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ALLGEMEINE LITERATUR - ZEITUNG

ALTERTHUMSKUNDE.

Januar 1838.

Ueber die neuesten Forschungen zur Ent-
zifferung der Keilschrift.

1) PARIS, in d. königl. Druckerei: Mémoire sur
deux inscriptions cunéiformes trouvées près d'Ha-
madan et qui font maintenant partie des papiers
du Dr. Schulz, Par M. Eugène Burnouf. 1836.
VII u. 199 S. 4 maj. Mit 4 Taf. in Grofsfol.
2) BONN, b. Weber: Die Altpersischen Keilin-
2) BONN, b. Weber: Die Altpersischen Keilin
schriften von Persepolis. Entzifferung des Alpha-
bets und Erklärung des Inhalts. Nebst geogra-
phischen Untersuchungen über die Lage der im
Herodoteischen Satrapienverzeichnisse und in
einer Inschrift erwähnten Altpersischen Völker.
Von Dr. Christian Lassen, aufserordentl. Prof.
an der Rheinischen Friedrich - Wilhelms Uni-
vers., Ehrenmitgl. der Asiat. Gesellschaften zu
Calcutta und London und der Königl. Norwegi-
schen Gesellsch. d. Wissensch, zu Drontheim.
1836. VI u. 186 S. 8. Mit 2 Keilschrifttafeln
in 4.

chen verfafst, ist verhältnifsmäfsig nur eine kurze Zeit verflossen, welche lehrt, was Benutzung günstigen Zufalls, glückliche Divination, ausgebreitete und gründliche Gelehrsamkeit, hohe Anstrengung in Wiederholung und Prüfung der sich darbietenden Combinationen, vereint vermögen.

Das eben vollendete Jahr erinnert sogleich an ein luculentes Beispiel, wenn man im Gebiete der phönizischen Schrift- und Sprachkunde trotz der ausgezeichneten Verdienste Barthelemy's, die durch Unklarheit und Einseitigkeit der Begriffe über Sprache und Erklärungsgesetze und durch viele eigenthümliche Schwierigkeiten entstandene Dunkelheit und Verwirrung mit jener Vollständigkeit und Klarwelche die phönizische Sprache in Gesenius's Moheit dieser Begriffe und Gesetze vergleicht, durch he der bekannten Sprachen herübergetreten ist. numenta scripturae linguaeque Phoenicide in die Rei

Andere und gröfsere Schwierigkeiten hat das hinter diesem zur Zeit noch zurückstehende Gebiet asiatischer Paläographie, auf welches sich die hier anzuzeigenden Schriften beziehen, deren zweite das kels gewährt, in welche die eins der gröfsten altasiainteressante Schauspiel einer Aufhellung des Duntischen Reiche beherrschende Sprache, erhalten in einer Schrift der sonderbarsten Gestalt auf Trimselhaft eingehüllt war. mern grofsartiger prächtiger Bauten, bisher räth

3) HANNOVER, in d. Hahn. Hofbuchh.: Neue Beiträge zur Erläuterung der persepolitanischen Keilschrift. Nebst einem Anhange über die Vollkommenheit der ersten Art derselben. Bei der ersten Secularfeier der Georgia Augusta in Göttingen herausgegeben von Dr. G. F. Grotefend, Director des Lyceums zu Hannover, Corresp. d. sten Jahren dieses Jahrhunderts durch glückliche Die Entzifferung der Keilinschriften, in den erkönigl. Soc. d. Wiss. zu Göttingen, auswärt. Divination begonnen von Hn. Grotefend, hat der Mitgl. der königl. asiat. Gesellsch. v. Grofsbrit. u. Irland in London, und Mitgl. and. gel. Gesellsch. 1837, 48 S. 4 maj. Mit 4 Steintaf.

grofsen Schwierigkeiten wegen, mit welchen sie verknüpft ist, so geringe Fortschritte gemacht, dafs es den Anschein haben konnte, als wäre das Dämmerlicht, in welches dieses Gebiet der orientalischen

