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ganz so, wie es dem zeitlichen Interesse des Römischen Hofes gemäfs war, zu sanctioniren, und wie, um diese Lehren auszubreiten und die ihnen entgegenstehende zu unterdrücken, eine neue Inquisition in furchtbarer Wirksamkeit auftrat; und kommt dann erst auf die Ausbildung des jesuitischen Instituts, in welchem sich die neue Schutzwehr des Römischen Stuhls, und der neu erhobene scharfe Gegensatz gegen den Protestantismus vollendete.

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Drittes Buch. Die Päpste um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (S. 233-374.) Dies Buch umschliefst die Geschichte der eigentlichen Wiedergeburt des Papstthums, welche durch die, gegen das Ende des vorigen Buches geschilderten Institute theils vorbereitet, theils gefördert wurde, deren Gang aber die Persönlichkeit der einzelnen Päpste, welche deshalb auch besonders hervorgehoben wird, hauptsächlich bestimmte. Den Anfang macht Paul III., dessen seltsame und verwickelte Stellung zu der Kirche, zu seiner Familie, zu dem Kaiser und zu Frankreich, von dem Vf. eben so gründlich als umsichtig entwickelt wird. Unter andern bietet sich uns hier, zur Zeit des schmalkaldischen Krieges, abermals das paradoxe Schauspiel, dafs die politische Richtung des Papstthums mit der kirchlichen in Widerspruch gerieth, und der Papst durch die Vortheile, welche der Kaiser, im Interesse der katholischen Kirche, über die Mitglieder und Anhänger des schmalkaldischen Bundes gewann, sehr beunruhigt wurde, weil er fürchten musste, sie würden zugleich das, ihm so unbequeme, Uebergewicht des Kaisers in Italien, und dessen Einflufs in die Angelegenheiten der Kirche selbst vermehren. Es lautet seltsam, aber nichts ist wahrer: in dem Augenblicke, dafs ganz Norddeutschland vor der Wiedereinführung der päpstlichen Gewalt zitterte, fühlte sich der Papst als ein Verbündeter der Protestanten." (S. 253.) Doch ist, bei der Betrachtung dieser Dinge, die Frage kaum abzuweisen, wessen Stellung eigentlich die am meisten verfehlte war? des Papstes, dessen zwiespaltiges Interesse in sich selbst in solche Disharmonie gerieth; oder des Kaisers, der zunächst im kirchlichen Interesse des Papstes, seines politischen Widersachers, die deutschen Fürsten bekriegte und von sich zurückstiefs, die er doch leicht hätte für sich gewinnen, und dann mit ihrer Hilfe am sichersten die gemeinschaftlichen. Feinde besiegen und seine eigne wahre Gröfse unerschütterlich befestigen können. - Papst und Kaiser fanden sich gegenseitig durch einander getäuscht. Der Papst hob, um dem wachsenden Ansehen des Kaisers nicht noch mehr Vorschub zu leisten, das tridentinische Concilium auf, nützte aber dadurch am meisten den evangelischen Ständen Deutschlands, weil nun eben die Absicht, sie zur Unterwerfung unter die Beschlüsse des Conciliums zu zwingen, wozu der Kaiser sonst wohl die Macht gehabt hätte, gerade in dem entscheidendsten Augenblicke vereitelt wurde. Auch in Italien sah Paul 111, bei aller seiner Klugheit alle seiue Plane durchkreuzt.

