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führt der Weg in einem engen Thale fort bis zu einem Flinte und Bajonnet. nennt diese Gemälde R. Engpasse mit schroffen Klippen zu beiden Seiten, „a tawdry kind of sign-post paintings" und „horrible durch welche der Flufs von Aserabad oder Garran daubs." Sonst ist der Pallast in allen seinen Theifliefst mit einer Brücke von drei Bogen. An diesem len glänzend und mit persischer Prachtliebe ausgeFlusse hinauf steigt der Weg immer höher zwischen stattet, jedoch noch nicht ganz vollendet. Gleich den bewachsenen Hügeln bin in einem engen und allen persischen Grofsen hat der Chan eine grofse romantischen Thale, bis mit dem steilen Uebergange Baulast und er kann sie leicht befriedigen, da er die über einen Hügel sich eine wildere Gegend von im- Bauleute nur mit Privilegien und Exemptionen bemer höher sich thürmenden nackten Bergen zeigt, lohnt, die dann meist den Bauern zur Last fallen. Bald waren die Reisenden am Aufgange zum Pals Die Stadt, welche ganz am Berge liegt und das Garran angelangt, der seinen Namen von einem Schlofs umgiebt, hat einige gute Häuser, doch sind Santon tragen soll. Dieser Pafs wird für schwie- die meisten von Erde. Der Name der Stadt ist eiriger gehalten als der von Ardbaba nach Banna wei- gentlich verkürzt aus Sinendridsch, sie wurde vor ter nördlich. Zweimal wurde der Flufs Kakor Se- etwa 200 Jahren erbaut, lag aber damals südlicher kria passirt, welcher westlich fliefst nach Schamian (S. 208), jetzt hat sie 4 bis 5000 Familien, worunter und von da in der Richtung auf Gavro in den Diala 200 jüdische und 50 chaldäische vom katholischen Rimündet. Fast alles Grün verschwindet auf der tus, die zur Diöces Mosul gehören und unter dem Höhe, überall zeigen sich nur nackte Felsen und ein Patriarchen von Diarbekr stehn. Diese Christen schlechter röthlicher Boden. Das elende Dorf sind meist Handwerker oder Krämer. Die muhamDschenawera liegt noch in Meriwan, dem gröfsten medanische Bevölkerung gehört zu den Sunniten von District von Sinna. Der Weg führte fortwährend der Secte des Schafei, nur der Hof will schiitisch mit der Hauptrichtung nach Osten aufwärts, wenig seyn, um dem Schah zu gefallen. Der Wali selbst stens waren die absteigenden Partieen nicht beträcht hat einen echt-persischen, d. b. aufserlich glatten lich. Man passirte das Sommerlager der Einwohner aber zweideutigen Charakter, dazu ist er grausam des Dorfes Berruder, welches links liegen blieb. und hahsüchtig im äufsersten Maafse. Er besitzt unWeiterhin von dem Dorfe Doweisa, welches, wie ermefsliche Reichthümer und welfs diese durch Druck Sinna selbst, im District Hasanabad liegt, schlägt seiner Unterthanen stets zu mehren. Er sucht alles sich der Weg auf Sinna rechts nach Süden abwärts. für sich zum Monopol zu machen. Bei seiner damaDer Chan war abwesend, er hatte aber von der An- ligen Reise durch die Provinzen bot ihm eine Stadt kunft der Fremden gehört und einen feierlichen Em- 600 Tomans, wenn er sie mit seinem Besuche verpfang angeordnet, welchen R. nur mit Mühe ableh- schonen wollte. Er gab zur Antwort, er würde nen konnte. Er war seit jenem leidigen Fieber nicht nur kommen, sondern auch 1000, Tomans fornicht wieder gesund geworden, dazu hinderte ihn dern. R. erfuhr, dafs der Zagros bei den Kurden ein Augenübel öfter an vollständiger Ausführung gewöhnlich Schahu genannt wird, wie in den Büchern der Berichte in seinem Tagebuche, und so kam er der Parsen Schaho Name des Elwend ist (S. 208). krank in Sinna an. Diese Stadt macht mit ihrem Ardilan ist nicht eigentlich der Name der Provinz, bocbgelegenen Schlosse einen schönen Eindruck, und sondern eines Vorfahren des Wali, der darum Wali R. war ganz überrascht, als er in den herrlichen yon Sinna Ardilan heifst, so dafs jene Benennung Garten des Wali eintrat, ein wahres persisches Pa- der Provinz im Grunde auf einem Mifsverständnifs radies, wie es Rim ganzen Orient nicht schöner ge beruht (S. 214). R. sah eine Parade der regulären sehen. Es ist wie alle ähnliche Anlagen eine Nach- Truppen, deren Zahl sich auf 300 beläuft. Der ahmung des prächtigen Tscharbagh in Ispahan. Die Wali bat sie von Europäern dressiren lassen, sie Kurden, von denen er hier empfangen wurde, waren schlugen den englischen Grenadiermarsch. Die Guran und sprachen unter sich ihren Dialect, mit R. besten und meisten begleiteten jetzt gerade den Wali aber persisch. Im Aeufsern beobachteten sie das auf seiner Reise, bei dem Aufmarschiren der Parade persische Complimentenwesen, wobei sie sich aber dachte der Vf. unwillkürlich an Falstaff's Rekruten. etwas linkisch nahmen, was gegen die treuherzige Das Gebiet von Sinna ist in 7 Provinzen getheilt: und edle Art der Bebbeh's und der anderen Kurden Dschuanrû zu äusserst in SW., Avroman, Meriwan, von den Clans sehr abstach. Am andern Morgen Banna, Sakis in der Richtung auf Tebris, Hasanazog R. in den Pallast des Chan ein, wo etwa 100 bad, wo Sinna liegt, und Isfendabad nach Hamedan kurdische Soldaten von Avroman die Wache haben. Jede dieser Provinzen ist wieder in 4 oder 5 Unter den Gemälden des Hauptzimmers war u. a. Districte getheilt. Dritthalb Farsach (Parasangen) ein Bild, das Alexander den Grofsen vorstellen südlich von Sinna ist der Flufs Garro, der Hauptsollte, persisch gekleidet und mit dem Gesicht eines quellenstrom des Diala. bublerischen Weibes, denn die dortige Tradition malt ihn bartlos, schön und jung. In einem andern Zimmer sah man neben Salomo und der Königin von Saba die seyn sollenden Portraits des Kaisers von Rufsland, des Prinzen von Wales, des Königs von Spanien, des deutschen Kaisers und Bonaparte mit

