Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

"

WO

genden Selbstgefühl wachsender Macht, unterstützt nachgeschriebenen Collegienheften. 3r Bd. Sulzbach von neu aufbrodelnden Mönchsorden, Priesteranstal- 1834), welche von der studirenden Jugend mit groten und Büchervereinen mit einem Fastus, mit einer fsem Beifall bewillkommnet, aber von den Pfaffen, fast göttliches Ansehn sich anmaafsenden Gewalt- besonders dem Hofpater zu Wien, Frint, und dessen thätigkeit auf, die durch geistliche und weltliche Prager Schildknappen, dem Pfaffen Wilhelm, so unWaffen sich in der That Bahn brach, aber auf Fröm- gnädig aufgenommen wurden, dafs schon zwei Jahre migkeit, Gottesdienst, Clerus und Schule in das nachher (1807) ein Wiener Hofdekret erschien, schon geschlossene Gitterthor verwesener (verwe- nach B. mit Ende des Studienjahres vom Katheder ster?) Zeitalter zurückstiefs. Eines der damals ge- einstweilen abtreten sollte. Bei damaliger Beschaffallenen Opfer war Professor Bolzano, den man be- fenheit des politischen Himmels war die Wirksamschuldigte, einen für Staat und Kirche höchst ver- keit der Finsterlinge aber noch nicht nachhaltig, und derblichen Neologismus zu befördern u. s. w. B. lehrte bis zum Jahre 1815 ruhig fort. Doch nun Man wird die Mittheilung dieser etwas langen Stelle, erhob sich der Jubel und Aufschwung der siegreichen als einer treffenden Schilderung des damaligen und deutschen Völker, und besonders der Jugend im vielleicht noch jetzigen Zustandes der Dinge, und Waffenschmuck; nach Zertrümmerung des französiwohl nicht in Oesterreich allein, - dem Ref. zu gute schen Drucks nahmen die Wünsche und Forderungen halten. Jetzt aber gehen wir nun zu der Selbstbio- auch in anderer Hinsicht zu. Da geriethen die poligraphie Bolzano's über! - Der Vater, ein wacke- tischen Behörden in Sorgen, und die Geistlichen trarer Kunsthändler und Bürger zu Prag, der in Ma- ten zu ihnen, und verhiefsen schnell Hülfe mittelst fsestunden sich gern an den Schriften Zollikofers, der Maulkörbe, die man eiligst solchen Männern, Reinhards, Hermes, Gellerts, Gessners, Engels, in wie Bolzano, anlegen müsse. Dieser Ehrenmann der Stille erbauete oder ergötzte, warnte zwar den war dann auch schon von neuem in Wien verklagt, talentvollen Sohn vor der theologischen Bahn, aus und selbst der Papst (Pius VII.) wurde durch geBesorgnifs, dafs sein Bernhard sich als katholi- heime Denunciation mit in den Bund gezogen. In scher Geistlicher einst unglücklich fühlen möchte; derselben hiefs es unter anderm (S. 113. Anm. 33): da aber diesen eine lange und sorgfältige Prüfung zu „Opera quae legunt discipuli et student, sunt pernicioder Ueberzeugung geführt hatte, er werde, nach sei- sissima, ut opus exegeticum doctoris Paulus, viri nen Kräften und Eigenthümlichkeiten, eben im geist- vesani et protestantici; Wegscheideri de dogmatilichen Stande einst das Meiste für die Beförderung bus opus a Catholicismo genuino toto coelo distans. Poedes allgemeinen Wohls wirken können, und somit mata, carmina amatoria