Seinem Nachfolger Julius III. war es nicht Ernst um die grofseu Aufgaben seiner Zeit, und Marcellus II. hatte während seines kurzen, nur nach Tagen zählenden Pontifikats, nicht Zeit, die Erwartungen, die man sich von ihm machte, zu erfüllen. Indessen blieb die in der katholischen Kirche ins Leben 'getretene strengere Richtung, welche schon die letzte Wahl hervorgerufen hatte, auch bei der folgenden wirksam, und der strengste aller Cardinäle, Caraffa, der Stifter der Theatiner und Wiederhersteller der Inquisition, aber auch ein alter, persönlicher Gegner des Kaisers, bestieg als Paul IV. den päpstlichen Stuhl. Die Reformation der Römischen Kirche, in seinem Sinne, ergriff er zwar mit dem gröfsten Eifer, aber sie musste bald vor den kriegerischen Bewegungen zurücktreten; denn zum Beweis, wie sehr die Mifsbräuche des Papsttbums, auf seinem damaligen Standpunkte, schon zur Nothwendigkeit geworden waren, sehen wir auch bei Paul IV. alle die Ungebührnisse, gegen die er, als Kardinal Caraffa, so entschieden gepredigt und gekämpft hatte. wieder hervortreten. Aber auch ihn täuschte seine Berechnung; sein Krieg gegen den Kaiser und Spanien, denen er das Supremat in Italien zu entreissen gedachte, würde, ohne die Devotion des Herzogs von Alba, die selbst dessen Kriegergeist überwog, Rom einer abermaligen Eroberung unterworfen haben; es zeigte sich das ganz widersinnige Schauspiel, dafs der orthodoxe Papst, während sein devotester Verehrer ihm als Feldherr gegenüber stand, nicht nur bei Protestanten, sondern sogar bei den Türken Hilfe suchte. Erst als des Papstes Unternehmen durchaus gescheitert war, bequemte er sich zum Frieden, und wandte sich nun wieder den ganz kirchlichen Reformen zu, in denen er zwar grofse Strenge bewies und viele Unordnungen abschaffte, aber einerseits doch hauptsächlich nur bei dem AeuIseren stehen blieb, und andrerseits die Inquisition bis aur Grausamkeit steigerte. Seine unbeugsame Strenge und seine Hinneigung zu dem Interesse Frankreichs zogen dem päpstlichen Stuhle einen zweifachen grofsen Verlust zu, in dem gänzlicher Abfall Englands, und dem Einverständnisse Ferdinands I. mit den Häuptern der evangelischen Partei in Deutschland, welches unter andern die niedersächsischen Stifter völlig in evangelisehe Hände kommen liefs. Es bedurfte eines solchen Gegensatzes, wie ihn Pauls IV. Nachfolger, Pius IV., in seiner Gesinnung und Handlungsweise darstellte, um den päpstlichen Stuhl wieder in ein vortheilhaftes Verhältnifs zu den katholischen Hauptmächten zu versetzen. Während er selbst mit nachgiebiger Politik die Höfe zu gewinnen wufste, wurde durch seinen Neffen, den nachmals beilig gesprochenen Carl Borromeo, die ernstere kirchliche Richtung aufrecht erhalten und gefördert; und das zweimal unterbrochene Concilium zu Trient rief er, nicht blofs nothgedrungen, sondern zugleich mit gutem Willen, wieder ins Leben. Um die Darstellung der letzten Periode dieses entscheidungsvollen Conciliums hat sich

