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den Haufen der Weinenden, die auf dem Stroh harren, bis der Sklavenhändler sie in die Fremde treibt."

„Mit diesem komme ich, um wegen der Lösung zu handeln," antwortete Ingram auf den Mönch deutend.

Erstaunt sah das Weib in das fremde Jünglingsgesicht, und als Gottfried die Hand erhob, das heilige Zeichen zu machen, da beugte sie sich langsam nieder bis sie auf dem Boden kniete und sprach das Bekenntniß des Christenglaubens.,,Segne mich, heiliger Mann, und bitte für mich. Ja, bitte für mich!" rief sie mit plöglichem Ausbruch bitteren Schmerzes, „daß ich Erbarmen finde, wenn ich thue, was dem Herrn mißfällt. Gebetet habe ich und mich bereitet, wie meine Mutter mich's gelehrt."

Gottfried segnete sie. Ich allein bin der Richter, spricht der Herr, und alle Rache ist mein," mahnte er leise. Sie erhob sich stumm und wandte sich wieder zu Ingram: „Selten verläßt mich die Hüterin, schon zankt sie draußen mit dem Weißbart. Lebe wohl, Ingram, beide hoffen wir auf die Lösung durch dich oder mich. Ein ehrlicher Freund warst du, denke fünftig mein und wisse, daß ich dir zuweilen verhehlt habe, wenn ich dich lieber kommen als gehen sah. Willst du mir noch einen Freundesdienst thun? Mühselig ist es Herdholz zu spalten, wenn das Messer fehlt, die Weiber hier haben. mir Alles genommen. Sie sagen, der Freund soll dem Freunde nichts schenken was schneidet. Du aber schenke mir, wenn du willst."

Ingram riß sein Messer vom Gürtel, sie barg es in ihrem Kleide und füßte ihn auf die Stirn, wie man ein geliebtes Kind beim Abschiede küßt. Er sprang hinaus, wo der Mönch seiner wartete, stieß an die Frau des Natiz, die er nicht sah, und hörte die Schmähungen nicht, die sie hinter ihm herrief. Es war ihm jezt alle Rede der Menschen wie Gezwitscher der Vögel.

Während sie der Halle in der Mitte des Hofes zuschritten,

berührte ihm Gottfried den Arm: „Du bist außer dir und hörst nicht meine Worte, und doch thut es noth, daß wir uns zum Kauf rüsten. Denke daran, wie wir die Lösung bieten."

,,Bei meinem Haupt," rief Ingram, jede Lösung ist mir verhaßt außer einer, daß ich mit dem Räuber kämpfe, Eisen gegen Eisen."

„Doch zu freundlichem Loskauf bewahre ich dir noch den Becher."

„Besser wird der Zauber des Christengottes in deiner Hand wirken als in meiner," versette Ingram finster, denn mir scheint, er öffnet dir die Herzen, daß sie alle dich mehr ehren. als einen Krieger."

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Sie traten in die Halle, ungeduldig rief ihnen Ratiz entgegen: Euch war mühsam, die Gefangenen zu zählen, lästig ist der Iltis im Hühnerhofe, jetzt gilt es zu kaufen, wenn ihr in Wahrheit als Händler kommt und nicht als Späher."

„Als Bote komme ich," erwiederte Gottfried, „du weißt das, denn du selbst haft durch Meginhard, den Priester, mich von meinem Herrn, dem Bischof, erbeten. Und Herr Winfried sprach, da ich schied: Mir ziemt nicht wie ein Händler mit dem Helden Ratiz um den Kaufpreis zu markten. Aber ein Königsgeschenk will ich ihm bieten gegen die Gefangenen seines letzten Zuges, und meinen guten Willen, wenn er ihn begehrt, gegen den seinen, Gabe um Gegengabe in freundlichem Tausch. Und Held Ingram soll der Bote des Geschenkes sein.“ Gottfried zog die Kapsel aus dem weiten Gewande und löste die Hülle.

Ingram hatte allmählich doch an dem Gespräch Antheil genommen, jest trat er zu dem Mönch und sagte schnell: „Gib ihn nicht aus der Hand; wer den Vogel verkauft, muß ihn festhalten, daß er nicht entfliege." Er faßte den Becher und hielt ihn dem Sorben hin. Sich zu, wie das Prachtstück aus einem Königsschatz neben deinem Methkrug stehen wird." Der Sorbe vermochte einen lauten Ausruf des Vergnügens

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nicht zu bergen, als er das glänzende Metall und die Figuren sah; auch seine Gesellen drängten sich um den Becher, Kopf an Kopf, summten einander ins Ohr und lachten über die kleinen Gestalten darauf. „Ehrwürdig ist Winfried, der Bischof, weil er mir solche Gabe sendet," rief Ratiz, gestatte, Held Ingram, daß ich prüfe, wie schwer sie ist.“

„Meine Hand bleibt darüber, Sorbe,“ sagte Ingram, „noch ist der Becher mein."

,,Noch ist er dein," bestätigte Ratiz nachdenkend und wog mit der Hand. Er rief den Sprecher mit weißem Bart. Dieser nahm vor dem Becher achtungsvoll die Müze ab, besichtigte ihn unter Ingrams Hand genau und berührte ihn mit der feuchten Zunge von innen und außen, holte sein Messer hervor und machte einen Einschnitt in den untern Rand, um nach dem Bruch zu sehen, dann sprach er leise zu seinem Herrn.

