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fangs beschränkte er sich auf eine abweichende Auslegung der Uebereinkunft, die er aber anerkennt, wie in Aachen vom 25. December 1836 hervorgeht. Dann aus seinem Schreiben an den Dompropst Claessen deutet er in einem Schreiben an den Minister des

Cultus vom 1. März 1837 an, dafs man Forderungen an ihn gemacht habe, welche über jene Uebereinkunft hinausgingen, und bemerkt, dafs er nichts weiter erklärt habe, als den Standpunct festhalten zu wollen, auf welchen die bewufste Uebereinkunft die

Die Regierung hatte jetzt die Absicht, dem Erz- Sachen gestellt gehabt; er macht also diese Ueber

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stifte einen durch strenge religiöse Grundsätze, per- einkunft zur Basis seiner Handlungen und schiebt sönliche Frömmigkeit und kirchliche Erfahrung hoch- nur die Abweichung davon andern zu. Allein bald gestellten Geistlichen zu geben, und hielt den Weih-äufserte er sich in einer dieser nothwendigen FolgeBischof von Münster geeignet, derselben zu entsprechen; aber da er schon früher sich als eigenmächtig und eigensinnig gezeigt hatte und selbst als Fanatiker bezeichnet worden war; so glaubte sie, ihm vertraulich ihr Vorhaben eröffnen und von ihm eine Erklärung fordern zu müssen, um über ihre Erwartungen nicht getäuscht zu werden. Die Ansicht des Weihbischofs von den gemischten Ehen war ein Hauptpunct, worüber die Regierung Gewissheit haben musste, und diese erhielt sie, wenn Worten noch getraut werden darf, in folgender Erklärung des Weibbischofs:,, dafs er sich wohl hüten werde, jene, gemäfs dem Breve von Papst Pius VIII darüber getroffene und in den genannten vier Sprengeln zur Vollziehung gekommene Vereinbarung nicht aufrecht zu halten, oder gar, wenn solches thunlich wäre, anzugreifen oder umzustofsen, und dafs er dieselbe nach dem Geiste der Liebe, der Friedfertigkeit anwenden werde."- Wer findet nicht in diesen Worten die gröfste Bestimmtheit? Von der dem Breve gemäls getroffenen Vereinbarung wird von dem Weibbischof ebenso, wie von ihrer Vollziehung in den vier Sprengeln, als von einer ihm vollkommen bekannten Sache gesprochen, und wenn auch seine Erklärung weniger bestimmt wäre, würde gewifs niemand vorausgesetzt haben, dafs ein so hochgestellter Geistlicher die Ausführung einer Maafsregel so ausdrücklich würde versprochen haben, die er nicht gekannt hätte. Und doch hat er dies nachher erklärt! Bald nach seinem Amtsautritte, im Sommer 1836, wurden auch Klagen über sein rücksichtsloses Verfahren und die Ablehnung jeder mündlichen und schriftlichen Verständigung laut. Abgewiesene Brautpaare und nicht ausgesegnete Wöchnerinnen erhoben ebenfalls Beschwerde. Die Zustände wurden immer schwieriger und allmälig entwickelte sich die Absicht des Erzbischofs, sich an die Uebereinkunft und Instruction in Folge des Breve nicht binden zu wollen. An

