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kel zugleich müfste vom Dekané nur eine homöop. Portion verabreicht werden u. s. w. Manche Be hauptungen der Homöopathen, so versichert der Vf., erinnerten an die biblischen Wunder, ja an die von v. Münchhausen erzählten.

In einem Anhange giebt der Vf. eine Kritik der Behandlung eines wahrscheinlich an Phthisis Verstor henen, mit heftigen Ausfällen gegen den Arzt, wel cher den Kranken nicht nach Kr. H's. Methode behandelt hatte.

Ein zweiter Anhang geht gegen den Recensenten der Schrift des Vfs.: Opium als Heilmittel in der Cholera (vergl. Hall. A. L. Z. 1833 Nr. 38), aber nicht gegen den eigentlichen Sünder, sondern einen unschuldigen Mann, den er heftig schmäht. Zufällig ist der Rec. vorliegender Schrift derselbe, welcher die erwähnte kurz anzeigte und beurtheilte, und das Züngelchen der Kr. Hansen'sehen Wage dem gelehrten Publikum in einem helleren Lichte zeigte; er ist aber weder ein geheimer Rath, noch ein Leibarzt, sondern nur ein einfacher, titelloser Arzt und hofft schon deshalb von dem erzürnten Hrn. Vf. glimpflicher behandelt zu werden.

BOTANIK.

Behr.

Dies

während in den Bedtionen V-VII die Nachträgeza den beiden erster Heften geliefert wurden. Durch diese Erweiterung oder vielmehr Abänderung des ursprünglichen Vorsatzes ist allerdings der Uebel stand erwachsen, dafs die nämliche Gattung (genus) in verschiedenen Heften abgehandelt wird; doch verschwindet derselbe gleichsam durch den am Schlusse des vorliegenden Bandes S. 369 beginnenden Conspeetus systematicus tum generum tum specierum. Auch dürfte er bei dem zweiten Bande des Werkes gänzlich beseitigt werden, der ohnehin aufser den Parmeliaceen noch einen möglichst vollständigen Index specierum et synonymorum enthalten soll. Mögen nur bis zu seiner Vollendung nicht, wie bei dem ersten Bande', wiederum dreizehn volle Jahre verfliefsen! Ein anderer Wunsch des botanischen Publicums, kund gethan in der zu Regensburg erschei nenden botanischen Zeitung, ging dahin, dafs der Vf. auch die Lichenen - Flora von Deutschland aufnehmen möchte. Denselben konnte indessen der Hr. Pfarrer Sch. nur insofern erfüllen, dafs er, was er selbst auf seinen akademischen Reisen durch Deutschland vornehmlich auf zwei Harzreisen, von Halle und Berlin aus, in den Jahren 1811 und 1812 sammelte und von seinen deutschen Correspondenten, insbesondere Flörke, Meier, eon Flotow, HochstetLAUPERSWYL, b. d. Vf.; BERN, b. Burgdorfer und ter mitgetheilt erhielt, auch mit aufnahm. LEIPZIG, b. Fr. Fleischer: Lichenum helveticorum gilt auch von den Arten die seine zahlreichen Corne spicilegium. Auctore Ludov. Eman. Schaerer, spondenten ihm zusendeten als: Leon Dufour, V. D. M. Ecclesiae Laupersvillanae pastore, Mougeot, Delise, le Prevost in Frankreich, Olof Societatum naturae scrutatorum helvetorum soSwarz, Erik Acharius, Elias Magnus Fries in dali. Pars prima, continens Sectionens I-Schweden, Borrer in England, Bonjean und Moris Die VII. illustrantes Lichenum exsiccatorum fasci- in Italien, Ledebour in Rufsland u. 8. w. culos I-XII. 1823-1836. IV und 380 S. Schweizer Freunde, welche ihm Flechten mittheilgr. in 4to. (14 Schweizer- Franken oder 20 ten sind: Chaillet în Neuchâtel, de Candolle in Genf, französische Francs.) Schleicher, Brunner, Hegetschweiler u. m. A. Wir führen dies an, weil durch die kritische Sichtung dieser Arten, was freilich der Titel nicht andeutet, nicht unwichtige Beiträge zu der Lichenen - Flora der Länder,aus welchen sie herstammen, entstehen. Das vorliegende Werk kann zu den bedeutendsten Erscheinungen in der Flechtenliteratur gerechnet warden. Es ist gleich ausgezeichnet durch Scharfsinn, durch ungewöhnlichen Reichthum an eigenen und fremden Beobachtungen, durch die gewissenhafteste Genauigkeit in den gelieferten Beschreibungen, in den Angaben der Standörter und in den Citaten der Vorgänger. Die Anzahl der Letztern würde in Erstaunen setzen, entnähme man nicht aus den S. 95 und 365 befindlichen Verzeichnissen, dafs der Hr. Pfarrer Sch. cine der reichhaltigsten botanischen Bibliotheken besitzt, in welcher kaum eine auf allgemeine oder specielle Flechtenkunde sich beziehende Schrift fehlen dürfte. Wir begnügen uns mit diesen Andeutungen; denn in's Einzelne einzugehen liegt weder in unserer Absicht noch in der Aufgabe einer der Botanik nicht ausschliesslich gewidmeten Zeitschrift.

