Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

wo aus wir die himmlisch schöne Gegend, in der Bilbao liegt, recht genau übersehen konnten. Den 2ten Nov. blieben wir ruhig, den zten aber, des Morgens 5 Uhr rückten wir schon aus in die Stadt, vereinigten uns mit den andern Brigaden und marscirten Mittags 1 Uhr nach Valmaseda zu, wo sich der Feind wieder gesezt haben sollte. Der Weg war unbe=" schreiblich schlecht, regnigtes Wetter, und der Marsch in der Kolonne, durch das dftere Stocken derselben, so langsam, daß wir erst um 10 Uhr ein Bivouak in einer solchen moraftigenGegend bezogen, daß wir nach den ersten Stunden im Koth beynahe versunken wären. Gestern Morgen erhielten wir andere Ordres, und gingen, anstatt vorwärts, wieder hierher zurück, weil bereits eine Division vom Korps des Marschalls Viktor, von Vittoria aus Valmaseda beseßt und daher un sern Marsch unnöthig gemacht hatte. Wir kamen erst Abends nach einem eben so unangenehmen Rückmarsch in Bilbao an, bezogen wieder unser altes Kloster, doch wurden wir Offizie re einquartiert, wo ich denn auch heute die gute Gelegenheit. benuße, nachdem ich mich seit langer Zeit zum ersten Mal in einem guten Bette wieder ausgeruhet habe, die Vorfälle der leßten Tage hier aufzuschreiben.

Bilbao ist zwar der Hauptort von Biscaya, man kann ihn aber doch keine Stadt nennen, denn er hat weder Mauers noch Thore. Seine Lage in einer sehr schönen fruchtbaren Gegend von hohen Bergen begrenzt, ist sehr freundlich. Er liegt an einem schiffbaren Fluß, der sich unterhalb desselben ins Meer ergießt, und einen sehr guten Hafen bildet. Die Häuser dieses Drts stehen, den Mittelpunkt ausgenommen, ziemlich zerstreut, es sind aber doch mehrere sehr schöne Stra Ben, überaus angenehme Spaziergänge und eine Menge prächtiger Kirchen und Klöster vorhanden. Die Häuser sind sehr massiv von Stein gebaut, die Straßen gut gepflastert und reinlich, und der Fluß ist mit schönen Brücken geziert. Weil bey der letzten Retirade der Franzosen durch diese Stadt

die Einwohner aus den Fenstern auf sie geschossen, mit Stei nen geworfen und andere Frevelthaten verübt hatten, so soll Marschall Lefebre anfangs Willens gewesen seyn, die gan: ze Stadt plündern und die Einwohner massacriren zu lassen, der triftige Grund jedoch, daß es die einzige Stadt in der ganzen Gegend ist, woher die Armee Lebensmittel ziehen kann, ist hinreichend gewesen, diesen Entschluß abzuåndern. Dessenungeachtet sind die Einwohner sehr übel daran, denn da alle Lebensmittel, welche die spanische Armee übrig gelas fen hat, jeht für unsere gesammelt werden, so leiden diese beynahe Hungersnoth und mein Wirth war heute sehr erfreut, als ich ihm die Hälfte von meinem Kommisbrod abgab.

Im Bivouak unfern Villa Arcaya, den 13 ten Novbr. Ermüdender als dieser Feldzug in Spanien kann nicht leicht ein anderer feyn! Nichts als forcirte Marsche, schlechte Wege über ungeheure große Berge und Felsen, ewiz ger Regen und nichts als Bivouaks. Gestern und heute ha= ben wir eine Ausnahme von dieser Regel und endlich gutes Wetter und Ruhe gehabt, welches aber schwerlich von langer Dauer seyn mird.

Am 6ten 8. M. brachen wir Nachts ein Uhr unvermu thet auf, rückten in Bilbao ein, blieben daselbst bis Mittag in Kolonnen stehen, und marschirten darauf eine halbe Stun de weiter, wo wir auf der eingenommen Stellung die Nacht durch stehen blieben. Ein Ueberfall der spanischen, wieder gesammelten, Macht auf Balmaseda, welcher die darin befind liche Division genöthigt hatte, nach einem hartnäckigen Widerstande diesen Ort zu verlassen, und die Wahrscheinlichkeit, daß die Spanier jest auch einen ähnlichen Versuch auf Bil bao machen würden, hatte diese Maßregel bewirkt. Wir blieben jedoch in Ruhe, marschirten des andern Tages den wohl bekannten Weg nach Valmaseda, kamen in stockfinsterer Nacht an, bezogen ein Bivouak und versanken wieder bennahe, wie bas vorige Mal, im Morast. Den 8ten marschirten wir

mit dem ganzen Armeekorps gegen Valmaseda, welches zu gleicher Zeit von dem Viktor'schen Armeekorps von Vittoria aus umgangen wurde, und uns dadurch die Hoffnung gab, den ganzen linken Flügel der spanischen Armee zu fangen. Unsere Brigade ging dem Feinde gerade entgegen, welcher sich auf einem sehr hohen Berge gestellt hatte, und sehr stark war. Unsere Voltigeurs liessen sich mit ihm ein, allein wahr scheinlich hatten sie durch Spione erfahren, daß hinter uns zwey Divisionen versteckt und sie von beyden Seiten umgangen waren, denn sie flohen mit dußerster Schnelligkeit zurück. Bir rückten darauf in Valmaseda ein, bezogen auf der andern Seite ein Bivouak, und sahen dann von da, wie diefe Stadt, in welcher man viele ermordete Franzosen gefunden hatte, geplündert und endlich in Brand gesteckt wurde.

