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kirchlicher und politischer Hinsicht hatte, wird von dem Vf. entwickelt. Der Uebertritt Heinrichs IV. dürfte hiernach als ein, freilich in seinen Erfolgen gänzlich verfehlter Versuch erscheinen, der königlichen Autorität eine unabhängige Stellung über den Religionsparteien zu sichern, und eine Aussöhnung der letzteren, durch Begünstigung der gemäfsigt-katholischen Richtung zu bewirken. Das wiederhergestellte gute Vernehmen mit Frankreich diente dem päpstlichen Hofe zur Stütze bei der, für die Verhältnisse Italiens wichtigen Unternehmung gegen Ferrara. Als Vorbereitung hierzu wird Ferrara unter Alfonso II. geschildert (wobei es besonders des Vfs. Zweck ist, die übertrieben günstigen Vorstellungen von dem blühenden Zustande dieses Staates unter den letzten Este's zu mäfsigen), und dann die Eroberung von Ferrara selbst, mit ihren nächsten Folgen berichtet. Hierauf kommen die Jesuitischen Bewegungen an die Reihe, nämlich die innern Reibungen im Jesuiten - Orden, welche hauptsächlich aus National - Eifersucht unter seinen Mitgliedern hervorgingen, und die Verdriefslichkeiten, in welche der Orden, wegen der in ihm gehegten Neuerungen im theologischen Lehrsysteme, mit der spanischen Inquisition und den Dominikanern gerieth, und welche zu der sonderbaren Erscheinung führten (S. 229),,, dass, während man die Jesuiten, wegen ihrer Hinneigung zu Spanien, aus Frankreich verjagte, von Spanien her selbst der gefährlichste Angriff gegen sie unternommen ward." Der Angriff gegen sie ging in beiden Ländern theils von politischen Gegensätzen gegen die Vorrechte des Ordens, theils von ihren auffallenden Lehren aus. Ihre Lehre von der Volkssouverainität und dem Königsmord ward ihnen in Frankreich, ihre Meinungen von dem freien Willen wurden ihnen in Spanien verderblich." Durch ihre Gewandtheit und die Unterstützung des Papstes gelangten die Jesuiten zwar zur Wiederaufnahme und neuem Einfluss in Frankreich; die theologischen Differenzen aber wagte der Papst selbst, so sehr er sich auch dafür interessirte, nicht zu entscheiden. Das auch hierbei wirkende politische Motiv führt zu Betrachtungen über die politische Stellung Clemens VIII., die sich vornehmlich auf die Erhaltung eines gleich guten Vernehmens mit Frankreich und Spanien gründete, and eben hierdurch den Frieden zwischen diesen beiden Mächten (zu Vervins, 1598), so wie zwischen Frankreich und Savoyen (1600) herbeiführte. Auf die Schildernng der letzten Jahre dieses Papstes, in denen es noch zu einer geflissentlichen Erneuerung des französischen Einflusses in Italien, im Interesse des päpstlichen Stuhles, kam, folgt (da Leo XI. bald wieder von der Bühne abtrat) die Wahl und erste Handlungen Pauls V., dessen Streben, den ganzen alten strengen Begriff von der unbeschränkten Autorität der Kirche und des Papstes wieder ins Leben zu führen, ihn fast mit allen italienischen Staaten in Mifsverhältnisse brachte, vornehmlich aber die Irrungen mit Venedig, wo die kirchlich - weltliche Opposition, wie

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sie der Vf. nennt, besonders wirksam war, hervorrief. Hier tritt auch Paul Sarpi auf den Schauplatz. In Verbindung mit diesen venezianischen Händeln steht der Austrag der jesuitischen Sache; denn die Aufopferung für die Autorität des Papstes, welche die Jesuiten in dem weitaussehenden Streite desselben mit Venedig bewiesen hatten, wendete von ihren Lehren das schon vorbereitete Verdammungsurtheil ab; die innern Streitigkeiten des Ordens aber wurden durch Vermittelung des Königs von Frankreich beigelegt. Den Schluss des Buches macht ein Rückblick auf die in demselben anschaulich gemachten Veränderungen im Innern der katholischen Kirche.

