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(= Olympiade des Koröbus) nicht mit Zuverlässigkeit berechnen läfst, und doch hängt hiervon die Festsetzung der ganzen ersten Periode ab. Nimmt man nämlich jenen Zeitraum länger an, so rückt man die ganze Periode weiter hinauf, berechnet man sie kürzer, so rückt uns die ganze erste Periode näher. Die Berechnungen der Griechischen Chronologen beruhen sämmtlich auf blofsen Vermuthungen, und wenn Eratosthenes (bei Clem. Alex. Strom. 1, 336) und andere den Fall Trojas 407 Jabre vor die Olympiade des Koröbus setzen, so haben sie ohngefähr einen Mitteldurchschnitt zwischen der längsten und kürzesten Annahme getroffen. Die verschiedenen Berechnungsarten hat Clinton mit grofser Sorgfalt zusammengestellt und geprüft und wenn er selbst zu keinem entscheidenden Resultate gekommen ist, so liegt diefs in der Unmöglichkeit der Sache. Denn auch abgesehen von allem Uebrigen läfst schon die Berechnung nach Generationen die Festsetzung eines bestimmten Jahres durchaus nicht zu, da die Annahme, dafs drei Generationen ein Jahrhundert machen, immer nur eine ohngefähre ist, die sich nicht nach Bruchtheilen berechnen läfst, und überhaupt einzeln genommen Zeugungen und Generationen gar nicht in Einen Begriff zusammenfallen. Nach der Annahme des Eratosthenes setzten Petavius, Dodwell und mit ibnen Böckh den Fall Trojas in das Jahr 1184 vor Cr.; Clinton berechnet mit sehr scheinbaren Gründen das Jahr 1183, womit auch die Reduktion J. Saint-Martin's (bei Petit-Radel Analyse p. 64.) zusammentrifft, obgleich die beiden letzten französischen Gelehrten die Eroberung Trojas in das Jahr 1199 vor Chr. setzen. Clinton für seine Person tritt der abgekürzten Berechnung des Kallimachus bei, wonach der Anfang des Trojanischen Kriegs in das Jahr 1136 vor Chr. fällt. (S. 140.)

Eben so schwierig und ohne gehörig gesichertes Resultat sind die folgenden Untersuchungen (S. 140 fgg.) über das Zeitalter des Iphitus und Lykurgus, noch verwickelter dadurch, dals viele die Olympiade des Iphitus und die des Koröbus verwechseln. Mit diesen Untersuchungen verbindet der Vf. die über das Zeitalter Homers. Er stellt S. 145 fgg. die verschiedenen Angaben über dasselbe tabellarisch zusammen, und so sehen wir denn, dafs die aufgeführten siebenzehn Meinungen zwischen 24 und 500 nach dem Trojanischen Kriege schwanken, d. h. in dem Spielraume eines halben Jahrtausends, was so ziemlich gleichbedeutend mit dem Satze ist, dafs selbst eine ohngefähre Zeitbestimmung für Homer nur Vermuthung ist. Clinton meint zwar, die anscheinenden Abweichungen dieser Angaben seyen gröfser als die wirklichen, indem sich mehrere vereinigen liefsen, deren Verschiedenheit nur in unrichtiger Reduktion läge, andere aber sich dadurch näher gebracht würden, dafs man annehmen könne, der eine habe die Geburt, der andere die Blüthe Homers gerechnet. Ja, wenn es sich nur um ein halbes Menschenalter handelte! Da Clinton die Blüthe in das 34. Lebensjahr setzt, so finden wir hierin nur sehr

wenig Ausgleichungsstoff, und wenn auch durch berichtigte Reduktionen die Zahl der abweichenden Meinungen von 17 etwa auf 10-12 berabgebracht werden kann, so bleiben doch die beiden Extreme 24 und 500!

Von S. 149 an folgen nun die Tabellen von der ersten bis fünf und funfzigsten Olympiade, nach der schon bekannten Einrichtung der beiden früher erschienenen Bände: Jahre vor Christus, Olympiade mit Angabe des Siegers, civil chronology, literary chronology. Die Sorgfalt und der Fleifs Clinton's in dieser Beziehung ist bekannt und bedarf keiner Anpreisung. Da ein Eingehen in das Einzelne nicht im Zwecke dieser Anzeige liegt, so erlauben wir uns noch den Wunsch, dafs auch der erste und dritte Band dem deutschen gelehrten 'Publikum bald zugänglicher werden möge.

