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ALLGEMEINE LITERATUR - ZEITUNG

Mai 1838.

BIBLISCHE ALTERTHUMSKUNDE. LEIPZIG, b. Brockhaus: Staatsverfassung der Israeliten. Von Karl Dietrich Hüllmann. 1834. 227 S. 8. (Ladenpr. I Rthlr.)

Die

ie wissenschaftliche Richtung und Bedeutung des Vfs. ist aus seinen übrigen Schriften hinlänglich bekannt, und kommt es hier nur darauf an, in der Kürze zu zeigen, was er insbesondere für den Gegenstand geleistet, welchen er in dem vorliegenden Buche behandelt. Derselbe wurde bisher gewöhnlich von Theologen bearbeitet, die auf ihrem Standpunkte der biblischen Kritik und Exegese wohl einen sicheren und festen Boden, aber nicht immer die gehörige Kunde und Umsicht im Gebiete der historischen und staatsrechtlichen Principien hatten. Bei unsrem Vf. tritt beinahe das umgekehrte Verhältnifs ein, da er wohl ein literarisch sehr thätiger Historiker, aber kein selbständiger Bibelforscher ist, Zwar verdient es gerechte Anerkennung, dafs er sich, ehe er zur Behandlung seines Stoffes ging, mit den Resultaten der Bibelkritik und Exegese bekannt machte, aber diese seine Bekanntschaft ist noch eine mangelhafte und für die schwierige Aufgabe, die er sich gestellt, auf keinen Fall ausreichende. Daher leidet seine sonst geschickte Untersuchung und seine oft geistreiche Combination an Lücken und Mängeln, welche ihm den festen Boden, und seinen Hypothesen nicht selten die rechten Haltpunkte entziehen. Wir werden bei unsrer kurzen Darlegung des Inhalts Einiges der Art berühren, obwohl nur andeutungsweise, da uns das strengere Eingehen auf dergleichen theils überhaupt zu weit führen theils nöthigen würde, Dinge aus einander zu setzen, die sich aus dem dermaligen Standpunkte der Bibelerklärung für den Kenner derselben von selbst ergeben.

Die Einleitung verbreitet sich skizzenartig in drei §§. über den ältesten Schauplatz der Geschichte, dann insbesondere über die Heimath der Magier und Chaldäer, endlich noch über die Herkunft der Israeliten und Phönicier.,, Das menschheitliche Urland, heifst es S. 1, über welches zuerst die Morgendämmerung der Geschichte aufgeht, ist die Gegend des innern Asiens, welche sich von Bactrien über Medien und Nordpersien bis nach Babylonien erstreckt. Von diesem Prytaneum sind die Ansiedlergesellschaften ausgezogen, die im Westen das erste Beispiel eines geordneten Gemeinwesens aufgestellt und das Urlicht der Vorstellungen von überirdischen