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der Vf. besonderes Verdienst erworben. Die Gestalt, in der es jetzt auftrat, war von der früheren ganz verschieden. An eine Wiedervereinigung der Protestanten wurde kaum noch ernstlich gedacht; für die katholisch gebliebenen Nationen waren die dogmatischen Irrungen schon durch die früheren Sitzungen des Conciliums, als dessen Fortsetzung das neueröffnete sich ankündigte, beseitigt; die Wirksamkeit desselben musste sich also hauptsächlich auf Beilegung der zwischen der höchsten Kirchengewalt und den Staatsregierungen obwaltenden Differenzen, und auf die kirchliebe Disciplin beschränken. Indessen machte Kaiser Ferdinand I. doch reformatorische Anträge von der höchsten Bedeutung, die im Ganzen auch bei den Franzosen und zum Theil selbst bei den Spaniern Anklang fanden, der aber, weil nicht nach Nationen gestimmt wurde, keine Entscheidung gab. Wie der Unwille des Kaisers, dafs man seine Reformationsartikel ganz hintenangesetzt hatte, und das Concilium von Rom aus leitete, durch den Kardinal Morone mit grofser Geschicklichkeit besänftigt, und der Kaiser für die Ansichten des Papstes günstig gestimmt wurde (die wichtigste und für den Erfolg des Conciliums entscheidendste Verhandlung), hat der Vf. (S. 333 u. f.) nach Morone's eigner Relation, die sowohl Pallavicini als Sarpi unbekannt blieb, dargestellt. Ueberhaupt wurden, wie der Vf. (S. 339) sich ausdrückt, nicht iu Trient, sondern an den Höfen und durch politische Unterhandlungen, die wesentlichen Hindernisse einer glücklichen Beendigung des Conciliums beigelegt. Resultate desselben fasst der Vf. (S. 345.) folgendergestalt zusammen:,, In dem ersten Momente (während des schmalkaldischen Krieges) sonderte sich das Dogma, nach mancherlei Schwankungen, auf immer von den protestantischen Meinungen ab. Aus der Lehre von der Rechtfertigung, wie man sie damals aufstellte, erhob sich das ganze System der katholischen Dogmatik, wie es noch heut zu Tage behauptet wird. In dem zweiten (nach den Conferenzen Morone's mit dem Kaiser) ward die Hierarchie theoretisch durch die Dekrete von der Priesterehe (so soll es ohne Zweifel heifsen, obgleich hier, so wie schon S. 329. u. 341, wahrscheinlich durch Druckfehler, Priesterweihe steht), praktisch durch die Reformationsbeschlüsse, aufs neue begründet." Die anfängliche Absicht auch dieses Conciliums, die Macht des Papstes zu beschränken, schlug ganz fehl; vielmehr ging diese sogar verstärkt aus dem selben hervor. Darin, dafs Pius IV. dies alles durch Einverständnifs mit den vornehmsten katholischen Fürsten durchsetzte, und somit die frühere Tendenz der Hierarchie, sich der fürstlichen Gewalt entgegenzusetzen, mit Bewulstseyn aufgab, findet der Vf. (S. 347.) dessen welthistorische Bedeutung. Soviel aber auch Pius IV. für die Reconstruction der Kirche gethan hatte, so war dies doch vielen Anbängern der strengen Gesinnung noch nicht genug; in ihrem Sinne erfolgte die Wahl seines Nachfolgers Pius V., für welche sich auch Spanien verwandte und

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Carl Borromeo den Ausschlag gab. Ein vieljähriger unbeugsamer Inquisitor, streng in seinen Sitten und hartnäckig in seinen. Meinungen, stiefs er zwar allenthalben, selbst bei befreundeten Höfen, an, doch setzte er es durch, die strengere Kirchendisciplin völlig herzustellen, aus Italien und Spanien auch die letzten Reste der vom Römischen Kirchensystem abweichenden Richtungen zu vertilgen (selbst der um die Römische Kirche so vielfach verdiente Erzbischof von Toledo konnte der Inquisition nicht entgehen!), die katholischen Fürsten fühlen zu lassen, dafs die Vereinigung mit der Kirche ihrem eignen Interesse gemäfs sey, und endlich sogar die südeuropäischen Staaten zu einer gemeinschaftlichen, vom Glücke gekrönten Unternehmung gegen die Türken zu vereinigen, während er das gewaltsame Verfahren gegen die Reformirten in Frankreich und den Niederlanden nicht nur billigte, sondern grofsentheils selbst anregte und unterstützte. - Sowohl das weltliche Gebiet des Kirchenstaates, als das geistige der Römischen Kirche, waren jetzt im Allgemeinen so abgeschlossen und befestigt, wie wir sie die folgenden Zeiten hindurch, theils bleibend, theils als nächste Grundlage der weiteren Entwickelungen, erblicken.