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Ein Appendix von S. 245 an enthält: 1) einen Excurs über Phidon, König von Argos. 2) Die Periode der Messenischen Kriege. 3) Die Könige von Medien. 4) Die Könige von Assyrien. 5) Chrono logie der heil. Schrift. 6) Könige von Sparta. 7) Aelteste Dichter der Griechen, älteste Barden, der Epische Cyclus, Homer, Hesiod. Bei dem Epischen Cyclus konnte der Vf. die neuesten Forschungen eines ausgezeichneten deutschen Gelehrten noch nicht benutzen; wäre ihm dieses möglich gewesen, so würde ohne Zweifel in der Darstellung sich manches anders herausgestellt haben, wenn auch der ganze Plan der Arbeit keine wesentliche Aenderung gestattet hätte. Eine Aufzählung der im Cyclus enthaltenen Werke, bei manchen wird man in Deutschland wohl. Anstofs nehmen nebst den erforderlichen Belegstellen bilden den Inhalt dieses Abschnittes; die allgemeinen Bemerkungen enthalten für uns nur wenig neues. Nicht ohne Interesse ist folgende Stelle, S. 358: Although the authors of these works (die Gedichte des Epischen Cyclus) lived some ages after the heroic times, yet they drew from the compositions of poets older than themselves, and poets who were acquainted with many of the facts which they described. By far the greater part of the subjects here named lies within the compass of the heroic age, ascending about three generations above the Trojan war and proceeding downwards to the second generation after it. But from the pictures of heroic manners given to us in the Iliad and the Odyssey, we cannot doubt that contemporary bards celebrated the actions of the heroes with whom they lived. Those poets with respect to the actors in the scene and the main actions performed were contemporary witnesses; and their evidence was preserved as long as their compositions existed. But when their works came to be superseded by more finished poems, in which their poetry was incorporated, the works of the older bards naturally became obsolete, and ceased to be remembered.

Bei Bestimmung des Zeitalters Homers baben wir die Wahl unter den mannigfaltigen Vermuthungen, womit noch der weitere Nachtheil verbunden ist, dafs wir die Gründe nicht kennen, auf welchen

jene Vermuthungen beruhen. Clinton (S. 361) schliefst sich der Meinung des Aristoteles an, welcher des Dichters Geburt in die Zeit der Jonischen Wanderung, also gegen 140 Jahre nach dem Trojan. Kriege setzt; für Hesiod nimmt er dann das von Herodot gegebene Datum, 100 Jahre nach Homer, wodurch wir denn folgende Bestimmungen erhalten würden: Eroberung von Troja

Jonische Auswanderung vor Chr.

988

Blüthe Homers 962-927 (165-200 nach Troja's Zerstör.) Blüthe Hesiods 859-824 (268-303-, nach Pophyr u. A.) Blüthe Herodots 459-424