Der Verf., Pfarrer zu Lauperschwyl, einem Dorfe des schweizerischen Kantons Bern, giebt unter dem Titel: Lichenes helvetici exsiccati. Bernae in folio seit 1823 eine von allen Kennern des Faches, geschützte Sammlung getrockneter schweizerischer Flechten heraus. Bis jetzt sind davon zwölf Hefte crschienen, welche dreihundert Numern enthalten. Alle zwölf Hefte zusammen kosten 48 Schweizerfranken oder 12 Brabanter Thaler; ein mäfsiger Preis, berücksichtiget man den innern Werth der Sammlung und den Umstand, dafs Hr. Schaerer nur etwa funfzig Exemplare auszurüsten im Stande ist. Bei den beiden erstern Sectionen des vorliegenden Spicilegium war es seine Absicht, nur einen Commentar zu der eben gedachten Sammlung durch möglichst genaue Beschreibungen der getrocknet gelieferten Arten zu geben. Man forderte ihn öffentlich auf seinen Plan zu einer möglichst vollständigen Lichenographia helvetica zu erweitern. Dieser Aufforderung ward dadurch entsprochen, dafs von Sectio III. an, alle schweizerischen Flechten aufgenommen,

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ALTERTHUMS WISSENSCHAFT Dichter oder naturphilosophischer Priester undSym boliker erklärt worden. Wenn nun auch Clinton kei→ OXFORD, in d. Univers.- Druckerei: Fasti Helle- neswegs in Abrede stellt, dafs die Dichter manche nici. The civil and literary Chronology of Greece, Sage ausgeschmückt, manche auch wohl ganz erfunfrom the earliest accounts to the LVth Olympiad. den haben, so findet er darum doch noch keine BeBy Henry Fynes Clinton, Esq. M. A. Volerechtigung zu einer allgemeinen Verwerfung. Nie1834. XVIII u. 4 435. S. 496

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er berühmte Vif. dieses vortrefflichen Werkeb giebt in der kurzen, Welwyn, Hertshire, April 21 1834 unterzeichneten Vorrede den Grund an, warum dieser erste Band, welcher dem Inhalte nach vor den beiden andern hätte erscheinen sollen, der letzte sey, weil es nämlich wesentlich zur Erleichterung und Sicherheit der Untersuchung beitrage, erst einen fe sten Grund zu legen in der Zeit, wo wir mit authen, tischer Geschichte zu thun haben, und dann hinaufzusteigen in die entfernteren unzuverlässigen Zeiten Gern wollen wir es dem Vf. glauben, dafs diese anscheinende Umkehrung der natürlichen Ordnung dem Werke nicht zum Nachtheil gereicht habe.