Viertes Buch. Staat und Hof. Die Zeiten Gregors XIII. und Sixtus V. (S. 375–516.) Die beiden vorhergehendeu Bücher beschäftigten sich hauptsächlich mit der äufseren, besonders kirchlichen Wirksamkeit der Päpste, und der damit in Verbindung stehenden Bildungsgeschichte der katholischen Kirche. In diesem Buche wird nun zuvörderst die innere Verwaltungsgeschichte des Kirchenstaates nachgeholt, welche dem Vf. noch mehr als die Kirchengeschichte Gelegenheit gab, uns mit den Ergebnissen neuer Forschungen bekannt zu machen. Er beginnt mit den natürlichen und statistischen Verhältnissen des Kirchenstaates, welche die Relationen des 16. Jahrhunderts aufserordentlich preisen. Die Verfassung war den Freiheiten und der Entwickelung der Städte sehr günstig; aber die eingewurzelten Parteiungen fast Aller gegen Alle, die der Vf. nach ihren Ursachen und Erscheinungen sehr lebendig schildert, standen eben so sehr den Einwirkungen der Regierungen, als dem Gedeihen einer ruhigen, gesetzlichen Ordnung im Wege; nur mit Gewalt brachten die Päpste allmählich eine Stadt nach der andern zum Gehorsam. Die besonders sorgfältige Darstellung der päpstlichen Finanzen beginnt der Vf. (S. 400.) mit der, Bemerkung, dafs dieses Finanzsystem für ganz Europa von Bedeutung ist, weil die Wechselgeschäfte des Mittelalters ihre Ausbildung hauptsächlich der Natur der päpstlichen Einkünfte verdankten, und das System der Staatsschulden, welches noch heute das ganze Getriebe des Verkehrs bedingt und fesselt, im Kirchenstaate zuerst systematisch entwickelt wurde. Die grofsen Summen, die der Papst aus ganz Europa bezog, gingen durch zu viele Hände, als dafs für ihn selbst am Ende viel übrig bleiben konnte; bei jeder kostspieligen Unternehmung waren daher aufserordentliche

mung,

Mittel nöthig; diese fand man im Verkauf der öffentlichen Aemter, und nach Umständen in der Errich tung neuer Aemter, die ebenfalls verkauft wurden. Der reinen Anleihe näherte sich zuerst Clemens VII. (S. 408), und erst Paul III. brachte eine Unternehdurch deren Versuch Adrian VI. sich verhafst gemacht hatte, nämlich eine directe Steuer im Kirchenstaate, unter dem Namen des Sussidio, wiewohl auch nicht ohne Widerspruch, zu Stande (S. 409). Die folgenden Päpste führten neue indirecte Steuern ein, um deren Ertrag als Zinsen für aufzunehmende grofse Kapitalien zu benutzen (S. 413). Bei diesen und ähnlichen Mafsregeln ging der frühere Ruhm des Kirchenstaates, unter allen Staaten Italiens am wenigsten mit Abgaben belastet zu seyn, verloren. Indessen wurde die Verwaltung im mer regelmässiger, und vieles, was sonst in den Händen einzelner Begünstigter blieb, der päpstlichen Kammer, besonders unter Pius V., zugewandt. Von dieser allgemeinen Darstellung gebt der Vf. zur Geschichte der beiden nächstfolgenden Päpste über, deren Regierung zwar nach ihrer gesammten Richtung, sowohl auf den Kirchenstaat, als auf die ganze katholische Welt, dargestellt wird, aber doch besonders durch ihre finanziellen Mafsregeln merkwürdig ist. Gregor XIII. übt diese in der Einziehung von Gütern, die man aus irgend einem wahren oder scheinbaren Rechtsgrunde dem päpstlichen Stuhle für heimgefallen erklärt; nicht ohne die traurigsten Rückwirkungen auf das Ganze; Sixtus V. (dessen interessante Geschichte von Jugend auf, in einem kurzen Umrisse, mit Beseitigung der bekannten fabelhaften Anekdoten, seiner Verwaltung vorangeht) stellte, nicht ohne gewaltsame Mafsregeln, die innere Ordnung wieder her, und reformirte auf eine zwar wirksame, aber nicht durchaus löbliche, die Mafsregeln der Vorgänger zwar benutzende, aber eigenthümlich durchführende Weise, die gesammte Verwaltung, besonders die Finanzen, in denen er es, freilich nicht ohne bedenkliche Mittel (S. 461 u. f.), zur Ansammlung eines Schatzes brachte. Die Bauunternehmungen Sixtus V., welche Rom neue Zierden gaben, aber auch der wenigen noch übrigen Denkmale des Alterthums grofsentheils beraubten, führen zu einer allgemeinen Bemerkung über die Veränderung der geistigen Richtung überhaupt (S. 482). Die klassische Literatur, welche zu Anfange des 16. Jahrhunderts das ganze geistige Leben ausfüllte, war tief zurückgetreten; das Studium der Antike brachte daher auch in der Form nicht mehr die frühere Wirkung hervor. (Beiläufig ein triftiger Beweis, dafs man diese auch in dem antireformatorischen Italien, und gerade hier vorzugsweise hervortretende Erscheinung, zur Ungebühr in Deutschland als eine Wirkung der Kirchenreformation betrachtet.) Die Regeneration der Künste in der späteren Periode des 16. Jahrhanderts nahm in Italien eine durchaus kirchliche Richtung, und die Kunst, die man vorher als die profanste, der Kirche entfremdetst betrachtet hatte, die Musik,

