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Auch für die vaterländische Litteratur verwahrt die Bibliothek zwar wenige, aber desto kostbarere Schätze in Wolfram's von Eschenbach Willehalm (dieselbe Handschrift, welche Haltaus benutzte, Lachmann aber nicht hatte auffinden können) und Ulrich von Tuerleins Fortsetzung jenes Gedichts, Janson des Enikels Weltchronik, Hugo's von Trimberg Ben ner, Salomon und Markolph, der Geschichte von den sieben weisen Meistern, einer Menge Präambeln und zwei sehr starken Bänden der Gedichte von Hans Sachs.

An spätern Lateinern, namentlich Dichtern, ist kein nunftmäfsiger Auffassung des Christenthums and Mangel, zumal hier der. Vf. in etwas zu späte Zeiten, symbololatrischem Vernunfthasse, ist es jedesmal aich verlaufen hat. als ein Unglück zu betrachten, wenn der Streit dem Gebiete der wissenschaftlichen Discussion, dem allein er angehört, entnommen, und auf das Gebiet des practischen Lebens hinüber gespielt ist. Dann geht die milde Wirksamkeit der christlichen Religion selbst darüber verloren, dafs sie nur im Gewande der Leidenschaftlichkeit in das Leben eingreift, und Parteien stiftet, wo sie den Frieden gewähren sollte. Ist es aber dennoch unter uns dahin gekommen, dafs die Fragen über die höchste Tendenz und richtige Auffassung der Lehre Jesu diesem Geschicke jedes Parteistreits nicht mehr fern gehalten wurde: so Es würde zu weit führen, wenn wir auch die trifft die Schuld schwerlich die rationale Partei. Dieübrigen Abtheilungen in ähnlicher Weise durchmu se kommt ja jedesmal in Nachtheil zu stehen, sobald stern wollten; sie sind nicht minder reich ausgestaf etwas anderes als der Ernst der Wissenschaft und tet und namentlich für die lateinischen patres alte damit ein Gebiet, auf welchem allein von rationalem und gute Handschriften vorhanden. Dabei ist uns Verfahren die Rede seyn kann, für Entscheidung ein Uebelstand aufgefallen, der hier und anderwärts theologischer Fragen benutzt wird. Die rationale daraus entsteht, dafs Schriftsteller wie Prudentius, Auffassung des Christenthums hat durchaus nur solCassiodor und ähnliche unter verschiedenen Rubriken che Gründe für sich, die dem grofsen Haufen ziemérscheinen, und angebundene Theile nur da verzeichlich unzugänglich sind, nämlich gesunde Principien net sind, wo der hauptsächlichste Inhalt des codex der Hermeneutik, um die Schrift in dem Sinne zu hingehört. Zwar wird ein vollständiges Register ei- erfassen, den die heiligen Schriftsteller selbst damit nige Abhülfe darbieten; wer aber nicht nach Regi- verbanden, ferner treues Geschichtsstudium, um stern die Bücher zu benutzen pflegt, sondern die ihn den Entwickelungsgang des kirchlichen Systems bis interessirenden Theile vollständig durchgeht, würde auf den jetzigen Punkt des Streits verstehen zu köneine Verweisung auf die frühern Nummern und Ab- nen, endlich Einsight in die sittliche Natur des Mentheilungen recht gern gesehen haben. Für die erst schen, die ja gerade durch das Christenthum geläunach Vollendung des Ganzen binzuzufügende Vorrede tert und geadelt werden soll. Offenbar ist mit diewünschen wir eine kurze Geschichte der Bibliothek, sen Waffen, wie mit dem rationalen Verfahren überder bedeutendsten Wohlthäter, Vermächtnisse, An- haupt, aufserhalb des Gebietes der Wissenschaft gaben, woher und zu welchen Preisen einzelne wenig anzufangen. Welch ganz anderes Arsenal Ankäufe gemacht sind und Aehnliches der Art; doch vermag dagegen die vernunftfeindliche Partei zu erbrauchen wir kaum den erfahrenen Bibliothekar, als öffnen, womit sie geradezu vom Gebiete der wissenwelchen sich Hr. N. in dieser Arbeit bewährt hat, schaftlichen Discussion ablenkt, und an die Stimüber solche Dinge zu unterrichten, auf die er von selbst mung des grofsen Haufens appellirt! Die kecke Angefallen sein würde, und wollen ihm nur ausdauernde mafsung der Untrüglichkeit hat noch immer der MaKraft wünschen, um das Werk in Verbindung mit jorität imponirt; das Parteimachen, Verketzern und den zwei Gelehrten, die für Orientalische und Rab- Verfolgen fesselt die Gemüther mit einem unwiderbinische Litteratur ihre Hülfe zugesagt haben, den stehlichen Reize; der Aufruf zum Schutz des gefährHrn. Prof. Fleischer und Dr. Delitzsch, recht bald deten Zions ist, nur mit dem gehörigen Nachdruck zu einem glücklichen Ende zu führen, wozu, siche- vorgebracht, noch nie ohne Erfolg geblieben. Selbst rem Vernehmen nach, baldige Aussicht vorhanden der Vernunfthafs dabei scheint zur Nahrung des ist. Die äufsere Ausstattung, Druck, Papier und Parteikampfes eine besondere Brauchbarkeit zu hadie lithographirten Facsimile's machen dem Verleger, ben. Das Nichtverstandene und Nichtverständige welcher das Werk auf eigene Kosten zu unternehmen gestattet ja den Verfechtern, sich alles Mögliche daden Muth gehabt hat, alle Ehre, und wir wollen wün- bei zu denken, und vermag in ihnen das wilde Feuer schen, dafs die Bibliotheken ihn durch Ankauf eines einer gedankenlosen Aufregung zu entzünden. Werks unterstützen, das unter den Handschriften Katalogen einen vorzüglichen Platz einzunehmen verdient. F. A. E.