a Goethe, Schiller, der Forderung dessen, was ihm als das höchste Sit- Wieland, Herder, auctoribus protestanticis contengesetz erschien, Folge leisten, so wies er jede scripta Candidati theologiae legere, recitare et patheandere Bedenklichkeit, wie schwer sie auch drücken tice declamare debent. (Letzteres ist besonders gemochte, zurück. Er verhehlt es nicht (S. 25), dafs gen den Seminardirector Fest zu Leitmeritz gerichtet, er, als er sich einmal das Opfer, welches er durch dem nachmals durch 5jährige Pönitenz in einem Kloden Cölibat werde bringen müssen, etwas lebhafter ster ein Widerruf seiner angeschuldigten Irrthümer vorgestellt habe, von einem heftigen Fieberanfall abgequält wurde.) Der Papst erliefs nun unter dem ergriffen worden sey. Inzwischen mufs ich," fügt 18. Dec. 1819 ein Breve, worin die Denunciation fast er hinzu,,, gestehen, dafs ich mir das zu bringende wörtlich wiederholt und ohne weiteres als baare Opfer, selbst wenn ich es mit aller Unbefangenheit Wahrheit angenommen war, worauf dann, obgleich hätte würdigen wollen, doch kaum so grofs würde der würdige Erzbischof von Prag Chlumczansky sich vorgestellt haben, wie ich es erst in der Folge ge- des Verfolgten eifrig annahm, von Wien aus das Abfunden habe. Ich trage kein Bedenken, diese Wahr- setzungsdekret erfolgte. Hiemit aber noch nicht heit einzugestehen, wo sie zur Warnung für Andere zufrieden, - denn B. sollte, wie Fest, auch eingedienen oder sonst nützlich werden kann (man vergl. kerkert und zum öffentlichen Widerruf gezwungen die das Verderbliche des Cölibats betreffende Anm. werden, überreichten die Pfaffen dem Kaiser 112 des Herausg. S. 94. 95). Indessen hoffte ich, dafs aus B's. nachgeschriebenen Collegienheften und Redie zärtliche Bruderliebe zu meiner Schwester viel den herausgerissene und möglichst entstellte, für beitragen würde, mir die Entbehrung einer Liebe an- ketzerisch erklärte Sätze, gegen welche er sich, underer Art zu erleichtern." -So wurde dann B. im geachtet ihm seine eigenen, von der Oberbehörde Jahr 1805 zum Priester geweiht und ihm die bei dem ihm abgeforderten Handschriften weder jetzt, noch damaligen Aufdämmern einer neuen Morgenröthe im je zurückgegeben wurden, verantworten sollte. ObOesterreichischen neu errichtete Professur,,der phi- gleich man ihn so seiner Waffen möglichst beraubt losophischen Religionslehre" übertragen. "Bei sei- zu haben meinte, vertheidigte er sich dennoch so ner Ansicht, dafs eine Lehre wohl schon gerechtfer- trefflich, dafs den ergrimmten Gegnern nichts übrig tigt sey, wenn derselben nur sittliche Vortheile und blieb, als ihn, wie seinen Unglücksgeführten, mit erbauliche Vorstellungen hönnten abgewonnen wer- roher Gewalt niederzuwerfen. Als sie hiezu eben den (S. 27), konnte er auch das katholische Christen- Anstalt machten, rettete ihn unversehens ein Gethum zum Gegenstande seiner philosophisch morali- rücht, dafs von Deutschland herüber kam und melschen Vorträge machen (s. deren Herausgabe aus dete, es werde dort Bolzano's Vertheidigungsschrift