widmete sich, unter dem Vorgange Palestrina's (S. 497), gerade am thätigsten ihrem Dienste. Mit der veränderten Gestalt der Curie, eines seltsamen Gemisches von religiösem Ernst und weltlichen Intriguen (S. 514), und einer kurzen Rekapitulation der merkwürdigen Gegensätze, welche sich in der bisher betrachteten welthistorischen Entwickelung darstellen, schliefst dieses Buch und der erste Band.

Fünftes Buch. Gegenreformationen. Erster Zeitraum. 1563-1589. (Zweiter Band, S. 1–174.) Es lag in der Natur der Sache, dafs das Papstthum, wie es sich in seinem Innern aufs neue befestigt batte, auch das verlorene Gebiet wieder zu gewinnen strebte, und dafs man dies, wie es in Italien und Spanien vollständig gelungen war, auch in andern Ländern versuchte. Die Lage des Protestantismus um das Jahr 1563, wie sie der Vf. zunächst schildert, zeigt uns denselben in einer heut zu Tage kaum noch gekannten und geglaubten Ausdehnung. Ihm gegenüber rüistesten sich nun aufs neue die Streitkräfte des Pupstthums, welchem vor allem die zugleich weltkluge und religionseifrige Gesellschaft der Jesuiten gute Dienste leistete. Da der Vf. in der Geschichte der neuen Eroberungen der Römischen Kirche nicht bei dem Allgemeinen stehen bleiben, sondern die einzelnen Erscheinungen in ihrer Mannichfaltigkeit darstellen wollte, und dabei mit Deutschland beginnt, wo das Papstthum seine ersten grofsen Verluste erlitt, und wo auch jetzt der Kampf der beiden Principien vorzüglich ausgefochten wurde, so machen die ersten Jesuitenschulen in Deutschland den Anfang. Wie die Jesuiten um die Mitte des 16. Jahrhunderts zuerst in Wien, Cöln und Ingolstadt drei grofse Mittelpunkte fanden, und von hier aus nach allen Richtungen sich mit auffallender Schnelligkeit verbreiteten, wird im Einzelnen nachgewiesen, und gezeigt, auf welchem Wege sie ihre schon nach kurzer Zeit so auffallenden Wirkungen hervorbrachten. In letzterer Beziehung konnte freilich der Vf. nichts besonders neues sagen; eigenthümlich ist ihm aber die Ansicht, die 'Thätigkeit der Jesuiten, die, gröfstentheils aus der Ferne herkommend, ohne von Deutschland etwas in sich aufzunehmen, die hier fast untergegangene päpstliche Theologie wiederherstellen,,, als eine neue Einwirkuug des romanischen Europa auf das germanische" zu betrachten (S. 35); und zwar nicht neu, aber sehr wahr, wenn der Vf. einen Grund für die auffallend schnellen und ausgedehnten Successe der Jesuiten darin findet,,,dafs die deutschen Theologen sich weder unter sich selbst verständigt hatten, noch grofsgesinnt genug waren, um die minder wesentlichen Widersprüche an cinander zu dulden. Die Extreme der Meinungen waren ergriffen worden; man befchdete sich mit rücksichtsloser Wildheit, so dafs man die noch nicht vollkommen Ueberzeugten irre machte, und damit diesen Fremdlingen den Weg babnte." (S. 36.) (Die Fortsetzung folgt.)