Wenn nun dennoch vorliegender Roman versucht, den theologischen Kampf der Gegenwart zum Besten der rationalen Partei vor dem gröfsern Publicum zu enthüllen; so ist dieser Schritt, so wenig er sonst dem Verfahren der rationalen Theologie zu

DOVERMISCHTE SCHRIFTEN.
BIELEFELD, b. Velhagen u. Klasing: Der Reli- entsprechen scheint, als Nothwehr, und von der Ge-
gionszwist zu Bacherau, ein Roman von Theodor
Friedberg. 1838. 365 S. in 8.

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Bei Streitigkeiten, wie den gegenwärtig in der evangelischen Kirche anhängigen, zwischen ver

genpartei erzwungen, zu betrachten. Gegen ihre Insinuationen bei den Höfen und Regierungen, gegen ihr Werben und Parteimachen bei Hoch und Niedrig, gegen ihre Geldmittel und Protectionen, die sie un

ter einander anzuwenden vermag, stehen der ver- ten zu lassen, um so den Leser auf weniger ermiinunftmässigen Partei etwa nur zwei Mittel zu Gebot, dende Weise durch Belehrung zu gewinnen: sondern um gleichfalls ihre Sache vor dem gröfsern, nicht der Eindruck, wie ihn der VI. beabsichtigt, soll von wissenschaftlichen Publicum zu führen, die Satire, der Entwicklung der Erzählung selbst abhängen, und und dann eine allgemeinverständliche Darlegung der das Resultat, wie es sich zuletzt als nothwendig und Consequenzen für Leben und Wohlseyn, die aus in der menschlichen Natur selbst begründet darstellt, dem Vernunfthasse erwachsen. Die Satire bat schon soll für sich sprechen, und die endliche Ueberzeuoft ihren Stachel gegen Ueberspanntheit aller Art gung bestimmen. Gewils wird diese Form nur zu erprobt, und wird auch sicherlich noch gegen das billigen seyn, da bekanntlich die sogenannten gebilKränkeln unserer Zeit angewandt werden müssen, deten Leser, die bier zugleich Unterhaltung finden Vorliegender Roman macht das andere Mittel gel- sollen, sich der Ermüdung der eingewebten Discusfend, er zeichnet dem grössern Leserkreise ein Bild sion nur zu leicht durch Ueberschlagen und Hineilen der Zustände vor, wie sie mit Nothwendigkeit aus zu dem fortlaufenden Faden der Erzählung zu entdem bisherigen Getriebe der Obscurantenpartei her- ziehen pflegen. Für sie ist der Umstand trefflich vorgehen werden, und erwartet aus dem vorgehalte berechnet, dafs gerade die Erzählung in ihrem Fortnen Bilde ein heilsames Erwachen aus Traum und schreiten das Belehrende selbst enthält, und ununTäuschung. Ist dabei das eigentlich allein ange- terbrochen bis zum Ausgange fesselt. Es kam dem messene Verfahren der wissenschaftlichen Discus- Vf. offenbar nicht darauf an, die gegeneinander stesion aufgegeben, ist an das Urtheil der sogenannten henden theologischen Parteien nach eigentlich dogGebildeten appellirt: nun so ist damit nur ein Ver- matischem Gehalte und Tendenz zu verzeichnen, fahren wiederholt, das die Gegenpartei längst zu sondern er erwartet von dem Leser, dafs er bei den ihrem Besten ausgebeutet hatte; es sind doch wenig gegebenen einzelnen Zügen schon die Parteien erkenstens noch immer geistige Waffen, die hier aufgebo- nen, und jene auf die eigenen Umgebungen anwenden ten werden; denn der vernunftfeindlichen Richtung werde. Er läfst die Gegensätze ihrer Individualität In allen ihren Intriguen und Kunstgriffen zur Bear- gemäfs sofort handeln, und traut seinem Pinsel Ener beitung des Volks zu folgen, ihr völlig mit gleichen gie genug zu, dafs Jeder nur einigermafsen mit dem Waffen zu begegnen, dazu wird sich schwerlich ein