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Vorliegender Band begreift den Zeitraum der ältesten griechischen Geschichte bis auf die 55 Olympiade oder bis zu Pisistratus, und zerfällt in drei Abtheilungen: 1) Urgeschichte bis zum Fall Troja's. 2), Vom Fall Troja's bis zur ersten Olympiade. 3) Yon da bis auf Pisistratus, mit welchem der zweite Band beginnt.

In der ersten Periode, wo Geschichte sowohl als Chronologie jeder sichern Unterlage entbehrt, und wo der Forscher fast ausschliefsend auf die Genealogieen angewiesen ist, mufs natürlich die Untersuchung damit beginnen, sich über die Natur, Entstehung und Ausbildung dieser Geschlechtsregister eine möglichst bestimmte Anschauung zu verschaffen, Dals in dieser Vorarbeit bei den so abweichenden Ansichten der verschiedenen Gelehrten ein fast unausgesetzter Kampf nicht zu vermeiden ist, liegt in der Natur der Sache, und auch Clinton hat sich dem selben nicht entziehen können, da er von seinem mehr dogmatischen Standpunkte aus, wie leicht begreiflich, in manche namentlich in Deutschland aufgestellte Systeme nicht leicht eingehen konnte. Doch mufs es rühmend anerkannt werden, dafs sich die Polemik des Vfs. stets in den Schranken der Mäfsigung und Humanität hält, die freilich bei wissenschaftlichen Streitfragen nie vermifst werden sollten. Die Glaubwürdigkeit der alten Genealogieen ist von manchen Seiten her in Zweifel gezogen und ganze Reihen von Heroen für Erfindung der

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buhr meint, eine von Dichtern durch mündliche Ueberlieferung fortgepflanzte Sage könne sich höchstens durch zwei bis drei Generationen erhalten. So wahr diefs auch seyn mag, wenn wir an die rohen Sänger eines ungebildeten Volkes denken, oder wenn wir die Sache aus dem Gesichtspunkte etwa unserer bür→ gerlichen Verhältnisse betrachten, wo durch die Leichtigkeit der schriftlichen Aufzeichnung die Stärke des Gedächtnisses abgestumpft und wo das Interesse für die ongere Geschichte der Familie oder des Stammes in dem gröfseren für das Volk aufge gangen ist so treten uns doch bei der Urgeschichte des griechischen Volkes wesentlich verschiedene Be dingungen entgegen. Hier haben wir keine roben Sänger, die einer wilden Bevölkerung irgend eine That beliebig ausgeschmückt vortragen; sondern einen Stand reichbegabter Barden, die einer aufmerksam horchenden Versammlung die Thaten der Vors fahren, den Ruhm des Stammes; die Geschichte ihDer Fürsten singen. Wie leicht aber unter diesen Verhältnisson, besonders bei einem Volke von so lebendiger Anhänglichkeit an seinen enger abge schlossenen Stamm, dergleichen Ueberlieferungen den Charakter der Stätigkeit annehmen, sehen wir z. B. bei den Schottischen Clan's und ihren Sängern, wo die Sagen von den Thaten der Stammeshäupter sich unaufgeschrieben von Geschlecht zu Geschlecht fortpflanzen, selbst in einer Zeit, in welcher durch die Schreibkunst das sichere Aufbewahrungsmittel der Schrift gegeben ist. Finden wir doch selbst in unserem Volke Beweis genug für die rettende Gewalt der Dichtkunst und Musik in den alten Volksliedern, die von Geschlecht zu Geschlecht fortleben, und von denen manche Bruchsticke vielleicht bis in die heidnische Zeit hinaufreichen. Freilich mag eben dieses lebendige Interesse an der Geschichte des Stammes manche Ausschmückung und Verfälschung: dereursprünglichen Begebenheit veranlasst haben; allein diese betrafen doch wohl hauptsächlich nur die Form und waren nicht sowohl ein Erfinden nie geschehener Thaten als vielmehr ein Ab- und Zuthun je nach den Umständen; aufserdem darf man gewil's auch annehmen, dafs jene Verfälschungen mehrin der Ausschmückung gewisser Vorfälle alațin der

