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Summe, die der Händler für eine Zwölfdugendschachtel europäischer Stahlfedern verlangte. And komischerweise lebt man in den 30llfreien englischen Hafenstädten Penang und Singapur oder Colombo fast doppelt so teuer als hier bei den überaus hohen holländischen Zöllen, die den Handel lahmlegen, wie denn überall der holländische Kolonialbetrieb ein wenig den Eindruck einer kurzsichtigen Ausbeutung der Natives macht. Hingegen ist die niederländisch-indische Reistafel zwar nicht immer glänzend, aber sie ist noch im schlimmsten Falle ein Paradies im Vergleich mit dem Effen, das die Engländer in den teuren Prachthotels ihrer Kolonien sich vorsegen lassen. Schade, die Engländer wären weitaus das erste Volk der Erde, wenn ihnen nicht zwei elementare und für ein Kulturvolk kaum zu entbehrende Talente fehlten: der Sinn für feine Küche und der Sinn für Musik. In diesen beiden Punkten erwarte man in englischen Kolonien das ge ringste; alles andere ist erster Klasse.

Das Volk hat hier jene furchtsam kriechende Unterwürfigkeit, die der europäische Beamte und Kaufmann schätzt, die unsereinem aber gelegentlich störend auffällt. Indessen ist der geknechtete Malaye äußerst flink im Übernehmen europäischer Bequemlichkeiten, Genüsse und Herrenmanieren. Der Kuli, den du vor einer Stunde in seiner dienstbaren Dürftigkeit tief bedauert haft, begegnet dir stolz im weißen Anzug (der vielleicht 6 Hesse, Aus Indien

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dir gehört und den dein Wäscher ihm vermietet hat) auf dem gemieteten Zweirad, die Stunde für zehn Cents, und tritt herrisch als Habituee in gelben Schuhen und mit brennender Zigarette in den Billardsaal. Nach, her geht er in seine Hütte zurück, zieht den Sarong wieder an, macht sichs bequem und putzt auf der hőlzernen Treppe am Ufer seine Zähne im Kanalwasser genau an derfelben Stelle, an der er eine Minute zuvor seine Notdurft verrichtet hat.

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Wassermärchen

it einer geliebten Frau möchte ich den Weg noch einmal machen, den ich gestern von Palembang aus in der Beinen, schmalen Prauw ges fabren bín.

Wir fuhren in dem schwankenden Bötchen, das keine Handbreite Tiefgang hat und darum das ¤leinste Rinnfal noch befahren kann, eines der schmalen, brau nen Seitenflüßchen hinauf, gegen Abend noch mit der Flut. Da war zwischen den Pfahlhütten das gewohnte unschuldig bewegte Leben, Netfischerei jeder Art, worin die Malayen wie im Vogelfangen und im Rudern wahre Meister sind, nacktes, schreiendes Kindergewimmel, Heine, schwimmende Händler mit Sodawasser und Syrup, leise rufende Verkäufer von Koranen und winzigen mohammedanischen Andachtsbüchlein, badende Buben. Streitende sieht man hier felten, Betrunkene nie, und der Reifende aus dem Westen schämt sich, daß dies ihm auffällt.

Wir fuhren gemächlich weiter, der Bach ward schmal und seicht, die Hütten hörten auf, Sumpf und Busch umgab uns grün und schweigend, Bäume ftanden da und dort am Afer und im Waffer selbst. Sie wurden unmerklich zahlreicher, strecďten tausendfältige Wurzelstelzen nach uns aus, und über uns hing dichter und dichter ein grünes Netz und Gewölbe von Laub

und Geäst. Bald war kein Baum mehr einzeln zu erkennen, jeder hing mit Wurzeln und Luftwurzeln, mit Äften, Zweigen und Schlingpflanzen in die anderen verstrickt und verwoben, alle von hundert Farren, Lianen und andren Schmarotzerpflanzen gemeinsam umarmt und verbunden.

In dieser stillen Wildnis flog zuweilen farbenblitzend ein Eisvogel auf, die hier in Menge nisten, oder grau huschend eine Beine Schnepfe oder schwarz und weiß wie eine Elfter der fette, amfelartige Singvogel des Arwaldes, sonst war kein Laut und kein Leben da als das innige Wachsen, Atmen und Ineinanderdrängen des dicen Baumgewölbes. Der Bach, oft kaum noch breiter als unser Boot, beschrieb in jeder Minute einen neuen, launenhaften Bogen, jedes Gefühl für die Maße und Entfernungen ging vollständig unter, wir fuhren betroffen und still durch eine wirre, grüne Ewigkeit dahin, vom Baumgewirre dicht überwölbt, von großblättrigen Wasserpflanzen umdrängt, und jeder saß stumm und staunte, und keiner dachte daran, ob und wann und wie dieser Zauber wieder könnte gebrochen werden. Ich weiß nicht mehr, ob er eine halbe Stunde, oder eine Stunde, oder zwei Stunden gedauert hat.

Er wurde unversehens gebrochen durch ein wildes, vielstimmiges Gebrüll über unseren Köpfen und durch heftiges Wipfelschwanken, und alsbald gloßte eine Fa

milie von großen, grauen Affen uns an, beleidigt und gestört durch unser Eindringen. Wir hielten an und blieben regungslos, und die Tiere begannen wieder zu spielen und sich zu jagen, und eine zweite Familie kam dazu, und wieder eine, bis über uns das Didicht von großen, langschwänzigen, grauen Affen wimmelte. Zuweilen schauten sie wieder erbost und mißtrauisch herunter, schnoben zornig und knurrten wie Kettenhunde, und als wohl über hundert von den Tieren da über uns saßen und wieder zu schnauben und aus nächster Nähe die Zähne zu fletschen anfingen, da gab unser Palembanger Freund uns lautlos ein warnendes Zeis chen mit dem Finger. Wir hielten uns behutsam still und hüteten uns, auch nur an einen Ast zu streifen, denn in Busch und Sumpf eine Stunde von Palem bang von einem Affenvolk erwürgt zu werden, hätte jedem von uns ein vielleicht nicht schändliches, doch aber ein unfeines und unrühmliches Ende geschienen.

Vorsichtig tauchte unser Malaye sein kurzes, leichtes Ruder ein, und still und geduct fuhren wir sorgsam zurück, unter den Affen und unter den vielen Bäumen. durch, an den Hütten und Häusern vorüber, und als wir den großen Strom wieder erreicht hatten, war die Sonne schon untergegangen und aus der rasch einbrechenden Nacht glänzte die zauberha e Stadt zu beiden Seiten des gewaltigen Waffers mit tausend Beinen, schwachen Lichtern her.

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