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eine lebendige Hoffnung in Jesu Christo, welche uns gleichgiltig macht gegen die irdischen Dinge; und wenn die Welt uns haßt, thut dies uns keinen Schaden, da Jesus Christus uns sagt (Matth. 24, 9): Ihr müsset gehaßt werden um meines Namens willen von allen Völkern.

Endlich geziemt es sich noch, aus diesen neuesten Nachrichten die großeVerbreitung und das immer schnellere Wachsthum der Evangelisation hervorzuheben. Nicht nur aus allen großen Städten Oberitaliens, wie Mailand, Bergamo, Cremona, Como, Pavia, Alessandria, Modena, Parma, Bologna, Turin, Genua, und dem Toscanischen, sondern auch aus Unteritalien und Sicilien liegen Correspondenzen vor, welche von einem großen Zudrange der Menge zu den evangelischen Predigten und Abendschulen berichten. Und wenn auch nicht alle Correspondenten von Vermischung der politischen mit der religiösen Entwickelung sich rein erhalten, so klingt doch durch Alles der eine Grundton hindurch: Wir predigen Jesum Christum, den Gekreuzigten. Dies mag ein Artikel aus Mailand vom 1. April a. c. mit eigenen Worten sagen: „Der Geist der Bevölkerung fährt fort, sehr liberal zu sein. Vorurtheile gibt es genug, besonders in der hohen Gesellschaft; aber das evangelische Werk ist im Allgemeinen gut angeschrieben. Troßdem sieht man eigentlich wahre Bekehrungen nur wenige. Das Volk kommt zu den Versammlungen, applaudirt, besonders wenn ein schöner Ausfall gegen die Priester kömmt. Aber nicht viele wenden sich als verlorene Sünder zu dem, welcher dem Gläubigen das Recht gibt, Gottes Kind zu werden. In Wahrheit fehlt hier, wie überall das geistliche Bedürfniß, der Durst, welcher allein an der Quelle des lebendigen Wassers sich stillt. Dennoch danken wir für das, was da ist, für die liberale Gesinnung, für die Sympathie, für die Gunst der Presse, für den Zudrang des Volkes; und- für das Uebrige bitten wir Gott, von welchem allein die Kraft kommt, welche erweckt und bekehrt!"

Den Anspruch auf lebendige Theilnahme aller evangeli

schen Christen an dieser neuen Entwickelung Italiens werden diese Mittheilungen wohl rechtfertigen. Und zwar nicht bloß auf die Waldenser, sondern auch auf die anderen evangelischen Gemeinschaften muß sich die Theilnahme erstrecken, und so viel wie möglich auch durch die That bezeigen. Geistige und materielle Unterstüßung bedürfen und erbitten die jungen Gemeinden zum Baue ihrer Kirchen und Schulen und zur besseren Belehrung der Jugend; und ein jeder der in diesem Berichte mit Namen angeführten Waldenser-Geistlichen wird Gaben aus Deutschland mit Dank annehmen.

Wie weit eine Einwirkung auf die Lehrentwicklung der jungen Gemeinde möglich sei, kann Referent noch nicht beurtheilen; jedenfalls find die Waldenser unserer Lutherischen Kirche freundlicher gesinnt, als irgend eine andere der refor mirten Kirchen und eine noch größere Annäherung derselben nicht undenkbar. Gewiß aber dürfen wir bitten, daß das, was in diesem Werke wahrhaft evangelisch ist, bleiben und zunehmen und von dem so reich begabten Italienischen Volke immer Mehrere zu dem hingeführt werden, welcher allein der Weg, die Wahrheit und das Leben ist!

Arthur Weber, c. th.

Der Protestantentag in Eisenach

hat mehr Einsicht in das Wesen des Protestantenvereins ge= bracht, als seinen Mitgliedern lieb sein kann. Man hat da nicht umhin gekonnt, zu sagen, was denn die Glieder des Vercins zusammenbinde, und welches ihre Stellung zum Christenthum sei? Schwarz aus Gotha hat es gethan. Er hat der Versammlung eine Art Bekenntniß vorgelegt und diese ist demselben zugefallen. Daß ein solches Bekenntniß abgelegt worden, erachten wir für einen Gewinn. Wir wissen jezt

genauer, wie wir mit dem Verein daran sind, oder richtiger, was wir schon wußten, hat er uns selbst gesagt und wir können uns auf ihn selbst berufen.

Er trat auf, angethan mit einer Maske, welche die Unkundigen zu täuschen wohl geeignet war. Erneuerung der protestantischen Kirche im Geist der evangelischen Freiheit und im Einklang mit der gesammten Culturentwicklung unserer Zeit", war die Devise, welche der Verein am 30. September 1863 in Frankfurt auf seine Fahne schrieb. Er setzt sich, heißt es weiter, namentlich zum Zweck: 1) den Ausbau der deutschen ev. Kirche auf den Grundlagen des Gemeindeprincips und die Anbahnung einer organischen Verbindung der einzelnen Kirchen auf diesen Grundlagen. 2) Die Wahrung der Rechte, der Ehre, Freiheit und Selbstständigkeit des deutschen Protestantismus und die Bekämpfung alles unprotestantischen hierarchischen Wesens innerhalb der protestantischen Kirche. 3) Die Erhaltung und Förderung christlicher Duldung und Achtung zwischen den verschiedenen Confefsionen und ihren Mitgliedern. 4) Die Anregung und Förderung zu allen denjenigen christlichen Unternehmungen und Werken, welche die sittliche Kraft und Wohlfahrt unseres Volkes bedingen.“

Das sind ja richtig verstanden lauter löbliche Zwecke.