Abänderung der Stammbäume bestanden habe. Sehr richtig bemerkt Clinton weiter, dafs die Nationalei telkeit der Griechen erst von der Zeit an eine Verfälschung der Sagen veranlassen konnte, wo sich der Gegensatz zwischen Griechen und Barbaren festzustellen begann. In der ältesten Zeit, wo die unabhängigen Stämme der Jonier, Aeolier, Achäer, Dorier neben einander wohnten, mufs man annehmen, dass die einzelnen Stammsagen von den andern nur mit grofser Vorsicht aufgenommen wurden und dadurch manche Modifikation erlitten, wie z. B. Athenienser und Megarenser die Sage vom Skiron ganz verschieden auffafsten. Aber gerade diese Abweichungen in der Ausführung dienen zur Feststellung des Factums selbst, wobei noch zu beachten, dafs die Sagen auch von denen aufgenommen warden, welche dabei gar nicht betheiligt waren; ferner dafs manche der ältesten Sagen die Anerkennung grofser Verpflichtungen gegen Fremde, als Danaus, Kadmus, Pelops, enthalten. Solche der Nationaleitelkeit wenig schmeichelnde Erzählungen sind wohl nicht der Art, dafs man sie für eine Erfindung des Volkes halten könnte.

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Aus all' diesem geht hervor, dafs man bei Behandlung der Genealogieen einen Mittelweg einzu schlagen habe, nicht alles als wahr anzunehmen, nicht alles als blofse Erfindung zu verwerfen. In den herbischen Stammbäumen kommen wirkliche und blos angenommene Personennamen vor; aber selbst die Dichtung verlangt eine Wahrheit als Unterlage; der genealogische Ausdruck kann erdichtet seyn, die ausgedrückte Verbindung jedoch ist wirklich. Clin ton theilt nun die Namen der alten Genealógieen in drei Klassen, wobei jedoch zu wünschen wäre, dafs er, um der Willkür nicht allzuviel Spielraum zu Lassen, einige genauere Kennzeichen dieser drei Klassen begründet hätte. In die erste Ordnung setzt Clinton diejenigen Namen, welche Repräsentanten eines Stammes sind. Die zweiten gehören der Dichtung an; in der dritten finden sich die geschichtlichen Namen. Alle diese werden in den Tabellen durch verschiedene Schrift bezeichnet. Uebrigens vermifst man schon in dieser Eintheilung eine gewisse Schärfe der Trennung, da die beiden ersten Klassen eigentlich nur Unterabtheilungen Einer Hauptart sind; in beiden stehen erdichtete Namen und zwar in der ersten solche, welche einen Stamm repräsentiren sollen, in der zweiten solche, welche -hur zum Zweck haben die fortlaufende Reihe der Stammbäume zu erhalten. Wie leicht beide in einsander fliefsen, sehen wir daraus, dafs z. B. Epidau-rus, Tiryns, Amyklas, Sparte der Klasse erdichteter Namen eingefügt sind, die man doch gewifs als Repräsentanten ihrer Städte betrachten kann; auch -schwankt Clinton selbst bisweilen, wie z. B. S. 49 Spalte 2, wo er sagt: We may strike out of the list of these kings Phlegyas, Minyas, Orchomenus, as imagiadry persons, or rather as personifications of a city 10 people. Ueber die zweite Klasse würde man

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gern etwas eindringenderes lesen, da die Erdichtung von Namen blos zur Herstellung einer ununterbrochenen Reihe ein gar zu flacher und moderner Gedanke ist. Denn erstens ist die Menge der Namen, welche diesen Zweck gar nicht erfüllen können (nämlich bei einem grofsen Theil der Töchter und nachgebornen Söhne) beinahe zahllos; alsdann ist es auch nicht glaublich, dafs die Genealogieen in der Form von Genealogieen, wo allein die ununterbrochene Reihe erforderlich scheint, fortgepflanzt worden seyen; vielmehr erhielten sie, sich in den Gesängen, welche die Grofsthaten der einzelnen Stämme und ihrer Fürsten schilderten.