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Mächten verbreitet haben; ans dieser Schule stammt
die grofse Familie der Magischen, Chaldäischen,
Orphischen und Gnostischen Ideen, die von allen
geistigen die älteste, zahlreichste und mächtigste ge-
nannt werden mufs. Diese vielverzweigten Ideen
sucht der Vf. bei der Wurzel zusammenzuhalten,
aus welchem Streben mehrere seiner Combinationen
resultiren. Seine Vermuthungen über die Lage des
biblischen Eden S. 2-3 leiden an den Schwierig-
keiten aller ähnlichen Conjecturen über das auch in
geographischer Hinsicht verlorene Paradies. Ueber
die Stellung der Magier und Chaldäer im Volks- und
Staatsleben wird in der Kürze manches Beachtens-
werthe gesagt und die Nachrichten der Bibel und der
Classiker gleichmässig in Betracht gezogen, obwohl
schon hier sich ergiebt, dafs der Vf. die ersteren
nicht selbständig und gründlich genug zu nutzen ver-
steht, wie dies u. a. seine Meinung über Jesaia Cap.
23 (S. 16) und von dem gegenseitigen Verhältnifs
der gleichlautenden Berichte 2 Kön. 20 und Jes. 39
(S. 19) bekundet. Eine nähere Erwägung verdient
des Vfs. Ansicht von dem Verhältnifs der civilisirten
Chaldäer in Babylonien zu den wilden chaldäischen
Gebirgsbewohnern, welche Xenophon schildert.
Letztre bält er für solche Familien, die während der
assyrischen Oberherrschaft in die Gebirgsgegenden
verpflanzt wurden und dort als unstete Parteigänger
allmählig verwilderten (S. 17): eine Ansicht, die
der jetzt beliebten Schlözer'schen schnurstracks ent-
gegengesetzt, aber uns wenigstens nicht sehr wahr-
scheinlich ist. Was die Abkunft der Hebräer und
Phönicier betrifft, so zogen die Stammväter der er-
stern bekanntlich von jenseit des Euphrat herüber
aus Mesopotamien. In die babylonische Ebene ka-
men die Menschen nach 1 Mos. 11, 2 von Morgen
herüber" (obwohl der Ausdruck an jener Stel-
le auch anders gefafst wird, wir glauben jedoch mit
Unrecht). So weit ist alles recht gut. Aber sehr
milslich ist es, wenn nun ferner der Vf. S. 23 Cusch
für das persische Chusistan hält und von dorther den
Nimrod einwandern läfst. Aus Chusistan (nach He-
rodot vom rothen Meere) sollen dann auch die Phö-
nicier stammen. Mag man immerhin dieser letztern
Sage eine gewisse Wahrscheinlichkeit zugestehen,
so darf sie doch nicht auf die unhaltbare Verglei
chung von Cusch mit Chusistan gestützt werden.

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In der Entwickelung der israelitischen Staatsverfassung unterscheidet der Vf. drei Zeiträume, von denen der erste die Anfänge des Staats und der Kirche umfasst, der zweite die priesterfürstliche und der dritte die weltfürstliche Verfassung in sich be