Nachdem Clinton die übrigen Epischen, Elegischen, Lyrischen, Jambischen Dichter dieser Periode auf geführt, kehrt er S. 366 abermals zu Homer zurück und spricht zuerst von der Einführung und Verbreitung der Schreibkunst. Es lässt sich hierbei schon von vorn herein erwarten, dafs Clinton von seinem dogmatischen Standpunkte aus einfach und nüchtern untersuchen werde, und dafs er auf dem festen Boden des Ueberlieferten stehen bleibend nicht zu den glänzenden Ergebnissen gelangen werde, zu welchen uns die oft schwindelnde Höhe unseres Standpunktes führt, von wo aus man freilich mit grofser Zuversicht die Blicke hinaussendet in die nebelgraue Ferne und von wo ein Falkenblick freilich in überraschender Nähe und sanft verschmelzender Verbindung sieht, was aus der Nähe betrachtet vielleicht unendlich weit aus einander zu liegen scheint; wo aber der Schwach-. sichtigere nur zu leicht allen festen Boden unter sich weichen sieht und nun in dem schrankenlosen Nebelgebiete der Phantasie seine glänzenden Schlösser aufbaut, die, so schön sie auch oft sind, vor dem ersten Sonnenstrahle zerstieben. Die Ansicht Clinton's ist kurz folgende: dafs die Einführung der Schrift in Griechenland von Osten her (Aegypten, Phönizien) gekommen sei, findet seinen Beweis schon in der Natur der Sache, in der Ueberlieferung der Griechen selbst und in den Phönizischen Namen der Griechischen Buchstaben. Die Schreibkunst mag etwa 130 Jahre vor dem Trojan. Kr. in Griechenland bekannt geworden seyn, jedoch anfangs aus sehr einfachen Gründen nur langsame Fortschritte gemacht haben, so dafs man leicht der Ansicht Wolfs und Heynes beitreten kann, die Gedichte Homers seyen von ihrem Verfasser nicht aufgeschrieben worden. Es entsteht aber nun die Frage, wann zuerst Ab schriften der Ilias und Odyssee gemacht worden Beyen. Wolf setzt dieses in die Zeit des Pisistratus; aber man darf diefs Ereignifs mit grofser Wahrscheinlichkeit höher hinauf rücken. Wolf selbst giebt zu, dafs die Schreibkunst kurz nach dem Anfange der Olympiaden im Gebrauche war, dafs wahrscheinlich Arktinus und Eumelus, zuverlässig Archilochus, Alkman und Pisander ihre Werke aufgeschrieben haben. Lykurg, welcher ausdrücklich verbot, seine Gesetze aufzuschreiben die Schreibkunst war also bekannt soll nach alten Zeugnissen den Homer, wenigstens die Ilias, in den Peloponnes eingeführt haben; die Homerischen Gesänge

waren vor Klisthenes, d. b. vor 595 (Herod. V, 67) in Sicyon in Gebrauch; zu Solons Zeit hatte Homer in Athen schon Beweiskraft, mag nun der bekannte Vers (II. II, 558) äicht oder von ihm eingeschoben seyn. Alle diese Thatsachen machen die Wolfsche Meinung, als seyen die Homerischen Gedichte erst unter den Pisistratiden, Cycliker noch später aufgeschrieben worden, höchst unwahrscheinlich. Denn wenn Archilochus, der gegen 708 blühte, seine Gedichte aufschrieb, ist es gewifs nicht wahrscheinlich, dafs man die gepriesensten aller Gedichte noch 150 Jahre ungeschrieben gelassen haben werde; und wenn Pisander zuverlässig" seine Gedichte aufgeschrieben hat, Er, der entweder selbst zu den Cyclikern gehörte oder wenigstens Zeitgenosse mehrerer derselben war, so ist es nicht leicht glaublich, dass man die Gedichte des Cyclus noch ein Jabrhundert nach Pisander ungeschrieben gelassen baben werde. Der Dienst, welchen Pisistratus dem Homer geleistet haben soll, dafs er nämlich nach dem einstimmmigen Urtheile des Alterthums zuerst die beiden Gedichte habe aufschreiben und in die jetzige Ordnung bringen lassen, ist von Wolf viel zu hoch angeschlagen worden, und steht mit seinen eignen Sätzen im Widerspruche (wenn er anderwärts sagt, die Gedichte seyen zur Zeit des Solon und Pittakus, und sie seyen vor Solon in Jonien aufgeschrieben worden). In der ganzen Reihe von Zeugnissen ist nur in dem einzigen des Josephus vom Aufschreiben der Gedichte die Rede und zwar ohne Erwähnung des Pisistratus; alle andere Stellen sagen nichts weiter aus, als dafs Pisistratus die bisher zerstreuten Gedichte gesammelt und geordnet habe. Es ist demnach wahrscheinlich, dafs die Homerischen Gedichte, wenigstens in Jonien und Aeolien, aufgeschrieben worden seyen sobald man überhaupt anfing Gedichte zu schreiben d. h. zwischen 776 und 700 vor Chr. zwischen Arktinus und Archilochus, also etwa zwei Jahrhunderte nach ihrer Abfassung. Uebrigens ist Clinton nicht abgeneigt, die Odyssee einem andern Dichter als dem Verfasser der Ilias zuzuschreiben; er setzt dieselbe vor den Hesiod, aber ohngefähr 50 Jahre später als die Ilias.

Den Schlufs macht ein Index und Nachträge zu den drei Bänden. Ueber die äufsere Ausstattung braucht nichts weiter gesagt zu werden, als dafs es eine Englische Ausgabe ist; der Preis aber auch.