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ERGÄNZUNGSBLÄTTER

ZUR

ALLGEMEINEN LITERATUR-ZEITUNG

KIRCHENGESCHICHTE.

Januar 1838.

BERLIN, b. Duncker u. Humblot: Die römischen Päpste, ihre Kirche und ihr Staat im sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert. Von Leopold Ranke u. s. w.

Auch unler dem Titel:

Fürsten und Völker von Süd-Europa im sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert u. s. w.

Den

(Fortsetzung von Nr. 2.)

en tieferen Grund dieses traurigen Zwiespaltes and unevangelischen Streites der evangelischen Theologen, wodurch der evangelischen Kirche ein so beträchtlicher Theil des gewonnenen Bodens verloren ging, aufzusuchen und nachzuweisen, scheint nicht in der Aufgabe des Vfs. gelegen zu haben, der vielmehr sogleich auf den wirklichen Anfang der Gegenreformationen in Deutschland übergeht. Der Vf. unterscheidet nämlich in diesen Gegenreformationen gleichsam zwei Perioden oder Stufen. Bei beiden waren die Jesuiten thätig, doch geschahen die ersten nur unter ihrer Mitwirkung, die folgenden aber durch ihre unmittelbaren Zöglinge. Zu der ersten Zu der ersten Periode gehört die Wiederherstellung des ausschliefslichen Katholicismus in Baiern (welches nachher für viele andere deutsche Staaten gleichsam das katholische Mutterland wurde), Baden-Baden (hier ganz gewaltsam und usurpatorisch, durch den Herzog von Baiern, als Vormund des jungen Markgrafen) Trier, Mainz (besonders auf dem Eichsfelde), und Fulda, in den Jahren 1563-1574. Dazwischen fallen die Gewaltthätigkeiten in den Niederlanden und in Frankreich; denn freilich hatten hier die religiösen Bewegungen, in ihrem eigenthümlichen Zusammenhange mit politischen Händeln, von beiden Seiten mehr als irgendwo anders den Charakter der Gewaltthätigkeit angenommen. Obgleich der Vf. über die niederländischen Angelegenheiten sich nur kurz fafst, so ist doch der Charakter derselben, der gegenseitige Standpunkt der Parteien, und die Ursachen ihrer Entscheidung, treffender als in manchem, diesem Gegenstande ausschliesslich gewidmeten, dicken Buche entwickelt. Den Tod Egmonts und Horns betreffend, zeigt der Vf. (S. 59), dafs demselben keine todeswürdige Schuld dieser Männer, selbst aus dem Gesichtspunkte ihrer Gegner betrachtet, zum Grunde