Siebentes Buch. Gegenreformationen. Zweiter Zeitraum. 1590—1630. (S. 361–576.) Von den Bewegungen und Streitigkeiten im Innern der katholischen Kirche kehrt der Vf. zu der äufseren Ausbreitung derselben zurück, und führt uns hiermit in den, für die evangelischen Kirchen unheilvollsten und verderblichsten Zeitraum. Das erste Kapitel dieses Buches, Fortschritte der katholischen Restauration, von 1590-1617, zeigt I. Unternehmungen des Katholicismus in Polen und den angrenzenden Ländern. In Polen, wo am Anfang dieser Periode diefevangelische Religionspartei noch so ausgedehnt und mächtig war, gelang es dem Katholicismus, durch List und Gewalt, sich wieder zu überwiegender und fast ausschliefslicher Geltung zu erheben. Der damalige König von Polen, Sigismund, der zugleich König von Schweden war, versuchte, im Widerspruche mit seinen feierlich eingegangenen Verpflichtungen, alles Ernstes, die Gegenreformation auch über Schweden auszudelinen; wo aber der Versuch, zu seinem eignen Nachtheil, scheiterte. Von der andern Seite suchte man von Polen aus, auf Kosten der griechischen Kirche, mittels des falschen Demetrius, auf Rufsland zu wirken, aber auch dies Unternehmen mifslang; in Polen selbst dauerten jedoch die Successe des Katholicismus fort, nicht ohne empörende Gewaltthaten, bei denen die Jesuiten an der Spitze standen. II. Fortsetzung der Gegenreformation in Deutschland. Hier treten nun schon eigentliche Schüler der Jesuiten unter den Fürsten auf; unter den geistlichen, Johann Adam von Bicken und Johann Schweikard von Kronberg in Mainz; Ernst und Ferdinand von Baiern in Cöln, Münster und Paderborn u. A. m.; unter den weltlichen, Ferdinand von Oesterreich und Maximilian von Baiern. Höchst merkwürdig findet der Vf. mit Recht die rasche und dabei doch so nachhaltige Verwandlung, welche besonders in den Ländern der geistlichen Fürsten (denn in Oesterreich hielt es schwerer) hervorgebracht ward; und er scheint über die wahre Ursache derselben ungewifs zu seyn.,,Soll man annehmen (sagt er, S. 402), dafs der Protestantismus in der Menge noch nicht recht Wurzel gefasst hatte, oder soll man es der Methode der Jesuiten zuschreiben?" Die letztere that allerdings viel; allein die eigentlichen Ursachen, weshalb das evangelische Be