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Clinton drückt sich über die Vertheilung nach den drei Klassen so aus: In der ersten werden entweder die Stammesfürsten mit ihrem' Nationalnamen bezeichnet (diese gehören eigentlich nicht hieher, indem es nur erdichtete Namen für wirkliche Personen sind), oder, nach K. O. Müller's Meinung, die Nation selbst mit ihren Zügen, Niederlassungen u. s. w. war repräsentirt unter dem Namen. Der Name ist also hier dichterische Form, die erzählte Begebenheit aber Wahrheit. Im ersten Sinne, wo der Na me eines Clan's. oder Stammes auf eine Person übertragen wurde, sind z. B. zu nehmen Thessalus, Jon, Achäus; im zweiten, wo ein Stamm durch ein Indi viduum personifizirt wird, Thesprotus und Makedon, Söhne des Lykaon, Phthias, Sohn des Achaus. Diese Genealogieen drücken eine Verwandtschaft zwischen den so benannten Stämmen aus. Ob durch diese Unterscheidung etwas wesentliches gewonnen werde, mag hier unerörtert bleiben. Zur zweiten Klasse rechnet Clinton die Namen, welche man zur Veranschaulichung einer Verbindung erfunden hat, oder vielmehr sie sollen der dichterische Ausdruck einer Verbindung seyn. Hier finden wir viele der weiblichen Namen, und die welche einen local origin bezeichnen, wie Epidaurus und Tiryns, Söhne des Argos u. dgl., wo natürlich die Bedeutung des Na mens dem zu bezeichnenden Factum entsprechen mufste. Doch mufs man sich wohl hüten, alle bezeichnenden Namen darum für erfunden zu halten, so wahr es auch ist, dafs die Bedeutung eines Namens oft die Erfindung einer Erzählung veranlafst habe. Als wahre Personen bezeichnet Clinton (Einleitung S. VI) alle diejenigen, für deren Verwerfung kein Grund vorhanden ist. Die Vermuthung spricht für die alte Sage, wenn kein Grund gegen dieselbe vorgebracht werden kann, und eine Person ist demnach als eine wirkliche zu betrachten, sobald die Schilderung derselben mit dem Zustande der Gegend und der Zeit in Einklang steht; wenn nicht Nationaleitelkeit oder Vorurtheil zur Erfindung beitragen konnte; wenn die Sage feststehend und allgemein ist; wenn eifersüchtige oder feindliche Stämme in der Hauptsache übereinstimmen; endlich wenn die den handelnden Personen beigelegten Thaten, entkleidet von ihrem dichterischen Schmucke, in das politische, bürgerliche System jener Zeit passen

oder als Grundlage anderer Begebenheiten dienen, welche in die geschichtliche Zeit fallen. Nachweisungen finden wir hier an Kadmus, Danaus, Herkules. So sehr auch die hier aufgestellten Kriterien in der Theorie zu billigen seyn mögen, so endlos dürften doch die Schwierigkeiten seyn, sobald es darauf ankommt, die Anwendung auf die einzelnen Fälle zu machen; da wir gerade diese motivirte Sichtung in den einzelnen Fällen bei Clinton vermissen, so ist es nicht leicht abzusehen, wie er dieser Verpflichtung genügt habe. Gegen Müller behauptet Clinton, wohl nicht mit Unrecht, dafs wenn man die Nachkommen des Hyllus für historische Personen anerkenne, kein genügender Grund vorhanden sei, warum man nicht auch den Herkules und Hyllus selbst dafür halten solle. Freilich gehört es nicht zu den leichten Aufgaben eine bestimmte Grenzlinie zu ziehen, wo die Sage aufhört und die Geschichte anfängt, oder vielmehr es ist eine solche bei dem allmäligen Uebergang der einen Periode in die andere gar nicht vorhanden.