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greift. An der Spitze dieser ganzen Deduction steht Kiste der Messenier (Pausan. IV, 20, 2 n. 26, 6) ein Versuch, die persischen Amschaspand, die Ka- wird dadurch verschoben, dafs die grofsen Götter" biren und die Titanen mit den hebräischen Elobim ohne Weiteres den Elohim an die Seite gestellt werzu identificiren, eine zu gewagte und mifslungene den. S. 82. 83. Ueberhaupt läfst sich der Vf., den Untersuchung, die in der Wolkenregion, in einer von ihm gezogenen Parallelen zu Liebe, zuweilen hochgehenden Nebelschicht schwebt, wohin der be- von der ganz offen daliegenden Thatsache abführen, sonnene Historiker keinen Fufs zu setzen wagt. Der und seine unzureichende Bibelkenntnifs macht ihn in Amschaspand sind sechs mit dem siebenten, Ormusd, solchem Falle nur noch nachgiebiger. So meint er, an ihrer Spitze. Dasselbe Zahlenverhältnifs zwingt die Bundeslade sey,, vermuthlich" länglich gewesen, der Vf. auch den Kahiren auf, differente Angaben man habe sie sich wie einen Schrank za denken, die darüber werden dem Schwanken und dem Mifsver- Gesetztafeln aber seyen wohl den Solonischen ähnlich stand der Sage beigemessen. Bei den Elohim gar gewesen, die sich als pyramidenförmige Säulen an ist die Zahl sieben lediglich aus der Luft gegriffen. einer Achse umdrehen liefsen. S. 83. Aber die BeDer Vf. versteht aber unter den Elohim,,die urge-schreibung der Bundeslade 2 Mos. 25 lafst über ihre sellschaftlichen Patriarchen" (Phratriarchen), und Form kaum einen Zweifel übrig. Auch läfst sich Abraham ist ihm ein Vorsteher der Elohim, nach nicht absehen, warum nach S. 84 Mose nur Zeicheneiner verkehrten Deutung der Stelle 1 Mos. 23, 6. schrift, nicht aber Buchstabenschrift gekannt haben In §. 6 wird dann noch der Ursprung der gemein- soll. Die Vater'schen Ansichten hierüber sind ja schaftlichen Gottesverehrung von der Stammverfas- doch wohl als antiquirt anzusehn, Den Urim und sung oder näher von der Verehrung der Stammahnen Thummim im Schilde des Hohenpriesters giebt der hergeleitet. Eine Wechselwirkung in der Gestal- Vf., gewifs sehr richtig, eine Beziehung auf die Retung der ältesten weltlichen Verfassung und des Cul- gierungsmacht und das Oberrichteramt desselben tus der Gottheit mufs ja allerdings angenommen wer- (S.95), aber die specielle Deutung des Namens den (vgl. auch §. 16), aber man wird Bedenken tra- Thummim von der Gesammtheit" der Staatsbür gen, sich den Hergang der Sache gerade so vorzu- gerschaft, deren Vertreter der Hohepriester gewestellen wie der Verfasser. sen, und die Behauptung, dafs Urim eine Beziehung auf die Himmelslichter (meoroth), folglich auf die Zeittheilung und auf sieben besondere höchste Stammhäupter gehabt habe, ist eine nichtige Hypothese. Die Stelle 1 Sam. 2, 28 geht lediglich auf die Opfer, deren Verwaltung dem Hause Aaron zustehen sollte. Der Vf. handelt weiter von den Schophetim, Schoterim und Chiliarchen, von dem Obergericht, von den aufserordentlichen Versammlungen der Volkshäupter und den ordentlichen Volksversammlungen. Die Schwierigkeiten, die dem Vf. über den Verordnungen des Pascha zu schweben scheinen (S. 118), hätte er zum guten Theil überwunden, wenn er die Bestimmungen des Deuterono mion von denen der vier altern Bücher des Pentateuch unterschieden hätte. Statt der Widersprüche würde sich ihm dann eine Fortbildung des Gesetzes ergeben haben. Die Mazzoth stellt der Vf. mit der griechischen uála zusammen und vermuthet, dafs sie eine Art Gerstenklöse gewesen, was wir dahingestellt scyn lassen. Auf das bestimmteste aber müssen wir widersprechen, wenn der Vf. S. 133 ff. dem Worte Aschera (s. v. a. Astarte) wieder die Bedeutung einer Baumhalle vindiciren will, wie die LXX. Vulg. u. A, dasselbe erklärt haben, Die Beweisftihrung ist durchaus unzureichend. Lückenhaft und zum Theil schief und unhistorisch ist auch die Schilderung der Leviten und ihrer Macht und Ohnmacht $ 16. Ein Hauptübelstand ist dabei, dafs die verschiedenartigen Verhältnisse derselben, wie sie zu verschiedenen Zeiten waren, nicht gehörig geschieden werden. Ein genaueres Auseinanderhalten der aus so verschiedenen Zeiten stammenden Quellen und eine sorgfältigere Beachtung auch der indirecten Zeugnisse, die die unbefangensten sind hätte Man