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kenntnifs in so grofsen Nachtheil kam, können nur ten, doch offenbar der katholischen am geneigtesten in der innern Zwietracht und Haltungslosigkeit ge- war, obwohl sein eignes Emporkommen sich von der. sucht werden, welche in den evangelischen Kirchen protestantischen herschrieb b; denn (sagt der Vf. auf eine so traurige Weise überhand genommen hat- a. a. O., mit einem eben so richtigen, als tiefen Blick ten. Da war kein kräftiges Zusammenwirken in des Königs Charakter),,dankbar war Heinrich Theilnahme an dem Schicksal der unter fremder eben so wenig wie rachsüchtig; es lag ihm mehr Obrigkeit gesessenen evangelischen Glaubensbrüder daran, neue Freunde zu gewinnen, als die alten zu fehlte entweder ganz, oder war doch durchaus un- belohnen, zu begünstigen. Es war, mit einem thätig; die Fürsten waren in Gleichgültigkeit und Worte, der Leichtsinn und der Eigennutz, die so gegenseitiges Mifstrauen versunken; die Theologen manche gute Regung in ihm überwältigten, und auf arbeiteten sich in unfruchtbaren, nur Verwirrung sein eignes, wie auf das Schicksal Frankreichs, eierzeugenden Streitigkeiten ab, und dachten nicht an nen so bedeutungsvollen Einflufs gewannen. Das das Wesentliche, oder überliefsen sich einem fal- Gemälde Frankreichs füllt sich übrigens gröfstenschen Vertrauen; unter starren dogmatischen For- theils durch das Aufkommen neuer, meistens von meln war das innere Leben des Glaubens und der geistlichen Orden ausgehender Institute zur AufLiebe, war die Begeisterung für das errungene rechthaltung und Ausbreitung der katholischen KirKleinod verloren gegangen; da konnte es freilich che. - Zweites Kapitel. Allgemeiner Krieg. Siege nicht anders gehen, als es ging. In den Ländern, des Katholicismus. 1617-1623. Dafs so mächtige wo die evangelische Religion mit der Staatsverfas- Reibungen endlich in einen offenen Krieg ausbrechen sung zusammenhing, hatte jene noch in dieser eini- mufsten, liegt am Tage. Der Vf. beginnt die Gegen Schutz; wo dies nicht statt fand, war sie den schichte desselben mit einer Andeutung der Gegenufseren Angriffen ganz vertheidigungslos hingege- sätze der katholischen und protestantischen Welt, ben, und die Bemühungen der Jesuiten, denen List gegen welche wir nur zu erinnern haben, dafs der und Gewalt zur Seite gingen, fanden kein angemes- Vf. den dogmatischen und literarischen Charakter senes Gegengewicht. Am heftigsten war der der protestantischen Bildung nicht ganz treffend aufKampf in den österreichischen Staaten, und von hier gefaist zu haben scheint, wo es uns aber hier viel aus wirkte er, in Folge der Verhältnisse des regie- zu weit führen würde, die unserer Meinung nach renden Hauses, am meisten auf die Angelegenheiten richtigere Ansicht aufzustellen; und dafs er zu weit des ganzen deutschen Reiches zurück. Die Donau- geht, wenn er (S. 444) Hinneigung zum RepublikaWerther Sache weckte endlich die evangelischen nismus als einen allgemeinen Charakterzug der ProteReichsstände aus ihrem Schlummer; auf dem Wege, stanten aufstellt. Wir finden das Streben nach, redem Kaiser eine für sie günstige Erklärung abzu- publikanischer Verfassung unter den Protestanten dringen, wurden sie (wie der Vf. S. 412 u. f. um- nur da, wo sie sich von einem katholischen Monarständlich erzählt) durch den Einfluss eines übrigens chen in religiöser und politischer Hinsicht zugleich unbekanuten Augustiners, Fra Felice Milensio, auf bedrückt und in ihren Rechten beeinträchtigt fühlen; den Erzherzog Ferdinand, als Stellvertreter des aber so natürlich es auch unter solchen Umständen Kaisers, gehindert, und hiermit war auch der letzte erscheint, machte es sich doch so wenig geltend, dafs Schatten von Einheit des Reichs faktisch zerrissen, die Böhmen lieber zur Wahl eines andern Königs als denn unmittelbar darauf folgten die Union und die zur Erklärung der Republik schritten, ob sie gleich Liga; der innere Krieg war so gut wie erklärt. An An ihre Sache durch jene weit mehr verdarben, als die deutschen Angelegenheiten knüpft der Vf. die der durch die letztere geschehen seyn würde. England Schweiz und Frankreichs. Nicht ohne Erstaunen scheint von dieser Regel eine Ausnahme zu machen; sehen wir hier Heinrich IV., den ehemaligen Pro- aber doch war es auch dort die scheinbare oder testanten, als thäthigen Beförderer des Katholicis- wirkliche Begünstigung des Katholicismus durch das mus auftreten. Er hatte freilich seinen ehemaligen regierende Haus, welche zuerst ein republikanisches Glaubensgenossen das Edict von Nantes gegeben, Streben in die religiösen Bewegungen brachte; nicht aber der Vf. zeigt (S. 429), dafs er dies nicht ohne zu gedenken, dafs der Streit zwischen den Regenten äufseren Zwang im Augenblicke der Gefahr gethan und den Unterthanen weit mehr um politische als um hatte, und dafs er, auch bei dem Streben, zwischen religiöse Angelegenheiten geführt wurde. beiden Religionsparteien das Gleichgewicht zu hal(Der Beschlufs folgt.)