zu.

Der Wali hatte gewünscht, dafs R. ihn auf seiner Reise aufsuchen möchte, und letzterer entschlofs sich endlich, ihm zu willfahren, was die Höflinge des Wali, die im Weigerungsfalle seinen Zorn fürchteten, aus grofser Besorgnifs rifs. Am 30. August reiste er ab, und ging zunächst gerade nördlich,

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rechts neben Doweisa vorbei, jiber das grofse Dorf nach Norden hip nach-Norden hip sich Bajenko und von da an auf der Strafse von Tebris bis Die letzte Hoe in den Alun-Elpfe engielstGulanch, hierauf sich nordwestlich wendend passirte zu dem Bli erste Ort one auf der persischen Grenze genorte er den Kisil-Osan etwa zwei Farsach's von seiner jener Höhe siidwestlich, war, Merwa in dem District Gebirge, Quelle, hinter dem Dorfe Kelekowa verliefs er die Aalan. Ein paar Stunden weit in der Richtung NW, Tebriser Strafse und schlug sich mehr westlich durch lag die Stadt Beytüsch ihr gegenüber am Gebirge Berg und Thal auf sehr beschwerlichen Wegen, die der District Pischder. Eine Hugelreihe gerade im um so lästiger wurden, da fast die ganze Gesellschaft Westen von Merwa heilst Kurkur. Daran liegt diesnoch immer krank war, Auch Rich selbst war fort seit Schinek, 5 Stunden weit, von Schinck nördlich während sehr leidend trotz des gesunderen Klimas Ghellaleh. Jenseit der Hügelreihe liegt Mergeh, und dieser sehr hohen Gegenden; Bei dem Dorfe Surene weiter hin, Bitwein. Der Weg führte südlich höwurde die Hauptkette des Zagros wieder durchschnit- her zu dem schön gelegenen, Dorfe Deira, von dessen ten: In Ahmedava (wie die Kurden sprechen für lieblichen Umgebungen sich R. lange gar nicht trenAhmedabad) wurde R, von dem Sohne des Wali und nen konnte. Die Höhe dahinter beifst wegen der einigen seiner Minister empfangen, und Abends er vielen Quellen, die sie in die Tiefe sendet, Hasir hielt er ein reichliches Geschenk an Früchten, von Kasian, d. i. Tausendquellen (von kasar, persisch einer feierlich daher schreitenden Reibe yon Gesand- tausend, und kani pers., was im Kurd. ten dargebracht, deren jeder einige der, Früchte der gewöhnliche Name für Quelle ist, Garzoni trug: eine Scene, die ihn an die Bildwerke von Per s. 148). Die höchste Spitze, Gimmo genannt, blieb sepolis erinnerte. Am 7. September zog R, in Banna zur Rechten. Die Aussicht was entzückend (S. 262). ein, wo der Wali ihm ein Frühstück gab. Die Stadt heifst eigentlich Beroseh, man benennt sie aber Kenaru war das erste im District Siivell. Man setzte Die Der Sersir lag gerade im Stiden. Das nächste Dorf gewöhnlich mit dem Namen des Districts Banna. Es über den Flufs von Siwell, der am nördlichen Fufse leben dort viele Juden. Am andern Tage erhielt R. des Sersir vorüber, dann nach Norden geht und sich den Gegenbesuch vom Wali, der sich sehr freundschaftlich