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ben, bewundernswürdig ist. Die Tänzerinnen sind von uns vergleichlicher Schönheit, und ziehen Aller Augen und Lorgnetten auf sich.

Obgleich Madrid die Residenz des Königs war, so wähl, te er sie doch selten zu seinem Aufenthalt, und brachte den größten Theil des Jahrs in Aranjuez oder Escorial zu. Erz steres ist ein Schloß, acht Stunden von hier in dem reizendften Thale, das der Tajo fast zwey Stunden lang durchschlångelt. Hier war es, wo sich die Revolution, der Anfang des gegenwärtigen Krieges, entsponnen hat. Das Escorial ist das größte Kloster in der Welt, das seine Entstehung dem Könige Philipp II. zu verdanken hat, welcher am Tage der Schlacht bey St. Quentin das Gelübde that, das årmste Kloster in das reichste umzuschaffen, und solches auch treulich erfüllt hat. Wir kamen auf unserm Marsche von Segovia bey demselben vorbey, und in der That, ich hätte es eher für eine prächtige Stadt voll Pallåste und Kirchen, als für ein Kloster gehalten. Außerdem ist noch el Pardo, ein nahege= legenes Jagdschloß, und St. Martin, ein königliches Ge bäude dicht bey der Stadt, bemerkenswerth, wovon ersteres der neue König von Spanien, und lehteres der Kaiser Naz poleon zu seinem Aufenthalt gewählt hatten; gegenwärtig aber sind beyde mit allen Garden und dem größten Theile der hiesigen Garnison der Armee gefolgt und haben, außer einigen französischen Depots, unsere Brigade allein hier ge: laffen, welches den äußerst schweren Dienst verursacht, und bey der Gährung, die noch immer unter den Gemüthern herrscht, nicht wenig gefährlich für uns ist.

Madrid, den 1oten Januar 1809. Wir lie gen noch immer in unserer Porzellanfabrik, welche jeßt in der That. sehr fest wird, und in der wir, wenn etwa in der Stadt oder der umliegenden Gegend eine zweyte Empdrung entstehen sollte, uns immer so lang halten können, bis uns ein Armeekorps zu Hülfe kommt und uns entsegt. Unser

ganzes Regiment schanzt von des Morgens frühe bis spåt in die Nacht, und alle Offiziere, vom Obersten bis zum Adjus dant, müssen allezeit dabey seyn und sind daher täglich im. Dienst. Von den Armeen laufen vortheilhafte Nachrichs ten ein, und geben uns die Hoffnung, daß die Unruhen bald geendigt seyn werden. Vor Christtag nämlich erhielt ̧ man hier kurz nach der Abreise des Kaisers die Nachricht, daß ein Korps Engländer von 25,000 Mann sich bis Valladolid vorgedrängt und dort einige vortheilhafte Evolutionen gemacht habe, nachher vom Korps des Marschalls Viktor. umgangen worden, weil dieses aber nicht früh genug an Ort. und Stelle habe kommen können, noch glücklich durchgekom men sey. In der Tagesordre vom 7ten d. M. heißt es nun, aber, daß Marschall Soult, in der Provinz Leon, das sich wieder gesammelte Korps des Marquis de la Romana zernichtet, und nachher jenes Korps Engländer, wel ches sich mit Romana zu vereinigen suchte, geschla= gen und so eine Armee von mehr als 40,000 Mann theils gefangen, theils vernichtet, theils zerstreut habe. Ueber diese Nachricht wurde mit 100 Kanonen Victoria geschoffen und mit allen Glocken geläutet. Von Saragossa kommen ebenfalls vortheilhafte Nachrichten; es ist also wahrschein lich das Ende dieses verheerenden Krieges sehr nahé.

Der Neujahrstag war für uns hier von einiger Bedeutung, denn kühn gemacht durch die Annäherung der Englånder, das lange Stillschweigen der Nachrichten von den Ars meen, und die äußerst schwache Besahung der Stadt, wax, eine gefährliche Gährung unter den Einwohnern entstanden, die an diesem Tage auszubrechen drohte. Gut gewählte Siz cherheits- Maßregeln indeffen und der Schuß unsers Forts, von dem wir die ganze Stadt in Grund schießen können, und wo sogleich alle Kanonen und Mörser aufgefahren und auf die Stadt gerichtet wurden, stellten jedoch die Ruhe wieder her. Nachher wurden den Einwohnern alle Waffen abge:

nommen und achtzehn Personen, bey denen man Dolche und andere Waffen versteckt gefunden, oder die sich des Assassi= nars verdagtig gemacht hatten, theils erschossen, theils aufgehängt, und so können wir jest ohne große Sorgen lében, besonders da noch am 2ten Januar ein Regiment : Holländer und ein Bataillon Großherzoglich Hessischer Truppen hier ankam, von denen letteres jedoch vor einigen Ta gen nach Aranjuez marschirt ist.