Sind sie aber von dem Verein auch richtig verstanden worden? Der Kundige freilich durfte nur die Namen der Theologen hören, welche an der Spite standen, um zu wissen, woran er war. Und hätte ihn das noch nicht stußig gemacht, so hätte ihn das Gebahren des Vereins gleich bei seinem ersten Auftreten, ja der erste Anlaß zur Bildung desselben aufgeklärt. Der erste protestantische Verein" bildete sich in der Pfalz, denn man wird ja wohl diesen Verein, der sich 1858 bildete, wenigstens als den Vorläufer des zu Frankfurt gegründeten betrachten dürfen. In der Pfalz sezte er sich zum Ziel, die Einführung eines gut christlichen Gesangbuchs rückgängig zu machen. In Baden (denn der in Frankfurt gegründete Verein ging aus den Durlacher Conferenzen her

Der Protestantentag in Eisenach.

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vor) richtete er sich gegen die von der Generalfynode beschlofsene Gottesdienstordnung, für welche Männer, wie Beyschlag, Nigsch, Hundeshagen, welchen man doch wahrlich nicht hierarchische Gelüste nachsagen kann, eintraten. Und das Gebahren der Vereine! Wie man es in der Pfalz trieb, ist zur Genüge bekannt. Gegen das Gebahren in Baden hat aber selbst Krause (Protest. Kirchenzeitung 1. 1864) Protest eingelegt. Er will nicht, daß man sich mit seinen kirchlichen Plänen an das Volk wende, durch Monstreversammlungen und Massendemonstrationen, durch Kirchentagsbeschlüffe und andere Mittel seine Zwecke zu erreichen suche. Er verweist solches Verfahren als unsittlich und warnt vor aller Vermengung der religiösen und kirchlichen Bewegung mit dem politischen Treiben einer Zeit, die in dem Zehrfieber der Resolutionen sich aufreibe. Wie unüberlegt! Gerade darin lag die Stärke des Vereins. Gerade das war das neue Mittel, durch das man in's Große wirken konnte. Die Herrn Häusser, Bluntschli u. A. waren die Lehrmeister des Vereins geworden. Durch die Massen suchen sie für ihre politischen Zwecke zu wirken, die Massen sollten auch für die kirchlichen dienstbar gemacht werden.

Den Kundigen konnte also der Verein von Anfang an nicht täuschen und es ist uns auch nicht erinnerlich, daß auch nur ein einziges positives Kirchenblatt in seinem Urtheil schwankend gewesen wäre. Ja in gewissem Sinn ist das von dem Verein selbst zugestanden, denn Rothe nennt in seinem Auffaß: „zur Debatte über den Protestantenverein“ (in Schenkel's Zeitschrift H. 5. 7- 7) als das vornehmste Bedenken, das man gegen denselben erhoben habe, das, daß er auf keinem wahrhaft positiven christlichen Bekenntniß ruhe. Das stellt er zwar in Abrede, aber in einer Weise, die wir als ein Zugeständniß annehmen dürfen.

Dennoch ginge man zu weit, wenn man von allen denen, welche dem Protestantenverein angehören, von vornherein annehmen wollte, daß sie auf ungläubigem Standpunkt stehen.

Man muß unterscheiden zwischen den Führern und den Geführten und muß sich der Devise erinnern, welche auf die Fahne geschrieben ist: denn wir haben schon anerkannt, daß man die auch auf eine christliche Fahne schreiben kann. Bringt man dann weiter die arge und bejammernswürdige Confusion in Anschlag, welche heutzutage über das, was christlich und nicht christlich ist, herrscht, so kann man immerhin annehmen, daß in dem Verein gerade nicht alle auf bewußt ungläubigem Standpunkt stehen, manche sind vielleicht darunter, die mei nen, christlich gläubig zu sein, ja, wenn wir die Namen ansehen, welche in dem jüngsten Aktenstück verzeichnet sind, sind auch Männer darunter, welchen wir das Prädikat der Gläubigkeit nicht absprechen. Die Lezteren halten sich eben nur an die Devise, welche sie auf der Fahne lesen, und wir müssen es ihnen überlassen, wie sie sich's zurecht legen können, Hand in Hand mit den Führern, deren Gesinnung ihnen nicht unbekannt ist, einem Ziele nachzugehen, das doch von beiden Theilen sehr verschieden gemeint ist. Der Auderen Anzahl ist vielleicht die überwiegende: denn über alle Maßen groß ist ja die Anzahl derer, welche nicht wissen, was es um das Christenthum ist, und welche doch Christen zu sein meinen. Solche Unwissenheit findet sich sogar in den höheren Ständen noch mehr als in den niederen, und wir sind so frei, solcher Unwissenheit gar manche der in hohem wissenschaftlichen Kredit Stehenden, welche das Verzeichniß des Protestantentages enthält, zu zeihen. Da halten sich die Einen an den Namen Protestanten, und weil sie gegen recht Vieles protestiren, wähnen sie gute Protestanten zu sein, und das ist ihnen gleich bedeutend mit guten Christen. Da können sich Andere das Zeugniß geben, daß sie nicht ohne religiöse Empfindungen und Regungen sind, ihnen genug, sich gute Christen zu nennen. Wie kann man auch von den Laien mehr verlangen, als von den Theologen! Nennen sich Theologen, die die Gottheit Christi leugnen, noch Christen, wer will das Gleiche den Laien wehren?

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