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bruck. Nun sind wir ganz von unsern Brüdern geschieden; ganz in den Händen des übermüthigen Feindes!" klagten in Verzweiflung die bangen Einwohner. ,,Was wird unser künf tiges Schicksal seyn?“ war der Gedanke, der einem Jeden dies ser guten Menschen schwer auf der Brust lag. Jhr tiefer Schmerz löste sich endlich in Thränen auf; weinend stürzten sie zur Ers de, hoben die zitternden Hände zum Himmel empor: „Herr der Heerscharen!" beteten sie,,,Laß Oesterreich in diesem schrecklichen Kampfe nicht sinken!“

IV.

Akten stuck e,

Holland betreffend während der Regierung des Königs Louis Napoleon.

Rede Sr. Maj. des Königs von Holland am Lage seiner Thronbesteigung.

Meine Herren!

Als die Abgeordneten des Volkes, dessen Thron ich heute besteige, mir die Krone angeboten haben, nahm ich dieselbe einzig in der innigen Ueberzeugung an, daß sowol der Wunsch des ganzen Volkes, als dessen allgemeines Zutrauen und Bes dürfniß mich dazu beriefen.

Vertrauend auf die Kenntnisse, den Eifer und die Vaterlandsliebe der öffentlichen Beamten, und besonders auf jene von Ihnen, meine Herren Abgeordneten! betrachtete ich im Geist mit erhöhtem Muth die erlittenen Unfälle dieses Landes in ihrem ganzen Umfange. Durch das sehnlichste Verlangen angefeuert, zum Wohl dieses guten Volkes mein Möglichstes beyzutragen, und durch die schöne Hoffnung, dieses Ziel erreichen zu können, ermuntert, habe ich meine theuersten Gefühle, die bis jeßt das Glück meines Lebens ausmachten, überwunden. Ich willigte ein, mein Vaterland zu verlassen, und demselben nicht mehr einzig und allein anzugehören, nachdem ich alle meine Kräfte und mein Leben gänzlich den Pflichten gewidmet hatte, welge

der Name eines Franzosen, Jedem, der ihn zu tragen die Ehre hat, auflegt.

Ich willigte ein, auf Ruhe und Unabhängigkeit Verzicht zu leisten, die die Vorsehung denjenigen verweigert, welche sie zum Herrschen berufen hat; und zum ersten Mal mich von Jenem zu trennen, der seit meiner Kindheit immer der Gegenstand meiner Liebe und meiner Bewunderung gewesen ist, dessen Trens nung, selbst im ruhigsten Zeitpunkt, mich mit Besorgnissen ers füllt haben würde, und dessen Gegenwart allein schon jeden Bez griff von Gefahr verscheucht.

Ich willigte zu diesem Allem ein, meine Herren! und was ich that, würde ich heute von Neuem wieder thun; jezt da mir, überall wo ich hingekommen bin, die Liebe, die Freude und das Zutrauen dieses Volkes deutlich bewiesen haben, daß Sie wirk lich die Dolmetscher seiner Gesinnungen waren; jest da ich überzeugt bin, daß Sie die ächten treuen Stellvertreter der Nation sind; jeßt da ich gewiß weiß, daß ich mich gänzlich auf Ihre Liebe und Anhänglichkeit gegen Ihr Vaterland, so wie auf Ihr Vertrauen und Treue gegen mich verlassen kann.

Heute, meine Herren! ist der erste Tag der wahren Unabhängigkeit der vereinigten Provinzen. Ein flüchtiger Blick in die verflossnen Jahrhunderte ist hinreichend, um uns zu zeigen, daß dieselben nie eine selbstständige Regierung, nie ein festes Schicksal, nie eine wirkliche Unabhängigkeit hatten. Unter jes nem berühmten Volk, dem Sie bald dienten, bald es wieder bekämpften, so wie unter den Franken und dem occidentalischen Kaiserthum waren Sie niemals frey und ruhig; ein ähnliches Schicksal hatten Sie auch unter der spanischen Herrschaft. Während ihrer Kriege und Unruhen bis auf den Zeitpunkt der Vers einigung der Provinzen, bewährte sich zwar neuerdings Jhr hoher Ruhm von Redlichkeit, Muth und Ehrgefühl; aber alle ihre Anstrengungen verschafften denselben weder Ruhe noch Unabhängigkeit: der gleiche Fall hat selbst unter den Prinzen von Oranien, obschon diese Ihrem Vaterland als Krieger und Staatsmånner wichtige Dienste leisteten, Statt gefunden; indem Sie durch ihre Anmaßungen und durch ihre Bestrebungen nach ei ner Gewalt, die ihnen vom Volk stets verweigert wurde, zu Immerwährenden Verwirrungen Anlaß gegeben haben.