Unter allen Gebieten der Wissenschaft giebt es Paliographie unmittelbar nach dem Aufblitzen jener

nur wenige, welche dem am Schlusse verflossener Combinationen getreten war, einer Steigerung kaum Zeiträume das Geleistete Ueberschauenden so offen- fähig; und doch lag, in der durch die Eigennamen bare und glänzende Fortschritte der Forschung zei- Darius, Xerxes, Hystaspes, gelegten Basis ein Reiz gen, als derjenige Theil der Paläographie, zu weiterer Forschung in der räthselhaften Schrift, die Entzifferung solcher alten Inschriften, welche während zugleich das archäologisch-bistorische, das der sich in einer unbekannten Schrift eine unbekannte Spra- philologische und das paliographische Interesse des che enthalten, zur Aufgabe gemacht hat. Von der Gegenstandes die stärkste Aufforderung zur näheren allgemein verbreiteten Meinung, dafs hier die Erklä- Kunde desselben enthalten mufsten Zwar hat es rung aufserhalb der Grenzen der Möglichkeit liege, nicht ganz an Versuchen gefehlt. Gratefend selbst, bis zur allgemeinen Ueberzeugung der Untersuchen von jener Basis ausgehend, gab zugleich mit derselden, dafs das Meiste und Wissenswertheste richtig ben eine Entzifferung der übrigen Buchstaben und erforscht vorliege d. h. dafs ein grofser Theil der dann sogar Uebersetzungen gröfserer Inschriften; Inschriften mit eben der Gewilsheit gelesen und ver- da das Precare derselben in die Augen fiol, begann standen werde, als wären sie in unsern Mutterspra- Saint-Martin (1823) auf der Basis des auf der vier

4. L. Z. 1838. Erster Band.

A

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sprachischen Pariser Urne befindlichen Eigennamens Xerxes die Entzifferung ganz von neuem, war aber noch unglücklicher, weil er nicht nur die Leistungen seines Vorgängers nicht gehörig würdigte, sondern auch die Sache überhaupt zu leicht nahm; nur Rask (1823) hat etwas Wesentliches geleistet, indem er in seiner Schrift über das Alter und die Echtheit der Zend-Sprache und des Zendavest (deutsch, Berlin 1826) eine glückliche Bemerkung hinwarf, die sich indefs nur auf Entzifferung zweier Buchstaben bezog und von ihm nicht weiter verfolgt worden ist. Unter solchen Umständen müssen die Monographieen der Hnn. Burnouf und Lassen eine doppelt willkommene Erscheinung seyn. Beide Gelehrte gehören zu den gröfsten Kennern der indischen und persischen Sprachen und der mit diesen zu verbindenden Alterthumskunde, wie ihre früheren und gleichzeitigen ausgezeichneten Werke bezeugen: beide sind vorsichtig und umsichtig, mehr oder weniger geübt in paliographischer Kritik, und wohl bekannt mit den bohen Schwierigkeiten ihres Unternehmens, zu dessen Ausführung sie daher vorzugsweise als berufen anzusehen sind. Das Interesse an der Art und Weise, in welcher jeder von beiden den Werth der einzelnen Zeichen bestimmt, das Alphabet mit dem des Zend und Sanscrit zusammenhält, die Eigenthümlichkeiten der Sprache aufzufinden und gröfsere Inschriften im Zusammenhange zu übersetzen sucht, wird noch durch den Umstand gesteigert, dafs beide Männer, obgleich persönliche Freunde, in den Resultaten ibrer Forschungen vollkommen unabhängig von einander sind: Hr. B. ist gar nicht davon unterrichtet, dafs Hr. L. gleichzeitig über Keilinschriften arbeitet, und Hr. L. erfährt erst, als die Hälfte seiner Schrift bereits gedruckt ist, dafs Hr. B. im Begriff sey ein ähnliches Werk erscheinen zu lassen; die Vorrede des Letztern ist vom Mai, die des Erstern vom 1sten Juni datirt. Diese Gleichzeitigkeit verbürgt nothwendig die grofsen Vortheile, einerseits dals keine Rücksicht auf das nach mühsamem Forschen vom Freunde Gegebene die Anstrengung der eigenen Untersuchung erschlaffen lief's; andrerseits dafs sowohl die Vorzüge als die Unvollkommenheiten der nun neben einander vorliegenden Resultate sich durch die Aufsuchung und Beurtheilung der Differenzen denn dafs solche, und zwar grofse, Statt finden, bringt die Schwierigkeit des Gegenstandes nicht anders mit sich leichter angeben und auf diese Weise eine Anzahl erwünschter Anhaltungspunkte für die Fortsetzung der richtigen Erklärung der Keilinschriften ausmitteln lassen.