4. L. Z. 1838. Erster Band.

rung ganz widersprechenden Weise; denn als des Königs Majestät, um ganz klar zu sehen, und aus Schonung gegen den Prälaten den diesem befreundeten Ober-Präsidenten der Provinz Sachsen, Grafen zu Stolberg - Wernigerode, beauftragt hatte, mit demselben über die Differenzpuncte in Hinsicht der Instruction zu conferiren, und alles einen erwünschten Ausgang zu gewinnen schien, erklärte der Erzbischof, indem er den mit ihm besprochenen und verabredeten, und ihm zur Vollziehung zugesandten Entwurf zurückschickte, er könne sich nicht beistimmend darauf aussprechen, wenn nicht das ihm abgeforderte Versprechen, die Instruction von 1834 auszuführen, durch die einzuschiebenden Worte: gemäfs dem Breve modificirt werde. Welcher Unbefangene sieht nicht, dafs durch diese Forderung das Resultat aller Bemühungen der Regierung auf gehoben wurde, und dafs der Erzbischof, wenn wir uns auf das gelindeste ausdrücken, als ein unzuverlässiger Charakter erscheinen mufste. Allein dafs er dies nicht war, sondern dafs er die Regierung nur in dem Glauben erhalten wollte, er handele nach der Instruction, unter der Hand aber seiner eigenen Ansicht folgte, ergab sich sehr bald; denn, gedrängt von der Regierung, erklärte er zuerst, er finde die Instruction keineswegs in andern Punkten (anfangs hatte er nur von einem gesprochen) dem Breve gemäfs, und zuletzt, er finde die von der Instruction angenommene Zulassung katholischer Trauung, ohne ein vorher von den Verlobten gegebenes Versprechen der katholischen Erziehung der Kinder, mit dem Breve in offenbarem Widerspruch: daher habe er denn auch vorkommenden Falls immer die Pfarrer dahin instruirt, die Trauung nie zu gewähren, wenn ein solches Versprechen nicht abgegeben sey. - Diese unumwundene Erklärung würde hingereicht haben, alle weitere Erörterungen der Regierung mit dem Erzbischof aufzugeben; aber dennoch geschah es nicht, obgleich ihm angedeutet Gg

wurde,
dafs dieselbe, in Verbindung mit seinen
früheren Zusagen, ihn unfähig mache, eine Wirk-
samkeit fortzusetzen, die ihm nur unter der Voraus-
setzung, dafs er jenen Zusagen gemäfs handeln wer-
de, anvertraut worden. Man ging von Seiten der
Regierung so weit, die Worte gemäfs dem Bre-
ve dem oben erwähnten Entwurfe einzuschieben,
so dafs der Satz nun so lautete: die gemäfs dem
Breve und der Instruction an das General - Vicariat
von 1834 festgestellte Praxis bestehen zu lassen und
in dem dadurch festgestellten Geschäftsgange nichts
zu ändern. Der Erzbischof erklärte nun, nach kur-
zemBedenken, dafs er bei dieser Fassung auf das Schrei-
ben einstimmend antworten könne. Am andern Tage
wurde ihm deshalb das so veränderte Schreiben mit
dem erläuternden Protocolle der letzten Besprechung
zur Unterschrift vorgelegt; allein nach einigen Stun-
den kamen beide Papiere mit der Aeufserung zurück,
dafs der Erzbischof sich aufser Stande sehe, die er-
wünschte Erwiederung zu geben, und dafs, wenn
sein früherer Vorschlag nicht genüge, er mit allen
weiteren mündlichen und schriftlichen Erörterungen
yerschont zu bleiben wünsche. Dabei machte er ge-
gen die Genauigkeit der Darstellung in jenem Schrei-
ben keine Einwendung, und erkannte die Ansicht,
von welcher sie ausging, an.