zeigte. Er versprach ihm u. a. die wich- nigt. Bald kamen die Berge östlich von Suleimante mit dem Fluffs von Karatscholan bei Mawutt verei tige Geschichte der Kurden, zu ver- wieder zum Vorschein, R. ging über den Ort, wo schaffen, welehe R. schon mehrere Jahre vergebens einst Karatscholan, jetzt nur ein paar Bauernbitten gesucht hatte und die, nach seinem Urtheil (S. 247), standen, dann über den Berg Asmir und gelangte für sich allein eine Reise nach Sinna lohnen würde. nach einigen Stunden (am 15. Sept.) wieder in dem Er hat sie später auch irgendwoher erhalten, und sie gastlichen Suleimanie an. Es war ihm zu Muthe, liegt jetzt auf dem britischen Museum. Gegen die wie wenn er in die Heimath einzuge. Einwohner rasete der Wali in Grausamkeiten, und net Rich brachte das Gespräch wieder auf die verErpressangen, auch R. batte Unannehmlichkeiten, schwundene Stadt Schebrisur, der Pascha meinte bei denen der Wali trotz seiner freundlichen Miene jetzt, sie könne wohl bei Kis Kalasi in der Nähe betheiligt seyn mochte. In der letzten Station vor der Grenze des Gebiets der Bebbeb's lief R. Gefahr, Arbet und 5 Stunden von Suleimanie, da sich dort von Bistansur gelegen haben, 2 Stunden von mit den Leuten des Orts handgemein zu werden, Ruinenspuren finden. doch glich sich die Sache noch aus, und R. war froh, Tradition Alexander der Gr für eine indische PrinKis Kalasi soll nach der als er von der letzten Höhe der Provinz Banna der zessin gebaut haben. R. erfuhr jetzt Genaueres über ersten reizenden Landschaft des ihm befreundeten die Familie der Bebbeb'sin Kermandsch ist ein ColGebiets ansichtig wurde. Das Gefühl der wiederge ledtivname für alle Bebbel Kurden. Der besondere wonnenen Sicherheit läfst ihn die Schönheit des Lane Stamm, zu welchem die Familie der Bebbeh's gedes um so tiefer empfinden, je mehr sie mit den zu hört, heifst Selkir, undizu demselben werden auch letzt durchzogenen nackten und beschwerlichen Fel- die Schinki's und Ghellali's gerechnet. Die Bebbeh's senwegen in Contrast stand. Er ist voll des Lobes stiegen nach dem Sturze der Soran, von Pischder der malerischen Lage der Dörfer mitten in einen herab und eroberten zuerst Mergeb, Mawutt und smaragdenen Grün und der schön gebrochenen Linien Kisildschi von den Persern und Sengeneh von einem und Formen der Gebirge, der ganze Boden schien halbkurdischen Stamme (wahrscheinlich Guran). ihm mit einem Male Natur und Farbe zu ändern S. 272 giebt R. ein Verzeichnifs der kurdischen (S. 259). In der ersten Tiefe strömte der Flufs von Beroseh oder Banna, welcher hier zwischen Persien der Stämme zu vergleichen, welche im Gebiet des Districte rings um Suleimanie, Damit ist die Liste und dem türkischen Gebiet die Grenze macht und Pascha von Suleimanie wohnen S. 280. 281. (Der Beschlufs folgt.)