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Die grofse Epoche, welche die in diesen beiden Schriften enthaltenen Entdeckungen in der Erklärung der Keilschrift bilden, macht, wenn sie deutlich und richtig gewürdigt werden soll, die Darstellung des Standpunktes nothwendig, welchen dieses Gebiet vor dem Erscheinen derselben einnahm; so wie zugleich die Stille, in welcher dasselbe jetzt so lange Zeit bindurch bei Seite gestanden, gewifs die Mehr

zahl der gelehrten Leser dieser A. L. Z. einige einleitende Vorbemerkungen wünschen läfst.

Im Allgemeinsten unterscheidet man zwischen babylonischer und persepolitanischer Keilschrift, deren jede von dem Orte benannt ist, welcher sie in gröfster Anzahl in seinen Ruinen antreffen lässt und sich dadurch als Hauptstätte oder Vaterland derselben herausstellt. Die babylonische zeichnet sich durch ein sehr künstliches Aussehen und zusammengesetztere Gestalten ihrer Zeichen aus, nach Maafsgabe deren sie in verschiedene Schriftarten zerfällt. Man findet sie meist auf Backsteinen in welche sie vermittelst Formen eingedrückt ist, und zwar nicht selten in so kleiner Gestalt, dafs man des Vergröfserungsglases bedarf. Die besten Zeichnungen verdankt man Bellino, dessen Eifer und Geschicklichkeit schwerlich ersetzt werden wird. An eine Entzifferung derselben ist für jetzt kaum zu denken, wenn nicht etwa die schöne Sammlung von Zeichnungen, die Hr. Grotefend zu besitzen scheint, etwas Sicheres an die Hand giebt. Die Werke der Hnn. Burnouf und Lassen behandeln diese Schrift nicht. Die persepolitanische Keilschrift, die aufser den Ruinen von Persepolis auch in Medien (Ecbatana), Susiana (Susa), Armenien (am See Van), Aegypten (auf einer Urne und am Verbindungscanal des Nils mit dem rothen Meere), Südrufsland (Tarku?), gefunden worden ist, tief und sorgfältig in Marmor oder harten Granit eingegraben, ist eine Hauptzierde jener colossalen Trümmer der Paläste, Grabmäler und andern Monumente der Könige von Persien aus der Dynastie der Achämeniden, auf welche sich die Inschriften in dieser Schrift so ausschliefslich beziehen, dafs man letztere geradezu die achämenidische nennen könnte, woraus ihr hohes Alter und ihr allgemeiner Inhalt zugleich erhellt. Die bis jetzt abgezeichneten Inschriften verdanken wir den Reisenden Chardin, Kämpfer, Le Brun, Niebuhr, Morier, Ouseley, Ker Porter, jetzt auch Schulz, Price, Bellino und Andern, unter welchen besonders Niebuhr seines Fleifses und seiner Aufmerksamkeit wegen zu rühmen ist. Die Gestaltung dieser Schrift ist von einer Einfachheit, die man kaum für möglich halten sollte: die ganze Schrift besteht nur aus zwei Figuren, einer keitförmigen die hald gröfser bald kleiner ist, bald aufrecht steht, bald nach links liegt, und einer winkelkeilförmigen: <; durch Zusammensetzung und Wiederholung dieser beiden Figuren entstehen Zeichen (Keilgruppen), die durch einen Punkt von einander geschieden werden. Dabei zeigen diese Inschriften drei verschiedene Schriftgattungen neben einander, alle auf diese Weise gebildet, nur dafs jede derselben andre Keilgruppen oder eine andre Keilgruppirungsart hat. Diese drei Schriftgattungen, die offenbar Einen Inhalt jede nach ihrer Weise ausdrücken, stehen überall in derselben Ordnung über oder neben einander, so dafs man sie durch die Benennung der ersten, zweiten, dritten Gattung bequem_bezeichnen kann. Offenbar enthalten sie nicht Eine Sprache, sondern