ALTDEUTSCHE POESIE.

BERN, b. Fischer u. Comp.: Eidgenössische LiederChronik. Sammlung der ältesten und werthvollsten Schlacht-, Bundes- und Parteilieder vom Erlöschen der Zäringer bis zur Reformation. Aus Handschriften, Urkundsammlungen, Chroniken, fliegenden Blättern und andern Quellen zusammengetragen, übersetzt und historisch erklärt von Ernst Ludwig Rochholz. 1835. XVIIE u. 421 S. 8. (2 Rthlr.)

Die Idee, die Geschichte eines Volkes in seiner der Masse entklungenen politischen Gesängen, wie

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merei eines handwerks:näfsigen Meistersängers hinein gezwängt. Dann aber auch finden sich Gedichte, deren Eines so oft die Erzählung des andern wörtlich wiederholt, dann mit diesem Raube in seine eigenen Strophen berüberlangt, um auf fremder Grundlage weiter zu bauen. - Das Motiv der Uebertragung lag also (S. VIII) nicht in jenem linkischen Bestreben, die Sprachfertigkeit der Gegenwart, oder überhaupt jene Sprache,,,,,die für so manchen dich ten und denken mufs, "" der mittelalterlichen Ungelenkheit andichten zu wollen, noch war es jene gewöhnliche Uebersetzerlust, die sich durch eine augenblickliche Ausschmückung des Originals über den Mangel eigener Produktivität zu trösten sucht; sondern, da ein gewisses Mafs auch hier das Bindungsmittel zur Wiederverbreitung des alten Volksgesanges war, und da ein solches Mafs nothwendig auf Verkürzung, diese aber auf Uebertragung führte, so entwickelte sich hier ein Umstand aus der Sache selbst, der, nicht in dieser Ausführlichkeit besprochen, immer eine blofse Grille des Sammlers heilsen könnte." So rechtfertigt der Vf. seine Bebandlung dieser Volksgesänge, und wir glauben nicht, dass die vorgelegten Gründe zu verwerfen sind. Das metrische Verhältnifs der Originale blieb auch die Form für die Uebersetzung, und wir geben dem Vf. gern das Zeugnifs, dafs uns die vielfache Eigenthümlichkeit der Dichter, ohne dafs wir die Originales kennen, sich vernehmlich genug auszusprechen scheint in dem eintönigen Hochdeutschen. Die Melodieen zu diesen Liedern, die wirklich abgesungen wurden, verheifst der Vf. in einem zweiten Bande, der die Volkslieder der Reformation und der Religionskriege bis zur letzten Villmergerschlacht enthalten soll, nachfolgen zu lassen, und macht die Erscheinung dieses zweiten Bandes von der Aufnahme dieses ersten Bandes abhängig.