kirchlichen Leben der Gegenwart Vertraute in ihnen Vertreter des vernunftmässigen Christenthums ver- die bekannten Parteien erkennen wird. Vielleicht stehen. Aus eben jenen Bedürfnissen ist in neuerer könnte man ihm daraus einen Vorwurf machen, dafs Zeit der theologische Roman hervorgegangen, hat in diese Charakteristik ihm eigentlich nur bei der verde Wette's Theodor, in Bretschneider's Heinrich und nunftfeindlichen Partei gelungen ist, die in ihrem Antonio, einige weithinwirkende Aeste getrieben, Fanatismus bei weitem regsamer, rühriger erscheint, und wird auch in vorliegendem Werke benutzt, um mehr Character entwickelt, und deshalb auf den Ledie Gegenwart über das gefahrvolle Treiben religiöser auch bei Weitem anziehender wirkt; dagegen ser Streitigkeiten aufzuklären, worin dieselbe schon dürfte die Seite der Vernunftfreunde wohl zu inhaltszu einer entsetzlichen, vor mehrern Decennien noch leer, blofs negativ und abwehrend gegen die Verschwerlich geahnten, Fertigkeit gelangt ist. zerrtheit der Gegner gehalten seyn. Was sie als Der anscheinend pseudonyme Vf. scheint dem wirklichen Gehalt ihrer Auffassung des ChristenVerlagsorte nach in Westphalen gesucht werden zu thums darbieten, gedeiht bei Weitem nicht so zur müssen, und wird wahrscheinlich unter den dortigen Anschaulichkeit, und ist nicht mit der Vorliebe begebildeten Layen oder Predigern zu finden seyn, handelt, wie das abschreckende Gemälde der eindenen die dort mehrfach angeregten Religionsstrei- seitigen Eiferer. Man sieht es der Darstellung des tigkeiten, wie der ganze Obscurantismus in der Vfs, an, dafs der Unwille über die Excentricität der evangelischen Kirche, verhafst ist. Er zeichnet ein Fanatiker ihm hier die Farben reichlicher darbot, Bild solcher Zustände mit aller der Lebendigkeit, und die Züge schärfer ausführen liefs, doch liegt wie sie nur aus unmittelbarer Beobachtung erworben der Grund dazu wohl überwiegend in der Sache zu werden pflegt, und mit der Umsicht, die das Ge- selbst, weil jedesmal die Ruhe und Besonnenheit, fährliche des Fortschreitens auf der einmal beschrit- die der Wahrheit zukommt, für die Darstellung und tenen Bahn hinreichend gewürdigt hat. Die Scene Auffassung weniger markirbare Punkte darbietet, ist nach Nordamerica verlegt, wo dem Eingange nach als die zelotische Beweglichkeit mit ihren so zahldie entlegensten Urwälder westlich von Konnektikut reichen Ecken und Spitzen. Aus demselben Grunde der Einbildungskraft des Lesers binreichenden Spiel- hat man bei Dante und Klopstock die Zeichnung der raum für die dargestellten Begebenheiten darbieten. Dämonen jedesmal für interessanter und unterhal Im Ganzen ist die erzählende Form des Romans hier tender gefunden, als die der Engel in ihrer langwei treuer benutzt, als in den gleichartigen schon ge- ligen Ruhe, ohne daf's wir aber durch diesen Ver nannten Werken de Wette's und Bretschneider's; die gleich die Parteien selbst bezeichnen, oder etwas Absicht des Vfs. ist also nicht sowohl darauf gerich- Anderes andeuten wollten, als den gröfseren Reichtet, in den Rahmen der Erzählung Raum für Unter- thum künstlerischen Stoffes, der sich jedesmal auf weisung und theologische Discussion zu gewinnen, der Seite der leidenschaftlichen Aufregung und Veretwa die auftretenden Personen sich über die in Fra zerrung vorfindet. Ein Bericht über den Verlauf der ge stehenden wissenschaftlichen Probleme unter hal Erzählung selbst liegt nicht in unser Plane;