Bei der Schilderung des zweiten Zeitraums handelt der Vf. in zwei Abschnitten erst von der Regierung selbst, dann von den Volksverhältnissen. Er geht hier aus von der Entstehung und Erweiterung des Begriffs der Obergottheit. Dals Zeus der Herrschaft der Titanen ein Ende gemacht, bedeutet dem Vf. einmal, dafs an die Stelle der heptarchischen Regierung die monarchische getreten, und zweitens, dafs verbündete Stämme vou der Verehrung ihrer Stammgottbeiten abgezogen und zu der einzigen, einer Gesammtgottheit, angehalten worden. So sollte sich allerdings in ähnlicher Weise auch bei den Israeliten die sich zersplitternde und in Unklarheiten zerfliefsende Gottesverehrung in Jehova concentriren. Aber dabei ist und bleibt es irrig, vou einem,,Jehova (Oberherrn) der Elohim" zu reden, da der Ausdruck b sicher nichts anders als Gott Jehova bedeutet, sofern die beiden Gottesnamen nicht im Genitiv sondern im Appositionsverhältnifs zu einander gedacht werden müssen. Ein Anderes ist es mit Jehova der Heerschaaren (Zebaoth). Ueber die Seher und Propheten giebt der Vf. §. 8 einzelne gute Winke, doch ist weder der Unterschied der gemeinen Wahrsager und der griechischen Seher von den Jehovapropheten gehörig hervorgehoben, noch ist der Eintufs und die Stellung der Propheten im Staate irgend vollständig und genau erwogen. Gleichfalls lückenhaft ist die Darstellung der mosaischen Verfassung. Der Vf. giebt zwar auch hier einige brauchbare Combinationen, doch spuken die Elohim wieder, sogar in der Benennung der Bundeslade, wenn sie eine Gotteslade (777) genannt wird. S. 81. Auch die Vergleichung der letzteren mit dem geheimen Archiv oder der Urkunden

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ches in anderem Lichte gezeigt. Besser sind die ein- Art von priesterlicher Berechtigung zugestanden fachen Einrichtungen des israelitischen Kriegswe- worden sey, ob Samuel durch die Salbung dem sens geschildert §. 17, ebenso die Ortsverwaltung Saul eine Annäherung wenigstens zu dem geweihand die kleinere Rechtspflege §. 19. Bei Betrachten Prophetenstande habe einräumen wollen a. dgl. tung der Volksverhältnisse bespricht der Vf. den Nur geht der Vf. hierin jedenfalls zu weit, wenn Abschluss der Stammgebiete gegen einander §. 21, er daraus nicht nur den Umstand herleitet, dafs die im Lande zerstreuten Priester- und Levitengüter sogleich Saul (und später David) zu eigner Vermit dem innen zugelegten Zehent §. 22, und andere richtung der Opfer sich berechtigt glaubt (1 Sam. 14), agrarische Bestimmungen, namentlich Sabbath- und sondern auch dafs Saul vom biblischen Referenten Jubeljahr §. 23. Das Sabbathjahr scheint dem Vf. in der Stelle 1 Sam. 14, 37 geradehin Priester nur in Betreff des Aufhörens der Schuldhörigkeit genannt werde. Denn in dieser Stelle ist vielwirklich in Anwendung gekommen zu seyn; die An- mehr die Rede von dem Priester, der in Sauls ordnung desselben als eines allgemeinen Brachjahres Umgebung war, also einem eigentlichen Priester. dagegen nennt er eine blos gedankenbildliche Auf- Im letzten Abschnitt wird noch kürzlich auseinanstellung, und hält wenigstens das für gewifs, dafs dergesetzt, wie seit David die kirchliche Gewalt Niemand sich an das Gesetz gekehrt habe. S. 163. der weltlichen sich in vielen Stücken fügte, wie Dies dürfte bei genauerer Untersuchung für manche eine königliche Hofhaltung entstand, wie sich unZeiten einer Beschränkung bedürfen, und es ist zu ter Salomo grofse Handelsunternehmungen entbedauern, dafs Hr. H, bei dieser und ähnlichen Fra- spannen und nach seinem Tode das Reich zerfiel. gen, namentlich bei der über die Rechte und Ver- In dem Abschnitt über die salomonische Schifffahrt hältnisse der Leviten so wenig darauf eingegangen wäre vom Vf. Gründlicheres zu erwarten gewcist, zu bestimmen, wie und wann und in welcher sen. Im Einzelnen bemerken wir die durch neuere Ausdehnung dergleichen Forderungen des Gesetzes Reisende widerlegte Meinung, dafs der lanitische in der Wirklichkeit ihr Entsprechendes gehabt ha- Meerbusen in zwei Buchten auslaufe, an deren östben mög Recht gelungen finden wir, was §. 24 licher Ezjongeber gelegen S. 216, die gewifs ungeüber die Familienloose und die Erbfolge in Bezug hörige Zusammenstellung von Ophir mit Afer und auf Familiengüter gesagt ist. Mit Recht hat der Vf. Africa S. 220, wobei ganz aufser Acht gelassen zur Erläuterung der Sache die Parallele des alt-at- wird, dafs einige der aus Ophir eingeführten Hantischen Rechts benutzt. Rec. ist hier mit dem Vf. delsartikel in der Bibel ganz deutlich indische Nadurchgängig einverstanden, nur dafs er Hiob 42, 15 men führen, und endlich die Verwechselung von die Berücksichtigung arabischer Sitte findet (vgl. Seba (, das der Vf. nicht für Meroe, sondern Koran 4, 12) gegen S. 176. für eine Küstenstadt Aethiopiens hält) mit Saba oder Scheba (N), woher die Königin kam, die Salomo besuchte, S. 222, obgleich kurz zuvor vor dieser Verwechselung gewarnt wird. Auch ist nicht wohl abzusehn, warum der Vf. bei der Trennung des Salomonischen Reiches abbricht, da die hebräische Staatsverfassung auch in ihrer Getheiltheit eine israelitische blieb und noch manche Phasen der Veränderung durchlief, deren gründliche Darstellung der Mühe wohl gelohnt hätte. Buch hat nichts, was einer Vorrede ähnlich sähe, und wo man eine Erklärung des Vfs. hierüber 80wohl als über den von ihm genommenen Standpunkt überhaupt suchen könnte, was um so mehr zu bedauern ist, da dergleichen durch die Darstellung selbst nicht ganz deutlich wird. E. R.