nach einer dort umlaufenden Copie demnächst im Druck erscheinen. Auch hatten einige deutsche Blätter, namentlich der Hesperus, bereits die unerhörte, an B. verübte Unbill zur Sprache gebracht. So viel Scheu vor dem deutschen Volksgericht wohnte den Verfolgern aber noch bei, dafs man ihn anging, er möge durch eine Protestation gegen den beabsichtigten, unbefugten Druck seiner Schrift, deren Veröffentlichung hintertreiben. Nachdem er diesen Wunsch erfüllt, auch nochmals seinen festen Glauben an die Lehren und Satzungen der röm.-kathol. Kirche feierlich erklärt hat, ist es ihm endlich vergönnt worden, bei einer kleinen Pension von 300 Gulden in stiller Zurückgezogenheit, aber in öffentlicher Achtung und Liebe, seinen Studien zu leben. Kaiser Franz, sagt man, hatte befohlen, die Sache nun einmal als abgethan zu betrachten, hatte es auch nicht gebilligt, dafs man den Mann zu einem Widerruf hatte nöthigen wollen. (S. 50-71).

-y

OLDENBURG, b. Schulze: Wildeshausen, in alterthümlicher Hinsicht, von G. W. A. Oldenburg und J. P. E. Greverus. Mit einer lateinischen (aus dem 9ten) und zwei deutschen (aus dem 14ten Jahrh.) bis dahin noch nicht gedruckten Urkunden, 1 Karte und 3 Tafeln in Steindruck, Zweite, vermehrte Ausgabe (zum Besten unbemittelter Schüler des Oldenburgischen Gymnasiums). 1837. IV u. 79 S. 8.

Als einen nicht unwichtigen Beitrag zur alt-germanischen Geschichte, besonders der des alten Sachsenlandes dürfen wir diese kleine Schrift, deren Werth hiemit dankbar anerkannt werden soll, betrachten. Der Inhalt ist in kurzem folgender. Eine Menge von Steindenkmalen und Grabhügeln um Wildeshausen, im Oldenburgischen, umgeben von Moor und Haide, und die altdeutsch aus Erdwällen errichtete Arkeburg, in derselben Gegend, bezeichnen dieses Städtchen als einen vormaligen Hauptort unserer sächsischen Vorfahren. Geschichtliche Documente kommen hinzu, und wir finden mit hoher Wahrscheinlichkeit hier den Hauptsitz des Helden Wittekind, seines Stammes und seines Geleites. Da nach Tacitus (Germ. 6.) die Germanen ihre in den Schlachten gefallenen Krieger, wohin besonders auch die vom Geleit des Heerführers gezählt werden müssen, mit sich führten, um sie in der Heimath durch eine feierliche Bestattung zu ehren, so ist hieraus die Menge der Steindenkmale und Grabhügel um Wildeshausen erklärlich, wenn Wittekind hieselbst seinen Hauptsitz gehabt hat. Denn es ist dieser Ort nicht eben weit von den Schlachtfeldern der Sachsen und Franken abgelegen. Vielleicht ist auch die Nachricht bei Meibom (R. Germ. II. p.38.), dafs Karl der Grofse mit Wittekind im Gefilde von Wildeshausen selbst einst gekämpft habe, nicht ohne Grund.

Was nun zuerst die Grabdenkmale (Steingruppen und Erdhügel) anbetrifft, so treten als die bedeutendsten die hervor, welche mit zum Theil 10 F. hohen Granitsteinen umgeben sind. Eins dieser Grabmale

wird von einem länglichten Steinring umfasst, dessen Länge 125 Schritt, und die Breite 8 beträgt. Die Zahl der Steine aber beläuft sich auf 100. Grabhölen, bedeckt mit Steinen, findet man am Ende des Ringes. Das Volk nennt diese Denkmale „Ehrengänge;" wahrscheinlich ein Nachklang von den feierlichen Volksaufzügen und Umgängen der alten Zeit, sey es bei den Bestattungen selbst oder bei Gedächtnifsfeiern. Auch vor Helmstedt, im Braunschweigischen, diesem altsächsischen Hauptorte, ist auf dem St. Annen-Berge ein mächtiger Steinring übrig geblieben, in dessen Mitte aber drei kolossale Langsteine, auf Granitblöcken ruhend, Opferaltäre bilden. Die Zahl der,, Todtenhügel" in den Haiden um Wildeshausen ist ungemein grofs. Sie liegen theils einzeln, theils in Gruppen beisammen; die bedeutendsten sind bis 16 Fufs hoch und haben bis 300 Fufs im Umfange. Nicht alle enthalten Todtenurnen. In manchen findet man ein Steinpflaster, mit Spuren von Kohlen, umfafst von einer halbcirkelförmigen, 2 Fufs hohen Mauer aus Feldsteinen. Zuweilen ist darüber auch ohne Kitt und Mörtel sehr kunstreich eine Decke gewölbt, oben mit einer Oeffnung versehen. Die Urnen in den Grabdenkmalen stehen zuweilen im Kreise; Eine in der Mitte; zuweilen auch wohl in zwei Lagen über einander, auf Orts oder Familienbegräbnisse hindeutend. merkwürdiger Fund war unter einem Granitblock und zwei darüber stehenden Urnenreihen - ein, vollständiges Geripp, aber zerfallen, auf dessen Brustgegend Pfeilspitzen aus Feuerstein, eine eherne Nadel, Lanzenspitze und spiralförmig gewundene Zierath lagen. Das Geripp scheint in eine Zeit zu gehören, wo die Leichen zu verbrennen noch nicht Brauch war. In der Form, Gröfse und Verzierung der Urnen herrscht grofse Verschiedenheit; von ausgezeichneter Arbeit sind die in den Steindenkmalen gefundenen. Aufser den Keilen und Streitäxten aus Stein, Speerspitzen aus Erz, Nadeln und allerlei Schmucksachen, z. B. Bernstein- und Glasmosaik - Korallen, einem 2 Fufs langen und 2 Zoll breiten, in drei Stüicke zerbrochenem eisernem Schwert, sind auch einige seltnere Sachen zu Tage gefördert worden: der Handgriff eines Dolches mit der zierlichen Zeichnung eines nackten Frauenbildes, die einen Schleier mit aufgehobenem Arm zu halten oder hinwegzuziehen scheint; ein mechanisches, einem Flaschenzug ähnelndes Geräth mit 5 Rollen; eine siebentehalb Zoll hohe, stehende, menschliche Figur aus Erz, deren gekrümmte Arme irgend etwas gehalten zu haben scheinen; eine oben durchhohrte Silbermünze. Die Inschrift, vermuthlich orientalisch, ist leider meistens verwischt.