verschiedene, welche nichts anders als drei uns nur auf diesen Monumenten erhaltene Sprachen eben so vieler Hauptvölker des achämenidischen Reichs seyn können.

Die Beantwortung der Frage, welchen Völkern diese Sprachen angehören, ist, so weit sich bis jetzt, wo man die zweite und dritte dieser Schriften noch nicht lesen kann, urtheilen läfst, ziemlich einfach, und ohne Zweifel schon von Saint-Martin gut getrof fen worden. Nach der naheliegenden Annahme, dafs die Achämeniden auf ihren Monumenten der Sprache des Volksstammes, dem sie selbst angehörten, dem durch Cyrus zur Oberherrschaft gelangten, den ersten Platz gegeben haben werden, enthält die erste Colamne jeder Inschrift die Sprache und Schrift der alten Perser. Zwar war noch der Fall möglich, dafs eine heilige Sprache oder ein heiliger Dialekt den ersten Platz einnehme, da indefs dieser das Zend seyn würde, die Sprache der ersten Columne aber, wie man sieht, nicht identisch mit dem Zend ist, bleibt nur die erstere Annahme übrig, die auch den HH. B. und L. (gegen Hn. Grotefend) für sicher gilt der Letztere bezeichnet gleich auf dem Titel seiner Schrift die Inschriften der ersten persepolitanischen Keilschr. mit der Benennung,, Altpersisch. Die dritte persepolitanische Keilschrift, welche, wie Hr. Grotefend (1818) fand, trotz aller aufsern Verschiedenheit, in ihrer Keilgruppirungsart identisch mit den babylonischen Keilschriften ist, wird dieser Identität wegen den Assyrern, den ehemaligen Dynasten und ersten Erbauern von Babylon und nachmaligen Unterthanen der Achämeniden, zuzuschrei ben seyn; in welchem Schlusse man noch durch die Beschaffenheit der in ihr enthaltenen Sprache bestärkt wird, die zwar den Sprachen der altiranischen Familie angehört, sich aber von diesen durch das wesentlich unterscheidende Merkmal des Mangels der Casusendungen trennt, den sich Rec. durch die Ausbildung dieser Sprache an der Grenzlinie zwischen semitischem und iranischem Gebiet in der östlichen Nachbarschaft von Mesopotamien und BabyloDien aus Einwirkung des Semitismus erklärt. Ist die erste persepolit. Keilschrift altpersisch und die dritte assyrisch, so wird man, wie Rec. meint, in Ansehung der zweiten, deren Sprache der ersten offenbar nahe, weit näber als die dritte steht, wenig Anstand zu nehmen haben, sie mit Saint-Martin jenem grofsen Volke beizulegen, welches im achämenidischen Reiche den ersten Rang nach den Persern behauptete, den Medern. Zwar könnte man in der selben auch das Zend vermuthen wollen, das hier nicht als heilige Sprache sondern als Sprache ostpersischer Provinzen aufträte: Rec, wagt indessen aus den Buchstaben, die er in dieser Schrift zu erkennen meint, und der Vergleichung der grammatischen Endungen diese Vermuthung mit Bestimmtheit zu negiren. Die HH. B. und L. sprechen sich nicht über die Völker aus, welchen die zweite und dritte persepol. Keilschrift zuzuschreiben ist: aus einer Aeufserung des Erstern, der Saint-Martins Bestimmungen