Nach einigen Bemerkungen über Gelobungen, über die Leviratsehe und andere Familiensachen, kommt der Vf. zum letzten Zeitraum der weltfürstlichen Verfassung. In zwei Abschnitten handelt er hier zuerst von den Verhältnissen der Hierarchie zum Königthum, dann von den öffentlichen Zuständen in diesem Zeitraum. In jenem ersten Abschnitte kommt die Salbung des Königs durch die Priester, deren Einfluss auf die Thronfolge und die Vererbung des Oberpriesterthums zur Sprache. Der Vf. hält es für irrig, wenn Manche die Grundlage der Hierarchie des frühesten Alterthums in absichtliche Täuschung setzen wollen.,, Die bei dem Volke als Vermittler zwischen diesem und den Unsterblichen galten, geboten durch ein Lehrgebäude von Sagen, Gewohnheiten und Glaubensmeinungen, dessen erste Gründer sie nicht kannten und an dessen auf hohem Alterthum beruhender Heiligkeit sie selbst nicht zweifelten. Es war ein falscher Stein, den sie gläubig als einen echten aufbewahrten und in den Familien vererbten, anfänglich in wirklich verwandtschaftlichen, darauf, als diese zu erlöschen anfingen, in Genossenschaften, die den Familien nachgebildet waren." S. 198. Viel Eigenthümliches enthält die Darstellung der ersten Königswahl S. 200. Es verdient eine weitere Untersuchung, die sehr folgenreich werden kann, ob, wie der Vf. meint, durch die Salbung des Königs diesem irgend eine

BIBLIS CHE LITERATUR.