Berichtigung.

In Nr. 111 fgg. des Ergänzungsblattes der A. L. Z. 1837 ist irrthümlich als Verleger der editio stereotypa des Corpus iuris v. Beck Tauchnitz in Leipzig genannt worden, während auch diese Ausgabe von Cnobloch (jetzt Hermann u. Langbein) daselbst verlegt worden ist, was man zu berichtigen bittet.

d. R.

ERGÄNZUNGSBLÄTTER

ZUR

ALLGEMEINEN LITERATUR-ZEITUNG

Januar 1838.

KIRCHENGESCHICHTE.·
BERLIN, b. Duncker u. Humblot: Die römischen
Päpste, ihre Kirche und ihr Staat im sechszehn-
ten und siebzehnten Jahrhundert. Von Leopold

aber diese saben sich von Frankreich getäuscht, waren in Deutschland unglücklich, und der Katholicismus erhielt nicht nur hier entscheidende Siege, die durch das Restitutionsedict für immer befestigt zu werden schienen; er überwältigte auch in Frankreich die Hugenotten und gewann neue Aussichten auf Fürsten und Völker von Süd-Europa in sechs discher Krieg. Umschwung der Dinge. Die neuen England. Viertes Kapitel. Mantuanisch-schwe

Ranke u. s. W.

Auch unter dem Titel:

zehnten und siebzehnten Jahrhundert u. s. w.

(Beschluss von Nr. 3.)

grofsen Vortheile der katholischen Restauration hingen hauptsächlich von dem erneuten Einverständniss zwischen Frankreich und Spanien ab; aber dieses

Uebrigens hat der Vf. das Verdienst, bei den An- wurde bald wieder erschüttert. Die Siege des Ka

fängen des in Deutschland ausbrechenden Krieges auf den Zusammenhang desselben mit den gleichzeitigen Ereignissen in andern Ländern, auf welche man in der Regel weniger achtet, aufmerksam zu machen. Friedrich von der Pfalz (der verunglückte König von Böhmen) wird (S. 447) nicht ungünstig geschildert. In die Kriegsgeschichte selbst läfst der Vf. mit Recht sich nicht ein; er gibt nur die Resultate. Mit dem ersten Siege der katholischen Macht in Böhmen trifft das Auftreten Papst Gregor XV., des Stifters der Propaganda, zusammen (S. 454), and unter diesem scheint sich eine allgemeine Ausbreitung des Katholicismus zu gestalten, die der Vf. nicht nur in Böhmen, den österreichischen Erblanden und dem übrigen Deutschland, sondern auch in Frankreich, so wie die Spuren derselben in den Niederlanden, und die Versuche dazu in England nach weist, und endlich auch auf die Missionen, diese Anstalten zur Ausbreitung der Kirche in fremden Welttheilen, einen Blick wirft. - Drittes Kapitel. Gegensatz politischer Verhältnisse. Neue Siege des Katholicismus. 1623-1628.,, Das Eigenthümliche in dem Fortschritte der Religion war in diesem Zeitraume, dafs er allenthalben auf politisch- militärischem Uebergewichte beruhte." (S. 501.) Auf diesem Wege (freilich nicht dem des Evangeliums) gewann die katholische Kirche ihre Siege; eben dadurch aber bereitete sie sich neue innere Gefahren, denn es erfolgten mit den religiösen zugleich auch bedeutende politische Veränderungen, die, als solche, bedenkliche Rückwirkungen hervorrufen mussten. Hierzu gaben zuerst die von dem Vf. entwickelten Verhältnisse Italiens Anlafs; Gregor XV. starb über dem Projekt eines Vertrags, welcher die aufkeimenden Feindseligkeiten zwischen Frankreich und Spanien beilegen sollte; es erfolgte sogar ein Bündails zwischen Frankreich und den Protestanten;