darüber für blofse Conjecturen erklärt, geht hervor, dafs er selbst die irrige Ansicht hegt, diesen Schriften lägen semitische Sprachen zu Grunde (worüber später); der Letztere macht am Schlusse seiner Schrift (S. 183), wo er von dem philologischen Werthe der Keilinschriften spricht, nur altpersische und assyrische Sprache, beide mit Nachdruck, namhaft, woraus man ersieht, dafs er eine der beiden letzten Keilschriftgattungen mit Bestimmtheit für die assyrische hält, ohne über die andre etwas zu entscheiden.

Diese drei Keilschriften unterscheiden sich -ganz abgesehn von der schon erwähnten Keilgruppirungsart sowohl in der äufsern Gestalt, als auch in der Zahl ihrer Zeichen. In ersterer Hinsicht charakterisirt sie Hr. Grotefend in der Schrift No. 3 (S. 39) sehr gut so, dafs in der ersten der Verticalkeil, in der zweiten der Horizontalkeil, in der dritten der Winkelkeil vorherrsche. Die Anzahl der Zeichen in den bis jetzt bekannten Inschriften läfst sich nach Rec, in denen der ersten Schriftgattung auf 35 festsetzen, zu denen durch eine in der Schrift No. 3 eben bekannt werdende Inschrift noch 1 hinzukommt; in den Inschriften der zweiten Schrift, die in minderer Masse von Text vorliegen, kann man etwa 60, und in denen der dritten, deren Textmasse ganz der der zweiten gleich ist, etwa 85 Zeichen unferscheiden. In ihrer Totalität mag die erste Schriftgattung 40, die zweite um 150, die dritte um 300 Zeichen enthalten. Schon die hohe Zeichenzahl der letzten beiden Schriftgattungen verräth, dafs man es hier mit verwickelten Schriftprincipien zu thun hat, deren Erforschung in der That nur nach grofsen Anstrengungen oder sehr glücklichen Combinationen möglich werden wird, wiewohl die Geltung einiger Zeichen sich in beiden bald finden läfst. Anders ist dies mit der Ersten, deren Einfachheit ganz geeignet ist zu Entzifferungsversuchen aufzufordern. An ibr übte sich daher so vorzugsweise der Forschungsgeist, dafs man noch jetzt unter Erklärung der Keilinschriften die Erklärung dieser ersten persepolitanischen versteht, und nicht ganz mit Unrecht, indem wir durch diese zugleich Inhalt und Zusammenhang der andern noch unlesbaren erhalten.

Dafs die Richtung dieser Schrift, wie aller Keilschrift, von der Linken zur Rechten gehe, batte schon Niebuhr vor den Monumenten selbst aus den stärksten Gründen ersehen, wiewohl sämmtliche Inschriften die von den Steinhanern beabsichtigte Eigenthümlichkeit haben, in der letzten Zeile keinen. leeren Raum zu zeigen, so dafs also jede Inschrift ein vollständiges Viereck bildet. Die Vergleichung des indischen Alphabets, welches 34 Consonanten nebst 12 Vocalen, und die des zendischen, welches 30 Conson. nebst 12 Vocalen hat, liefs für die altpersische Sprache und Schrift ebenfalls eine grofse Anzahl von Buchstaben vermuthen, und da die Durchmusterung der Keilgruppen eine jenen ähnliche Zahl gab, lag es nahe, diese Keilgruppen trotz des Punktes, der