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lag, sondern dass sie der momentanen Rücksicht einer trotzigen Politik zum Opfer fielen"; und bezeichnet Alba als ,,grausam aus Grundsatz." Der Widerstand der Protestanten, wie er hier sich regte, führt auf das verwandte Streben in Deutschland zurück, wo sich, den Versuchen neuer Ausbreitung des Katholicismus gegenüber, die Reaction des Protestantismus besonders in dem Beginnen aussprach, geistliche Fürstenthümer selbst zu acquiriren. Nachdem die Gegensätze im übrigen Europa, besonders die religiösen Bewegungen in Schweden, England und der Schweiz geschildert worden, kommt der Vf. auf die Entscheidung in den Niederlanden zurück, die auf eine ganz eigenthümliche Weise erfolgte, theils durch den schon damals bemerklichen Widerwillen der wallonischen gegen die nordniederländischen Provinzen, theils durch das Verfahren Don Juans, von welchem der Vf. (S. 98) sagt:,,wenn irgend einem Andern, so ist vor allem ihm die Gründung der spanischen Niederlande zuzuschreiben"; indem derselbe einen offnen Bruch wagte, und während er die alte Zuneigung der wallonischen Provinzen zu dem burgundischen Geschlechte weckte, den Weg einer allmählichen Unterwerfung der einzelnen Landschaften, durch Vertrag oder Waffengewalt, einschlug. Der Vf. macht aber auch auf die eigenthümliche Wendung der Dinge aufmerksam, welche hieraus hervorging, dafs nämlich die Provinzen, welche sich wieder an den König anschlossen, sich einen bedeutenden Grad von Selbstständigkeit vertragsmässig sicherten, und der Katholicismus, dessen Wiedereinführung sonst überall mit Unterdrückung der landschaftlichen Rechte gepaart ging, hier durch die fürstliche Macht im Verein mit Ständen und Privilegien wieder hergestellt wurde. Der Fortgang der Gegenreformationen in Deutschland, welcher nun wieder an die Reihe tritt, zeigt nicht nur dem Freunde eines freieren religiösen Lebens, sondern auch dem Freunde deutscher Volksthümlichkeit, ein sehr trauriges Gemälde. Den Anfang macht der verunglückte Reformationsversuch des Kurfürsten Gebhard von Cöln, den der Vf. noch nicht einmal in seiner ganzen, für Deutschland verhängnisvollen Bedeutung gewürdigt hat; denn er führte zuerst die Spanier nach Deutschland, und zog dadurch nicht nur den niederrheinischen und westfälischen Landen vieljäbrige Verwüstungen zu, sondern half auch wesentlich den dreifsigjährigen Krieg herbeiführen. Auch über

die Ursache des unglücklichen Ausganges dieser Unternehmung finden wir nicht, dafs sich der Vf. bestimmt genug ausspricht. Diese lag ganz unverkennbar in dem schmählichen Widerwillen der Lutheraner gegen die Reformirten, deren Confession Gerhard angenommen hatte; deun nur dies war es, was den Kurfürsten von Sachsen, der im evangelischen Deutschland den Ton angab, von kräftiger Unterstützung Gebhards abhielt. Zwar suchte der Kurfürst von Sachsen sein Gewissen durch den Vorwand zu beschwichtigen, dafs Gerhard jenen Schritt mehr aus eigennützigen, als aus wahrhaft religiösen Beweggründen gethan habe; aber wenn auch Gerhards Betragen einen solchen Verdacht hinsichtlich seiner Person rechtfertigte, so hätten doch seine, der Reformation geneigten Unterthanen, hierunter nicht leiden dürfen. Die Gegenreformation im Erzstift Cöln, und in Folge derselben auch in Paderborn und mehreren andern niederdeutschen Stiftern, wurde wieder durch die allenthalben geschäftigen Jesuiten ausgeführt. Was Herzog Wilhelm von Cleve betrifft, so kann man von ihm nicht, wie der Vf. (S. 117), sagen, seine Politik sey im Ganzen protestantisch gewesen; im Gegentheil war seine Religion blofs politisch; und obgleich er in seinem eignen Lande die Reformation zwar nicht begünstigte, aber geschehen liefs, war er es doch, welcher die Wahl des Herzogs Ernst von Baiern, sowohl in Cöln als in Münster, vornehmlich unterstützte und zu Stande bringen half, damit aber dem Katholicismus, welchen Ernst mit Hilfe der Jesuiten im nordwestlichen Deutschland wieder aufrichtete, die Bahn brach. Andere, znm Theil noch nicht öffentlich bekannt gewordene, aber sehr schlagende Beispiele, wie dieser Fürst die Religion rein politisch behandelte, könnten noch angeführt werden, wenn es der Raum hier erlaubte. Seinen Sohn Johann Wilhelm hielt er übrigens wohl weniger wegen seines Katholicismus, als wegen seiner Unfähigkeit, von den Geschäften entfernt. Am längsten verweilt der Vf. bei den Gegenreformationen in den fränkischen Bisthümern, in Oesterreich und in Salzburg. Mit welMit welcher Gewaltthätigkeit und Grausamkeit sie besonders in den beiden letzteren Staaten durchgesetzt wurde, ist nicht ohne die tiefste innere Bewegung zu lesen; auch war es besonders hier, wo mit der Unterdrückung der Religionsfreiheit, zugleich die bürgerlichen Rechte und Freiheiten der Landstände unheilbar verletzt wurden. Schaudererregend sind die Plane zu noch weiteren Umgriffen, die man von Seiten der päpstlichen Macht auf die bisherigen Erfolge baute. Dafs man vorzüglich den Kurfürsten August von Sachsen zu gewinnen suchte, lag in der Natur der Sache; eine eigentliche Hinneigung zum Katholicismus (von welcher S. 138 die Rede ist) kann man diesem Fürsten wohl nicht zuschreiben; nur so viel ist gewifs, dafs er den Calvinismus noch weit bitterer hafste, als das Papstthum, und bierdurch mittelbar den Fortschritten des letzteren Vorschub leistete. Uebrigens suchte er z. B. die Wahl Hein