tholicismus in Norddeutschland gaben zugleich der Macht Oesterreichs einen ungeheuren Zuwachs, den weder Frankreich noch Italien gleichgültig ansehen konnte. Der Mantuanische Erbfolgestreit, den der Vf. ausführlich erzählt, und auf dessen Veranlassung auch der Charakter und die Regierungsweise Papst Urbans VIII. geschildert wird, gab Gelegenheit zum Ausbruch eines Kriegs in Italien, in welchem wir wieder einmal den Papst als Gegner derjenigen Mächte erblicken, die bisher scine kirchliche Autorität am eifrigsten verfochten hatten. Doch änderte der Kaiser deshalb sein Verfahren in Deutschland nicht, bis endlich Schweden, die einzige noch ungebeugte Macht, ihm,entgegen trat. Die Gründe, welche Frankreich, obgleich noch mit dem Papste verbündet, gleichzeitig auch zur Verbindung mit Schweden bestimmten, und die Entzweiung der katholischen Mächte, welche den Kaiser gerade in dem wichtigsten Augenblick, zu einem nachtheiligen Frieden in Italien, und der noch nachtheiligeren Entlassung Wallensteins vermochte, werden von dem Vf. sehr lebendig und lehrreich geschildert. folgenden, in seinem Hergange hinlänglich bekannVon dem nun ten Kriege, werden nur die Resultate angegeben, die endlich zur Herstellung eines Gleichgewichts der beiden Bekenntnisse führten. Der Friede in Deutschland kam in einer den Ansprüchen des Papstes wenig genügenden Weise zu Stande, und seine Rückwirkungen zeigten sich auch in andern Ländern. „Hierdurch (heifst es S. 573, als Resultat der ganzen Darstellung) sind dem Katholicismus auf ewig Schranken gesetzt. Er ist in bestimmte Grenzen gewiesen; er niemals wieder im Ernste denken." an eine Welteroberung, wie er sie vorhatte, kann letzte Behauptung sich auch als Thatsache so ganz Ob diese richtig erweisen wird, lassen wir für jetzt dahin gestellt seyn.

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Achtes Buch. Die Päpste um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, Spätere Epochen. (Dritter Band, S. 1-223.) Von den grofsen Weltereignissen kehrt der Vf. zu den besondern Angelegenheiten des Kirchenstaates zurück, dessen Gebiet, unter Urban VIII., durch den Heimfall von Urbino seine vollendete Bildung erhielt. Die finanziellen Angelegenheiten werden hauptsächlich durch den Anwachs der Schulden des Kirchenstaates charakterisirt, welche zwar zum Theil durch die grofsen inneren und auswärtigen Bedürfnisse der Zeit verursacht wurden, zum grofsen Theil aber auch durch die Begünstigung der Angehörigen eines jeden Papstes, woraus die Gründung neuer Familien hervorging. Eine Wirkung der gegenseitigen Eifersucht dieser Familien war unter andern der Krieg von Castro, eine Bewegung, welche zwar nicht weltbedeutend ist, aber für die Stellung des Papstthums sowohl innerhalb des Staates als in ganz Italien eine wichtige Epoche ausmacht", (S. 25) und dem deshalb der Vf. eine ausführliche Erörterung widmet. Urban VIII, schied aus diesem Kampfe mit dem mächtigen Hause Farnese mit grofsem Verlust; und die ser unglückliche Ausgang trug viel dazu bei, dafs unter seinem Nachfolger Innocenz X. die Politik des päpstlichen Hofes sich wesentlich änderte. Nach der Personal- und Hof- Geschichte dieses und der beiden folgenden Päpste (worin besonders unter Innocenz X. das anstölsige Treiben seiner Schwägerin Olimpia Maidalchina, unter Alexander VII. die grundsätzlich verminderte Alleinherrschaft des Papstes im Kirchenstaate, unter Clemens IX, die veränderte Versorgungsweise der päpstlichen Nepoten, als charakteristisch und auch für die Folgezeit wichtig hervorgehoben wird) folgen allgemeine statistische Bemerkungen, die Elemente der römischen Bevölkerung, und die Bauwerke der Päpste betreffend, bei welchen letzteren abermals Zerstörungen antiker Kunstwerke zur Sprache kommen; dann zunächst als Beispiele der Anziehungskraft des Römischen Hofs, das zugleich auf diesen selbst lebendig zurückwirkte, eine Digression über die Königin Christine von Schweden (S. 78-103). Der Vf., nach dem er ihren Charakter und ihre Regententhätigkeit ohne Vorliebe oder Abneigung geschildert hat, findet in ihrem Gemüthszustande, während sie noch auf dem Throne sals,,,etwas Gespanntes, Angestrengtes; es fehlt ihm das Gleichgewicht der Gesundheit, die Ruhe eines natürlichen und in sich befriedigten Daseyns", ihre Lage und Umgebungen mifsfielen ihr;, Phantasie und Liebe zu dem Ungewöhnlichen fangen an, ihr Leben zu beherrschen; sie denkt nicht daran, den Eindrücken des Zufalls und des Momentes die Ueberlegenheit des moralischen Ebenmasses, welche ihrer Stellung entspräche, entgegenzusetzen"; und aus dieser Stimmung möchten wohl die folgen den auffallenden Erscheinungen ihres Lebensganges am richtigsten zu erklären seyn. Die beiden Verbältnisse, in welche sie durch aufsere Nothwendigkeit versetzt war, ihr Regentenberuf und ihr angebornes Religionsbekenntnifs wurden ihr eben um