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haben wir wenigstens so viel hier auszuheben, als zim Beweise der obigen Behauptung gehört, dafs das Instructive dabei nicht in den gelegentlich einge streuten theologischen Erörterungen, sondern in der geschilderten Handlung selbst liegt.

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Der Religionszwist erscheint gleich zu Anfang so völlig in die socialen und bürgerlichen Verhält nisse der Gemeindeglieder eingedrungen, dafs das Zusammenleben selbst dadurch getriibt, zarte Beziehungen, wie sie zwischen Liebenden aus den Parteien bestehen, zerstört, Familienglück durch Insinuationen und Eindringen zelotischer Bekehrer vernichtet, sogar die Rechtspflege, wie sie von der Gemeinde rein democratisch geübt wird, vereitelt erIn der naturgemäfsen Entwicklung der scheint. Streitigkeit müssen wir die feine Beobachtungsgabe des Vfs. darin besonders glücklich nennen, wie er das Verderbliche des Zelotismus in seinen eigenen Consequenzen zu schildern weifs. Es gelingt den Eiferern, die vernunftmässige Partei aus dem bisherigen gemeinschaftlichen Kirchengebäude hinauszudrängen anderweitig ist der mildere Ausdruck um nicht zu offenem entlassen vorgeschlagen; Kampf und Blutvergiefsen gezwungen zu werden, verläfst dieselbe sogar das Dorf und baut sich ein Friedenshöh, von den Gegnern bald Teufelshöh genannt. Allein gerade der Umstand, dafs die Zelotenpartei nun des bisherigen Angriffs punkts entbehrt, schlägt für sie selbst zum grölsten Verderben aus. Jetzt fahren die einmal aufgeregten Kräfte gegen einander, und zerfleischen sich selbst. Aus der bisher nur durch den gemeinsamen Kampf gegen die Vernunftmässigen zusammengehaltenen Partei der Zeloten, gehen sofort drei neue Factionen hervor, die als die orthodoxe, mystische und apocalyptische bezeichnet werden, und bald unter einander selbst so sehr in Hader gerathen, dafs alle einigermalsen Besonnenen darüber zur Erkenntnifs der ungeheuren Verirrung gelangen, die extremen Wortführer fortjagen und sich zur Wiederaufnahme der zuerst vertriebenen Vernunftfreunde verstehen, worauf Alles in Frieden endet. Diese Durchführung des Vfs., womach er dem Fanatismus nur so lange ein Zusammenhalten beilegt, als ihn das gemeinschaftliche Interesse gegen den Rationalismus vereint, nach dessen Ueberwältigung aber den Zwist im Innern noch heftiger entbrennen, und sich in sich selbst verzehren läfst, diese Wendung erklärt Rec. für eine wirklich meisterhafte, und dem geschichtlichen Verlaufe alles Religionsfanatismus abgelauscht. Unter uns ist es doch gottlob noch nicht zur Vertreibung oder Entlassung der Vernunftfreunde aus der evangelischen Kirche gekommen, aber schon die blofse leere Einbildung, und das gegenseitige Beglückwünschen darüber, dafs der Rationalismus überall siegreich beKämpft sey, hat ja die Wirkung hervorgebracht, dafs die bisher im Kampf gegen ihn Verbündeten, die Waffen gegen einander kehren. Müfsten nicht dem Principe nach die sogenannten Evangelischen