„Und dies ist die Bedingung für das Geschenk des Bischofs," fuhr Ingram fort, „du gibst zuerst in unsere Hände ungeschädigt Walburg, die Tochter Willihalms, des Franken, den du erschlagen hast, und ihre zwei Brüder, zum zweiten die anderen Gefangenen eurer letzten Beutefahrt vom ältesten bis zum jüngsten, und zum dritten Goldfeder, das Pferd Willihalms und zwei gute Rinder als Reisekost für die Erledigten.“

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Bei dem Namen Walburg fuhr der Sorbe auf, doch bändigte er seinen Unwillen, sah prüfend auf seine Gesellen und sprach: Sehr seltsam ist das Silber aus dem Königsschat, das ihr uns gezeigt habt, wenn es auch nur im Innern golden. ist. Gefällt es euch, ihr Franken, so räumt auf kurze Zeit die Halle, damit wir in Ruhe berathen."

Gottfried bemerkte, daß er den Becher kälter ansah, den Ingram im Angesicht der Sorben hoch in die Höhe hielt. Der Thüring barg das Geräth in der Kapsel und die Boten traten ins Freie. „Jezt sinnen sie auf Hinterlist,“ rief Ingram verächtlich.

„Sie scheuen meinen Herrn Winfried,“ versezte der Mönch

ruhig. „Ich lobe dich, daß du die Rinder erbeten hast, denn schwer wäre es, dreißig und ein Menschenhaupt in den Bergen zu speisen. Aber wozu forderst du das Roß?"

Fürwahr als ein unkriegerischer Mann frägst du: Hoffst du, daß Willihalm in dem Grabe, das ihr ihm geschaufelt, Ruhe finden wird, wenn ein Sorbe auf seinem Leibroß reitet? Soll er zu Fuß wandeln über den Wolkenstieg, und wenn die Helden in der Nacht reiten, hinter ihnen herlaufen wie ein Troßbube?"

Gottfried befreuzigte sich. „Im Himmel der Christen bedarf es eines Roßgespenstes nicht."

„Er war ein Kriegsmann, wenn er auch Christ_war,“ entgegnete Ingram stolz. „Was aber will der Slave von der Gunst deines Bischofs ?“

„Vielleicht will er Grenzgraf der Franken werden und über dem Sorbendorf seine Burg bauen," sagte Gottfried lächelnd. Ingram stieß einen Fluch aus. „Und ihr möchtet ihm dazu helfen?"

„Du weißt, daß er Christen erschlagen und geraubt hat,“ antwortete Gottfried.

In der Halle war lange Berathung und heftiger Zank der Männer. Endlich lud der Weißbart zum Eintritt. Wieder hob Ingram den Becher empor, aber die Sorben wandten die Blicke ab. Ratiz begann: „llnmäßig sind die Gaben, die ihr für euren Bischof fordert, aber meine Edeln wollen Spende um Spende geben, ohne viel zu schaßen. Die Gefangenen, welche noch nicht getheilt sind, sollt ihr als Gegengabe nehmen, dazu ein Rind, dreijährig, von fetter Weide. Nur zwei Häupter weigern wir euch, Walburg und Goldfeder, den Falben. Die Magd ist ein Ehrengeschenk meines Volkes für mich, und das Roß steht im Stalle des Helden Slavnik, welcher mir der nächste ist an Ehren und Schlachtenruhm. Ihr bringt das Geschenk nach eurer Wahl, wir senden das unsere ebenso."

„Herr Winfried hat mit seiner Hand den Leib des Franken

Willihalm bestattet und an seinem Grabhügel gelobt, für die Kinder zu sorgen," antwortete Gottfried, „bedenke, Herr, du würdest ihm nicht freundlichen Sinn erweisen, wenn du das Christenweib zurückhieltest."

„Nur um des Weibes willen nahm ich den Becher von dem Fremden und ließ mir gefallen seinen Boten zu geleiten, und vor den anderen suche ich das Weib bei dir," rief Ingram zornig.

„Darum also bist du in das Haus meiner Frauen gedrungen," versetzte der Sorbe lauernd. „So höre meine letzten Worte: die Knaben entsende ich dem Bischof, das Weib bleibt mein. Widerstehst du dem Tausch, dann enthebe dich mit dem Becher, zu lange hast du in unserm Lager geweilt, und achte darauf, daß du ihn wohlbehalten heimwärts bringst. Ohne Geleit bist du gekommen, und ohne Geleit scheidest du.“

„Was finnst du auf heimlichen Ueberfall im Walde; fürchten die Sorben den Kampf auf offenem Felde?" rief Ingram. Hier stehe ich, du listiger Mann, und erbiete mich um das Weib zu kämpfen gegen jeden deiner Krieger, ja gegen zwei. Stelle gegen Ingraban und den Raben zwei deiner besten Krieger auf den stärksten Sorbenrossen, und die Götter walten des Sieges."

Auf diese Herausforderung sprangen die Sorbenkrieger von ihren Bänken und ihr Geschrei schwirrte durch die Halle, aber der Häuptling zwang sie mit einer Handbewegung auf die Site zurück und sprach: „Manche rühmen die Kraft deines Armes, aber durchaus nicht rühmen kann ich den Sinn deiner Rede. Thöricht wäre ich, wenn ich meine Krieger auf das Kampffeld senden wollte, um etwas zu erwerben, was ich bereits durch Speer und Roß gewonnen habe. Und wenig Ehre wäre es meinen Helden, wenn sie um eine kauernde Sklavin im Ringe kämpften. Einen andern Kampf biete ich dir, der im Frieden besser geziemt. Ich höre, daß du des Bechers kundig bist wie dem Manne gebührt, auch mich hat nicht

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