicht benutzt zu sein, wenigstens finden sich Fehler, die, aus Havemann herübergenommen, bei Kenntnis von Uhlhorns „Urbanus Rhegius" hätten vermieden werden müssen. Andere Unrichtigkeiten hat der Verfasser selbständig sich zu Schulden kommen lassen; so hält er das von Rhegius verfasste Gutachten über die Verwendung der Kirchengüter) für die von ihm entworfene Kirchenordnung der Stadt Lüneburg, 1) Schlegel, Kirchen- und Reformations- 2) Gedruckt in den deutschen Schriften geschichte von Norddeutschland und Hannover des Urb. Rhegius. III. p. 102 ff. Das Original Bd. 2. 1829. im Stadt-Archiv zu Lüneburg.

während diese lange Zeit verloren gewesen und erst in unseren Tagen wieder aufgefunden worden ist1).

Ich habe mich selbstverständlich bei meiner Arbeit bemüht, überall, wo es möglich war, auf die Originalquellen selbst zurückzugehen. An handschriftlichem Material benutzte ich die auf die Reformation bezüglichen Akten des Kgl. StaatsArchivs zu Hannover) und des Stadt-Archivs zu Lüneburg, und es ist mir gelungen noch eine ganze Reihe bislang unbenutzter Urkunden aufzufinden, die ich im Laufe meiner Darstellung einzeln namhaft machen werde. Wenig Ausbeute ergab die Benutzung des Ernestinischen Gesamt-Archivs zu Weimar. Handschriftliche Chroniken und seltnere Quellenschriften, soweit sie nicht in Göttingen vorhanden waren, erhielt ich aus der Kgl. Bibliothek zu Hannover, der Herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel, der Kgl. Bibliothek zu Dresden, der Gräfl. Bibliothek zu Wernigerode und der Stadt-Bibliothek zu Lüneburg (von hier auch einige Schriften Augustins von Getelen). Interessante Aufschlüsse, besonders wichtig für die Kritik der neueren Darsteller, gab die Benutzung der mehrfach erwähnten Gebhardi'schen Sammlung der Kgl. Bibliothek zu Hannover. Wo ich Urkunden, die anderen vor mir zur Verfügung standen, nicht nachweisen konnte, werde ich die Quelle, aus der ich schöpfe, angeben.

1) Vgl. Ubbelohde, Mitteilungen über ältere Lüneburger Schulordnungen. Programm des Johanneums zu Lüneburg. 1881.

2) Wenn ich im folgenden die Designation ohne Zusatz angebe, so sind die Akten aus

dem Brief-Archiv Celle gemeint. H. St. A. bedeutet Kgl. Staats-Archiv zu Hannover. L. A. Lüneburger Stadt-Archiv. L. B. = StadtBibliothek zu Lüneburg.

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Einleitung.

Die Hildesheimer Stiftsfehde und das Fürstentum Lüneburg.

Die Hildesheimer Stiftsfehde, die im Jahre 1519 in Niedersachsen ausgebrochen war, ist auch für die Geschichte des Fürstentums Lüneburg ein Ereignis von hervorragender Bedeutung, und doppelt wichtig ist sie, weil sie in eine Zeit des Überganges von alten in neue Verhältnisse fällt. In ihren Folgen hat sie daher hemmend und fördernd in die Entwicklung des Landes eingegriffen. Fördernd, weil durch sie ein Regent auf den Thron kam, der mit ganzem Herzen der grossen Bewegung, die die Geschichte der neueren Zeit einleitet, ergeben war; hemmend, weil die Schulden, die der Krieg auf das Land gehäuft hatte, dem Herzoge eine freie Bewegung und eine schnelle Durchführung seiner Pläne unmöglich machten. All zu mächtig standen die Stände vermöge ihres Rechtes der Steuerbewilligung dem Fürsten gegenüber, und das Ziel, nach dem in jener Zeit die Entwicklung in den deutschen Fürstentümern strebte, der fürstliche Absolutismus, konnte nur durch ein weises „divide et impera" seitens der Regierung erreicht werden.