Das

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flüssig heilsen, da sie manches Eigenthümliche hat, und da die Auswahl unstreitig passend ist. Hr. Dr. 0. giebt hier 100 Erzählungen aus dem alten und 108 aus dem N. T. Die Aufeinanderfolge derselben richtet sich nach der Ordnung, in welcher die historischen Bücher in der lutherischen Bibelübersetzung vorkommen. Die Erzählungen aus dem A. T. beginnen mit der Schöpfung und schliefsen mit,, Hiobs Trost"; die aus dem N. T. fangen mit der Geburt des Täufers an und endigen mit ,, Paulus vor dem Landpfleger Felix." Die Sprache ist gröfstentheils die der lutherischen Bibelübersetzung, welcher der Vf. wegen ihrer Kraft den Vorzug giebt; hin und wieder ist er da, wo ein mehr bezeichnendes Wort, eine einfachere Stellung des Gedankens dem Verständnisse zu Hülfe kam, der Bibelübersetzung De Wette's gefolgt, und hofft mit Recht, dafs man darin keine Ketzerei finden werde. Nutzanwendungen hat er nicht hinzugefügt, weil ihm diese in vieler Hinsicht überflüssig erscheinen; dagegen finden sich unter den einzelnen Erzählungen Sacherklärungen theils historischen und geographischen, theils naturgeschichtlichen und archäologischen Inhalts; hin und wieder auch exegetische Anmerkungen. Alles dies hat Rec. zweckmäfsig gefunden; nur hinsichtlich der oben gedachten Erklärungen erlaubt er sich einige Bemerkungen. Gleich unter der ersten Erzählung heifst es in der 2ten Anmerkung:,, die alten Hellenen fingen den Tag mit dem Abende an." Dies hätte, um bei Schülern kein Mifsverständnifs zu erregen, leicht anders ausgedrückt werden können. In der 49sten Erzählung aus dem A. T.,, Ruth" überschrieben, heifst es in Anm. 2,, Naemi sollte eigentlich heifsen Noomi."

Sprachliche Bemerkungen der Art scheinen dem Rec. für Schüler, wie sie der Vf. im Auge hat, unpassend. Dasselbe gilt auch von Anm. I unter der 4ten Erzählung: Noah und die Sündfluth. In der 92sten Erzählung,,, Serubabel" überschrieben, wird der König von Persien immer nur Kores und nicht einmal mit seinem bekannten Namen Cyrus genannt. In der Anmerkung wird zwar der Name Kores durch ,,Sonnensohn" übersetzt, aber auch hier ist von Cyrus gar nicht die Rede, Rec. kann dafür keinen Grund auffinden, zumal da in derselben Erzählung der Vf. den Ahasveros für Kambysos, den Artha sastha für Pseudosmerdis und in der 89sten Erzählung den Ahasveros für Xerxes erklärt. ,, Thubalkain, wie es in Aum. 2 zu der 3ten Erzählung aus dem A. T. heifst, ist, wie schon die Aehnlichkeit des Namens zeigt, soviel als Vulkan, der Gott des Feuers." Wodurch will der Vf. diese Hypothese rechtfertigen.?

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Da Hr. O. so Manches erklärt, so hitte er auch wohl in der 7ten Erzählung aus dem A. T. angeben

können, was man sich unter den,, Königen", die mit Sodom und Gomorra Krieg führen, zu denken habe. Es mufs doch den Schülern gar zu auffallend seyn, dafs Abraham mehrere Könige mit 318 Knechten schlagen kann. - Etwas gezwungen scheint uns die 5te Anmerkung zu der 20sten Erzählung aus dem N. T. in welcher die Bergpredigt enthalten ist. An den Ausdruck,, Gras" worunter der Vf. die Lilien versteht, knüpft er hier eine weitläufige Bemerkung über den Samum, die man hier nicht erwartet. Aehnliche kleine Ausstellungen liefsen sich mehrere machen; doch bricht hier Rec. ab, indem er nur noch bemerkt, dafs auch der correcte Druck und der mässige Preis das Büchlein, welches durch ein hinzugefügtes Inhaltsverzeichnifs noch gewinnen würde, für Schulen empfehlenswerth machen. L.

