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Toledo, Montalban, Talavera de la Reyna, Arzobispo, Almaraz, Conte, Canaveral und Alcantara, wovon die bey Almaraz auf den Weg nach Andalusien führt, jedoch, wie ich in meinem leßten Tagebuch angeführt habe, vom Feinde ge sprengt worden ist. Jenseits langs des Tajo zieht sich ein hohes und steiles Gebirge hin, welches zu Pferd schwer und mit Wagen und Kanonen gar nicht anders, als auf der Straße über Almaraz zu passiren ist. Dort war nun aber der Feind so stark und so gut verschanzt, daß man in seiner Nähe keine Brücke errichten konnte. Man machte daher nur alle dazu gehörige Sachen fertig; schickte alles Geschüß, Train und Bagage dorthin, zog bey Talavera und hier über die Brücken; schlug den Feind aus seiner unvergleichbar festen Stellung, die er auf dem Gebirge genommen hatte, um den Weg von hier aus zu vertheidigen, drang bis Almaraz vor, schlug den Feind auch dorten, ließ nun die Brücke schnell aufbauen, die Kanonen überfahren, und seßte dem Feind nach gegen Trurillo. Weil das Korps des Marschalls stets vereinigt bleibt, die Spanier aber leicht eine Diversion machen, hier über die Brücke gehen, und unsere Kommunikation mit Madrid abschneiden könnten, so war es nöthig, diese Brücke in den gehörigen Vertheidigungstand zu seßen.

Sie ist mittelst zwey darauf befindlichen massiven Thür: 1 men von beyden Seiten befestigt, mit einem Magazin von allen nöthigen Lebensmitteln auf vier Wochen versehen und eine Besatzung von 200 Mann mit 2 Kanonen hineingelegt, um sie bis auf das Aeußerste zu vertheidigen. Mich hat nun Meiber dieses Loos getroffen, das, so schmeichelhaft es auch für mich ist, da vor mir nur Generale und Oberste diese Stadt und die Brücke kommandirten, ich auch in den vom Marschall Viktor und General Leval erhaltenen Schrei ben und Instruktionen große Beweise von Zutrauen erhalten habe, doch immer mit vielen Unannehmlichkeiten und großer Verantwortlichkeit verknüpft ist, und sehr leicht lange

dauern kann. Mein Detaschement ist von Nassauischen, Hessischen und Primatischen Truppen zusammen geseßt, außer mir nur noch ein Großherzoglich Hessischer Lieutenant R. da, die Stadt und Gegend menschenleer, und also wenig Aussicht zur Unterhaltung und Vergnügen.

Puente del Arzobispo ist eine sehr alte Stadt und gehörte vor Zeiten an Toledo unter dem Namen Villa franca. Pedro Thenorio, Erzbischof von Toledo, erbaute die hiesige Kirche, ein großes Hospital und die Brücke über den Tajo, welche massiv von Steinen, mit eiff Bogen und zwey in der Mitte ste henden Thürmen versehen ist, die achtzig Schritte von einander stehen, inwendig ziemlich geräumig sind, und daher sehr zweckmäßig zur Vertheidigung der Brücke gebraucht werden können. Vor jedem Thurm sind jetzt noch zwey Traversen angelegt worden, von denen die hintere etwas höher als die vordere ist. Dazu kommt nun noch die Vertheidigung aus den Zimmern und von der Platte der Thürme, wo auf jeder Seite 15 Schießscharten sind, feste Pforten, die jeden Abend verschloffen werden, und auf beyden Seiten Verhaue, welche verhindern von Kavallerie überrumpelt zu werden. Die Stadt selbst liegt dicht am Tajo, hat ungefähr 400 Häuser, ist für Spanien ziemlich gut gebaut, hat schöne Straßen und einen großen Plaß; sie ist aber gegenwärtig so zerstört, daß von vielen Häusern nur noch die Brandstätten übrig geblieben. und außer in drey oder vier Häusern keine Einwohner mehr zu sehen sind.

Schon seit der Mitte des Dezembers v. J. lagen stets starke Besaßungen, ja fogar manchmal ganze Armeekorps hier, und von diesen haben besonders die Polaken viel ges plündert und zerstört. Die Gegend rund herum ist sehr fruchtbar, hat einen Ueberfluß an allen Sorten von Getraide, Wein, Oliven 2c., und herrliche Viehweiden, so daß die Stadt vorher sehr wohlhabend war und Einwohner hatte, welche 4 bis 5000 Schafe, eine Menge Ochsen, Schweine und ans

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deres Vieh besaßen. Jezt ist das Geld, das meistentheils in den Häusern versteckt war, hervorgeholt, das Vieh und alle Getraide Vorräthe aufgezehrt, und alles Holzwerk in den meisten Häusern, als Tische, Stühle, Thüren, Fenster: laden, selbst Sparren und Balken verbrannt und die mehr, ften Einwohner leben in den nahe gelegenen Gebirgen in Hút: ten und Klippen, ernähren sich armselig und sind in der That sehr zu bemitleiden.

Arzobispo, den 1sten April 1809. Meine Lage ist noch immer dieselbe. Abgerissen von aller Korrespon denz, ohne Nachricht von der Armee und unwissend von dem, was vielleicht wenige Stunden von hier vorgeht, lebe ich hier isolirt zwischen meinen beyden Thürmen, langweile mich recht herzlich und wünsche nichts sehnlicher, als von diesem fatalen ́Posten bald erlöst zu werden. Weil ich viel Krante habe, die auf der Brücke nicht bleiben können, so habe ich das hier in der Stadt befindliche große Hospital etwas zurecht ma= chen lassen, die Kranken hincin gelegt, und, weil ich nun doch eine Wache dahin geben muß, auch einige Zimmer für mich und den Lieutenant R. einrichten lassen, wo wir des Tages über uns aufhalten, des Nachts jedoch jedes Mal auf der Brücke zubringen.