durchaus mit den überspannten Lutheranern in Schlesien, um Halle und Erfurt herum, Hand in Hand gehen? sie waren verbindet, so lange es nur die negative Seite galt, und blofs Declamationen gegen die Anmafsungen der Vernunft anzubringen waren; sobald sie aber daran gingen, in dem ihrer Meinung nach wieder gereinigten Zion nun sich selbst einzurichten, und sich darüber zu verständigen, was man denn selbst eigentlich wolle: da konnte es an Verschiedenheit der Meinung, und sofort an Stoff zu neuem Verketzern nicht fehlen. Einig ist die ganze Partei darüber, dafs rückwärts geschritten werden soll, von dem Lichte der Intelligenz und der Wärme der Toleranz; einig ist sie darüber, dafs das ganze 18te Jahrhundert im Argen liegt, unser gegenwärtiger Zustand gerade deshalb verwerflich sey, weil er dessen Product bleibt; aber wenn sie nun daran geht zu bestimmen, wie weit rückwärts zu schreiten sey, so begreift es sich zu leicht, dafs aufs Neue sich Meinungsverschiedenheiten geltend machen müssen; wenn die Anhänger der Evangelischen Kirchenzeitung es für genügend halten, den Rückschritt bis ins 17te Jahrhundert zu vollziehen: warum sollten nicht Andere noch weiter zurück wollen ins 16te Jahrhundert, in die Einseitigkeit der Luther'schen Abendmahlslebre, gegenüber der Umsicht und dem Freisinne, Melanchthon's? Wenn es wirklich den Zeloten unserer Tage gelänge, die Denkgläubigen aus der Kirche zu entlassen, sicher würde der Streit um so ärgerlicher werden, weil nach aller geschichtlichen Erfahrung der Parteihals um so bitterer wird, je näher die Streitenden ursprünglich einander standen, und je mehr sie als verschiedene Zweige aus derselben Wurzel zu hetrachten sind. Der Vf. hat auch hier sich begnügt, das Hervorbrechen der drei neuen aus der einen vernunftfeindlichen Partei zu berichten, und sie in die Erzählung zu verflechten, ohne jedoch die im Allgemeinen hingeworfenen Züge speciell auszuführen: so vermifst man namentlich eine Individualisirung der apocalyptischen Partei sehr ungern, die sicher in eben so plastisch anschaulichen als den Reiz der Erzählung erhöhenden Zügen hätte ausgeführt werden können. Fast erscheint sie hier nur passiv, wie, sie durch eben so lächerliche als tückische Orakel eines frechen Menschen zum Besten gehabt wird. Auch dieser Zug ist meisterhaft durchgeführt, dafs der blinde Supranaturalismus bei seinem gänzlichen Verzichten auf vernünftige Prüfung dessen, was sich als Offenbarung ankündigt, in die Gefahr geräth, sich jedem angeblichen Offenbarer unterwerfen zu müssen, der frech genug ist, sich unter göttlicher Autorität aufzudrängen. Ein elender roher Gesell, der zu der antirationalen Partei übergeht, weil er dort auf eine frömmelnde alte Jungfer speculirt, redet zu den offenbarungsstichtigen im nächtlichen Orakelton; und was wollen sie gegen solche Offenbarung einwenden, nachdem sie einmal das Licht der Vernunft ausgelöscht haben?

