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übt wird, werden wir strenge sein, damit die Unordnung aufhöre. Eine bessere Zucht soll auf diesen verwilderten Gütern eingeführt werden, und der neue Herr erwartet von Ihnen, daß Sie als gehorsamer und getreuer Mann ihm dabei helfen. Auch das wilde Leben im Busch, das Sie in den letzten Jahren geführt, soll aufhören; wir sind Landsleute, Sie werden regelmäßig auf das Schloß kommen und über den Wald Rapport bringen, und wir werden dafür sorgen, daß Sie sich in Ihren alten Tagen nicht verlassen fühlen. Wollen Sie ehrlich Alles thun, was ich von Ihnen verlange, so reichen Sie mir jetzt Ihre Hand."

Der Förster hatte verdugt mit abgezogener Mütze die Rede Antons angehört, jezt schlug er in die dargebotene Hand und sagte: „Ich will."

„Mit diesem Handschlag,“ fuhr Anton fort, „nehme ich Sie in Pflicht und Dienst im Namen des Gutsherrn.“

Der Förster hielt lange mit beiden Händen die Hand Antons fest und rief endlich: „Wenn ich's noch erlebe, daß es auf diesem Gute besser wird, so soll mich's freuen. Ich will thun, was ich kann; aber ich sage Ihnen im Voraus, es wird harten Tanz sezen; durch die Verwalter und die lüderliche Wirthschaft sind die Gutsleute wie die Räuber geworden, und ich fürchte, meine alte Flinte wird mehr als einmal das letzte Wort sprechen müssen.“

„Wir werden kein Unrecht ertragen und kein Unrecht thun, den Erfolg müssen wir abwarten," erwiederte Anton ernst. „Und jetzt, Förster, zeigen Sie uns Ihre Wohnung und machen Sie sich zurecht, uns in den Wald zu begleiten." Anton durchschritt das kleine Haus. Es war von Balken gezimmert, die Stube von innen mit Bretern. verschlagen. Durch die kleinen Fensterscheiben fiel das Licht trübe herein, die braune Farbe der Breterwände und die schwarze Balkendecke vermehrten die Dunkelheit und gaben dem Zimmer ein geheimnißvolles Aussehen. Nur undeutlich war zu erkennen, was rundum

an der Wand befestigt war, Geweihe, Hundehalsbänder, Jagdgeräth und ausgestopfte Vögel. Am Ofen stand ein kleiner Schrank mit Küchengeschirr. „Ich koche mir selbst," sagte der Förster; „was ich brauche, hole ich aus der Schenke.“ An den Fenstern hingen Vogelbauer zu zweien und dreien übereinander, und das Gezwitscher der kleinen Waldvögel, ein unaufhörliches Zanken, Locken und Schwazen klang wie eine heimliche Unterredung, die der Wald selbst mit seinem alten Wächter hielt. In der Nähe des Ofens saß ein Rabe mit struppigem Gefieder, weiße Federn schimmerten an seinem Kopfe und den Flügeln und bewiesen das hohe Alter des Vogels. Er hatte seinen Hals zusammengezogen und schien ganz in sich versunken, aber seine glänzenden Augen beobachteten jede Bewegung der Fremden. Neben der Wohnstube war die Schlafkammer, dort hingen die Gewehre, an dem Bett stand eine hölzerne Lade. Ein Gitter vor dem Fenster verrieth, daß hier die Citadelle des Hauses war.

„Wohin führt diese Thür?" frug Anton, auf eine Fallthür im Boden deutend.

„Es ist ein Kellerloch," erwiederte der Förster zögernd. „Ist es gewölbt?" frug Anton.

„Ich führe Sie wohl hinunter,“ sagte der Förster, „wenn Sie allein kommen wollen."

„Erwartet uns im Hofe," rief Anton seinen Begleitern in die Stube hinein.

Der Förster zündete eine Lampe an, verriegelte sorgfältig die Kammerthür und ging mit dem Licht voran. „Ich hätte nicht gedacht," sagte er, „daß bei meinen Lebzeiten ein fremdes Auge mein Geheimniß sehen sollte." Wenige Stufen führten hinunter in ein enges Gewölbe, das durch einen Mauerrit nothdürftig Luft erhielt. An der einen Seite aber war die Grundmauer durchbrochen, ein niedriger Stollen führte in die Erde. Er war durch Baumstämme abgestützt, die in spigem Winkel an einander ruhten.

,,Dies ist mein Dachsbau,“ sagte der Förster und hielt die Lampe in die dreieckige schwarze Oeffnung; „der Weg führt unter der Erde fort in das junge Holz. Er ist über vierzig Schritt lang, und ich habe lange Zeit gebraucht, ihn auszugraben. Auf dem Wege krieche ich aus dem Hause und wieder herein, ohne daß es Jemand merkt; und ihm verdanke ich, daß ich hier ausgehalten habe, denn er ist Ursache, daß die dummen Bauern mich als einen Herenmeister fürchten. Wenn sie mich belauert hatten, daß ich in den Hof hineinging, und sich sicher glaubten bei einer Dieberei, stand ich auf einmal wieder hinter ihnen. Es sind jezt zehn Jahre her, da überfiel eine Bande mein Haus, damals war es auf mein Leben abgesehen, ich aber fuhr als Dachs durch die Röhre. Verrathen Sie Niemandem, was ich Ihnen gezeigt habe."