Uebrigens habe ich nun auch schon meine Lebensarf et: was verändert; durch Requisitionen, die ich in die Gegend herum gemacht habe, bin ich mit Lebensmitteln aller Art versehen, habe eine recht gute Küche und, um meinem Posten als Plahkommandant keine Schande zu machen, halte ich offene Tafel für alle Offiziere, welche hier durch passiren, habe oft eine Tafel von 14 bis 16 Couverts, und schon Briz gade und Divisions: Generale bey mir zu Tisch gehabt. Vies le Einwohner sind jeßt bereits zu ihren Häusern zurückgekehrt, und da ich diesen alle mögliche Sicherheit und Hülfe leiste, von der Stadt selbst durchaus nichts fordere und annehme, und für die Armen Portionen von Fleisch und Brod austhei

len tasse, so hoffe ich, daß die Stadt bald wieder bevölkert seyn wird. Als im Dezember v. J. Marschall Lefebre mit seinem Korps hierher kam, flüchteten alle Einwohner, einen einzigen Mann ausgenommen, welcher ruhig in seinem Hause blieb, natürlich auch geschont wurde, und bald dem Kommandanten so unentbehrlich war, daß man ihm alle öko; nomische Besorgungen übertrug. Bey meiner Herkunft lerns te ich ihn kennen, fand, da ich hier in Spanien das Lateinis sche wieder sehr geübt habe, welches jener Mann ungemein fertig fvricht, daß es ein äußerst instruirter Mann war, der, obgleich nur ein Pferdearzt, doch studirt hatte, eine außer ordentliche Kenntniß des Landes und seiner Verfassung, so wie viele andere Wissenschaften besaß, die ihn zu einem sehr brauchbaren Manne machten.

Ich übertrug ihm alle gerichtliche Geschäfte in meinem Distrikt, der. aus zwey Städten und vierzehn Dörfern be steht; ließ ihn die Requisitionen besorgen, zog ihn in allen Fällen zu Rath, und lernte ihn immer mehr schäßen. Vor einigen Tagen kamen die ehemaligen obrigkeitlichen Personen dieses Orts, ein Alcalde major oder Corregidor und ein Alcalde ordinario, welches soviel als Oberamtmann und Stadtschultheis sagen will, wieder zurück, und verlangten ihre alte Posten wieder einzunehmen; ich aber sehte sie durch eine géstern erlassene Proklamation förmlich ab, weil sie bey der Herannahung von Gefahr ihre Posten verlassen, und die Stadt der Verwüstung preisgegeben hatten, und seßte an ihre Stelle den eben erwähnten Vicharzt zum obersten Richter der ganzen Gegend; proklamirte zugleich den König Joseph als Regent von Spanien, ließ einige zwanzig Gulden in klei ner Münze zum Fenster hinaus unter die Jugend werfen und dann feyerliche Messe lesen.

Auch die ganze Klerisey von hier, die aus einem Vicarius, dem nächsten nach dem Bischof und acht Kaplånen be: stand, welche ebenfalls geflohen waren, und ihre Herde ohne

Hirten gelassen hatten, habe ich ihres Dienstes verlustig end klärt, und Statt ihrer einen Mönch von Talavera de la Reyna als Pastor hier eingeseht und ihm einen hinreichenden Ge: halt aus den Einkünften des Hospitals bestimmt, weil er von hier gebürtig und ein sehr braver Mann ist, auch der erste war, welcher hierher kam und mich bat, seinen Mitbürgern zu erlauben, dem Gottesdienste beyzuwohnen. Alle Leute halten mich hier für den eifrigsten Katholiken, denn fast jes den Tag wohne ich der Messe bey, mache alle Zeremonien mit und befördere die Haltung des Gottesdienstes auf alle mögliche Art. Glücklicherweise besteht der größte Theil von meinem Detaschement aus Katholiken, welches mit dazu beys trägt, daß wir hier von den Einwohnern dem Anschein nach geliebt und geachtet sind, dessen sich wenige Soldaten hier in ́ Spanien rühmen können.

Puente del Arzobispo, den 28. April 1809. Jeht habe ich auf einmal Nachrichten genug von der Armee bekommen, und fast mehr als mir lieb ist. Unser armes Rez. giment hat viel gelitten, und meine Kompagnie ist fast aufgerieben. Darum sagte jener Offizier, daß unser Regiment Wunder der Tapferkeit gethan håtte; wie viele aber dabey geblieben wåren, davon sagte er mir nichts. Unsere deutsche Division ging am:15. Mårz ganz allein vor und das Bațail: lon, bey welchem ich stehe, hatte das Centrum und musste daher die Hauptsache thun, den Berg selbst erstürmen. In dem Kartätschenfeuer von 7 Kanonen, von denen auch kein Schuß fehlte, rückte dasselbe den Berg hinauf ohne einen Schuß zu thun, nahm die 7 Kanonen, zerstreute die da ste henden Spanier, verjagte die Kavallerie und vereinigte sich dann mit den beyden Flügeln, den Badenschen, Holländischen, Hessischen, Primatischen Regimentern, und unserm ersten Bataillon, welche von den Seiten den Berg erstiegen hatten, um die Spanier zu überflügeln, aber dabey wenig gelitten hatten. Der Verlust von unserm Bataillon ist stark. Zwey

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