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lesungen vorgelegt wurde. Aber schon am 12. Januar 1837 erliefs dieser ein Randschreiben an die Beichtväter der Stadt Bonn, worin er sie anweiset, welche Antwort sie bei Fragen wegen der hermesischen Bücher im Beichtstuhle zu geben hätten. Der nachtheilige Einfluss dieses Schrittes auf die Universität Bonn mufste sehr grofs seyn; aber er allein fällt nicht dem Erzbischof zur Last, sondern es spricht auch gegen ihn, dafs er das apostolische Breve als verpflichtend anführt, während dasselbe die Königliche Genehmigung nicht erhalten hatte, und nicht erhalten haben konnte, weil sie von niemand nachgesucht worden war. Er ging aber bald noch weiter. Als ihm das Verzeichnis der Vorlesungen für den folgenden Sommer vorgelegt wurde, aufserte er bei Rücksendung derselben am 31. Januar 1837 in Bezug auf einen Professor, welcher der hermesischen Schule nicht angehörte,,, er könne dessen Vorlesungen nicht approbiren, weil er das heilige Wort Gottes nicht immer, weder mit der gebührenden Ehrerbietung, noch in Gleichförmigkeit mit dem Dogma behandele." In Hinsicht der Vorlesungen der Schüler und Freunde von Hermes boschränkte er sich auf folgende Bemerkungen: „, er könne sich nicht aufsern, bis ihm die Bücher angegeben wären, nach welchen sie lesen würden" Die Hermesische Angelegenheit und das Verhält- und „, er habe nichts zu erinnern, so fern die Vornifs des Erzbischofs zur Bonner Facultät. - Der lesung nur das sey, was sie ankündige. Eine weiProfessor Hermes, welcher von 1820 bis an seinen tere Anzeige oder Beschwerde an das Ministerium 1831 erfolgten Tod an der Bonner Universität dog- folgte von seiner Seite nicht. Dieses aber, um weimatische und moralische Vorlesungen hielt, hatte teren Verwickelungen vorzubeugen, liefs im Februar nicht nur überall in Preufsen eine grofse Zahl von den Erzbischof um eine Conferenz mit dem Curator Schülern und Anhängern, sondern die durch ihn ge- der Universität ersuchen, die er nach langem Zaubildeten Seelsorger zeichneten sich auch durch ihr dern auf den 19ten März ansetzte. In dieser Conmusterhaftes praktisches Wirken aus, und der Erz- ferenz wurden ihm folgende drei Vorschläge gebischof, Graf von Spiegel förderte aufs eifrigste macht. Erstens: er möge die der hermesischen Irrseine Bemühungen und genofs dabei des Beistandes thümer verdächtigen Professoren vor sich lassen, dader übrigen Bischöfe von Rheinland und Westpha- mit er sich dadurch die Ueberzeugung von ihrer ächt len. Der Erzbischof gab sogar der hermesischen katholischen Gesinnung oder dem Gegentheile verMethode vor der des Professors Klee, welchen das schaffen könnte. Der Erzbischof erklärte aber, Ministerium später anstellte, um keine einseitige wolle mit jenen Männern in keine persönliche BerühRichtung in der katholischen Theologie herrschend rung treten, bis die Sache ausgeglichen sey. Nun werden zu lassen, den Vorzug. Daher bewirkte ward vorgeschlagen: er möge eine schriftliche Erklädas päpstliche Verdammungsbreve der hermesischen rung jener Lehrer über die in Frage stehenden Schriften vom 26. September 1835 grofse Aufregung Puncte annehmen. Auch diesen Vorschlag wics er unter der katholischen Geistlichkeit. Die Regierung ab. Man deutete auch an, dafs er ja die Vorlesunkonnte aber für den Augenblick nichts anders thun, gen im Convictorium durch Commissarien könne beals sich der Veröffentlichung desselben enthalten, aufsichtigen lassen oder ein zuverlässiges Lehrbuch um welche auch keiner der katholischen Landesbi- angeben. Da er auch hierauf nicht einging, so machschöfe nachsuchte. Später, vor der Eröffnung der te man ihm endlich den Vorschlag, er möchte selbst Sommer Vorlesungen von 1836 wurden aber die ohne Verzug diese Punkte (?) ausheben und jenen Professoren bedeutet, wie sie erwarte, dafs sie in Professoren vorlegen. Dies sagte er zu, aber ohne ihren Vorträgen alles vermeiden würden, was dem eine bestimmte Zeit anzugeben. Es erfolgte jedoch offenkundigen Verdammungsurtheile des Oberhaup- nichts und da die Regierung erfahren, dafs der Erztes ihrer Kirche entgegen sey. Mit Bereitwilligkeit bischof einigen Studenten in Bonn geschrieben, sie gaben sämmtliche, von Hermes gebildete Lehrer ihre dürften nur die theologischen Vorlesungen des ProZusage, die hermesischen Schriften verschwanden fessors Klee und die kirchenrechtlichen des Profesaus den Vorlesungen, von keiner bischöflichen Be- sors Walter hören, und dafs die hermesische Angehörde ging eine Beschwerde ein, und der neue Erz-legenheit zu einer grofsen Aufregung und Polemik bischof enthielt sich aller Bemerkungen, als ihm das geführt habe; so liefs das geistliche Ministerium am Verzeichniss der im Winter 1834 zu haltenden Vor- 21, April sämmtliche Professoren der katholisch