jede von der andern trennt, geradezu für blofse Buchstaben zu nehmen, worin man durch die aufserordentliche Frequenz, in der einzelne Keilgruppen in einer und derselben Inschrift vorkommen, so sehr bestärkt wurde, dass man (mit O. G. Tychsen und Münter) schon für sicher annahm, in dieser Schrift wirden die Vocale nicht wie im Semitischen und im Dêwanagari behandelt, sondern wie im Zend als Buchstaben dargestellt. Die beiden eben genannten Gelehrten fanden ferner, dafs der einzelne Schrägkeil, welchen man nach einer kürzeren Reihe von Buchstaben (mindestens 2, höchstens 11) wiederkehren sieht, ein worttheilendes Zeichen sey; jetzt konnte man schon von einzelnen Wörtern, ihrer Aufeinanderfolge und Häufigkeit Schlüsse über den relativen Inhalt beginnen. Von dem Hauptinhalte der Inschriften, namentlich der kürzeren, welche von den Thüren der beiden Paläste zu Persepolis abgezeichnet sind, liefs sich so viel errathen, dafs Namen und Titel persischer Könige, die diese Paläste erbaut, darin zu sucheu seyen: und schon zeigte Münter auf ein in jeder Inschrift vorkommendes Wort hin, welches „König" bedeuten werde, vorzüglich da es öfter zweimal unmittelbar neben einander steht, das zweite Mal mit einer Endung, worin er sehr glücklich den in Monumenten persischer Könige zu erwartenden Titel,,rex regum" vermuthete. Aber noch liefs sich kein Buchstabe mit Sicherheit bestimmen; es zeigte sich keine Aehnlichkeit mit andern nach Ort oder Zeit oder Sprache diesem Schriftcharakter nahe stehenden Schriften; man konnte so von Feststellung zerstreuter Buchstaben nicht ausgeben, man mufste gleich eine Reihe von Buchstaben, mehrere Wörter auf einmal finden. Das grofse Verdienst, dieses gethan zu haben, hat Hr. Grotefend. Einsichtsvoll die Leistungen seiner Vorgänger prüfend, entschieden das Verfehlte derselben (das Rec. hier der Kürze wegen übergangen hat) verwerfend, fand er durch die von ibm selbst (in Hecrens Ideen Th. 1. Beilage II.) dargestellten Combinationen die Namen Xerxes, Darius, Hystaspes, deren Vorhandenseyn aufser archäologischen Gründen schon durch ihre relative Stellung in den Inschriften sogleich aufser Zweifel gesetzt wurde, wobei sich zugleich das ,, König" bedeutende Wort dadurch, dafs es mit dem Namen Xerxes gleiche Anfangsbuchstaben hat, aus dem Zend bestätigte. So erhielt Hr. G. die Potenz einer Anzahl von Buchstaben, durch deren Hülfe er sofort alle übrigen, mit Ausnahme eines einzigen, durch Schlufsreihen über welche nichts verlautete, bestimmen zu können meinte, und diese Bestimmung auch wirklich a. a. O. bekannt machte. Da man indefs, wenn man diese Lesung annahm, zu viele Wörter von wildfremder Physiognomie erhielt und überhaupt die Unerreich

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barkeit sprachlicher Wahrscheinlichkeit drückend bemerkbar wurde, mufste Hn. G. die Beistimmung versagt werden. So gewifs die meisten in den 3 Königsnamen vorkommenden Buchstaben richtig entziffert waren, waren, so ungewifs blieb man über alle übrigen. Eine schöne Bestätigung der Entzifferung jener Namen gab 1823 die von Champollion und Saint Martin gemeinschaftlich beleuchtete viersprachige pariser Urne, auf welcher eine kleine Inschrift in den drei persopolitanischen Keilschriftgattungen, die mit dem Namen des Xerxes beginnt, eine gleichzeitige hieroglyphische zur Seite hat, in welcher derselbe Name leicht lesbar sich darbot. Zwar bedurfte es dieser Bestätigung längst nicht mehr, doch wurde Saint-Martin dadurch veranlafst, eine neue Entzifferung der Keilschrift zu entwerfen. Die Arbeiten dieses Gelehrten, so weit sie sich auf Entzifferung beziehen, entsprechen indefs dem Ruhme nicht, den sich französische Forschung (Barthélémy, de Sacy) auf dem Gebiete asiatischer Paläographie erworben hat: das von ihm gegebene Alphabet, in welchem z. B. die Buchstaben B und R identificirt und einige aufgestellt werden, die hlofse Fehler der Zeichnungen sind, macht den Mangel an Fleifs augenscheinlich; und wenn bei solchen Irrthümern dennoch einiges Wenige richtig von ihm getroffen worden ist, so bemerkt man sogleich, dafs bei dem was darunter das Beste ist (der Vocal i, den aber St. M. nur annäherungsweise durch sein y bestimmte), sich keine Ahnung der philologischen Gründe, die jetzt Hr. Lassen dafür trefflich erörtert hat, vorfindet. Seine glückliche Benennung der drei persepol, Keilschriftgattungen hat Rec. oben gerühmt.