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ALLGEMEINE LITERATUR

LITERATURZEITUNG

April 1838.

STAATSWISSENSCHAFT.

FRANKFURT a. M., b. Körner: Das Staatsbürgerthum der Juden, vom Standpunkte der inneren Politik beleuchtet von Robert Haas, evangelischem Pfarrer zu Dotzheim bei Wiesbaden. 1837. XVIII u. 307 S. gr. 8. in farbigem Umschlage. (1 Rthlr. 12 gGr.)

Pro

Um so

sammte Gebiet der Geschichte der Juden seit der Auflösung ihres nationalen Volksverbandes war erforderlich, nicht nur weil diese Geschichte vielen, sogar vielen gelehrten Theologen unbekannt ist, sondern weil sie die gegenwärtige Lage der Juden begründet hat und weil sie daher die Grundlage zur Entscheidung über die unabweisliche Emancipationsfrage abgiebt. Gerade die Geschichte ist es, die uns belehrt, wie es weder der Mangel einer Reforro captu et affectu sua fata habent libelli!" mation des Judenthums noch der Juden starres FestAuch diese Worte stehen auf dem Titel der merk- balten an verjährten Missbräuchen oder an eiteln nawiirdigen Schrift. Ist es denn nicht merkwürdig ge- tionalen Messiasträumen es waren, welche achtzehn nug, wenn ein evangelischer Pfarrer in der Unab- Jahrhunderte lang einen eigenen Fluch auf die unhängigkeit einer ernsten Wissenschaft und Prüfung glücklichen Volkstrümmer schleuderten. Der Grund sich der Sache der Juden annimmt? Aber diese dieses Fluches lag vielmehr in der schmachvollen BeSache ist nicht nur zu einer grofsen Angelegenheit handlung, welche sie von Seiten der Christen zu erEuropas, sondern auch der ganzen Menschheit ge- dulden hatten. Diese allein wiesen ihnen die seltdiehen. Sie berührt gleichzeitig die Idee und das same exoterische Stellung an, in welcher sie in allen Leben und kann mithin nicht erschöpft werden, be- christlichen Staaten schmachteten. Alles erinnert sie nicht den Sieg errungen hat. Was bis jetzt dabei an Schott's Wort: Was bis jetzt dabei an Schott's Wort:,, wie kann man dem Juden darüber erschien, rührt her entweder von blindem sagen: wir haben dich schlecht gemacht, darum Judenhasse oder von blinder Judenliebe. werde besser und wir wollen dir Recht geben. Die willkommner mufs das vorliegende Werk seyn, wel- Emancipation mufs vorangehen!" Gewifs, diese ches mit Benutzung der vorhandenen Streit- und Gleichstellung der Juden mit den übrigen christFlugschriften wie der vereinzelten Ansichten, in lichen Staatsbürgern in Beziehung auf Rechte und einem wissenschaftlich geordneten Ganzen diese Pflichten ist eine der dringendsten Forderungen unwichtige Angelegenheit behandelt. Die nicht nur seres Zeitalters. Bei weitem der wichtigste Ablesenswerthe, sondern in der That auch beachtens- schnitt bleibt der zweite S. 39, überschrieben: werthe Schrift zerfällt in drei Abschnitte, wovon der gründung des Staatsbürgerthums der Juden." "Ehe dritte S. 227 die neueste Lage und Bestrebungen der wir dessen Inhalt näher andeuten, können wir nicht Juden auf dem ganzen Erdkreise schildert, insbeson- umhin, dem Vf. unsere innigste Anerkennung seiner dere in Deutschland mit Benutzung vieler litera- menschenfreundlichen Bestrebungen zu zollen, da er rischer und politischer Tageblätter, mündlicher und seine wissenschaftliche Ueberzeugung mit einem geschriftlicher Mittheilungen achtbarer Gelehrten und rade in unseren Zeiten seltenen Freimuth ausgein der Ausführung Rücksicht nehmend auf Anzahl, sprochen hat.,,Der Ernst und die Wichtigkeit meiEmancipationsstand, Ackerbau, Handwerke, In- nes Gegenstandes heifst es S. XI., führt den Beruf dustrie, Handel, Kunst und Wissenschaften, Ver- mit sich, die volle Wahrheit zu sagen, und wer auch hältnisse zu anderen Confessionen, Schulen und Kir- nur eine Aktie dieses Berufs erhalten, hat ihn ohne chenwesen und selbst auf das moralische Leben. So feile Rücksicht als redlicher Mann zu vollführen, um zahlreich auch die hier zusammengehäuften That- so mehr, da die Welt so leicht geneigt ist, Gesinsachen sind, so bleiben es dennoch nur Bruchstücke; nungen auch einem bessern Gemüthe anzumuthen, weil, wie der Vf. selbst bemerkt, die Berichte über die sie im eigenen Herzen trägt." Der staatswissendie neueste Lage und die neuesten Bestrebungen der schaftliche Standpunkt, den der Vf. beharrlich festJuden eines Theils noch in den Häfen der Cabinette hält, ist der einzige anwendbare. Dieser Standruhen, andern Theils noch zu wenig auf dem Forum punkt ist kein anderer als der religiös-sittliche der Wissenschaft angelangt sind. Der erste Ab- Staatszweck, nach welchem alle Glieder der Gesellschnitt S. 1 erzählt die Geschichte der zerstreuten schaft von unten herauf bis zum Fürsten berufen Juden zwar mit fleifsiger Benutzung der Forschungen sind, ihrer Stellung und ihrem Pfunde gemäfs denibres wahrheitliebenden Geschichtschreibers Dr. Jost selben zu befördern, nach dem sich aber auch eine zu Frankfurt am Main, doch auf eigenthümliche nüchterne Erkenntnifs in das wahre, nach ewiger Weise verarbeitet. Dieser Rückblick auf das ge- unaufhaltsamer Entwickelung hervortretende ge

Be

579.