(Der Beschlufs folgt.)

ALLGEMEINE

LITERATUR ZEITUNG

Mai 1838.

b VERMISCHTE SCHRIFTEN. BIELEFELD, b. Velhagen u. Klasing: Der Religionszwist zu Bacherau, ein Roman von Theodor Friedberg u. 8. W.

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(Beschlufs von Nr. 93.)

n der ganzen Bearbeitung und Darstellung unserer deutsch - evangelischen Zustände unter fremdem Bilde ist gewifs die psychologische Seite die glänzendste, womit der Vf. die verschiedenen Niancen zeichnet und auseinander hält, ohne doch gerade auf die dogmatischen Lebrunterschiede einzugehen; dabei zeigt er zugleich die gröfste Billigkeit auch in Beurtheilung der entgegenstehenden Partei: wo er an ihnen die reine Mystik zeichnet, die ohne weltliche Nebenabsichten und ohne Zelotismus nur als eine höhere Potenz der religiösen Wärme selbst aufzufassen ist, da ist die Darstellung selbst mild und versöhnend, erkennt auch das Edle und Wahre in der antirationalon Form. Desto schonungsloser wird aber die Geifsel geschwungen über die Richtungen, bei denen die Religion zum Zerrbild geworden, und der Geist der Liebe, an welchem sie doch erkannt werden sollte, durchaus entwichen ist.

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Das einzige Bedenken, was uns rücksichtlich der Wirksamkeit des gezeichneten Gemäldes, und seines Einflusses auf unsere deutschen Zustände aufstöfst, ist die Besorgnifs, ob nicht Manches dabei zu stark gefärbt erscheint. Wird nicht Mancher, der hier sein Portrait erblicken soll, sich beruhigen mit der Ueberzeugung, dafs seine Züge wohl nicht so in Religionshafs verzerret, seine Nase wohl nicht so aufgeworfen in religiösem Dünkel, überhaupt seine Stellung wohl nicht so widrig sey? Es ist diefs ein bei allen Characterschilderungen, und besonders bei Zeichnen sittlicher Schattenseiten wohl zu beachtender Umstand, dafs die erwartete Wirkung gerade durch Outriren vernichtet werden kann. Wie Mancher, der gern dazu stimmte, die Rationalisten aus der Kirche zu entlassen, sie von Pfründe und Kirchengut zu vertreiben, wird sich doch besser halten, als jene Fanatiker, die mit der Büchse in der Hand gegen sie den Krieg eröffnen! Und wie Mancher, der sich der einmal vorhandenen Offenbarung ohne Vernunftgebrauch hingiebt, wird lächeln über jene Schwachköpfe, die sich von einer neu hereinbrechenden Orakelstimme betrügen lassen! der -alte Spruch, ich danke dir Gott, dafs ich nicht bin, wie andere Menschen, u. s. w. dürfte das fabula de

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te narratur, hier, wie ziemlich überall, leicht übersehen lassen. Dennoch müssen wir den Vf. gegen diese Bedenklichkeit in Schutz nehmen: einmal zeigt die Geschichte des Tages doch allerdings Ausbrüche eines religiösen Fanatismus, der sich zu dem crassesten Hexen- und Dämonenglauben verirrt, auch diesseits des Oceans, wofür die Farben wohl schwerlich zu grell erscheinen möchten, und gegen solche Krankheitssymptome dürfte eine zu schwache Dosis ebenfalls wohl zwecklos seyn; dann aber hat der Vf. durch die Wahl des Bodens, wo das ganze Gemälde spielt, sich das Recht erworben, auch kräftigere Farben auftragen zu dürfen. In den Urwäldern Americas athmet Alles einen kräftigen ja gesteigerten Typus, und durfte deshalb das Auftreten der vernunftfeindlichen Partei wohl etwas derber gezeichnet werden, als vielleicht in den Conventikeln, und pietistischen Theezirkeln Norddeutschlands. Dort sind die Entwicklungen und Handlungsweisen der auftretenden Personen selbst nur solchem kräftigen Naturell durchaus angemessen. Wo der deutsche Pietist sich nur der Verleumdung und gehässiger Insinuation bedient, um die Vernunftmässigen aus der Kirche zu entlassen, da darf man den americanischen Ansiedler wohl schon zu Knotenstock und Büchse greifen lassen.