Am 9ten Nov. gingen wir nur wenig vorwårts, nahmen aber des Abends mit den zwey vereinigten Armeekorps eine solche Stellung, daß man des andern Tages einer Schlacht entgegen sehen konnte, die um so mehr zu vermu then war, als Napoleon mit seinen Garden und mehrern neuen Armeekorps in Bittoria angekommen ist, und wahrschein lich jest Alles mit mehr Energie angegriffen werden wird. Der Feind musste sich jedoch zurückgezogen haben, denn wir blieben des andern Tages ruhig, machten mit unserer Divis fion die Arrieregarde, rückten bis gegen 4 Uhr Nachmittags nur wenig vor; machten dann aber seitwårts einen Eilmarsch über ein hohes Gebirge, wo wir erst Nachts ein Uhr mit Zurücklaffung einer Menge Maroder ankamen, außerordentlich ermüdet in einer rauhen kalten Gegend ein Bivouak bezogen und unter Zubereitung unsers Mittags-, Abends: Nachts- und Morgenessens den Tag abwarteten. Eben wollte ich meine Erbsensuppe essen, als Appell geschlagen wurde. Wir umgin: gen rechts das Gebirge und `suchten dadurch den Feind, mit dem sich das Viktorsche Korvs eingelassen hatte, abzuschnei: den, aber vergebens. Der Feind, der Abends vorher vom

trafen und eine Stunde rückwärts ein Bivouak beziehen. mussten.

Den 18ten marshirten wir erst Mittags ab, bezogen Nachts ein Bivouak, und kamen des andern Abends unter dem Kommando des Marschalls Soult zu Santillana an. Nie hatte ich gedacht, daß ich jemals in den Geburtsort des berühmten Gilblas kommen würde! Ich wurde komman dirt, um mit meiner und einer Kompagnie von den Badens. schen Truppen noch weiter nach Suandez zu marschiren und den dortigen Seehafen zu beseßen, dankte aber dem Himmel, als ich einen Gegenbefehl bekam, weil ich sehr krank war und in der Nacht schon bezweifelte, daß ich weiter kommen würde. Ein heftiger Anfall von der rothen Ruhr hatte mich außerordentlich angegriffen, und ich hätte den drey Stunden. langen Marsch nicht aushalten können. Uebrigens war es auch ein Glück, denn am 20sten erhielten wir den Befehl, aus unserm Bivouak weiter zu marschiren. Wir hatten drey Tage lang die fatigantesten Märsche über ungeheure Berge und Felsen, und kamen den 22sten hier an, wo ich mit meiner Kompagnie gleich zum Rekognosciren und nachher auf das Piket beordert wurde.

Der größte Theil des Landes, den wir bey diesem Marsch durchzogen, war rauh, ungebaut, verlassen und leer. Selbst um St. Ander, welches doch eine beträchtliche Seestadt ist, war meistens alles Haide und an den wenigen Orten, die, von der Natur begünstigt, urbar waren, sahe man nur selten einen Menschen. Die mehresten Einwohner flüchten, sobald der Feind in Anzug ist, mit ihrem Vieh und den besten Sa: den auf die Gebirge, wo sie jedoch nicht immer sicher sind und wenn sie bewaffnet angetroffen werden, mit dem Leben. dafür büßen müssen. Sonderbar ist der spanische Karakter. Unsere Bauern würden, wenn ein ihnen überlegenens Korps Truppen ankäme, alles wegnahme, die Häuser abrisse, um Feuer anzumachen 2c., gute Worte geben, die Hånde über.

den Kopf zusammenschlagen, heulen und jammern, dem Feins den zu Füßen fallen, und um Barmherzigkeit flehen. Der Cranier so nicht. Kalt sieht er, wenn er vorher das Haus nicht verlassen hat, dieses alles mit an, macht sich, wenn das Haus leer ist, vor demselben ein Feuerchen an, kocht seine Polenta und gönnt dem Feinde auch keinen bittenden Blick, viel weniger ein gutes Wort. Noch mehr sieht man diesen Starrsinn oder wie man es nennen will an solchen, welche mit Gewehren versehen sind, gefangen und ohne Gna: de erschossen werden. Ohne ein Wort zu sprechen, oder die geringste Angst zu zeigen, gehen sie zum Tode und geben das durch ein Beyspiel, wie weit Religions - Fanatismus, den hier die Mönche entstammt haben und zu erhalten wissen, ein Volk zu bringen vermag. Wehe dagegen aber auch dem einzelnen Menschen, den sie erwischen können. Der Tod ist das Geringste und nicht selten verstümmeln sie ihn am ganzen Körper und lassen ihn dann noch halb lebend liegen. Unsern Nachzuglern (traineurs) mag wohl häufig ein solches Schickfal zu Theil werden, denn von denen, welche einzeln zurückbleiben, bekommt man selten etwas wieder zu sehen.

Der lehte Berg, welchen wir übersteigen mussten, war von einer außerordentlichen Höhe. Des Morgens um sieben Uhr fingen wir an ihn zu ersteigen, und erst Nachmittags zwey Uhr erreichten wir seine Sviße, die ungefähr 4000 Fuß über der Meeresfläche seyn mochte, und mit Eis und Schnee bedeckt war. Ein entzückender Anblick belohnte uns ́etwas für unsere Anstrengung. Auf der einen Seite die nahe See, auf welcher tief unter uns die Wolken sich jagten; auf der andern Seite eine große Kette von Eisbergen, die mit ewi gem Schnee bedeckt waren. Schade nur, daß ein hungriger Magen, matte Glieder und zerrissene Stiefelfohlen — wie ich dann schon seit zwey Tagen auf den bloßen Füßen ging diesen Herrlichkeiten vieles von ihrem Reiz benahmen. Die Kålte in hiesiger Gegend ist noch nicht sehr bedeutend; des

« ZurückWeiter »