ALLG. LITERATUR-ZEITUNG

schichtliche Bedürfnifs der Zeit, zwar mit bescheidenen aber furchtlosem und selbstverleugnendem Freimath ausspricht und mit anständiger Mäfsigung bethätigt (S. X.). Wie hoch der Vf. selbst über den Vorurtheilen seines Standes stehet, beweiset folgende S. VIII. entlehnte Behauptung:,, denn dem Staate nur einen legalen Zweck, der Kirche allein einen moralischen beizulegen, ist eine Usurpation der Kirche, die hiernach in ihrer hierarchischen Welt- und Lebensansicht nicht blos ihren eigenen Ideenkreis, selbst die Begriffswelt positiver Rechtslehrer und den gröfsten Theil des Publikums bestimmt hat." Gegen die Verleihung des Staatsbürgerthums an die Juden sind bekanntlich mehrfache Gründe angebracht worden. Diese Gründe sind der Gegenstand des ersten Capitels im zweiten Abschnitt des Werkes, Zuerst kommt der nationale Gegengrund umfassend die Kleidung, die Speiseunterschiede, die hebräische Sprache, den Eid, die Ehegesetze, die Beschneidung, die Sabbathfeier, der Talmud und die Messiashoffnung. Darauf folgen der numeräre, der militärische, der merkantilische, der confessionelle, der christlich oder kirchlich - politische, der religiöse und der moralische Gegengrund. Alle diese Gegengründe werden mit wahrer Sachkenntnifs und einer nicht gewöhnlichen Belesenheit dargestellt, durchmustert und reiflich erwogen. Im zweiten Capitel wird nun die Verleihung des Staatsbürgerthums an die Juden begründet oder mit anderen Worten, ibre völlige Emancipation verlangt; weil 1) die Gerechtigkeit sie fordert, 2) die politische Einheit und das Wohl des Staates sie erheischt und 3) die moralische Erziehung der Juden sie nothwendig macht. Die Ausführung dieser Sätze wird man in der Schrift selbst mit wahrem Interesse lesen. Rec., der schon bei mehreren Gelegenheiten, namentlich bei der Anzeige der Streckfufs'schen Schrift in diesen Blättern sich freimüthig über dem hochwichtigen Gegenstand ausgesprochen hat, pflichtet dem Hn. Pfarrer II. allenthalben bei. Er giebt ihm das Zeugnifs, welches ihn ohnehin kein aufmerksamer Leser versagen wird, dals seine Worte wesentlich dazu beitragen müssen, die grofse welthistorische Angelegenheit des neunzehnten Jahrhunderts zu erhellen. Mögen sie gleichzeitig das Gespenst jüdischer Nationalvorurtheile vollends beschwören und mehrere Millionen Menschen aus einer ungerechten Lage reifsen und sie einem segensreichen Gedeihen selbstständiger Entwickelung und humaner volksthümlicher Zufriedenheit zurückgeben!

VERMISCHTE SCHRIFTEN.

MAINZ, b. Kupferberg: Gedenkbuch an die festlichen Tage der Inauguration des Gutenberg-Denkmals zu Mainz am 13., 14., 15. u. 16. August 1837. Nebst den Akten, die Entstehung desselben betreffend und einer kurzen Lebensbeschreibung Gutenbergs. Mit 4 lithogr. Abbild. Auf Kosten

580 sämmtlicher Buchhandlungen. 1837. VIII u.