JUGENDSCHRIFTEN.

QUEDLINBURG U. LEIPZIG, b. Ernst: Die Geschichte Jesu nach seinem Leben und Wirken, als ein Spiegel der Frömmigkeit und Tugend, der christlichen Jugend zur Selbstbeschaving vorgehalten von Gustav Lehrreich. 1837. 106 S. 8. (6gGr.)

Ein in vieler Hinsicht empfehlenswerthes Büchlein, kein eigentliches Schulbuch, sondern, wie es scheint, vom Vf. dazu bestimmt, Kindern von et wa 8 bis 12 Jahren als Lesebuch in die Hände gegeben zu werden. In 37 Abschnitten wird das Vorzüglichste aus dem Leben Jesu von seiner Geburt bis zur Himmelfahrt in schlichter, kunstloser Weise und in einer dem Alter der Jugend, für welche der Vf. das Buch bestimmte, angemessenen Sprache vorgetragen. Den einzelnen Abschnitten sind belehrende Winke, die theils in der Erzählung selbst, theils am Schlusse vorkommen, so ungezwungen beigefügt, dafs sie zu der Erzählung selbst zu gehören scheinen. Der Vf. hat eine gesunde vernunftmässige Ansicht von der Person, der Lehre und den Werken des grofsen Welterlösers und ist eben so fern von frivoler Aufklärungssucht als von alberner Frömmelei. Die Lectüre des Büchleins läfst in der Seele des Lesers ein würdevolles und freundliches Bild des edelsten Menschenfreundes zurück. Einige Druckfehler, wie S. VI im Inhaltsverzeichnisse: Jesus lehret seinen Jüngern (st. seine Jünger) beten; S. 3 wo einst der junge David, des Isak (st. Isai) seines Vaters, Schafe gehütet hatte. - S. 9 und fragten nach ihn (st. ihm) u. a. stören beim Lesen und sind bei einer zweiten Auflage zu vermeiden. L.

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ALLGEMEINE

JURISPRUDENZ.

LITERATUR - ZEITUNG

Mai 1838.

GOTHA, b. Perthes: Die Lehre von den Servituten von Dr. Karl Luden. 1837. IV u. 308 S. 8. (1 Rthlr. 8 gGr.).

Der dem juristischen Publico durch seine Inauguraldissertation: De peculis sec. iur. Rom. Goettingae 1835, bekannte Vf. läfst sehr schnell darauf eine neue umfassendere Arbeit, über eine der schwierig sten Materien des R. R. folgen. Man wird gewifs gern der vom Vf. in der Vorrede ausgesprochenen Ansicht beitreten, dafs diese sowohl für Theorie als Ansicht beitreten, dafs diese sowohl für Theorie als Praxis so wichtige Lehre einer neuen Bearbeitung bedürfe: ob aber diesem ausgesprochenen Bedürfnil's durch diese Arbeit wahrhaft abgeholfen sey, ist eine andere Frage. Hierdurch soll freilich dem Buche nicht aller Werth abgesprochen werden; vielmehr erkennt Rec. das Streben des Hn. Dr. Luden nach Selbstständigkeit und seinen Eifer für juristisches Wissen als löblich an. Allein schon ein oberfläch liches Ueberblicken des Buchs zeigt deutlich, dafs es hier an Vorarbeiten mangele, die nothwendig erfoderlich sind, um einer juristischen Monographie einen höhern und bleibenden Werth zu sichern. Diese Vorarbeiten sind durchaus nothwendig, da nur sie dem Schriftsteller, welcher eine Materie des Rechts zu bearbeiten unternimmt, die leitenden Principien an die Hand geben können, mit deren Hilfe er das Einzelne leicht und glücklich löse, Leider aber finden wir dieses bei den Monographien der neuern Zeit nur sehr wenig beachtet, woher es denn auch kommen mag, dafs diese Arbeiten den classischen Werken, welche Savigny, Hasse und Mühlenbruch der juristischen Welt schenkten, auch nicht einmal entfernt sich nähern.