dieser Nothwendigkeit willen lästig, sie strebte aus ihnen heraus, und entledigte sich ihrer endlich auf eine Weise, die zugleich ihrem Hange zum Sonderbaren und Ungewöhnlichen schmeichelte. Ohne- bei ihren Reiseabenteuern lange zu verweilen, beschäftigt sich der Vf. besonders mit ihrem Aufenthalt in Rom, der auf den literarischen Geschmack und die wissenschaftlichen Bestrebungen dort selbst im Grofsen nicht ohne Einflufs blieb, wiewohl der Vf. ihre eignen literarischen Productionen wohl etwas zu hoch anschlägt. Auf die Verhältnisse Roms zurückkehrend, spricht der Vf. hierauf von der Verwaltung des Staates und der Kirche, die ein sehr schmachvol les Bild darstellt: denn während Rom der Sitz des Wohllebens war, gerieth das Land in immer tieferen Verfall, dessen Ursachen in steigender Finanznoth, verschlechtertem Anbau des Landes, Verkäuflichkeit der Aemter, Bestechlichkeit der Beamten und leichtsinniger Gerechtigkeitspflege, der Vf. umständlich nachweist; und die Verwaltung der Kirche wurde von den Mitgliedern der Römischen Curie blos als ein einträgliches Erwerbsmittel betrachtet, wodurch neue Verweltlichung und tiefer Verfall der Kirche, namentlich in Italien und Spanien (weil in Deutschland und Frankreich die Curie weniger freie Hand hatte), reissend überhand nahm. Die Mönchsorden verloren auffallend an Bedeutung; die Jesuiten allein erhielten sich, aber nur in gänzlicher Umwandelung der ursprünglichen Natur ibres Instituts. Ihre weltgefällige Moral, welche das innere moralische Gefühl ganz aufhebt, und für jede Sünde scharfsinnige Entschuldigungen zu finden weils (S. 132 u. f.), macht den Uebergang zu dem neuen Gegensatze der Jansenisten, worauf die Stellung des Römischen Hofs zu den beiden Parteien entwickelt wird, indem die Curie anfangs den Jansenisten entschieden widersprach, dadurch aber sich in grofse Verlegenheiten verwickelte, und endlich doch, unter Clemens IX. zu einer bedingten Nachgiebigkeit genöthigt sab. Das Verhältnifs zu der weltlichen Macht brachte gleichzeitig das Ansehen des pästlichen Hofes immer mehr in Nachtheil. Als einen Beweis von dem schnellen und tiefen Sinken desselben, macht der Vf. (S. 156) auf sein Verhältnifs zu einigen der wichtigsten Friedensschlüssen aufmerksam. Den Frieden zu Vervins hatte der Papst herbeigeführt; bei dem westphälischen Frieden batte er zwar seine Abgeordneten, sah sich aber genöthigt, gegen die Bestimmungen desselben zu protestiren; bei dem pyrenäischen Frieden wurde er gar nicht zugezogen, und bald folgten Friedensschlüsse, wo man über päpstliche Lehen disponirte, ohne ihn selbst zu befragen. Die Geschichte der späteren Perioden (seit 1660) folgt nur in kurzer Uebersicht, worin der Kampf zwischen Ludwig XIV. und Innocenz XI., in welchem das Papstthum, jedoch nicht mit seinen eignen Mitteln, noch einmal den Sieg davon trug, die verunglückte französische Richtung Clemens XI, im spanischen Erbfolgekriege, die Concessionen Benedicts XIV., die erneuerten jansenistisehen, und die noch gefährlicheren antireligiösen Bewegungen

