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„Die leichtesten seid ihr," versetzte Berthar, „meine Gefellen werden Mühe haben, ihre Beute aus dem Walde zu schleifen. Dennoch meine ich, daß wir auf die Jagdehre nicht verzichten, denn von dieser Jagd wird im Lande wohl noch länger erzählt." Schweigend schritten die Bankgenossen des Herrn Answald dem Hofe zu, nur Theodulf sprach in seiner hochfahrenden Weise, um durch die Worte den Grimm zu bewältigen, der in ihm kochte; ohne Jagdruf betraten sie den Hof, Hildebrand eilte zum Fürsten.

Es war finster, als die siegvolle Schaar mit ihrer Beute ankam. Blast den Freudenruf," rief Berthar, „wie so reicher Jagd gebührt." Der Halagesang ertönte, aber Niemand öffnete das Hofthor und Wolf mußte vorspringen und den Querbaum zurückschieben. Die Vandalen legten die Jagdbeute vor dem Hause des Fürsten nieder, schieden grüßend von den Genossen aus Thüringen und sammelten sich still in ihrer Herberge.

Der Hof lag finster und der Wintersturm heulte über den Dächern, aber in allen Häusern nnd in der Halle summte das Geräusch halblauter Rede.

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und winkte seinem Kämpfer mit dem Arm. Die Kämpfer neigten sich vor den hilfreichen Göttern und murmelten den Nothsegen, dann wateten sie durch das Wasser zu ihren Gesellen. Die Helfer wichen zurück über den Bach und die Todfeinde sprangen gegen einander, schildlos in Helmkappe und Panzerhemd mit geschwungenem Schwert. Stahl schlug an Stahl, um sie stöhnte der Wind und rauschte das Eiswasser. Es war harter Männerkampf, nicht unwerth erwies sich Theodulf des Ruhines, den er unter seinen Genossen hatte, eine Weile dröhnte der Streit, der so schnell zum Tode führt, und Berthar sah unzufrieden das Roth am Morgenhimmel, den Boten des Tages. Da strauchelte Theodulf unter schwerem. Schlage und wieder sprang Ingo nach ihm, und zerbrach ihm mit starkem Schwertstreich das Haupt durch den Eisenhelm, daß ein Blutstrom herausbrach und der Mann des Fürsten rückwärts auf den Schnee sank. Ingo schwang sich über ihn und erhob das Schwert, ihm mit der Spitze die Gurgel zu durchstechen. In demselben Augenblick brach der erste Lichtstrahl über die Hügel, der rothe Schein fiel auf das Angesicht des wunden Mannes, Sintram vergaß in der Todesangst das gebotene Schweigen und schrie über den Bach: „Schone sein, die Sonne sieht's." Bei dem Lichtstrahl und dem Schrei fiel ein weicher Gedanke in die grimmige Seele des Siegers, er zuckte das Schwert zurück und sprach: „Die Herrin soll's nicht schauen, daß ich dem Gastfreund seinen Mann durchsteche. Lebe, wenn du kannst," und er wandte sich ab. Theodulf murmelte am Boden die Faust gegen ihn erhebend: „Ich danke dir's nicht." Ingo aber sprang durch das eisige Wasser ans Ufer und wandte der Insel und dem Gefallenen den Rücken, während Berthar vorwurfsvoll sagte: „Zum ersten Mal kargte der König, als er einem Todfeind das Reisegeld in das Nebelland zahlte.“

„Ich sorge nicht um eines Mannes Rache, der unter meinem Schwert lag," versette Ingo. Schweigend folgten. ihm seine Schwertgesellen, während die Helfer des Andern

über das Wasser drangen und an der Rüstung des Verwundeten zerrten.