Nachdem sich Clinton kurz über den Mifsbrauch geäufsert, den man hin und wieder mit der Etymologie zu historischen Constructionen getrieben hat, wendet er sich zu einem andern Punkte, durch welchen die älteste griechische Geschichte getrübt worden sey: in other instances the religious worship of the early Greeks has been somewhat fancifully applied to explain their history. Da soll ein altes Volk eine Nation von Priestern, eine Priesterkaste, und seine Bewegung nichts anderes seyn als eine Art fortgeBetzten Religionskrieges seyn, unternommen zur Verbreitung eines gewissen Cultus. Ohne Zweifel führten z. B. die Dorier bei ihren Wanderungen den Cult des Apollo, die Ionier den des Poseidon mit sich in ihre jedesmalige Niederlassung. Aber die Verbreitung dieser Culte war keineswegs Zweck ihrer Kriege und Wanderungen; diese wurden aus denselben Gründen unternommen, welche auch andere Völker zur Aufsuchung neuer Wohnsitze veranlassten. Auch Müller, der die Religion der Dorier so lehrreich schildert, has sometimes assigned to it a larger influence, and described it in loftier language, than his authorities will justify. Dals Einführung einer Religion nicht die leitende Ursache ihrer Wanderungen gewesen, leuchtet schon aus der Leichtigkeit ein, mit welcher die Dorier eben so wohl als andere Stämme die Religion anderer, selbst der unterjochten Völker annahmen; so die Dorier in Argos den Dienst der Pelasgischen Juno, in Lakonien der Pelasgischen oder Lelegischen Diana; die Dryoper nehmen den Apollo, den Gott ihrer Feinde, auf; die fonier die Ephesische Diana.

In der zweiten Periode vom Falle Troja's bis zur ersten Olympiade nimmt Clinton nur historische Namen an, wenn auch die Erbfolge von Vater auf Sohn in einer langen genealogischen Reihe, nach den Zusammenstellungen von Lewis, höchst unwahrscheinlich ist. In der dritten Periode, von

der ersten Olympiade an, in welcher Koröbus siegte, fliefsen die Quellen schon reichlicher und zuverlässiger, so dafs die Begebenheiten eine ausführli chere Behandlung und Einrichtung in tabellarischer Form gestatten. Eine Hauptquelle ist hier natürlich Eusebius, über dem jedoch das eigne Schicksal waltet, dafs er uns nicht in getreuer Form überliefert werden soll. Das Original ist verloren, die Uebersetzung des Hieronymus nachlässig; genauer ist die armenische Uebertragung; von dieser sind zwei lateinische Uebersetzungen erschienen, die eine in Mailand, die andere in Venedig, beide von Männern, welche der armenischen Sprache vollkommen mächtig waren; und dennoch weichen beide in den Zeitangaben bedeutend von einander ab, wie diefs Clinton in einer eindringenden Vergleichung auf das einleuchtendste dargethan hat. Im allgemeinen folgt er jedoch der in Venedig erschienenen Ausgabe.