des 18ten Jahrhunderts, die Aufhebung der Jesuiten, endlich die grofse Katastrophe des Papstthums zur Zeit der Revolution und Napoleons, als die bedeutendsten Momente hervortreten. Den Schlufs macht die Bemerkung, dafs die gefährlichsten Angriffe gegen das Papstthum, als herrschende Macht, in neueren Zeiten immer aus dem Schoofse der katholischen Kirche selbst entsprangen, während es durch eine politische Vereinigung aller Bekenntnisse, hervorgegangen aus Widerwillen gegen eine die allgemeine Freiheit gefährdende Uebermacht, (so unter Ludwig XIV. wie unter Napoleon) geschützt wurde; und hieraus wird die ganz veränderte Weltstellung des Papstthums, so wie der Religionsparteien gegen einander, erwiesen.

Der Anhang (S. 224 bis zum Ende des 3ten Bandes) gibt ein Verzeichniss der benutzten Handschriften, nachträgliche Auszüge und kritische Bemerkungen. Es werden darin 165 Handschriften, nach der Zeitfolge geordnet, von 1453 bis 1783, gröfstentheils in Relationen bestehend, einzeln nachgewiesen, genauer charakterisirt, und Auszüge aus denselben mitgetheilt, welchen andere kritische Bemerkungen und Untersuchungen, z. B. über die Biographen Papst Sixtus V. (S. 317), über einige Geschichtschreiber des Jesuiten - Ordens (S. 381), v. d. m. eingeschaltet sind. Die ausführlichste und bedeutendste der letzteren ist die, einen ganzen Abschnitt einnehmende: zur Kritik Sarpi's und Pallavicini's (S. 270–289), worin der Vf. zuerst über die Quellen Sarpi's und seine Art ihrer Benutzung, dann in ähnlicher Weise über Pallavicini spricht. Das Resultat seiner Vergleichung dieser beiden Schriftsteller ist, dafs sie, obgleich Geister von ganz entgegengesetzter Natur, doch beide gleich parteiisch sind, und dafs die reine historische Wahrheit nicht etwa aus der Zusammenstellung beider, sondern lediglich aus einer, von beiden unabhängigen, neuen Anschauung der Thatsachen hervorgeht.