Vor der Gastherberge standen die Vandalen im Haufen gerüstet, ihren Gruß, da sie den König gerettet von der Aue zurückkehren sahen, hemmte Berthar. Im Hofe sammelten sich die Mannen des Fürsten und die Landgenossen in finsterer Erwartung, bis der Weheruf Sintrams erscholl und hinter ihm zwei Männer den gefällten Helden auf einer Bahre in den Hof trugen. Als die Bahre vor dem Hause der Frauen niedergesezt wurde, stürzte die Fürstin heraus, warf sich mit lautem Schrei neben dem Verwandten nieder und hob die Arme flehend zu ihrem Gemahl. Dem starren Schweigen im Hofe folgte wilde Bewegung, Racheruf und Geschrei; die Landgenossen, die Häupter des Volkes eilten beschwichtigend von einem Haufen zum andern, auch sie bedachten sorgenvoll, daß ein Feuer aufgebrannt war, welches schwerlich durch klugen Rath gelöscht wurde.

Zuerst gerieth Wolf in Bedrängniß. Als er zu seinen alten Bankgenossen trat, welche in gedrängtem Schwarme vor dem Krankenhaus standen, da gaben sie ihm feindselige Blicke und wendeten die Rücken und Agino sprach: „Wer im Waffengang gegen unsern Gesellen gestanden hat, der ist geschieden von unserer Bank und wenn ich dir zum letzten Mal Gutes rathen soll, so meide unsere Nähe, damit dir nicht kaltes Eisen für deinen Verrath zahle."

„Ihr handelt schmachvoll an dem Genossen," entgegnete Wolf heftig, „ehrlich habe ich mich gehalten nach meinem Schwur, den ihr damals alle rühmtet; wie durfte ich mich meinem Herrn versagen in der Noth zwischen Wasser und Haide ?"

,,Warst du sein Geselle in der Noth," versette der Andere, ,,so birg dich in seiner Kammer und zeche unter seinen Fremden den Meth, den er dir schenkt; denn verhaßt ist uns dein Name und getilgt sei dein Gedächtniß in unserm Ringe.“

Auch Hildebrand trat zu ihm und begann feierlich: „Seit

zu stiller Berathung laden werde. Ingo neigte sich nach den Worten beistimmend und versezte: „Die erste Rede gebührt hierbei den Wirthen, die zweite dem Gaste.“

Die Boten ritten; drei Tage darauf saßen die Edlen und Weisen des Gaues wieder am Herde des Häuptlings. Aber es war nicht mehr Sommerluft, wo der Sinn der Männer fröhlich über der Erde waltet, sondern harte Winterzeit, wo sich Sorge und Groll erheben. Diesmal war die Miene des Fürsten kummervoll, als er begann: „Eine zweite Botschaft sendet der König um den Helden Ingo und sein Gesinde und diesmal an die Gaugenossen und mich, nicht durch den Sänger, sondern durch den Helden Sintram. Der Volkskönig fordert die Fremden für seine Königsburg; ob wir seinem Gebot widerstehen oder unser Heil bedenkend nach seinem Willen thun, das frage ich." Darauf erhob sich Sintram und wiederholte die Drohung des Königs: „Mit Gewalt will er die Fremden holen, wenn wir sie nicht senden, seine Mannen toben laut und freuen. sich des Zuges gegen unsere Höfe. Einst habe ich vordenkend ge= warnt, jezt droht uns nahe das Unheil. Hatten wir auch gelobt, den Fremden gastlich zu schüßen, jezt ist nicht er es allein, der auf dem Lande liegt, ein fremdes Geschlecht reitet durch unsere Thäler und lästig wird dem Volke das wilde Gesinde." Langes Schweigen folgte der Rede, bis Isanbart endlich die Stimme erhob: Da ich alt bin, wundert mich nicht, wie leicht sich der Sinn der Menschen ändert; schon ehedem sah ich manchen Wirth, der fröhlich war einen Gast zu begrüßen, aber fröhlicher ihn zu entlassen. Darum mögest du, o Fürst, vor Allem den Landgenossen sagen: hat der fremde Held das Hofrecht verlegt und deine Ehre geschädigt, oder hat sein Gesinde Missethat geübt im Volke?" Zögernd versette Fürst Answald: „Ich klage nicht über Frevel, die der Gast verübt, doch ungefüge und fremdländisch ist die Art seiner Mannen und sie eint sich schwer unserm Landesbrauch." Da nickte Isanbart mit seinem grauen Haupt und sprach: „Dasselbe habe auch ich erfahren,

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