Eine Bearbeitung der Rechtslehre von den Servituten nach den Grundsätzen des R. R. hat ihre eigenthümlichen Schwierigkeiten. Diese Lehre bildete sich schon zu einer sehr frühen Zeit aus; sie stand gewissermalsen schon vollendet da, zu einer Zeit, wo z. B. das Obligationenrecht fast noch in einem blofsen Formelwesen befangen war. Hieraus erklären sich die vielen altsprichwörtlichen Redensarten; daher ferner finden wir die meisten Streitigkeiten schon in den Schriften Cicero's erwähnt. Allein nicht blos der alterthümliche Character dieser Lehre, sondern auch die Beschaffenheit des Gegenstandes, ihrer Anwendung macht sie zu einer der schwierigsten; uns fehlt eine genauere Kenntnifs so mancher damit in Verbindung stehenden Einrichtun4. L. Z. 1838. Zweiter Band.

gen und Begriffe, welche die Alten natürlich ihren Lesern nicht erst zu erklären brauchten.

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Es ist die Absicht des Hn. Dr. Luden gewesen, die ganze Lehre der Servituten, jedoch mehr im Ganzen, als im Einzelnen darzustellen: nur bei or in der Vorrede bemerkt die gegenwärtig noch solchen Gegenständen habe er länger verweilt - wie bestritten seyen, oder die er für zweifelhaft gehalten habe. Rec. glaubt, dafs dieses nicht der Gesichtspunkt für eine umfassende Monographie seyn dürfe und dafs es für die vorliegende Schrift weit vortheilhafter gewesen seyn würde, wenn der Vf. auf die Einzelnheiten ein gröfseres Gewicht gelegt hätte; ihre genauere Prüfung würde ihn gewifs veranlafst haben, mehrere seiner Resultate aufzugeben oder dieselben doch jedenfalls besser zu begründen. Bei durch ein Streben nach Eigenthümlichkeiit geleitet, seinen Untersuchungen wird der Vf. unverkennbar welches freilich an sich löblich, aber gar zu oft als viel zu übertrieben erscheint. Belege dazu werden weiter unten vorkommen.

Der Inhalt der Schrift zerfällt in 3 Bücher, von denen das erste vom Begriff der Servitut handelt, und zwar der erste Abschnitt vom Begriff der Servitut im Allgemeinen S.3-35, der zweite Abschnitt vom Begriff der Servitut im Einzelnen S. 36 — 134. Das zweite Buch enthält die Lehre von der Erwerbung und, dem Verlust der Servituten. Hierbei werden die dinglichen und persönlichen Servituten gänzlich von einander getrennt, indem von der Entstehung, Dauer und Ende der dinglichen Servituten im ersten Abschnitt S. 137-191, im zweiten Abschnitt von der Entstehung, Dauer und Ende der persönlichen Servituten S. 192-236 gehandelt wird. Das dritte Buch enthält die Lehre von den Rechtsmitteln, welche bei Servituten angewandt werden. können. Das erste Capitel handelt von den Klagen auf Einräumung der Sevituten S. 238-242; das zweite von den Klagen auf die Anerkennung einer rechtlich begründeten und auf die Befreiung von einer unrechtmässigen Servitut S. 243-284; das dritte Capitel von den Rechtsmitteln zum Schutze des Besitzes S. 284-308.

Nachdem zuerst einige allgemeine Sätze voraufgeschickt sind, die aber aller juristischen Bestimmtheit ermangela, folgt die Entwickelung zweier bisher nicht gekannter Begriffe; nämlich der eines physischen und moralischen Eigenthums. Des Vis. Ansicht ist diese: Einen jeden vorhandenen Gegenstand, an dem ein Recht denkbar sey, könne man stand 3

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