Wir haben uns absichtlich darauf beschränkt, im Vorstehenden nur einen durch wenige eingeschaltete Anmerkungen unterbrochenen, Abrifs dieses inhaltreichen und anziehenden Werkes zu geben, das wir unbedenklich zu den bedeutendsten und gelungensten rechnen, welche die historische Literatur der letztvergangenen Jahre hervorgebracht kat. Eine -tiefer in das Einzelne gehende Auszeichnung der von dem Vf. gewonnenen neuen Thatsachen und Bemerkungen, würde bei der grofsen Anzahl derselben, in einem, bei weitem dem gröfseren Theile nach, aus neuen Materialien geschöpften, die detaillirte Ausfübrung der bekannteren Thatsachen absichtlich, und oft mehr als man wünschen möchte, umgehenden Werke, viel zu weit führen; eine eigentliche Beurtheilung aber, aus derselben Ursache, nur dann möglich seyn, wenn es thunlich wäre, die zum Grunde liegenden Quellenschriften aufs neue zu vergleichen und nachzuprüfen. Zum Glück erscheint aber eine solche Nachprüfung auch durchaus nicht als nöthig oder wünschenswerth, da der Reichthum an Sachkenntnifs, so wie der reine historische Sinn und kritische Scharfblick, welche

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der Vf. überall ungesucht an den Tag legt, die sicherste Bürgschaft für die Zuverlässigkeit seiner Mittheilungen gewähren, durch welche der verdienstvolle Vf. sich einen neuen Anspruch auf den Dank aller wahren Freunde echter Geschichtskunde erworben hat.

DOGMENGESCHICHTE.

NÜRNBERG, b. Schrag: Origenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschichte des dritten Jahrhunderts, von Gottfried Thomasius, Pfarrer an St. Lorenz zu Nürnberg. 1837. X u. 350 S. 8. (1 Rthlr. 12gGr.). Die Bemerkung, mit welcher der gelehrte Vf. die Vorrede eröffnet,,eine Monographie des Origenes bedürfe keiner Rechtfertigung" hat so sehr ihre Rich tigkeit, dafs man sich vielmehr wundern möchte, warum in einer für Dogmengeschichte so strebsamen Zeit noch Niemand unserem Adamantius diamantenen Fleifs und Eifer zugewandt: denn dafs dieser gerade für die Darlegung des origenianischen Systems in hohem Grade erforderlich sey, wird Jeder gern zugestehen. Es kann jene Vernachlässigung auch nur aus einer, auch auf andern wissenschaftlichen Gebieten vorkommenden Erscheinung erklärt werden, in so fern die gelehrte Forschung sowohl in der profanen als kirchlichen Literatur mit Vorliebe die abgelegeneren, noch weniger durchforschten Regionen der einzelnen Disciplinen zum Objecte des Strebens wählt, die schon oft besprochenen, wenn auch häufig noch nicht in das rechte Licht gestellten Koryphäen dagegen mehr aufser Acht lässt. Um so mehr wird man es daher Hn. Th. Dank wissen, von Neuem Origenes zu einem Gegenstande der wissenschaftlichen Besprechung gemacht zu haben.

Durchaus nicht kann sich aber Ref. mit dem Plane des ganzen Werkes einverstanden erklären und bei der Gründlichkeit des Gegebenén es nur bedauern, dafs der Vf.,,lediglich eine Darstellung des origenianischen Systems nach seinem innern Zusammenhange zu geben beabsichtigt, die Exegese des Origenes nur in so weit berücksichtigt, als es zu diesem Zwecke unumgänglich nothwendig war" (S. VI.). Völlig paradox aber erscheint die sich anschliefsende Aenfserung:,, Auch von dem Biographischen habe ich Umgang genommen (?) nicht nur weil dies anderwärts bereits umfassend bebandelt ist, sondern weil ich überhaupt der Ueberzeugung bin, dafs damit der Dogmengeschichte nur ein geringer Dienst geschieht. Durch psychologische Bemerkungen, aus Individualität und Subjectivität lassen sich die grofsen Erscheinungen auf dem Gebiete des Geistes nicht erklären.' Fast möchte man vermuthen, es verstecke sich hinter diesen Worten eine Polemik gegen unsere geschätztesten kirchen- und dogmenhistorischen Monographien von Neander, Ullmann u. a., aber eben diese Beispiele hätten Hn. Th. in seiner seltsamien Ansicht irre machen sollen. Will er uns etwa ableugnen, dafs die früheren Verhältnisse des h. Augustin ganz ohne Einfluss auf den Gang seines dos matischen Systems geblieben seyen? Dafs bei der

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