Ein

Aus den beigefügten Schriftdenkmalen geht hervor, dafs Wittekinds Enkel Walbrecht (Walbert), in Kaiser Lothar's, des Sachsen, Gefolge und darnach Graf des Bezirks von Wildeshausen (s. Grupen origg. Germ. III. 423.) daselbst zu seinem und seiner Gemahlin Altburgis, so wie seiner Eltern Seelenheil (872) ein Collegium Canonicorum (das nachmals nach Vechta versetzte St. Alexanderstift) gründete und

[blocks in formation]

FRANKFURT a. M., b. Sauerländer: Victor Hugo's sämmtliche Werke. Erster bis Sechster Band u. s. W.

(Beschluss von Nr. 35.) Wir erwähnen nur beiläufig, dafs die zuletzt angezogene Stelle in ihrem Undeutsch ein Vorurtheil gegen die Uebersetzung des Hrn. Duller überhaupt erwecken könnte, welches sich, wie wir gern bezeugen, in der Uebersetzung des Drama selbst nicht bestätigt. Hier haben wir es zunächst mit dem Sinne der Aufgabe zu thun. Dafs das Verhältnifs des Weibes in der Ehe bis an die Grundwurzeln der Gesellschaft hinabreicht und dafs dieses gegen Despotismus des stärkern Mannes zu vertheidigen sey, geben wir zu; dafs aber das Verhältnifs der öffentlichen Bublerin, die den einen Mann schwärmerisch liebet und sich dem andern zur gleichen Zeit aus Eigennutz preisgiebt, dafs eine solche aller Würde entblöfste Metze auch dahin gehöre und dafs diese gegen die Verachtung zu vertheidigen sey, das werden nur die Emancipisten des Fleisches dem Dichter zugeben, der freilich die Apotheose solcher ehrlosen Metzen, die in allen seinen Dramen wiederkehren, zur Hauptaufgabe seiner Muse gemacht hat. - Am wenigsten können wir aber als Aufgabe der Dichtkunst dergleichen Ausführungen gelten lassen; und wenn Hr. Hugo in die sem Vorworte sagt:,, Das Drama entzücke Euch, aber immer stecke die Belehrung drinnen; immer müsse man sie darin finden, so oft man solch ein lebendiges, poetisch - hinreifsendes, leidenschaftreiches, in Gold, Sammet uud Seide prachtpoll gekleidetes Werk anatomisch zerlegen will. Wie die Formen des schönsten Weibes ein Skelett enthalten, mufs in dem schönsten Drama eine ernste Grundidee vorhanden seyn so finden wir, nebenbei gesagt, dafs Schlufsbild nicht kühn, sondern sehr hinkend,