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theologischen Fakultät und ausserdem die Professoren Walter und Windischmann vorladen, um die Verfügung des Ministeriums zu vernehmen. Sie unterschrieben sämmtlich eine Urkunde, welche sie auf das bestimmteste verpflichtete, sich aller, jene Polemik betreffenden Handlungen zu enthalten. - In zwischen kam die Zeit heran, wo den Alumnen die Vorlesungen für das neue Semester bestimmt werden sollten. Bei dieser Gelegenheit erklärten nun die meisten, dafs sie sich an die Vorschriften des Erzbischofs halten müfsten, und da ihnen der Gehorsam gegen die geistlichen Obern und Lehrer der Anstalt zur Bedingung des Bleibens gemacht wurde, so traten von 70 mehr als 60 aus, und zugleich verliefsen viele Studenten die Universität. Der Erzbischof, dem diese Vorgänge nicht unbekannt bleiben konnten, legte nun seinerseits denjenigen Priestern, welche um Zulassung zur Ausübung des Beichtvater - Amtes nachsuchten, und andern, nicht näher bezeichneten, 18 Thesen zur Unterschrift vor, wovon 16 offenbar' kirchlichen Inhalts waren, die

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letzte der beiden andern aber so lautete: ich verspreche und gelobe meinem Erzbischof in allem, was sich auf Lehre und Disciplin bezieht, Ehrerbietung und Gehorsam, ohne allen innern Vorbehalt, und bekenne, dafs ich von der Entscheidung meines Erzbischofs nach der Ordnung der katholischen Hierarchie an niemand, als an den Papst als Haupt der ganzen Kirche provociren kann und soll." Diese Forderung des Erzbischofs griff so tief in die allgemein anerkannten Rechte der weltlichen Obrigkeit ein, dafs die Preufsische Regierung sie auf keine Weise zugeben konnte. Wohlmeinende Freunde des Erzbischofs suchten ihn mit Unkunde des Geschäftsganges und damit zu entschuldigen, dafs es ihm nicht erlaubt worden, sich auf das päpstliche Verdammungsbreve zu berufen. Waren gleich beide Gründe ganz schwach, so wollte doch auch jetzt die Regierung nichts unversucht lassen, den Prälaten auf den gesetzlichen Weg zurückzuführen, und, aufser andern Mitteln, benutzte sie die Anwesenheit des Grafen Anton von Stolberg zu Cöln auch zu diesem Zwecke. Es ward mit dem Erzbischof conferirt, der Königliche Gesandte am päpstlichen Hofe nahm Theil an der Verhandlung, und, nach freundlicher Besprechung des Vergangenen, wurden ihm mehrere Bedingungen einer definitiven Verständigung vorgelegt. Aber als man am Ziele in dieser Angelegenheit angelangt zu seyn glaubte, hatten die Schritte des Erzbischofs in Rücksicht der gemischten Ehen die Regierung in die traurige Nothwendigkeit versetzt, seine amtliche Wirksamkeit einzustellen.

Der Ref. hat geglaubt, diese zweite Angelegenheit deshalb mit der Kürze behandeln zu dürfen, in welcher sie in seiner Erzählung erscheint, weil ihm die sogleich anzuzeigende Vertheidigungsschrift des Erzbischofs Gelegenheit geben wird, die Punkte, welche etwa ungenügend erscheinen, näher zu beleuchten. Nur bemerkt er, dafs, wie günstig man auch über das Verfahren des Erzbischofs urtheilen mag, man weder seinen Starrsinn, noch seine, alle