richs von Sachsen-Lauenburg in Münster zu unterstützen; aber es fehlte seinen Mafsregeln an allem Nachdruck. -Die Schilderung der religiösen, und der damit zusammenhangenden politischen Lage Frankreichs, Savoyens, der Schweiz und Englands, bis zum Tode Heinrichs III., macht den Beschlufs dieses Buches.

Sechstes Buch. Innere Gegensätze der Lehre und der Macht. 1589-1607. (S. 175-360.) Der Vf. beginnt dieses Buch mit der Entwickelung der Theorien, welche sich innerhalb der regenerirten katholischen Kirche, aus den bisherigen Streitigkeiten herausgebildet hatten; und am entschiedensten in den französischen Verhältnissen hervortraten. Die eine, welche der Vf. die kirchlich-politische Theorie nennt, nahm eine unbeschränkte Oberhoheit der Kirche über den Staat in Anspruch, und erklärte es nicht allein für das Recht, sondern sogar für die Pflicht einer Nation, besonders wenn der Befehl des Papstes hinzukomme, einem von der katholischen Kirche abgefallenen Fürsten den Gehorsam zu versagen. Die Anhänger dieser Lehre, welche vorzüglich von den Jesuiten verfochten wurde, gingen so weit, dafs sie das göttliche Recht der weltlichen Regenten leugneten, und die fürstliche Macht von dem Willen des Volks ableiteten, also, scheinbar von den strengsten Grundsätzen ausgehend, am Ende der Demokratie in die Hände arbeiteten. Die Opposition der Lehre behauptete dagegen, dafs die Gewalt der Kirche sich nur auf geistliche Dinge beziehe; dafs es nie erlaubt sey, gegen den König zu rebelliren oder ihm sein Erbrecht zu entreifsen, dafs es vielmehr Pflicht sey, den König so anzunehmen, wie Gott ihn gebe. Die besondere Beziehung dieser Lebren auf die Lage Heinrichs IV. in Frankreich, führt den Vf. auf die letzten Zeiten Sixtus V., dessen Politik hier besonders erörtert, und endlich gezeigt wird, wie derselbe in den französischen Händela doch endlich von seiner aufänglichen Strenge nachliefs, aber nicht weiter als bis zu einem, für ihn selbst nachtheiligen Schwanken gebracht wurde. Ueber die kurzen Regierungen der drei nächstfolgenden Päpste hinweg eine Periode, in welcher nicht nur die Bewegungen der Conclaven Gelegenheit zu interessanten Bemerkungen geben, sondern auch in Frankreich, unter den katholischen Anhängern Heinrichs IV., sich der sogenannte Tiers-parti bildete, eine Partei, welche die Rechte des Königs und der Kirche zu vereinigen strebte, und daher die Succession des ersteren zwar anerkannte, ihm aber dabei die Rückkehr zum Katholicismus zur Pflicht machte te wird die Wahl und Natur Clemens VIII. geschildert, in dessen Regierung die Absolution Heinrichs IV. die erste bedeutungsvolle Erscheinung darbietet. Wie die Aussöhnung dieses Königs mit dem päpstlichen Stuhle, und die Herstellung einer katholischen Staatsregierung in Frankreich nicht als Sieg der strengeren Partei erscheint, sondern vielmehr durch das Uchergewicht der gemifsigten Meinungen herbeigeführt wurde, und welche Folgen dies in

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