[ocr errors]

und rufen in Hinsicht des so ausgesprochenen Grundsatzes den dramatischen Dichtern zu: Stellt uns echte Menschen, gute und schlechte, wie sie in der Wirklichkeit sich finden, in interessanten Strebungen, bei denen ihre ganze Seele thätig ist, dar, und lafst sie für das gelten, was sie sind, ohne dafs Ihr. für die Schlechtigkeit etwa ein Mäntelchen von der Tugend borgt, so-belehrt ihr uns, wie die Dichtkunst uns belehren soll, nämlich durch das Gefühl; hütet Euch aber wohl, die Belehrung etwa in einem sogenannten Resultate für den Verstand ausführen zu wollen, denn das wird Euch nothwendig auf blendende Paradoxen und auf Casuistik hinleiten, die in geradem Widerspruche mit der echten Poesie stehen; und wenn Ihr das Gefühl für das Schlechte, Verwerfliche bestechet, so verdient Ihr aus der Republik verbannt zu werden, denn Ihr erzieht nicht, sondern Ihr vergiftet das Gefühl, dem die menschliche Würde hauptsächlich anvertraut ist! Uebrigens ist, abgesehen davon, das dramatische Streben in diesem Drama keineswegs mifslungen, wenn man nur, wie dies bei Hrn. V. Hugo durchaus nothwendig ist, an Unwahrscheinlichkeiten aller Art keinen Anstofs nimmt. Wir halten, der Wirkung nach, dieses Drama für eines der vorzüglichern des Dichters, und dafs es an ergreifenden Scenen und schönen Einzelnheiten reich, und in der Charakteristik der beiden Frauen ausgezeichnet ist, so wie dass die Liebe nicht leicht wenn wir Shakespeare's,,Romeo und Julie" ausnehmen - eine beredtere und sülsere Sprache geredet hat, kann von dem Talente eines V. Hugo nicht überraschen. Marion de Lorme Drama. Deutsch von O. L. B. Wolff. Wir beziehen uns auf unsre Anzeige in Nr. 186 v. J. 1834 d. Bl.

[ocr errors]

Der sechste Band enthält Lucretia Borgia. Drama. Uebersetzt von Georg Büchner. Wir haben es in diesen Blättern gleichfalls angezeigt in Nr. 47 v. J. 1834 und wufsten nichts hinzuzufügen; aber das zweite in diesem Bande: Maria Tudor. Drama, Uebersetzt von Georg Büchner ist als Uebersetzung und an sich selbst das schlechteste in diesen sechs Bänden. Hier wird in der katholischen Maria von England die königliche Würde noch frecher als im cher als im,,le Roi s'amuse" mit Fülsen getreten, denn Hr. V. Hugo gefällt sich in Gegensätzen. So wie er öffentliche Buhlerinnen apotheosirt, so strebt er die Kronenträger verächtlich darzustellen. - Ob darin seine Muse ,die Trägerin nationaler Interesse" ist? Von Maria Tudor und ihrer verworfenen Liederlichkeit wendet man sich mit Schauder und Ekel ab. Hr. V. Hugo hat in seiner Zuschrift an den Verleger dieser Sammlung, wie im Eingange erwähnt, den Glauben geäufsert, dass Deutschland vor andern ihn zu begreifen im Stande seyn werde. - Da noch mehrere vorhandene Data dazu uns fehlen, so wollen wir den Versuch, seiuen Glauben soviel an uns liegt zu rechtfertigen, his zum Schlusse dieser Sammlung aufsparen.

[ocr errors]

ALLGEMEINE LITERATUR ZEITUNG

Februar 1838.

VERMISCHTE SCHRIFTEN.

1) LÜNEBURG, b. Herold u. Wahlstab: Kleine Schriften kirchenrechtliches und religionsphilosophisches Inhaltes, von Dr. Jonathan Schuderoff, Geh. Cons. Rathe u. Sup. zu Ronneburg. 1837. XII u. 180 S. gr. 8. (18 gGr.).