Die direkten und indirekten Folgen der Stiftsfehde machen sich auf lange hinaus bemerklich; einen kurzen Überblick über den Verlauf und Ausgang derselben zu geben, halte ich um so mehr für nötig, als sie zugleich den zeitlichen Anfangspunkt für unsere Darstellung bildet1).

1) Vgl. über die Hildesheimer Stiftsfehde: Delius, die Hildesheimer Stiftsfehde (1803) und Haveman ann a. a. O. Bd. 2. Eine Sammlung von Erzählungen und Liedern über dieselbe

giebt Lüntzel (die Hildesheimer Stiftsfehde) in der Zeitschrift des Museums zu Hildesheim, Band 1. 1848.

Die braunschweigischen Erblande waren durch die Teilungen im 15. Jahrhundert in drei Fürstentümer zerfallen; über Braunschweig-Wolfenbüttel herrschte im Anfange des 16. Jahrhunderts Heinrich der Jüngere, ein Bruder des Bischofs Franz von Minden und des Erzbischofs Christoph von Bremen und Verden; über Braunschweig - Calenberg Erich der Ältere; und das Fürstentum Braunschweig - Lüneburg, dessen Umfang sich etwa mit der späteren Landdrostei Lüneburg deckte, stand seit 1486 unter Heinrich dem Mittleren (von 1478-86 hatte sein Grossvater Friedrich für ihn als Vormund die Regierung geführt). Das Verhältnis der herzoglichen Vettern war kein gutes, ein tiefer politischer Gegensatz lag zu Grunde; Frankreich oder Habsburg? diese Frage hatte auch hier eine Entfremdung der Stammesgenossen herbeigeführt; denn während Heinrich der Mittlere auf Seiten Frankreichs stand, hielten Erich und Heinrich der Jüngere zum Kaiser Maximilian und seinem Hause. Schon hatten Reibungen ernster Art zwischen Bischof Franz von Minden und Heinrich dem Mittleren stattgefunden; der Herzog sah sich nach einem starken Verbündeten um und fand diesen in dem Bischof Johann von Hildesheim1). Derselbe hegte gleichen Hass gegen Franz von Minden und noch mehr gegen dessen Bruder Heinrich von Wolfenbüttel, denn bei dem Bestreben des Bischofs, die von seinen Vorgängern verpfändeten Besitzungen wieder einzulösen, hatte dieser die widerstrebende Ritterschaft des Stiftes Hildesheim heimlich und öffentlich unterstützt und zum Widerstande ermutigt. Nach dem Tode des Kaisers schwand die Furcht vor der Reichsgewalt, die noch den Ausbruch des Kampfes gehindert hatte; Heinrich der Mittlere wirkte offen für die Erhebung Franz I. von Frankreich zum deutschen Kaiser, die natürlich nur seine Pläne fördern konnte; französisches Geld unterstützte ihn in dem beginnenden Kampfe gegen die Freunde des Hauses Habsburg.

Unvermutet fielen die Verbündeten kurz vor Ostern 1519 in das Gebiet von Minden ein und vertrieben mit leichter Mühe den Bischof. Dieser begab sich zu seinem Bruder Heinrich dem Jüngern, der nun seinerseits im Bunde mit Erich nicht säumte feindlich vorzugehen. Gegenseitige Plünderungszüge füllten die nächsten Wochen aus. Die Herzöge von Wolfenbüttel und Calenberg, durch fremde Truppen von Hessen und Meissen unterstützt, waren ihren Gegnern überlegen; raubend und brennend waren sie in das lüneburgische Gebiet eingefallen,

1) Das Bündniss wurde geschlossen im Fe

bruar 1519, die Grafen von Hoya, Diepholz und Schaumburg traten demselben bei.

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