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207 S. 8. (Preis 1 Ft. 12 Kr.) D FLA Kaum wurde in Deutschland jemals ein Fest begangen, an welchem die Herzen aller gebildeten Menschen der ganzen Welt innigeren Antheil nahmen, als das Fest für die Errichtung des Gutenberg Denkmals. Da nur wenige tausend Menschen persönlichen Antheil nehmen konnten, so ist allen Uebrigen interessant, einen vollständigen Bericht des Festes zu erhalten. Daher war es ein guter Gedanke, dafs sämmtliche Mainzer Buchhandlungen sich vereinigten, auf ihre Kosten ein Gedenkbuch erscheinen zu lassen, welches des Stifters der Buchdruckerkunst würdig ist, und ihnen zur Ehre gereicht. Nach einer religiös - phantasiereichen Vorrede folgt die Erzählung über die Stiftung vom Gutenbergs - Denkmale in chronologischer Ordnung. Schon im J. 1804 hatte eine Gesellschaft von 24 Gelehrten unter dem Vorsitze des französischen Präfekten Jeanbon - St. - André für die gelungenste Lobrede den Preis von 240 Francs in einer goldenen Medaille mit Gutenberg's Bilduisse gesetzt. Allein weder die Medaille erschien, noch kamen so viele Geldbeiträge zusammen, dafs ein würdiges Denkmal hätte gesetzt werden können. Doch kaufte eine patriotische Gesellschaft Mainzer Bürger den Hof zum Gutenberg, und liefs ihn zum Sitze der Musen und des Vergnügens umschaffen. des Vergnügens umschaffen, Daselbst wurde am 4. Oktober 1824 ein Denkstein mit Gutenberg's Namen und passender Inschrift errichtet. Einen ähnlichen Denkstein mit Inschrift liefs der Eigenthümer des Hofes zum Humbrecht, dem Druckhause von Fust und Schöffer, einmauern. Ein erhabeneres Denkmal, das Standbild Gutenberg's von 6 Fufs, erhob sich in seinem Wohnhause aus dem Meisel des berühmten Scholl am 4. Oktober 1827. Am 13. April 1828 hat der Eigenthümer des vorderen Theils des Hofes zum Jungen einen Denkstein mit Inschrift hauen lassen, bei welcher Gelegenheit Dr. Pitschaft, Dr. Lehne, Dr. Schaab und Dr. Braun mehre Reden hielten und Toasts ausbrachten, welche hier abgedruckt sind. Mit diesen Vorarbeiten noch nicht zufrieden, wurde im Herbste 1831 ein grofses Denkmal auf einem öffentlichen Platze beschlossen, welches im J. 1836 errichtet werden sollte, und am 13. August 1837 wirklich vollendet worden ist. Zur Bestreitung eines Theils der Kosten wurden die Buchhändler, Buchdrucker und Gelehrten der ganzen Welt durch ein Umlaufschreiben zu Beiträgen eingeladen, und die Zeichnung des Standbildes von einem in Strafsburg befindlichen Portrait Gutenberg's genommen. Der berühmte Thorwaldsen zu Rom erbot sich, das Modell von 12 Fufs Gröfse zu fertigen, welches in Metall gegossen werden sollte. Man sammelte die zuverlässigsten Nachrichten über Johann Gutenberg, welcher etwa 1398 gehoren und 1467 gestorben war. Man verzeichnete seine Druckschriften, und die seiner ersten Gehülfen Fust und Schöffer, und theilte die Nachrichten dem Publikum mit. "Die un