2) DARMSTADT, b. Heil: Der evangelische Papismus. In Briefen an Hrn. Dr. Ernst Sartorius, Kön. Preufs. Oberhofprediger u. Generalsup. zu Königsberg, von Friedr. Ludw. Wilh. Wagner, Lic. d. Theol. u. evangelisch protest. Pfarrer zu Gräfenhausen bei Darmstadt. Motto:,, Vertheidige die Wahrheit bis in den Tod; so wird Gott der Herr für dich streiten." Sprüche Sirachs 4, 33, 1837. IV u. 274 S. gr. 8. (1 Rthlr.). 3) COTTBUS u. GUREN, b. Meyer: Theologische Miscellen mit Bezugnahme auf die neuen Erscheinungen in der christlichen Kirche von Fr. Feldmann. in der christlichen Kirche von Fr. Feldmann 1837. IV u. 209 S. kl. 8. (18 gGr.).

W

enn wir die so eben genannten drei Schriften in unsrer Anzeige mit einander verbinden, so könnten wir uns zu unsrer Rechtfertigung zunächst auf ihre Hufsere Form beziehen, in welcher sie unverkennbar sehr viel Gemeinsames baben, wie dann die mittelste, die Wagnersche Schrift, schon durch die Briefform, die für sie gewählt worden ist, dem Aphoristischen der beiden anderen ganz entschieden sich annähert, noch abgesehen davon, dafs der Vf. diese Briefform auch wirklich in möglichst gröfster Ausdehnung benutzt hat, um das Band, das die einzelnen Betrachtungen zu einem Ganzen vereinigen soll, so locker wie möglich zu machen. Indefs glauben wir noch mit gröfserem Rechte uns auf Geist und Richtung bezieken zu dürfen, die ihnen unverkennbar gemeinschaftlich sind, und nach welchen alle drei nicht nur überhaupt der streitenden Kirche der Gegenwart angehören, sondern auch mehr oder weniger auf einer und derselben Seite kämpfen. Der berühmte Veteran Schuderoff steht natürlich in der Reihe dieser Kämpfer an der ersten Stelle, sehen wir nun entweder auf Entschiedenheit, oder auf Sicherheit und Uebung im Kampfe; ihm zunächst folgt Wagner, der mit frischem Muthe zum erstenmal den Kampfplatz betritt; im Hintertreffen aber bewegt sich an seiner rechten Stelle der schon längst als wohlmeinend gekannte Feldmann, weit mehr bemüht, Gefangene zu machen, und dadurch den Feind zu schwächen, als die blutige Entscheidung walten zu lassen. Sämmtliche Kämpfer gehören, wie gar nicht zweifelhaft seyn kann, der rationalen Seite an, und

[ocr errors]

obgleich Feldmann sich in der Vorrede als den entschiedenen Gegner alles Ultraisirens (sic!) ankündigt, so mufs er es uns wohl nachsehen, wenn wir tischen ihn wenigstens als einen Kämpfer in den Reinicht umbin können, nach dem uns vorliegenden Fakhen der Vernunftfreunde, und zwar als einen solchen, der nicht überall von seiner völligeu Unparteilichkeit überzeugen wird, zu betrachten. Rec. findet sich hiebei veranlafst, einige allgemeine Bemerkungen über die Parteikämpfe unsrer Zeit überhaupt

zuvörderst vorauszuschicken.

