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das wilde Mahl deiner Knaben gefallen," bat der Alte. „Holzschüsseln bieten wir dir statt Silber und zu dem Trunke aus dem Quell und dem Meth, den die Bauern gebraut, das Fleisch eines Ebers aus deinem Walde. Sei gnädig und hold deinem Volke."

Und am Abend sprach Berthar vor der Eiche zu Ingo: Wie lange ich lebe, oft war ich fröhlich in meinem Sinn, wenn ich auch nur ein schweifender Recke bin; aber fröhlicher als zuvor stehe ich heut vor meinem Herrn. Denn das Nest, das wir hier gebaut wie die Habichte über dem Felsen, das dünkt mich gute Arbeit für dich und für eine Andere. Und methselig will ich das Werk rühmen, die guten Bollwerke, die tiefen Gräben, die schaffenden Fäuste der Männer. Mehrerlei Menschenwerk habe ich geübt und öfter habe ich zerschlagen als gebaut, aber als die trefflichste Arbeit lobe ich neben dem. Sprunge in die Schlacht die Arbeit der Art, welche auf herrenlosem Grunde ein Heimwesen schafft. Ruhe, mein König, auf bräutlichem Lager; zum ersten Mal seit du ein Knabe warst, schlummerst du als Herr auf eigenem Grunde und legst den Arm einem Ehegemahl um ihren Hals. Ruhe sorglos, denn deine Knaben wachen ehrfürchtig im Ringe um das grüne Brautgemach ihres Herrn. Selig war der Tag, selig sei die Nacht und Heil bedeute eurem Leben der Einzug in den Hof.“

10.

Am Quell.

Einmal hatte der Sommer die Eichen auf der Idisburg in das grüne Laubkleid gehüllt und einmal der Winter die Aeste kahl gefegt, aber hell flammte durch das ganze Jahr das Herdfeuer des neuen Hofes unter den Bäumen. Jetzt war wieder Sommer und gute Zeit; in langer Reihe zogen die kleinen Lichtwolken am Himmel und unten um den Fuß der Laubhügel in langer Reihe gemächlich die Schafe und Rinder. Zwischen den Eichen erhob sich jetzt ein mächtiger Holzbau, der Herrensaal. Wer die Stufen hinaufstieg, trat durch das Thor in die weite Halle, er sah hinten den heiligen Herd, über sich das starke Balkendach, an den Seiten die erhöhte Bühne, dahinter die Eingänge zu den Kammern des Herrn und der Hausfrau. In dem Hofraum davor standen vom Bollwerk überragt das niedrige Schlafhaus der Mannen, die Ställe und Vorrathsräume.

Unter der Eiche, welche das Laubhaus trug, saß Irmgard und blickte selig vor sich nieder, denn auf dem Boden lag ihr kleiner Sohn im Lindenschild seines Vaters, und Frida schaukelte ihn. Der Kleine griff mit den Händchen nach einer Biene, die vor ihm summte. „Weiche abwärts, Honigträgerin,“ scheuchte Irmgard,,,und thue dem kleinen Helden kein Leid, er weiß ja noch nicht, daß du eine Waffe unter dem Pelzrock birgst. Fliege zu deinen Gespielen und sei fleißig den süßen Seim zu kochen, damit mein Held im Winter an deiner Arbeit seine Freude habe.

Denn ein junger Burgherr ist er und wir heben für ihn den Zehnten von allem Guten, das im wilden Walde gedeiht. Sieh, Frida, wie er die Faust ballt, und wie wild er vor sich blickt, er wird einst ein Krieger, den die Männer fürchten. Dort bringt ihm auch der Vater seine Jagdbeute," rief sie freudig, hob den Kleinen aus dem Schilde und hielt ihn in die Höhe, als Ingo herzutrat mit Hornbogen und Jagdspeer, einen erlegten Rehbock auf der Schulter. Der Häuptling beugte sich über den Sohn und strich seinem Weibe grüßend das Lockenhaar, dann legte er das Wild am Baume nieder. „Der Schnellfuß hier kreuzte meinen Weg, als ich über die Berge nach der Burgundenmark schritt. Sie ist nahe genug und man erreicht sie ohne viele Roßsprünge," sette er lachend hinzu. „Einem der Marvinge wurden in der Nacht zwei Rinder aus dem Waldgehege geraubt, wir folgten der Spur, sie führte über die Grenze und unsere Boten gehen südwärts den Raub einzufordern. Doch sorge ich, es ist vergeblich, denn ungerecht sind die Grenzleute drüben und wir vermögen nicht anders zu unserer Habe zu kommen, als daß auch wir auf ihrem Grunde in die Herden fallen. Ueble Heldenarbeit ist solcher Nachtwandel eines Katers, der mausen geht; doch fordern sich's die gekränkten Bauern, und der Häuptling darf's nicht weigern."

„Dafür lachen dir die Landgenossen grüßend zu und auch dein Weib freut sich der Ehre, die sie ihr erweisen,“ tröstete Irmgard.