Zu der Beschreibung von Madrid muß ich hier doch noch Einiges hinzufügen. So gebildet der vornehme Theil der Einwohner ist, der meistens aus Grandes, Edelleuten, Staatsdienern, reichen Partikuliers und großen Kaufleuten besteht, so ungebildet und niedrig ist der Pöbel, der sich durch Falschheit, Trculosigkeit und Heimtücke vor jedem andern auszeich-net. Jene leben auf einem sehr großen Fuß, haben große, prächtig eingerichtete Häuser, zahlreiche Bedienung, und machen vielen Aufwand; diese hingegen verzehren ihre Polenta oder Maccaroni, sind in schlechte Lumpen eingehüllt und zu allen Niederträchtigkeiten zu gebrauchen. Der Anzug ist bey Honoratioren dem französischen ziemlich ähnlich, nur daß sie. über demselben, so wie überhaupt jeder Spanier, einen Mantel tragen, dessen Farbe meist braun, nach dem Range seines Eigenthümers äußerst fein, mittelmäßig oder grob ist. Die Gesichtszüge eines Spaniers sind sehr sprechend. Stolz, Fe: stigkeit selbst im größten Unglück, Kälte, Mißtrauen und Hang zur Rache und Tücke sind darin unverkennbar, und ha ben sich mir auch schon oft bewährt erwiesen. ·

Die Frauenzimmer sind meist kleiner Statur, schön gebaut, blaß von Farbe, die sie niemals durch Schminke zu erz höhen bemüht sind, haben aber eine einnehmende Gesichtsform mit feurigen schwarzen Augen, eine feine Hant und sehr starke schwarze Haare. Ihre Kleidung besteht fast. durchge hends in einem schwarzen Kleide, grellbuntem oder weissem Halstuche und schwarzem Schleier, welcher jedoch das Geficht

nicht bedeckt. Vornehme gehen selten, sondern fahren nur über die Straße und sind meist sehr prächtig gekleidet. Die Sprache ist ziemlich wohllautend, wird aber gewöhnlich sehr geschwind gesprochen und ist dann äußerst unverständlich.

Die Theurung ist hier sehr groß, besondersin Hinsicht von Lebensmitteln, Kolonialwaaren und Holz, statt dessen man sich zum Einheizen Kohlen bedient, die in einem großen kupfernen Becken ausgebrannt und dann in das Zimmer getragen werden. Sehr gefährlich ist diese Art Heizung, und beynahe hätte ich diese Erfahrung mit meinen beyden Lieutenants und drey Burschen durch den Tod bestätigen müssen, denn da nach unferm Schlafengehen lehtere eines Abends noch ein Becken voll frischer brennender Kohlen in unsere Kammer brachten, fo fehlte nicht viel, daß wir alle erstickt wären, und nur mein zeitiges Erwachen rettete uns Alle davon.

Die Gasthöfe und Billards sind bey Weitem nicht so schön als in Frankreich, und jezt meist von Franzosen besucht. Das Essen daselbst ist außerordentlich theuer, und was man bekommt, selten gut. Pferde sieht man hier wenige, da alle' Chaisen mit Maulthieren bespannt sind, mit denen hier ein großer Staat getrieben wird. Ein schönes gleiches Gespann wird daher außerordentlich hoch bezahlt. Die Regierungsform ist noch die alte, nur daß alle vorige Staatsdiener ent lassen, und statt ihrer Anhänger des neuen Königs ernaunt find, die sich alle mögliche Mühe geben, die bürgerliche Ruhe wieder herzustellen, und es auch schon ziemlich weit gebracht. haben. Desfenungeachtet ist es des Nachts noch gar nicht sicher allein über die Straßen in Madrid zu gehen, und fast täglich hört man, daß Soldaten und Offiziere, ja sogar Schildwachen auf ihren Posten mit Doläßlichen ermordet worden find. Den äußersten Grad von Hartnäckigkeit gaben wohl die hiesigen Einwohner bey der Annäherung des Kaisers. Alle Straßen an den Ausgängen der Stadt waren mit Kanos nen bepflanzt, die Steine aus dem Pflaster gerissen und auf

die Dächer gelegt, um den etwa eindringenden Feind von oben herunter damit begrüßen zu können; ein großer Theil der Bürgerschaft war unter den Waffen und Alles bereit, um fich bis auf den leßten Augenblick zu vertheidigen. Mehrere Scharmüßel fielen dicht vor der Stadt vor und nur eine drohende Proklamation Napoleons, welcher Madrid, wenn man sich nicht gutwillig ergeben würde, ein gleiches Schicksal als Burgos versprach, öffnete endlich die Thore.

Perocalejo bey Puente (der Brücke) del Conte, den 24sten Januar. Mein Wunsch ist erfüllt, wir ha ben Madrid verlassen. Ich liege mit meiner Kompagnie allein an einer Brücke am Tajo auf einem Vorposten, bin 44 Stunde von meinem Regiment entfernt, und habe die Ordre, diefe Position auf das Aeußerste zu vertheidigen. Am 11ten d. M. kam Lefebre mit seinem Armeekorys wieder nach Madrid zurück, weil er, wie man sagt, die Nachricht erhal ten hatte, daß die Madrider Bürger revoltirt hätten. Mir ahnete gleich die Marfchordre für uns, doch verzögerte es sich noch bis zum 13ten, an welchem Tage wir plößlich abmar: schiren mussten. Wir erhielten unsere Bestimmung nach Talavera, wo wir den 17ten nach einem fünftägigen Marsch ankamen. Den ersten Tag hatten wir drey Meilen bis Nestotes, woselbst wir den ganzen Ort leer und von allen Be: wohnern verlassen fanden, und uns also ohne Billette einquartierten. Was mir hier besonders auffallend war, das waren sehr große erdene Törfe von 6 bis 7 Fuß Höhe und 5 bis 6 Fuß Weite im Durchmesser, welche statt der Fässer gebraucht zu werden scheinen, und mit denen alle Keller hier angefüllt waren. Den 14ten Januar marschirten wir wie: der drey Meilen und kamen nach Casarubia, einem Städt chen, in welchem sich doch noch einige Einwohner aufhielten. Die Gegend war sehr fruchtbar, das Getreide stand vortrefflich, und der viele Wein, den wir antrafen, überzeugte uns, daß auch daran hier kein Mangel sey. Kleine Wälder, die

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