Das Haupthindernifs weiterer Fortschritte in Erklärung der Keilschrift trotz des von Hn. G. gemachten schönen Anfangs war und blieb die Unbekanntschaft mit der Sprache. Die Zendbücher zu Paris, von deren Sprache anzunehmen war dafs sie der der Keilinschriften am nächsten stehe, bedurften ja, da bekanntlich Grammatik und Lexikon fehlten, selbst ähnlicher Forschungen, wie Inschriften, in wenig bekannter Sprache. Der Erste, der mit niherer Kenntnifs des Zend ausgerüstet über Keilschrift sprach, war der vielseitige Sprachkenner Rask, dessen Bemerkungen so trefflich waren, dafs man nur den geringen Umfang derselben bedauern musste. Man kann sich sogar kaum der Vermuthung enthalten, habe die grössern Niebuhrschen Keilinschriften gar nicht gesehen, sondern kenne nur die kürzern aus einer secundären Quelle (etwa aus einer Abhandlung Bellino's in den Transact. of the lit. Soc. of Bombay), đa er die so nahe liegende Anwendung seiner Bemerkungen nicht gemacht hat.

(Die Fortsetzung folgt.)

er

ALLGEMEINE

ALTERTHUMSKUNDE.

LITERATUR - · ZEITUNG

Januar 1838.

Ueber die neuesten Forschungen zur Entzifferung der Keilschrift.

1) PARIS, in d. königl. Druckerei: Mémoire sur deux inscriptions cuneiformes trouvées près d'Hamadan et qui font maintenant partie des papiers du Dr. Schulz. Par M. Eugène Burnouf etc.

2) BONN, b. Weber: Die Altpersischen Keilinschriften von Persepolis. Entzifferung des Alphabets und Erklärung des Inhalts von Dr. Christian Lassen u. s. w. 3) HANNOVER, in d. Hahn, Hofbuchh.: Neue Beiträge zur Erläuterung der persepolitanischen Keilschrift von Dr. G. F. Grotefend u. s. w. (Fortsetzung von Nr. 1.)

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Dunkel hervortreten sollte. Gegenwärtig, wo dieses durch Hn. Burnoufs höchst verdienstliche Anstrengungen geschehen ist und noch geschieht, mufs es bei der laut werdenden Frage, ob und in wie weit man nun Keilinschriften zu erklären vermögen werde, sebr erwünscht seyn, dafs der ebengenannte Gelehrte einer der Ersten ist, welche diese Frage beantworten. Hr. B. tritt nicht mit dem Anspruche auf, die Keilinschriften erster Gattung entziffert zu haben und ihre Sprache mit Sicherheit zu verstehen. Er liefert nur eine Abhandlung über zwei noch unedirte Keilinschriften der ersten Gattung, in welcher er die Resultate seiner Untersuchungen über Sprache und Schrift dieser Inschriftenart darlegt. Diese sind weder systematisch noch heuristisch geordnet, aber auch nicht fragmentarisch, so dafs einzelne ausgewählte Stellen beleuchtet würden; der Vf. hat den Plan, in einer Reihe von Abhandlungen, deren erste die vorliegende ist, die Inschriften namentlich die