Eben so wenig konnte Holland in diesen leztern Zeiten, wo der Schwung der Begriffe und Ansichten, und die allges

meine Bewegung in ganz Europa so lange die Rube der Völker verhindert hat, weder als frey noch als unabhängig betrachtet werden.

Da nun, nach so vielen Veränderungen, Unruhen und Elend, die großen europäischen Staaten sich immer noch mehr vergrö ßern, und ihrer Staatsverwaltung und ihrer Macht die mög lichst größte Wirkungkraft geben; so konnte auch dieses Land wahre Sicherheit und Unabhängigkeit nur durch die Einführung einer gemäßigten monarchischen Regierungform hoffen: einer Form, welche seit so langer Zeit, und der Reihe nach von allen Völkern, wo nicht als die möglichst beste, doch nach dem Geist der Menschen als die zweckmäßigste anerkannt worden ist. Aller: dings, wenn Vollkommenheit das Loos der Menschheit wäre, könnte man dieser Regierungart entbehren, die durch die Weiss heit entworfenen Geseze würden alsdann ohne Widerwillen und ohne Anstand befolgt werden; die Tugend, allein mächtig und siegend, würde ihre Belohnung empfangen; das Laster wäre verbannt, und die Bosheit nicht zu fürchten. Aber wie vergångs lich sind die Täuschungen, auf welche sich diese romantischen Begriffe stüßen, und wie schnell führt uns die Erfahrung auf zuver: lässigere Grundfäße zurück!

Doch die monarchische Regierungform allein genügte noch nicht für ein Land, welches, obgleich mächtig und reich, wegen feiner Lage, einer allzugroßen Land- und Seemacht bedarf. Es musste noch durch enge Verbindung mit einer der größten Mächte Europens, und durch deren Freundschaft, sich auf immer seiz ner Unabhängigkeit zu versichern suchen, um dieselbe ohne Gäh: rung mit Ruhe genießen zu können.

Dieses, meine Herren! hat ihr Volk gethan; dieses ist der Zweck der Grundgeseße der jeßigen Verfassung: und auch der meinige bey Annahme meines glorreichen Amtes. Dieses ist meine Absicht, indem ich in der Mitte eines Volkes auftrete, welches durch meine Zuneigung und Sorgfalt mir angehört, und mir angehören muß. Ich erkenne mit Stolz die zwey gro ßen Hebel der Staatsverwaltung und des Zutrauens, die sich hier mir darbieten: das Ehrgefühl und die Tugend der Staatsbürger.

Ja, meine Herren! diese müssen die wahren Stüßen des Thrones seyn: ich kenne und wünsche mir keine andere Führer. Mir ist jeder Vorzug einer Gottes verehrung,

eines Standes oder Anhangs unbekannt, und Aus: zeichnungen sollen sich allein auf Verdienst und Thaten gründen. Mein einziger Endzweck ist, den Leiden zu steuern, welche die Nation ertragen hat: die lange Dauer selbst des Uebels, und die Schwierigkeit selbiges zu heben, sollen meinen Ruhm erhöhen und verewigen.

Ermunterung zur Verfolgung dieses edlen Zweckes finde ich in dem vollen Zutrauen und der Treue der Nation, in den Einsichten ihrer ausgezeichneten Männer, und besonders, meis ne Herren! in Ihrem bekannten Eifer, Jhren Kenntnissen und Ihrer Vaterlandsliebe.