Rec. kann nicht umhin, einzugestehn, dafs er zu indolent, auch schon längst nicht mehr jugendlich genug ist, um den Kampf an sich und seiner selbst, d. b. der in ihm sich entwickelnden Willens- und Thatkraft wegen ausschliefsend zu lieben. Er sieht vielmehr mitten in der heifsesten Gluth des Kämpfens jederzeit hauptsächlich auf die davon zu hoffende Frucht, auf den Sieg, hin und erkennt in diesem allein den rechten Preis jenes. Dafs er den riistigen Kämpfer damit die ihm gebührende Ehre nicht versagt und ihm, ist er nur ein solcher wirklich, auch wenn er unterliegt, gar gern seine volle Anerkennung zukommen lassen werde, versteht sich von selbst. Eben so natürlich ist es aber auch, dafs er bei solcher Ansicht die oft hervortretende Einseitigkeit und die durch den Gegensatz und seine natürlich animirte Auffassung getrübte Ansicht des Streitobjects, wovon wohl keine der kämpfenden, wirklich ins Feuer geführten Parteien jemals ganz frei sich zu erhalten weifs, so wenig zu verkennen, als mit sonderlichem Wohlgefallen zu betrachten vermöge, Wir dürfen es nämlich wohl als Axiom oder als nothwendige Voraussetzung annehmen, dafs Kampf, frisches und kräftiges Streiten und Ringen sey's mit dem Schwerte oder mit dem Worte jedesmal ein Act der Leidenschaft, eine That überfliegender Aufregung auf der einen wie auf der andern Seite ist, und gilt nun diese Voraussetzung, so wird es auch nicht leicht auf einer Seite der Streitenden an dem, was überall im Gefolge der Leidenschaftlichkeit ist, wir meinen an Einseitigkeiten und Vorurtheilen, fehlen können. Es kann dabei dem unbefangenen Beobachter des Kampfs, der zwischen den beiden theologischen Grundansichten eigentlich immer_bestanden hat, aber in unsrer vielfältig zerrissenen Zeit augenscheinlich mit vorzüglicher Heftigkeit ausgebrochen ist, nicht entgehen, dafs jede der auf diesem Plane kämpfenden Parteien der Leidenschaftlichkeit, der sie nun einmal nach einem unvermeidlichen Verhängnisse verfallen sind, mehr oder weniger Tribut entrichten müssen, und wir sehen eben darum die Strei

[ocr errors]

tenden auf diesem Gebiete ganz unverkennbar in einem gewissen Sprachbabylonismus unter einander befangen, bei welchem an ein gegenseitiges Verständnifs nicht leicht zu denken ist. Die verschiedenen Fractionen der Streitenden machen in dieser Beziehung wirklich nur einen sehr geringen Unterschied aus, so dafs offenbar auch die Männer des sogenannten juste milieu, wenn sie in die Kämpferreihen eintreten, und genau genommen sogar nach beiden Richtungen hin, der Befangenheit und dem Sonderinteresse sich keineswegs zu entschlagen wissen, wobei wir jedoch in der Regel zu bemerken Gelegenheit finden, dafs die gröfsere Gefährlichkeit, die in diesem Falle durch die Duplicität der Einseitigkeit herbeigeführt scheint, wieder dadurch ausgeglichen wird, dafs es der doppelschneidigen Waffe, eben der Theilung wegen, an der rechten Schärfe zu mangeln pflegt. Es ist klarer als das Tageslicht, dafs die Kämpfer für theologischen Servilismus und Absolutismus, die unter den verschiedensten Abzeichnungen auf dem Kampfplatze erscheinen, jene leidenschaftliche Einseitigkeit auf die manchfaltigste Weise zu Tage legen und indem sie ihre Gegner schlechthin verdammen und als solche, die draufsen, aufserhalb des Reichs, ihre Heimath haben, mithin überall nur als Eindringlinge betrachten, die die Kinder des Reichs zu vertreiben versuchen. So offenbart sich bei ihnen ein durchgehendes Bestreben, alle Gemeinschaft mit jenen geradezu sich unmöglich zu machen und die natürlichste Folge davon mufs die seyn, dafs sie nicht nur in den wissenschaftlichen Aeufserungen der Gegner das, was in jeder menschlichen Ansicht die schwacheStelle ist, als das Bezeichnende und Wesentliche hervorheben und durch alle irgend mögliche Consequenzen hindurchführen, sondern auch zugleich die Gesinnung und den Willen jener verdächtigen. Freilich kann es eben so wenig geleugnet werden, dafs die Kämpfer für die gegenüberstehenden theologischen Ansichten und das Princip der Fortbildung auch der theologischen Wissenschaft in gleicher Weise oft geneigt sind, einzelne Lichtpunkte in den Ansprüchen der Widersacher geradezu zu ignoriren, und in der freilich nothwendigen Aufregung des Kampfes an den von drüben entgegenstarrenden Spitzen sich zu immer grölserer Erbitterung und mannigfaltigen Aeufserungen derselben aufreizen zu lassen. Wird nun der Kampf einmal zugestanden; ist ihm einmal freics Feld gegeben: so mufs man sich diese Früchte, diese unerfreulichen Erscheinungon allerdings gefallen lassen. Allein welcher friedliebende Beobachter des Streits möchte nicht wünschen, in solcher Weise ferner nicht Brüder mit Brüdern umgehen zu sehen, wobei zuletzt doch nur von einem in unabschbarer Ferne liegenden Ende des Kampfs erst die Frucht der Ruhe und des goldenen Friedens gehofft werden kanu. Rec. meint, gerade hier finde das tiefsinnige Wort des Herrn:,, es mufs ja Aergernifs kommen!" eine höchst entsprechende Anwendung, mufs aber natürlich immer mit demselben Herrn es beklagen, dafs die Entwickelung in der Zeit nur durch diese Kuoten höher gefördert werden