es deren bei allen Völkern giebt, nur dafs das
eine und andere zu gewissen Perioden reicher daran
ist,
aufzustellen, ist in jeder Hinsicht, auch in
historischer, ansprechend, selbst wenn die Lieder
auch nicht, wie in dieser Lieder - Chronik die mei-
sten, ja mehrere von Mithandelnden, mit den besun-
genen Thatsachen gleichzeitig verfasst wurden.
Dichterischen Genufs wird man von solchen Samm-
lungen nicht erwarten, besonders nicht bei den Rei-
mern gegen das Ende des Mittelalters, wohin der
Glanzpunkt der Schweizergeschichte fällt selbst
bei einem Veit Weber nicht, der doch wenigstens in
den Anfängen mehrerer Lieder noch den Ton der
Minnesänger Janklingt; aber eine gewisse Naivetät
and Volkswitz, voll spottender Ironie, macht sie
immerhin anziehend. Wie hoch freilich stehen
dagegen die geharnischten Sonette eines Freimund
Raimar (Rückert) mit ihrem Spottwitze! Doch
bedauert Herr Rochholz in der interessanten Vorrede
mit Recht, dafs noch nicht der ganze Liederschatz,
welcher dem politischen Leben der Schweiz angehört,
aufgefunden sey; und bei dem, was er auffand, bo-
ten sich ihm eigenthümliche Schwierigkeiten dar, die
ihn zu einer theilweisen Uebertragung ins Hochdeut-
sche nöthigten. - Es ist die Eigenthümlichkeit
des echten Volksliedes," sagt er,,, in allen Diale-
kten seiner Sprache zugleich zu bestehen, so dafs es
schon damit sein Fortlehen in einer beständigen
Selbstübersetzung sucht. Verdienstlich ist es, ein
solches Sprachdenkmal zuerst in allen Formen auf-
zuzeigen, die es angenommen hat, und belehrend,
dasselbe sodann aller dieser Formen bis auf die ur-
sprüngliche zu entkleiden. Das Erste so wenig als
das Zweite erlaubte der Standpunkt, den dieses
Werk in der Lesewelt einzunehmen gedenkt; denn
darch Beides wäre das Buch blofs Einzelnen er-
wünscht oder zugänglich gewesen, während dieses
echteste Volksprodukt doch hauptsächlich jenes Volk
wieder aufsuchen und demselben eingehändigt wer-
den sollte, dem es Daseyn und Aufbewahrung ver-
dankt. Demnach musste auch die Haltung eines sol-
chen Werkes mehr eine erklärende als eine untersu-
chende seyn, und verzichtet mufste werden auf alle.
Kunst tiefsinnige Fragezeichen aufzustellen; es mufs-
ten ferner sehr alte, durch erstorbene Wortformen
nicht mehr verständliche Gedichte in einer Erneuung
zugleich übersetzt und erklärt werden; solche aber,
die durch ein geringes Alter den noch lebenden Dia-
lekten näher lagen, sollten immerhin in ursprüngli-
cher Gestalt, nur mit consequenter Schreibart sich
Zu dieser Behandlung sahe
wieder einführen."
sich, Hr. R. um so mehr genöthigt, da ihm Gedichte
vorkamen, die, einem und demselben Verfasser an-
gehörig, in dieser Handschrift vorsätzlich vom Volks-
willen oft bis auf ein Paar Strophen verkürzt, in ei-Epigramm des durch den Pfeilschufs ins Schweizerlager bekann
ner andern aber zu einer fast unendlichen Länge aus-
gedehnt waren; hier jambisch, dort trochäisch ge-
messen; oft durch Spälse bis ins Unkenntliche ver-
unstaltet; oft, und dief's schon in den ältesten Denk-
malen, aus einer sehönen Form in die schalste Rei-

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Mühlder

So wird auch eine Geschichte des Schweizerischen Volksliedes, welche hier weggeblieben ist um nicht die sen Band zu sehr anzuschwellen, besonders erscheinen und wohl ein willkommenes Geschenk seyn. Dieser Band enthält die Lieder über: Berner Bündnisse und Fehden die ersten Kriege der alte Zürichkrieg Thurgauer Regen Oestreich hauser und Waldshuterzug die Burgunderkriege Schwabenkrieg, also die Schweizergeschichte vom XIII bis zum XVI Jabrhundert. Es sind freilich darunter manche historisch and poetisch wertblos, allein der Ton scheint uns gut bewahrt. Jedem Liede folgen, oft sehr interessante, doch nicht selten sich unnöthig wiederholende geschichtliche und auch wohl sprachli

che Erklärungen, und dann, wo es zu finden oder erwähnt ist

eine ziemlich ausführliche Literatur desselben. Der Anhang enthält achtzebn, und darunter sehr lange, vermischte Lieder, deren Alter ungewifs ist, mit ähnlichen erklärenden und literari schen Noten. Interessant ist das Lied: Der Tell. Dafs die

Geschichte des Tell keine apokryphische ist, scheint daraus hervorzugehen, dafs sie in den gleichzeitigen Liedern über den östreichschen Krieg erwähnt wird, und besonders spricht dafür das

ten Warners vor Morgarten 1815, Heinrichs von Hünenberg, des ältesten Sängers der That des Tell:

-

Dum pater in puerum telum crudele coruscat
Tellius, ex jussu, saeve tyranne, tuo
Pomum, non Natum figit fatalis arundo :
Altera mox, ultrix, te periture petes.

ALLGEMEINE

LITERATUR ZEITUNG

April 1838.

ORIENTALISCHE LITERATUR. PADOVA: Prolegomeni ad una grammatica ragionata della lingua Ebraica di Sam. Dav. Luzzatto da Trieste, prof. di ling. ebr. e caldaica etc. 1836. 234 S. 8.