ter der Auctorität der Staats- Regierung gebildete Gutenberg's - Commission erstattete am 16. März 1832 den ersten, and am 20. Oktober den zweiten Bericht, theils über die Beiträge, theils über die Vorarbeiten zur Errichtung des Denkmals. Dann geschah ein Aufruf an die Plastischen Künstler, ihre Ideen, Entwürfe und Modelle über das Denkmal von Gutenberg mitzutheilen. Am 4. Oktober 1833 schrieb Thorwaldsen an die Commission, dafs er unter seiner Leitung durch den Bildhauer Bissen die Statue und Basreliefs werde ausführen lassen, und am 28. Juni 1834 zeigte er schon die Vollendung der Arbeit an. Die Commission erstattete dem Publikum am 30. Juli 1833, am 28, Juli 1834, und am 18. Oktober 1835 den 3ten, 4ten und 5ten Bericht über die Fortschritte zur Vollendung des Denkmals. In letzterem wurde bereits angezeigt, dafs das herrliche Modell Thorwaldsens von Rom über Marseille nach Paris in die Werkstätte des berühmten Bronçeurs Crozatier gekommen sey, welcher die baldige Vollendung versprach. Da aber die Fabrik - Direktion der MarmorArbeiten zu Eberbach im Rheingaue das Fufsgestell nicht sobald herzustellen hoffte; so verschob die Commission die feierliche Errichtung bis zum August 1837, und erstattete einstweilen einen Bericht über die eingegangenen und noch erforderlichen Gelder zur Bestreitung der Auslagen. Aus demselben ging hervor, dafs wenigstens noch 7500 Fl. fehlen wür den, für welche die Stadt Mainz garantiren müsse. An den Vortrag über diesen Gegenstand reihte Dr. Pitschaft noch die Nachricht über den genehmigten Platz für die Aufstellung des Denkmals, und ein Geschenk des Dr. Heufs zu Rom mit dem lebensgrofsen Bildnisse Thorwaldsens, welches in der städtischen Gallerie von Mainz aufgestellt wurde. Zugleich erwähnte der Vorstand der Commission mit besonderem Danke die Namen aller Herren, welche zur Verherrlichung des Denkmals beigetragen haben, unter welchen Lebrun an der Spitze steht. Professor Bauer hatte als Mitglied der Commission eine Einladung entworfen, welche von einem Festprogramme begleitet nach allen Gegenden gesendet wurde, alle Gebildeten möchten dem Akte der feierKchen Inauguration des Denkmals beiwohnen. Im Festprogramme war bestimmt, was am 14., 15. und 16. August geschehen sollte, und auch genau vollzogen wurde. Abgedruckt sind hier die Lieder der Buchdruckerei - Genossen von Darmstadt auf ihrem Zuge nach Mainz, die beiden Hymnen und das Schifferlied, welche am Haupttage Nachts 8 Uhr auf dem Rheine bei unzähliger Volks-Menge gesungen wurden, ebenso Urkunden der Städte Carlsruhe, Frankfurt, Dresden, Leipzig, Strasburg, Stuttgart, Giefsen u. s. w., theils in Prosa, theils in Versen. Sieben besondere Gelegenheits-Schriften erschienen zu Mainz, und zwei Denkmünzen wurden zu Berlin und Augsburg verfertigt. Aus Moskau, Aus Moskau, Dresden und Berlin, wie aus Hamburg, Göttingen, Heidelberg u. 8. w. folgten die mannigfaltigsten Begrüfsungen. Bei dem Festzuge zeichnete sich die hölzerne