Ein gutes Weib habe ich, das um meinetwillen froh ist," versette Ingo. „Dennoch fürchte ich, daß sie nur selten noch einen Sänger hört, der die Thaten ihres Hauswirths rühmt. Heute Nacht träumte mir, daß die Waffen über unserm Lager klangen, und als ich auffuhr, sah ich, wie mein Schwert in der Scheide hüpfte. Weißt du, was der Traum bedeutet, du Zeichenkundige?"

„Daß mein König sich nach Ausfahrt sehnt," versetzte Irmgard ernsthaft, „hinweg von der Mutter und dem Kinde.

Eng ist der Hof und verborgen dein Hausen im Walde. Wohl sehe ich zuweilen die Wolke auf deiner Stirn und höre Kampfesworte von den Lippen des Schlafenden, wenn ich mich über dich beuge."

,,Das ist Mannesart, wie du weißt," versette Ingo, „daheim auf dem Lager die Schwertreise zu ersehnen und wieder nach dem Kampfe die Heimkehr an den Hals der Gemahlin. Wohl möglich, daß der Gesang meines Schwertes uns einen Strauß mit den Burgunden wahrsagt, denn ärgerlich sind die Händel und Gundomars Gesinnung wird kalt. Sieh dorthin, auch der Alte ist in einen Zimmermann gewandelt," er wies auf Berthar, der mit Art und großer Ledertasche über den Hof schritt.

„An der Zugbrücke ist ein Schaden zu heilen," erklärte der Held und trat grüßend näher, „und der Hände sind wenige. Deine Knaben, König, rüsten mit den Landleuten fröhlich das Nachtfest der Sommermitte und bereiten die Holzstöße zu Bergfeuern."

Du aber wachst für uns Alle," sprach Irmgard.

„Vorsicht ziemt dem Wächter, welcher einen Schaß behütet," versetzte Berthar und neigte sich gegen Irmgard, und bedeutsam fuhr er fort: Gegen Norden ragt das Giebeldach dieses Saales und in den Bergen sammeln sich die argen Wetter. Nordwärts sehe ich oft, wenn auch der Tag sonnenwarm ist wie heut. Verzeihe, Herrin, daß ich stille Sorge erwecke. Solange mein alter Gesell Isanbart athmete, hemmte er wohlgesinnt die Nachegedanken jenseit der Berge, denn Herr Answald beachtete seine Worte. Seit sie aber den Hügel über ihm schütteten, haben die Feinde allein das Ohr des Häuptlings. Nicht das Volksgeschrei fürchte ich noch, wohl aber heimliche Nachefahrt über den Wald. Ungern sehe ich, wenn die Herrin allein in die Thäler wandelt."

„Soll ich als eine Gefangene leben, Vater?" frug Irmgard traurig.

„Nur die nächste Zeit laß dir unsere Sorge gefallen. Manche Wunde vernarbt, ist doch auch die des Theodulf_geheilt und er schreitet, wie sie sagen, jezt am Hofe des Königs einher."

Vom Bollwerk klang laute Rede, der Wächter auf dem Holzgerüst blies in das Horn und hing an den Ruf lustige Töne, die gar nicht dazu gehörten. Irmgard lachte. „Es ist ein Freund," sprach Ingo, „der Wächter will ihm eine Ehre thun." Volkmar," schrie Irmgard und eilte dem Sänger entgegen, der eilig in den Hof trat. Aber sie hielt an, als sie in das feierliche Gesicht des Wandrers blickte. „Aus der Heimat kommst du, doch ich erkenne, einen Freundesgruß bringst du nicht.“

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„Von der Königsburg komme ich," begann Volkmar und in seinem Antlitz zuckte die Bewegung, als er sich vor der Herrin und dem Häuptling verneigte, „nur kurz war meine Raft in den Waldlauben. Herr Answald ließ satteln, um nach der Königsburg zu reiten, die Fürstin saß unter den Mägden, still war es im Hofe, Niemand frug, wohin ich ging." Irmgard wandte sich ab, aber im nächsten Augenblick faßte sie die Hand des Gemahls und sah liebevoll zu ihm auf.

„Als Bote des Königs kommst du," begann Ingo, ich hoffe, wohlmeinende Sendung trug er dir auf.“

,,Verstummt sind die Lippen des Königs," versette Volkmar, geendet ist seine Sorge um Königsstuhl und Schatz, tot fand man ihn auf seinem Lager, nachdem er am Abend vorher lustig unter seinen Mannen gezecht hatte. Der Holzstoß wurde ihm gerichtet und die Flammen loderten um seine Leibeshülle." Tiefes Schweigen folgte seinen Worten.

„Ein machtvoller Herr war er und ein beherzter Kriegsmann, ein besseres Ende habe ich ihm gewünscht als unter seinen trunkenen Leibwächtern," begann erschüttert Ingo. „Wie er auch gegen Andere gehandelt hat in mürrischem Argwohn, mir war er ein Gehilfe zu meinem Glück und durch ein ganzes Jahr hat er den Andrang meiner Feinde gehemmt."

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