Man verdankt Hn. Rask nämlich die Bestimmung grössern eine nach der andern in vollständiger und

der beiden häufig vorkommenden Consonanten M. und N., indem er die Endungen des Genitiv plural., die Grotefend è. tch. a. o. und û. tch, a. o. gelesen hatte, nach dem Zend und Sanscrit geradezu d.n.d.m. und u. n. a. m. aussprach und in dem Worte, welches gewöhnlich das letzte im Titel der Könige ist, Achämenide, die schönste Bestätigung der Geltung dieser beiden Consonanten erhielt. Durch letztere wurden in den gröfseren Inschriften sogleich eine Anzahl Wörter lesbar und verständlich, vorzüglich Le Br. 131,2: a. ç. m. a. n. (Himmel) und in dessen Nähe ein anderes, dessen z man indefs erst aus den andern Consonanten zu errathen hatte: a.u.r.m.z.d.a. (Ormuzd), welches letztere Rask gewils zur Auffindung des Zusammenhanges angeregt haben würde, allein er erwähnt nichts von ihnen. Auch war es sichtbar, dafs der von ihm durch M bestimmte Buchstabe oft eine grammatische Endung bildet, die nach Zend und Sanskrit zu schliefsen, am deutlichsten bei den Wörtern auf u. sch. den Accusativ Sing. verrieth. Doch zeigt noch der Satz, den Rask daselbst mit Nachdruck ausspricht:,,man dürfe keiner Keilgruppe mehr als Eine Potenz, und niemals zwei oder mehreren verschiedenen Keilgruppen eine und dieselbe Potenz beilegen," wie richtig er die starken Fehler des Grotefendschen Alphabets erkannt hatte. Dafs durch Rask's Bemerkungen ein Fortschreiteu der Entzifferung in der folgenden Zeit nicht hervor gerufen wurde, hat seinen Grund in der noch fortdauernden Unbekanntschaft mit dem Zend, welches indefs, wie man zu hoffen begann, nun bald aus seinem

strenger Prüfung aller Einzelnheiten mit seinen Bemerkungen zu begleiten: man wird von ihm unmittelbar in das Lesen und Erklären der Inschriften selbst eingeführt und hat sich daher die Grundsätze, nach welchen er bei Entzifferung der Schrift und Constituirung der Sprache verfährt, so wie die Anbaltungspunkte des Ausgangs und Fortgangs dieser Operation, bei Durchmusterung des Ganzen aus den einzelnen Beispielen zusammen zu suchen oder zu abstrahiren. Auf der andern Seite gewährt diese Methode den Vortheil schnellerer Uebersicht derjenigen Argumente, welche aus Sinn und Zusammenhang der vorgeschlagenen Lesung und Uebersetzung für oder wider urtheilen lassen. -- Gegenwärtige Abhandlung ist in drei Theile getheilt, deren erster (S. 119) die Vorbemerkungen enthält. In diesen spricht der Vf, theils von seinen Vorgängern, theils von den Gründen aus welchen er die Inschriften vom Alwend für diese erste Abhandlung gewählt. Ueber Erstere bemerkt er sehr richtig, dafs sie die Namen Darius, Xerxes, Hystaspes, den Titel Achämenides, und die Worte welche ,,König" und „, Sohn" bedeuten, gezeigt hätten, ohne indefs einen bestimmten Begriff über die Sprache der Inschriften aufzustellen. Von Saint-Martin erfährt man (S. 2), dafs er noch lange Zeit nach der Bekanntmachung der Hauptresultate seiner Untersuchungen (im Journ. As. Vol. II.), obgleich er sich noch oft mit diesen Inschriften beschäftigte, der Meinung geblieben ist, er habe das Alphabet im Ganzen richtig entziffert und es bedürfe demnach nur die unbekannte Sprache noch

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