So sehr auch zur Zeit in Italien das Studium der sehr auch zur Zeit in Italien das Studium der semitischen Sprachen im Allgemeinen und der hebräischen insbesondere darnieder liegt, wie denn der Vf. in der Vorrede selbst bekennt, dafs dieses Studium in der That nicht das blühendste und gepflegteste in Italien sey"; so zeigen doch einzelne literarische Erscheinungen, dafs es nicht gänzlich vergessen sey und immer noch, wenn auch nur von wenigen, mit Liebe und nicht ohne Erfolg getrieben werde. Unter diesen dürfte wohl der Vf. der vorliegenden Schrift der bekannteste in Deutschland seyn, da sein Philoxenus (s. die ausführliche Anzeige die ser Schr. in d. A. L. Z. 1832. Jan. Nr. 3. 4.) und seine Bemerkungen zum Jesaias, welche dem Auszug aus Rosenmüller's Scholien beigedruckt worden, auch bei uns ehrenvolle Anerkennung gefunden haben. Einen neuen Beweis seiner Bemühungen für die hebr. Sprache giebt er in dem anzuzeigenden Buche, in welchem er, wie der Titel besagt,,,einleitende Bemerkungen zu einer neuen, rationellen Grammatik der hebr. Sprache", welche später erscheinen soll, darbietet. Da dieses Buch als DocuDa dieses Buch als Document des jetzigen Zustandes des hebr. Sprachstudiums in Italien nicht unwichtig ist und wohl nur wenigen deutschen Gelehrten in die Hände kommen dürfte: so glauben wir, den Lesern der A. L. Z. einen grössern Dienst zu erzeigen, wenn wir bei der folgenden Anzeige desselben mehr referirend verfahren, als wenn wir auf eine genauere Beurtheilung eingingen.

Der Vf. unterscheidet (Vorr. S. 4) in der rationellen Behandlung einer Sprache eine doppelte Art, eine innere, welche die Ursachen der sprachlichen Erscheinungen in der Sprache selbst aufzufinden strebt, und eine äussere, welche sie in einer andern Sprache, aus der jene entsprungen ist, oder von welcher sie wenigstens Veränderungen und Zuwachs erhalten hat, nachzuweisen sucht. Nachdem der Vf. von Jugend auf sich mit Vorliebe dem innern Rationalismus des hebr. Sprachstudiums zugewendet und seine Forschungen auf diesem Gebiete in vielen Aufsätzen des hebr. Journals nie dergelegt hatte, bewog ihn seit 1829 die Bekanntschaft mit den bedeutendsten Arbeiten der neuern Orientalisten, und besonders das Studium der Schrif

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ten von Gesenius, auch den äufsern Rationalismus nicht unbeachtet zu lassen. In demselben Jahre wurde er Prof. der hebr. Sprache an dem rabbinischen Collegium zu Padua, und hier legte er Gesenius Lehrgeb. seinen Vorlesungen zu Grunde. Mit der Zeit aber entstanden ihm Zweifel an einigen der von diesem Gelehrten aufgestellten Theorien,,, der Zweifel gab Veranlassung zu langen Untersuchungen, und diese liefsen ihn endlich in der aramäischen Sprache eine klarere und wahrscheinlichere Erklärung mancher Erscheinungen der hebr. Grammatik finden, als die war, welche Gesenius gab, der sie aus dem Arabischen herleitete [dieses ist doch eigentlich nicht von G. sondern vielmehr von den Holländern geschehn. G. betrachtet die hebr. Sprache als das Altsemitische, und das Arabische aus einem Nebenzweige desselben entwickelt ]. Dies weiter verfolgend brachte ihn zu der Ansicht, dafs ,, die aramäische Sprache, als älteres Idiom, besser als die arabische das ursprüngliche Bild der hebr. Sprache darstelle und die Gründe ihrer Erscheinungen enthalte." Die Durchführung dieses Gedankens nun ist es, die der Vf. in den vorliegenden Prolegg. versucht, welche §. 93-141 die Fundamentalgesetze der grammatischen Wortbildung in beiden Sprachen nach den Ansichten des Vfs. darlegen sollen. Um diesen Kern des Buches, der aber freilich bei weitem den kleinern Theil desselben ausmacht, reihen sich noch mehre andere einleitende Abhandlungen, so dals das Ganze in folgende Theile zerfällt: 1) Geschichte des grammatischen Studiums der hebr. Sprache, §. 1-44. 2) Geschichte der hebr. Sprache, §. 45 bis 92. 3) Fundamentalgesetze der grammatischen Wortbildung. 4) Sechs Anhänge, verschiedene Punkte der Gramm, ausführlicher behandelnd, §. 127 bis 200. In der ersten, zwar kurz aber mit vielem Fleifse durchgeführten Abhandlung werden schätzbare Berichtigungen und Ergänzungen zu dem gegeben, was besonders Gesenius in seiner Gesch. der hebr. Sprache und in der Einleitung zur hebr. Gramm. beigebracht hat. Der Vf. geht von der Untersuchung über das Alter der hebr. Vokalisation aus, welche den ersten eigentlichen Grammatikern im 9ten Saec. als Grundlage ihrer Bemühungen diente. Das Resultat hiervon ist dies, dafs die hebr. Vokalisation mehr nach dem Muster der syrischen, als der arabischen, im Sten Saec. von babylonischen Gelehrten eingeführt sey, indem die Saburäer (710), welche in dieser Zeit die heil. Schrift, die Mischna und den Talmud aufschrieben (s. Raschi zu Mezia, Fol. 33 u. Erubin, Fol. 62 verso), mit gleichem Eifer die Lesung des heil. Textes festzu