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Das Gemälde im Ganzen darf also bis in die kleinsten Züge gelungen heifsen: auch die Staffage, die Naturschilderungen, die urkräftige americanische Scenerie, verräth ein treffliches Talent für Darstellung, das an den Schilderungen Cooper's und Irving's tüchtige Studien gemacht hat. Wir wünschen durch diese Andeutungen dem Vf. recht zahlreiche Leser zu gewinnen, und zwar eben so sehr unter den Theologen von Fach, die anschaulich die Consequenzen gezeichnet sehen mögen, zu welchen das jetzt herrschende Treiben führt, als auch aus der Classe der sogenannten Gebildeten, die neben geistreicher Unterhaltung hier auch Belehrung über kirchliche Zustände und Erwartungen von einem sachkundigen Führer antreffen werden.

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dies indefs in Deutschland der Fall seyn. Zwar kannt gemacht hätten. Der einzige Priester sey Jewird unserer Theologie darin gar übel mitgespielt, sus Christus und alle Gläubigen völlig gleiche Prisso dals sie nur wenig Gnade vor den Augen Hn. Beverley's findet; aber seine Angriffe sind von der Art, dafs man sich ihrer erwehren kann und dabei die Kunst des andringenden Fechters noch zu bewundern Gelegenheit findet.

B. gehört zu denen, welche die Kirche Jesu im 19ten Jahrhundert dahin zurückführen möchten, wo dieselbe am Ende des ersten stand und zwar nicht etwa in Beziehung auf Lehre allein, sondern auch auf Form, Verwaltung, Einrichtung u. s. w. Für eine solche restitutio in integrum eifert, kämpft er, zu ihr ermahnt er; seine Stimme ist oft, wie der Don ner, drohend, gewaltig; oft sind seine Worte glü henden Pfeilen gleich; zuweilen nur hört man das Säuseln, in dem Jehovah war. Interessant ist mehr oder weniger Alles, was seine Briefe enthalten, selbst für die, welche in den Hauptpunkten völlig mit ihm uneins sind.

Im ersten Briefe giebt er seine Absicht kund, zu untersuchen, ob die Kirche Jesu im Fort- oder Rückschritte begriffen sey, blickt auf die früheren Entwicklungsstufen derselben hin und bezeichnet im Allgemeinen den Zustand der Kirche in unsern Ta gen als nichts weniger denn zufrieden stellend. Welch einen traurigen Anblick bietet die Erde!" sagt er,,, Papstthum oder Atheismus in Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, der Schweiz, Oesterreich, Ungarn, Belgien, Irland und vielen Theilen von Deutschland, die griechische Kirche mit ihrem thörichten Aberglauben und der tiefen Unwissenheit im russischen Reiche, Muhamedanismus und Götzendienst in den übrigen Theilen der alten Welt, Papst thum in ganz Südamerika, Papstthum in Kanada und Papstthum in mehreren Theilen der vereinigten Staaten; dann in England eine Nationalkirche, geständlich und bekannter Maafsen nichts als eine Modification des Papstthums, mit einer Nation von NamenChristen, die eine grofse Liebe zum Kriege haben und eine ungeheure Armee in Friedenszeiten unterhalten, in den vereinigten Staaten von Nordame rika Beibehaltung der Sclaverci u. s. w. Die Schwierigkeiten, welche gegenwärtig dem Reiche unseres Herrn entgegenstehn, sind unermesslich. - Dennoch ist die Sonne am Firmamente, obgleich die Wolken ihre Herrlichkeit verhüllen.".