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Nach der Einleitung geht der Vf. nun über I. zu den ältesten Bewohnern Griechenlands. Wir finden hier zuerst die richtige Bemerkung, dafs die älteste Bevölkerung Griechenlands nicht sowohl nach dem Lande, welches sie bewohnen, als vielmehr nach den Clan's oder Familien zu ordnen sey; denn noch finden wir in dieser Periode alles in Gährung und daher häufigen Wechsel der Wohnsitze. Erst nach der Einwanderung der Dorier in den Peloponnes kam für die einzelnen Stämme Festigkeit in den Besitz. Vorerst drängt sich hier die Frage auf: sind die Griechen Abkömmlinge der Ureinwohner oder fremde Ansiedler? Die Einwanderung Fremder unter Danaus, Kadmus, Kekrops und Pelops nimmt der Vf. zwar an, glaubt aber an keinen eigentlichen Einfluss derselben auf die Nationalität, da sic selbst wenig zahlreich unter eine schon mächtige, ausgebreitete Bevölkerung kamen. Wenn Clinton sich die Mühe giebt, die Ansichten Bryant's (Analysis of ancient Mythology), welcher die Griechen nicht von den Ureinwohnern ableitet, ausführlich zu widerlegen, so hat er damit eine für Deutschland wenigstens völlig überflüssige Arbeit übernommen. Das Einzwängen der Geschichte in die vier Weltmonarchieen ist bei uns verschollen, und wir können es nur als Merkwürdigkeit anführen, wenn Dr. Faber in seinen Horae Mosaicae, auf Bryant's Beweisführung fufsend mit rechtgläubiger Festhaltung der Mosaischen Völkertafel sagt: In short, the most celebrated leaders of the Grecian colonies, such as Danaus, Erechtheus, Cecrops, Cadmus, and Phoenix, all come from Egypt. Hence it ist manifest that the Greeks were, strictly speaking, an Egyptian nation; and consequently not the descendants of Japheth, but of Ham. Dieselbe kirchlich rechtgläubige Interpretation, das gerade Gegentheil unserer deutschen historischen Phantasiestücke, wendet auch Bryant an, wenn er z. B. Ἕλλην υἱὸς Δευκαλίωνος bei Tatian unbedenklich übersetzt: Hellen was the son of the person who escaped the flood; das heilst natürlich, er war der Ham, Sohn des Noah.

Der Vf. behandelt nur mit grofser Quellenkennt nifs die Pelasger als Stammeltern der Hellenen, mit hauptsächlicher Zuratheziehung der Stammbäume und mit steter Rücksicht auf Chronologie. Die neueren deutschen Forschungen finden wir nicht benutzt, wie überhaupt der Vf. unserer Sprache nicht mächtig zu seyn scheint. Ein entscheidendes Resultat wird hier wohl niemand erwarten; es dürfte wohl nicht Ein Punkt einer befriedigenden Lösung näher gebracht sein in diesem Gewirre alter und neuer Sagen und Hypothesen, wo bei gänzlicher Ermangelung eines sichern Ausgangspunktes und zuverlässigen Leitsternes eine bistorische Entwickelung unmöglich zu seyn scheint; den Schöpfungen der Phantasie dagegen ein unbegrenztes und wahrlich nicht vernachlässigtes Feld geöffnet ist. Zur Klarheit und einer zuverlässigen Kenntnifs der Pelasger und ihres Verhältnisses zu den späteren hellenischen Stämmen werden wir nicht eher kommen, als bis wir das Verhältnifs der Ingävonen, Istävonen und Herminonen unter sich und zu den nachherigen germanischen Stämmen zur Entscheidung gebracht haben, oder auch nur das Verhältnifs der bei Tacitus vorkommenden germanischen Völkertafel zur jetzigen Bevölkerung Deutschlands. So wenig wir über das ursprüngliche Verhältnifs dieser Dinge etwas anderes als mehr oder minder mögliche Vermuthungen vorbringen können, eben so wenig, vielleicht noch weniger konnten es die Griechen über ihre Urgeschichte; unsere Untersuchungen darüber werden also kaum etwas anderes seyn als Vermuthungen über Vermuthungen von Vermuthungen. Diese in einen gewissen organischen Zusammenhang zu bringen und gar in ein ehronologisches Netz einzupassen, bleibt alle Achtung übrigens vor den mühseeligen oft scharfsinnigen Combinationen doch eben weiter nichts als eine Combination. Da sich die verschiedenen Sagen und Genealogieen local, eine unabhängig von der andern ausgebildet haben, manche auch gar nicht auf Ueberlieferung, sondern auf Erfindung und Ausschmückung späterer Dichter und Logographen beruhen, so scheint es durchaus nicht in dem Bereiche der Möglichkeit za liegen, 'eine organische Einheit derselben zu erzielen. Es wäre demnach ein vergebliches Unternehmen Clinton's, die fünf oder sechs Pelasgus, welche in den verschiedenen Sagen und Genealogieen erwähnt werden, genealogisch in Einem Stammbaume zu verbinden und ordnungsmäfsig als Pelasgus I, Pelasgus II (S. 18) in der Ahnentafel aufzuführen. Es ist wohl nicht nöthig, hierbei in das Einzelne einzugehen, wo sich die Schwierigkeiten ungesucht in überreichlicher Menge aufdrängen; wir können uns diesem unerquicklichen Geschäfte um so leichter entziehen, da sich der Vf.