Rücksichten vergessende Eigenmächtigkeit verkennen wird. Die höchsten Behörden im Staate sind gleich sam für ihn nicht vorhanden, und selbst der zarten Schonung eines milden, wohlwollenden Königs lohnt er mit einer, von aller Achtung entblöfsten Handlungsweise. Liefsen sich aber auch für alle seine bisher angegebenen Schritte, wenn auch nur scheinbare Entschuldigungsgründe finden; so dürfte es doch der leidenschaftlichsten Verblendung nicht möglich seyn, die letzten Acte dieses Prälaten in einem solchen Lichte darzustellen, welches geeignet wäre, die hohe Strafbarkeit derselben auch nur zu mildern. Die Regierung würde offenbar ihre Ebre selbst gefährdet haben, wenn sie nicht nach allem dem, was vorlag, der amtlichen Wirksamkeit des Erzbischofs ein Ziel gesetzt hätte. Aber auch bei diesem Schritte wollte sie mit der gröfsten Schonung verfahren, und das in den freien Willen des Prälaten stellen, was sie berechtigt war, als Strafe über ihn zu verhängen. Es geschah dies durch einen Ministerial - Erlafs vom 24. October 1837. Indef's da er, in einem Antwortschreiben vom 31. desselben Monats, behauptete, aus Ueberzeugung gehandelt zu haben und deshalb sein Amt nicht aufgeben zu können, mufste die Regierung ibn daraus entfernen. Während aber noch die Art der Ausführung Gegenstand der Ueberlegung war, liefen Berichte ein, welche besagten, dafs der Erzbischof am 4. November das Domcapitel und unmittelbar darauf die 19 Pfarrgeistlichen der Stadt Cöln versammelt, ihnen den letzten Ministerial - Erlafs und seine Antwort darauf zum Aufbewahren in ihren Archiven übergeben, und ihnen, nach einer einseitigen und unvollständigen Darstellung der Sachlage, mitgetheilt hätte, man wolle ihn vom erzbischöflichen Stuhle werfen, er werde aber die Rechte der katholischen Kirche gegen die Forderungen der Regierung hinsichtlich der gemischten Eben zu wahren wissen. Am 6. November machte der Secretär des Erzbischofs, der Weltpriester Michaelis, den versammelten jungen Geistlichen des Seminars eine ähnliche, mündliche Mittheilung und übergab ihnen, zur weitern Verbreitung, eine schriftliche Darstellung der Sache, und an Landdechanten und andere ansehnliche Geistliche des Erzstifts wurden ähnliche Schriften gesandt. Dafs dies eine grofse Aufregung der Gemüther unter der katholischen Bevölkerung der Gegend hervor brachte, dal's es diese hervorbringen sollte, unterliegt wohl keinem Zweifel; aber dafs es auch die Catastrophe beschleunigen mufste, begreift ein jeder.

Wir lassen dieser amtlichen Darlegung die Schrift eines Ungenannten folgen, der sich einen praktischen Juristen nennt. Wir halten sie für die bedeutendste von allen den Oppositionsschriften, welche uns zu Gesicht gekommen sind; allein wir würden ihr, auch ohne ihren Inhalt zu kennen, einen nur untergeordneten Werth beigelegt haben; weil ihr das Fundament fehlte, worauf sie allein ihre Folgerungen mit Sicherheit gründen konnte, wir meinen die Sammlung der über die Vorgänge zwischen der Preufsischen Regierung und dem Erzbischof als Zeugen auftretenden Aktenstücke. Allein auch abge

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unser unbekannter Jurist, indem er insbesondere behauptet, dafs der Erzbischof nach der Verordnung Friedrichs II, von Jahre 1776 im Besitze des Rechts sey, die Vorlesungen der Professoren der katholisch theologischen Facultät zu approbiren oder nicht. Allerdings besals er dieses Recht; aber was folgt daraus? Da die Professoren von der Regierung mit Uebereinstimmung der geistlichen Obern angestellt werden, Ministerium des Unterrichts die Gründe auseinanderzusetzen, so kann jenes Recht diesen nur die Befugnifs geben, den welche sie bestimmen, dieser oder jener Vorlesung ihre Approbation zu versagen, aber nicht durch eine solche Versagung die Wirksamkeit eines von der Regierung angestellten Lehrers ohne weiteres aufzuheben. Das Ministerium war daher auch vollkommen befugt, auf die blofse Versagung der Approbation von Vorlesungen, wobei der Erzbi. schof dasselbe nicht mit einer Zeile in die nähere Kenntnifs seiner Gründe setzte, gar nicht zu achten. Aber was konnte aus einem solchen Verhältnisse werden? Die katholisch