Das versprach Anton, und sie kehrten zurück in den Hofraum. Dort fanden sie Karl beschäftigt, den hölzernen Trog eines jungen Fuchses zwischen vier Pflöcken fest zu klammern, die er in den Boden schlug. Der Fuchs war unempfindlich gegen die Aufmerksamkeit des Husars, er fauchte ihn wüthend an, rasselte mit seiner Kette und suchte fortwährend unter dem Bret, durch welches ihn Karl in der Hütte eingeschlossen hatte, die Hände und Waden des Arbeitenden anzufallen. „Willst du mir die Hand küssen, kleiner Rothkopf?" rief Karl hämmernd, „du bist ein artiger Junge, was du für treuherzige sanfte Augen hast! So, fertig; jest spring herüber und wieder zurück. Er folgt auf's Wort, Förster. Ein gutmüthiges Thier, ganz euer Naturell, Kamerad.“

Der Förster lachte. „Versteht ihr mit einem Fuchseisen umzugehen?"

,,Ich denke," sagte Karl.

„Es sind mehr solche Burschen hier," fuhr der Förster fort; „wenn's euch recht ist, stellen wir den nächsten Sonntag zusammen."

So schritten Alle im besten Einvernehmen durch das Holz.

Anton rief den Förster neben sich und ließ sich von ihm die nöthigste Auskunft geben. Was der Alte berichtete, war freilich nicht gut, von schlagbarem Holze war kaum so viel vorhanden, als die Wirthschaft selbst bedurfte. Das alte Plünderungssystem hatte in rohester Weise den Forst verwüstet. Als der Förster am Rande des Waldes seine Mütze zog und respectvoll frug, zu welcher Stunde er morgen auf das Schloß kommen dürfe, da empfand Anton mit Freude, daß es ihm gelungen war, die innere Unsicherheit zu verbergen, die ihn in den neuen Verhältnissen so sehr störte.

„Sieh,“ sagte er zu seinem Getreuen, als Beide am Abend vor dem grünen Kachelofen saßen, „das ist es, was mir hier die größte Sorge macht; ich fühle mich unwissend und hilflos jedem Knecht gegenüber, und ich habe doch die Aufgabe, auch die Wirthschaft in Respect zu erhalten. Wie wenig der gute Wille allein nügt, habe ich in diesen beiden Tagen deutlich erkannt. Jezt gib guten Rath. Was sollen wir zunächst in der Wirthschaft thun?“

„Was von Vieh unbrauchbar ist, verkaufen Sie; die schlechten Leute bei den Kühen entlassen Sie auf der Stelle. Rindvieh und Pferde bringen Sie auf den großen Hof zusammen, damit sie unter Aufsicht sind. Was von Feldbestellung mit den geringen Kräften noch geschafft werden kann, das wird regelmäßig gemacht, nichts übereilt. Gekauft muß jezt werden Stroh und Hafer. Hier auf dem Hofe übergeben Sie bis zum nächsten Frühjahr, wo ein ordentlicher Beamter nothwendig wird, mir die Aufsicht; ich werde meine Sache nicht gut machen, aber besser als ein anderer von Ihren Leuten.“

Es war spät am Abend, als ein eiliger Tritt auf der Treppe gehört wurde. Mit einer großen Stalllaterne und einem Gesicht voll von argen Neuigkeiten trat der Schenkwirth in Antons Stube. Ich wollte dem Herrn doch melden, was ich gehört habe. Ein Deutscher aus Kunau, der soeben hier

durchkam, hat die Nachricht gebracht, daß der Brazky gestern nicht in Rosmin angekommen ist.“

Nicht angekommen?" rief Anton aufspringend.

Eine halbe Meile von Rosmin im Walde ist der Wagen von vier Reitern überfallen worden, es war finster, der Brazky saß gebunden im Wagen, neben ihm der Gensdarm. Die Reiter aber haben den Gensdarm überwältigt und selbst ge= bunden, und den Brazkh mit allen seinen Sachen vom Wagen gehoben, und fort mit ihm auf ein Pferd und in die Büsche. Zwei Reiter sind bei dem Wagen geblieben und haben den Kutscher gezwungen von der Straße abzufahren in ein Dickicht, und dort haben sie ihre Pistolen zwei Stunden lang dem Kutscher und dem Gensdarm vorgehalten. Dann sind sie weggeritten. Der Kutscher sagt, die Pferde wären Herrenpferde gewesen, und die Männer hätten vornehm mit einander gesprochen. Der Gensdarm ist zerstoßen, sonst ist ihm nichts geschehen; nur Ihren Bericht haben sie ihm genommen.“

Die Stubengenossen sahen einander betroffen an und dachten an die Reiter von gestern.

„Wo ist der Mann, der die Nachricht gebracht hat?" frug Anton und griff nach seinem Hut.

,,Er war eilig weiter zu kommen, wegen der Finsterniß," sagte der Wirth. „Morgen werden wir Vieles hören von der Geschichte. Das ist nicht vorgekommen seit Jahren, daß sie zu Pferde überfallen haben einen Wagen, in welchem sißt der Gensdarm selber. Wenn sie bei uns geraubt haben, so haben sie es immer gethan zu Fuß.“

Habt ihr einen der Reiter gekannt, welche gestern Nachmittag im Dorfe waren und nach dem Inspector riefen?" frug Anton.

Der Wirth warf einen schlauen Blick auf Anton, zögerte aber zu antworten.

„Nun," drängte Anton,,,die Herren waren doch aus der Gegend, einen oder den andern müßt ihr kennen.“

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