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selbst schon genöthigt gesehen hat, um sein System nur einigermafsen haltbar hinzustellen, endlose Ver wechslungen und Verwirrungen anzunehmen, Ob diese nun entwirrt sind?

Noch weit schlüpfriger ist der Pfad der Chronologie, selbst wenn wir dabei auf Schärfe der Bestimmung verzichten und nicht Jahre, sondern Menschenalter als Einheit annehmen; ja, es dürften die Fälle eben nicht selten sein, wo eine ungefähre Bestimmung des Jahrhunderts nicht ganz leicht ist. Viele der mythischen Personen entziehen sich durchaus aller chronologischen Berechnung, auch wenn man nicht besonders geneigt ist, sie nur als personifizirte Philosopheme oder symbolisch- allegorische Gestalten zu betrachten, eine Anschauungsweise, welche zwar tiefsinnig und anmuthig, auch phantasiereich, aber eben darum nur zu oft haltlos und ei ner nüchternen Betrachtung wenig zusagenderscheint. Es kommt hierbei durchaus nicht darauf an, ob z. B. Phoroneus, Argos u. 8. w. wirklich und leiblich gelebt haben, sondern lediglich darauf, dafs und wie sie in der Sage, in der Vorstellung der Griechen gelebt haben. Bei Homer haben die Heroen Bein und Blut, sie sprechen uns rein menschlich an, so dafs wir uns mit ihnen freuen, mit ihnen trauern. Einer späteren abgefallenen Zeit war es vorbehalten, diese kräftigen Gestalten zu verflüchtigen und etwa in der Odyssee nichts weiter zu erblicken, als eine durchgeführte moralisch - philosophische Idee, oder von einem,,böheren religiösen Standpunkte" aus das Homerische Götter- und Heroensystem in das System der Hegel'schen oder einer andern beliebigen Philosophie zu vergeistigen. So sind denn die alten Mythen und ihre Helden alles historischen Gehaltes und in nur zu oft matte ethisch - symbolische, astrologische, naturphilosophische u. s. w. Schemen verwandelt worden, welche für den naiven Sinn der griechischen Urwelt nicht besonders zu passen scheinen. Denn man möchte doch fast bezweifeln, dafs die so oft gebrauchten volltönenden Ausdrücke,,Naturanschauung des Alterthums, Combinationen nach inneren Gründen, Constructionen nach einem inneren Zusammenhang" u.s. w. ernstlich gemeint seien, da es nur wenig Selbstkenntnifs erfordert, um einzusehen, wie leicht wir dem grauen Alterthum unsere Naturanschauung unterschieben, und dafs Combinationen aus inneren Gründen gar zu oft nichts weiter sind als Combinationen nach dem Sinne unseres Systems, wobei wir es uns natürlich vorbehalten, die betreffenden Stellen der Alten eben so nach innerer Combination zu deuten uud die untauglichen ganz zu verwerfen.

(Die Fortsetzung folgt.)

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