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stellen unternahmen und diese Arbeit andern Gelehrten, den sogen. Karaim übertrugen, §. 36. In den berühmten Ben Ascher und Ben Naftali, deren Name, Vaterland und Zeitalter dunkel ist und von welchen die Varianten (b) am Ende einiger rabbinischer Bibeln herrühren, erkennt der Vf. 2 ausgezeichnete Nakdanim oder Punctatoren und Correctoren der Bibel, welche nach den Karaim und vor den Masoreten, indem sie in den schon punctirten Manuscripten einige leichte Verschiedenheiten in der Punctation bemerkten, diese nach einigen von ihnen aufgestellten Principien tilgten, aber auch ebenso nach eigenem Gutdünken einige leichte Modificationen einführten." Nach diesen waren es die Masoreten, welche mit der äufsersten Sorgfalt die grammatischen Erscheinungen in der heil. Schrift beobachteten, eben sowohl in Bezug auf die Consonanten als auf die Vokale und Accente, und gewissenhaft jede Abweichung anmerkten, ohne jedoch die Gründe davon aufzusuchen." Hierauf fofgt §. 11 his 18 eine Aufzählung der bedeutendsten jüdischen Grammatiker von dem ersten derselben, Saadia Gaon, an bis zu Elias Levita, wobei einige Namen mehr aufgeführt werden, als von Gesen. in der Gesch. der bebr. Sprache 5. 29. Hieraus möge zur Berichtigung der Aussprache dienen, dafs nicht R. Chiug sondern R. Chajug zu sprechen sey. Der Vf. bemerkt: ,, Balmes schreibt beständig. Der Punkt über dem Gimel wurde in früherer Zeit gebraucht, wenn dieser Conson. weich ausgesprochen werden sollte, wie das ital. g in der Sylhe ge und das Dschim der Araber. Eben so ist nicht Jona ben Gannach sondern Jona ben Gannach (ital. Giannach) zu sprechen. Die §§. 19 28 enthalten die neuern christlichen Grammatiker, besonders Deutschlands und Hollands, von Reuchlin bis Ewald, welche zum grofsen Theil schon von Gesen. a. a. O. §. 33 ff. genannt sind. Von letzterem (E.) heifst es aus obigen Gesichtspunkte unter anderm:,,Ohne zur Entdeckung der Natur des ursprünglichen Hebraismus gelangt zu seyn, indem er sogar an mehren Orten die aramäische Sprache weniger alt als die hebr. nennt, errieth E., dafs das Kamez in vielen Worten nicht ursprünglich, sondern nur ein Stellvertreter des Schwa sey. Der Nachwelt kommt es zu, über den Beinamen Neubegründer einer Wissenschaft der hebr. Sprache, welchen ihm Ferd. Hitzig in der Dedikation seines Jesaias ertheilt, zu urtheilen." Der folgende 29ste §. zählt neuere, uns Deutschen we niger bekannte, ausländische Grammatiker auf; so die Italiener Giuseppe Pasini (Padua 1739), Gennaro Sisti (lingua santa da apprendersi in IVlezioni. Ven. 1747), Ignazio Calcio (Neapel 1753), Orazio Rota (Vened. 1775), Raffael Mori (Florenz 1787), Tommaso Valperga Caluso (Tarin 1805; 2te ed. 1826), Bonifazio Finetti (Vened. 1756), Bern. de Rossi (synopsis institutionum hebr. Parma 1807 und introduzione allo studio della lingua ebrea, ib. 1815), und endlich Pietro Ermin. Tiboni (antologia abraica. Pad. 1833); ferner den Schweizer J. E. Cellérier (élémens de la gramm. hebr. suivis des principes de la syntaxe