kann, und darum mit den Streitern, die wirklich zum Kampfe berufen sind, jenes tragische Mitleiden haben, das den Ernst des Verhängnisses tief und schmerzlich empfindet. Wahrlich, die Zeit ist ernst, sehr ernst, in welcher solcher Kampf als nothwendig gesetzt ist und so viel auch über die Nothwendigkeit und die endliche Fruchtbarkeit desselben zu unserm Troste gesagt werden mag, so mufs doch erst die flammende Gewitterwolke vorübergezogen seyn, wenn der klare, mild fortleuchtende Sonnenschein über die befreite Erde hinglänzen soll. Für Rec. hat deshalb der von Tag zu Tage nur glühender aufstrebende Kampf auf fast allen echt menschlichen Punkten der Gegenwart, insbesondre auch im Gebiet der Theologie, wo er durch die erneuerte Reaction des Obscurantismus und Jesuitismus angefacht ist, zwar die Bedeutung eines gewichtigen Zeitsymptoms; doch vermag er keineswegs mit heiterer Lust solchen Kämpfen und Ringen zuzuschauen. Kehren wir jetzt zu den vorliegenden drei Streitschriften zurück, so begegnet uns in:

Nr. 1. der wackere Schuderoff, als ein Streiter des Herrn, der nun schon seit fast funfzig Jahren auf dem Kampfplatz steht und seine Farbe so wie sein Feldzeichen vom ersten Augenblick an nicht verleugnet hat. Er ist von jeher entschiedener Kämpfer für Licht und Recht gewesen, ist es noch und wird es, mit Gott! auch bis ans Ende bleiben. Eine kräftige entschiedene Natur wird immer allgemeine Theilnahme finden, und wie die Freunde im Kampfe sich um eine solche sammeln, um sie zu schützen, so wird die Schaar der muthigen Feinde einen solchen Helmbusch vor allen aufsuchen, um ihn, wenn es möglich wäre, in den Staub zu legen. Beides hat Schuderoff in seinem langen Kriegsleben zur Genüge erfahren. Dafs dem alternden Feldherrn die indels herangewachsene Kriegsschaar nunmehr nicht eben die erwünschteste ist, dafs er nach einer dem Alter sehr natürlichen Stabilität die junge Kriegsweise etwas unbequem findet und deshalb mit einem gewissen Mifsbehagen in der neuesten Zeit in den Kampf geht, lässt sich sehr natürlich erklären. Eben daraus mag auch folgen, dafs er von manchen nahegelegenen Rettungsmitteln, die er am Ende gut genug kennt, keinen Gebrauch macht, und vielleicht jetzt sogar noch rücksichtloser als sonst sich in den Kampf stürzt. Es dient gewifs indefs eine solche Individualität dazu, den würdigen, auf sich selbst rubenden Charakter des Alters nur desto entschiedener auszuprägen und wir möchten in der That unsern Schuderoff gar nicht anders haben, als wie er sich eben jetzt wirklich giebt. Er hat vor nicht gar langer Zeit,, Nebenstunden" geschrieben und sie scheinen. den edlen Unwillen eines Greises zu bezeichnen, welcher mit der in Vergleich mit dem Musterbild seiner Jugendjahre so ganz verfehlt entwickelten Zeit unzufrieden, in völlige Isolirung sich zurückzuziehen beabsichtigt. Allein sein jugendlich frischer Geist, mitten im Schnee des Alters die milden Lüfte des Frühlings ahnend, liefs ihm keine Ruhe und er musste jetzt, wo die Kriegsdrommeten von allen Sei

« ZurückWeiter »