Dazu rufe ich jezt auf alle gute und getreue Einwoh ner Hollands, vermittelst der Abgeordneten der Provinzen und der vornehmsten Städte des Königreichs, die ich mit inniger Zufriedenheit hier um mich versammelt sehe: mögen Sie Ihren Mitbürgern die Versicherung meiner Sorgfalt und Liebe überbringen: mögen Sie eben diese Gesinnungen auch der Stadt Amsterdam mittheilen, jener Stadt, die der Stolz des Handels und des Landes ist, und die ich meine gute und getreue Hauptstadt zu nennen wünsche, obschon der Haag immer die Residenz des Fürsten bleibt: mögen Sie diese gleichen Versi cherungen auch dieser nahegelegenen Stadt offenbaren, deren Wohlfahrt ich wieder zu beleben hoffe, und deren Einwohner mir theuer sind.

Auf diese Gesinnungen, meine Herren! auf die Einigkeit aller Volksklassen dieses Reichs, und auf die Eintracht aller meiner Unterthanen unter sich; auf die Beslissenheit jedes Einzelnen, seine Pflichten zu erfüllen, als die einzige Grundfeste wahrer Ehre; und besonders auf den Einklang der Denkungart und Wünsche, welcher diese Provinzen schon vor so unzähligen Drangfalen und Gefahren bewahrt hat, und immer die Schußwehr des Vaterlandes war, gründet sich meine Hoffnung für die Ruhe, Sicherheit und den Ruhm der Nation, und für das Glück meines Lebens.

Der König an das geseßgebende Korps.

Meine Herren!

Ich gebe meinen zum geheimen Rath versammelten Ministern den Auftrag, Jhrer Versammlung den Entschluß vorzules gen, zu welchem ich mich durch die militärische Beseßung meis ner Hauptstadt nothgedrungen gefühlt habe. Die tapfern frans zösischen Krieger haben keine andere Feinde, als die der ges meinschaftlichen Sache, die Feinde Hollands und die meinigen; fie haben auf das Achtungvollste und Zuvorkommendste aufgenommen werden sollen, und sind es geworden. Gleichwol ist es nicht minder ausgemacht, daß in der gegenwärtigen Lage von Holland, wenn eine ganze Armee, eine Schaar von Doua: niers, die National-Armee selbst, der Macht der Regierung ents zogen, wenn, mit einem Worte, Alles, mit einziger Ausnah= me der Hauptstadt, sich unter den Befehlen eines fremden Ge nerals befindet, daß, bey so bewandten Umständen, ich dem Marschall Herzog von Reggio und dem Geschäftsträger des Kaifers die Erklärung habe machen müssen, daß, wenn man die Hauptstadt und die Umgebungen (das Arrondissement) dersel ben beseßte, ich diese Maßregel als eine offenbare Verlegung des Völkerrechts und der heiligsten Menschenrechte ansehen würz de. Dieses hat mich bewogen, den Douaniers den Eingang von Muyden, Naerden und Diemen zu versagen. Ich war das zu berechtigt, da der Traktat die Gegenwart der Douaniers blos am Meeres - Ufer und an den Ausflüssen der Ströme bestimmt.

Den 16. Juny erhielt ich durch den Geschäftsträger des Kaisers die Versicherung, daß die Absicht Sr. Maj. nicht das hin gehe, Amsterdam zu beseßen. Sie erhalten hierbey die Abførift dieser Versicherung. Ich schöpfte die Hoffnung, man würde zur genauen Beobachtung und zur Nicht-Ueberschreitung eines Traktats zurückkehren, dessen Bedingungen von Sr. Maj. dem Kaiser selbst vorgeschrieben waren.

Leider ist meine Täuschung von keiner langen Dauer gez wesen, und ich habe die Mittheilung erhalten, daß 20,000 Mann' französischer Truppen sich bey Utrecht und in der Nachbarschaft sammelten. Ich habe mich, ohngeachtet des großen Geldmangels und der Verlegenheit, in welcher sich unsere Finanzen be finden, anheischig gemacht, diese Truppen mit Lebensmitteln

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