Presse des Buchdruckers Theodor von Zabern aus, auf welcher die älteste Bibel von Mainz, angeblich vom J. 1457 lag. In der Domkirche wurde zuerst feierlicher Gottesdienst gehalten, bis der Zug auf deu Gutenbergs - Platz sich begab, wo Dr. Pitschaft auf einer Bübne eine sehr zweckmäfsige Rede hielt, nach welcher die Hülle vom Denkmale genommen wurde. Nach grenzenlosem Jubel bestieg statt des krank gewordenen Bürgermeisters Heinrich die Rednerbühne Herr Nack. Am Fufse des Monuments war eine ganz neue schöne eiserne Presse von Dinkler in Zweibrücken, und ein Schriftgiefser-Ofen mit den Giefs - Apparaten, Setz- und Druckwerkzeugen von Kupferberg aufgestellt. Kaum hatten sich die Neugierigen anschaulich gemacht, wie die Buchstaben zuerst in Stahlstempel, und aus diesen in Matrizen geschlagen; wie die Bleibuchstaben gegossen, und aus ihren Formen herausgenommen und hergerichtet werden; und wie der Setzer die Form des Satzes bildet, und der Drucker Bogen für Bogen aus der Presse hervorgehen läfst, so waren auch 3 Strophen, Es werde Licht! und Es ward Licht, gedruckt, und in Massen unter das Volk gestreut. Auch hatte unterdessen der Künstler Schneider aus Bockenheim den Namen J. Gutenberg in Stahl zu schneiden angefangen, und während des Gesanges eines Liedes von Neufs vollendet. Erst nach der Vollendung alles dessen konnte sich das Volk herandrängen, das Standbild und die Inschriften der Basreliefs, welche Professor Müller zu Göttingen verfafst hatte, genau zu sehen. Während des Mittagsmahls von etwa 300 Personen am 14. August wurden mancherlei Toasts gebracht. Am 15. August wurde eine Versammlung der Buchdruckerei und Schriftgiefserei - Besitzer zum wechselseitigen Austausche der GeschäftsIdeen und Erfahrungen, und Abends ein SchifferStechen gehalten. Am 16. vereinigten sich Buchhändler und Gelehrte unter dem Vorsitze Dr. Pitschaft's in der Bestimmung, dafs das BuchdruckerJubiläum überall im J. 1840 gehalten werden solle. Am Schlusse des ziemlich fehlerlos gedruckten Gedenkbuches ist das Namens-Verzeichnifs der Herren, welche die Säcularfeier bestimmten, ein schöner Abdruck von Gutenberg's Standbilde mit Inschrift, die Abbildung eines Buchdruckerkastens und einer Presse, dann des Schifferstechens, wie vor dem Titel der Festbühne auf dem Gutenbergs - Platze am 14. August 1837 mit dem umliegenden Häusern, Verzierungen und der beiwohnenden Menschenmenge.. Auf dem hintern Umschlage befindet sich noch das dreiköpfige Bild J. Gutenberg, Faust, Schöffer.

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