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de Gesenius. Genève 2 Ed. 1824); in Frankreich: M. Frank nouvelle methode de la langue hebr.,-und eine Grammaire hebr. Avignon 1819. Der Hollän der Roorda und der Engländer Sam. Lee sind uns bekannter. Zuletzt wird noch in §. 30 u. 31 der abenteuerlichen Systeme des Canonicus Franc. Masclef in Amiens (gramm. hebr. a punctis aliisque inventis masoreticis liberata. Paris 1716. 1750) und des Pater Giovenale Sacchi (dissert. dell' antica lezione degli Ebrei. Milano 1786) -Erwähnung gethan, Von §. 32 an kehrt der Vf. zur Geschichte des gramm. Studiums unter den Israeliten seit Elias Levita zurück, und hier werden eine Menge schätzbarer literarhistorischer Notizen beigebracht. von welchen wir aber, da sie zu gedrängt sind, keinen Auszug geben können, ohne die uns vorgesteckten Grenzen zu überschreiten. Das Endresultat ist, dafs in den 3 letzten Jahrhunderten die Israeliten im theoretischen Studium der hebr. Sprache von den nicht- Israeliten bei weitem übertroffen sind, wovon der Grund nach Ansicht des Vfs. theils in dem Mangel an Hülfsmitteln, theils in dem weniger gefühlten Bedürfnifs eines theoretischen Studiums, theils aber auch hauptsächlich in der moralischen Muthlosigkeit und Erniedrigung, in welche die Juden seit ihrer Vertreibung aus Spanien geriethen, zu suchen sey.

Da nun

Der 2te Abschnitt behandelt in §. 45-92 die Geschichte der hebr. Sprache, kurz, aber klar und nicht ohne eigenthümliche Ansichten. Was im Anfange über die Namen der hebr. Sprache (§. 45 bis 51), über den allgemeinen Charakter der semitischen Sprache (§. 5253) und eine nicht aus dreisylbigen Wurzeln bestehende Ursprache gesagt ist, können wir als bekannt voraussetzen; den Hauptsatz, auf welchem die ganze grammatische Ansicht, des Vfs. beruht, finden wir in §. 53 mit folgenden Worten angegeben:,, die mittlere Stellung des Hebräischen zwischen dem Aramäischen und Arabischen (§. 57) macht es wahrscheinlich, dafs zuerst die aram. Sprache festgestellt, d. h. geschrieben sey, dann die hebr. und zuletzt die arabische. diese 3 Sprachen Schwestern sind, d. h. nichts als Modificationen einer einzigen, der Mutter von allen dreien: so folgt, dafs die hebr., che sie war, wie sie jetzt ist, d. i. zur Zeit, che sie geschrieben wurde, identisch war mit der aramäischen, von welcher sie sich nur schrittweise und allmälig entfernte, bis sie ein anderes Idiom wurde; eben so wie die arabische in früherer Zeit der hebräischen und in einer entfernteren Epoche der aramäischen gleich war." Wie es die mittlere Stellung des Hebr. zwischen dem Aram, und Arab. wahrscheinlich machen soll, dafs zuerst die aram. Sprache fixirt, d. b. geschrieben worden sey, will uns nicht recht einleuchten, da gar keine logische Nothwendigkeit diesen Schlufs bedingt. Im Gegentheil dürfte sich aus dem ganzen Habitus der aram. Sprache und daraus, dafs sie so viel später als Schriftsprache auftritt, ergeben, dals sie lange vorher, che sie durch Schriften constatirt wurde, don Gang einer Volkssprache nahm. Allerdings meint der Vf. hier auch nicht das Aram., wie

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