Im zweiten Briefe beschäftigt sich der Vf. mit dem Priesteramte, in welchem nach seiner Ansicht nicht blofs ein Vorzug, sondern auch eine Eigen thümlichkeit der christlichen Religion bestehet; er sucht nachzuweisen, dafs die Kirche in dieser Beziehung voll Ketzerei sey, durch die grofse Schuld der Päpste namentlich, so wie durch anderweitige Ursachen und stellt den Satz auf, dafs jeder treue Gläubige kraft seiner Vereinigung mit dem Haupte der Kirche ein geistlicher Priester sey, einen Satz, den er im dritten Briefe mit vielen Beweisen unterstützt, wo er unter andern bemerkt, dafs die Quäker allein die Wahrheit rücksichtlich der Priesterschaft be

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ster durch ihn. Im vierten Briefe wird von dem Un terschiede zwischen Geistlichen und Laien, von der Ordination, der Auflegung der Hände u.s. w. gehandelt und unter anderm gesagt: das Papstthum bestehe darin, dafs es sich in allen Dingen den Wünschen und Begierden des natürlichen Menschen accommodire, Christenthum sey dagegen Kreuzigung der Begierden und eine Widerlegung der Meinungen des natürlichen Menschen. Der fünfte Brief verbreitet sich über die grofse Schwierigkeit des geistlichen Amtes, der sechste zeigt, dafs die englische Kirche voll der priesterlichen Ketzerei sey und erinnert an mehrere andere Mifsbräuche in dieser Kirche, das ungeheure, schreckliche Aergernifs in derselben (S. 37.) Im siebenten Briefe wird von dem gefährlichen Irrthume des Volkes geredet, das von Priestern und Geistlichen eine gröfsere Heiligkeit fordere, als es selbst erstrebe. Die folgenden Briefe sind sehr interessant, obwohl Rec. der festen Meinung ist, dafs der Vf. in denselben eine Ansicht verficht, die durchaus unhaltbar ist und wenn ihr gemäfs verfahren würde, zur Barbarei führen dürfte. Beverley verdammt alle gelehrten Studien der Geistlichen. Sebr lebhaft erinnerte sich Rec. bei der Losung der Behauptungen des Vfs, an einen Aufsatz, welcher im Octoberhefte der Buchholzischen Monatsschrift für Deutschland Jahrgang 1824 (S. 159 ff.) erschien und die Aufschrift trug: über geheime Verbindungen auf Universitäten, ein Gespräch unter Freunden, Wilibald und Theobul. In dieser Abhandlung wurden ebenfalls die gelehrten Studien, namentlich die grandlich bistorischen, nicht nur für unnütz erklärt, sondern für staatsgefährlich u. dgl.; dem Vf. derselben, der Ree, wahl bekannt ist, ward jedoch durch den verewigten Niemeyer in seiner Denkschrift zu Knapp's Jubelfeier,,, Antiwilibald über das wissenschaftliche Studium der Theologie", eine treffende Zurechtweisung gegeben. Auf diesen Antiwilibald verweist Rec., da in demselben Alles gesagt ist, was auch B. mit Fug und Recht entgegengestellt werden kann. Deutschland wird nicht nur im Allgemeinen in dem zehnten und elften Briefe sehr hart behandelt, sondern es wird demselben ein besonderer Brief gewidmet, der dreizehnte. Im elften Briefe heifst es unter anderm, nachdem der Vf. die Glückseligkeit derer geschildert hat, welche auf die gute alte Weise die Bibel lesen: ,, wenn aber der Glanz der neueren Exegese seine Augen blendet, wenn das deutsche Licht auf die Scene hereingelassen wird, so scheint er sogleich an den Gestaden eines grenzenlosens Oceans zu stem, dessen Wellen finster, unruhig und im Kampfe begriffen sind u. s. w. S. 68: wir können nicht leugnen, dafs die deutsche Schule ein Geschlecht literarischer Riesen und intellectueller Enaks hervorgebracht hat; Viele derselben sind jedoch auch Goliathe, welche den Heeren des lebendigen Gottes Trotz bieten u. s. w. Von der gegenwärtigen Predigtweise sagt der Vf., sie sey ein Vergessen der Lehre von

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