sehn von diesem Mangel, der durch keinen Scharfsinn, durch keine Divinationsgabe, durch kein schriftstellerisches Talent ersetzt werden konnte, ist ihre Bedeutung nur gering. Sie ist durchaus die Schrift eines Advokaten, der alle Schwächen seiner Partei eben so, wie die Stärken des Gegners übersieht und dabei nicht ohne Leidenschaft verfährt, wie sorgfäl tig er diese auch zu verstecken sucht. Gleich die ersten Worte der Vorerinnerung sind ein Advokaten-Kunstgriff. Wenn es heifst: die am 20. Novbr. jüngsthin unter Mitwirkung der Militärmacht vollzogene Wegbringung des Erzbischofs u. s. W.; so soll die Herbeiziehung der Militairmacht einen bösen Schein auf den Gegentheil werfen, und zeigt sich um so mehr als Kunstgriff, als der Verfasser, da er ihn anwandte, sehr wohl davon unterrichtet seyn mufste, welche Bewandtnifs es mit der in Anwendung gebrachten Militärmacht hatte. - Seine Vertheidigungswaffen erhebt er aber vornehmlich in der hermesischen Angelegenheit, weil er die Schrift des Regierungsbevollmächtigten der Universität Bonn, Geheimenraths Rehfues: die Wahrheit in der Hermesschen Sache u. s. w. benutzen konnte. Hier war aber der Hergang so einfach, dafs es ohne Verwirrung der Vorstellungen unmöglich seyn mufste, die Verschuldung, welche auf den Erzbischof fiel, der Regierung zuzuwälzen. - Die Professoren der Theologie werden von der Regierung angestellt, aber nicht ohne das Urtheil der Kirchenobern über ihre Rechtgläubigkeit zu hören. So hatte Hermes sein Amt erlangt. Die Kirchenobern batten nicht nur keine Einwendungen gegen seine Anstellung gemacht, sondern der Erzbischof, Graf von Spiegel, war auch sein besonderer Beschützer, und die Bischöfe schlossen sich diesem in seiner günstigen Meinung an. Hätte etwa die Regierung katholischer denken sollen, als die hohen Prälaten; hätte sie nichts auf den Beifall geben sollen, welchen Hermes als Lehrer fand und dessen sich seine Schüler und Anhänger als Seelsorger erfreuten?! Hermes starb und erst nach seinem Tode erschien die päpstliche Verdammungsbulle seiner Schriften, Zwar war diese Bulle der Preussischen Regierung nicht zur Genehmigung vorgelegt worden; allein den noch that diese Schritte, um die Lehrer der Universität und des Convictoriums, welche Hermes Schüler und Anhänger waren, zu verpflichten, die Schriften desselben in ihren Vorlesungen nicht zu benutzen, und seine Ansichten nicht vorzutragen. Der neue Erzbischof, Clemens August, that dagegen anfangs gar keine directen Schritte. Er wandte sich nie an das Ministerium, um etwa vorzustellen, dafs von den Professoren nicht zu erwarten sey, dass sie von ihren ketzerischen Lehrmeinungen lassen würden, und dafs er deshalb die Einstellung ihrer Vorlesungen erwarten müsse. Später aber griff er indirect ein, indem er die Beichtväter von Bonn zu Hülfe nahm und die Schüler von ihren Lehrern trennte, ohne auch nur deshalb eine Mittheilung an das Ministerium zu machen, und versagte einigen Vorlesungen die Bestätigung. Dennoch vertheidigt ihn

theologische Facultät mufste darüber zu Grunde gehen. Aufserdem findet es der Verf. auch ganz in der Ordnung, dass der Erzbischof, welcher die Lehre der Anhänger des Hermes als ketzerisch verwarf, sich auf ihre Rechtfertigung gar nicht einlassen wollte. (Sie erboten sich sogar ihm ihre Hefte einzuschicken.) Wie! das sagt ein Jurist? Wann hat man jemals ein Verfahren gebilligt, welches einen Angeklagten ungehört verdammt?! welches sich weigert, dem Angeklagten auch nur die Anklagepunkte anzugeben?! In welchem Lichte mufste daher nicht der Erzbischof einer gerechten Regierung gegenüber erscheinen? Kann man sie tadeln, wenn sie auf den Gedanken kam, der Erzbischof gehe nur darauf aus, die katholisch-theologische Facultät der UniNoch schwächer ist

versität Bonn unmöglich zu machen.

die Vertheidigung des Erzbischofs in Rücksicht seines Verhaltens, die gemischten Ehen betreffend. Der Verf. konnte den Umstand nicht leugnen, dafs der Erzbischof, Graf von Spiegel, und mit ihm die Bischöfe der Rheinprovinz und Regierung wegen des zu beobachtenden Verfahrens vereinigt Westphalens sich, in Folge des päpstlichen Breves, mit der hatten, und dafs diese Vereinigung, nach der Erklärung

von Clemens August, diesem zur Norm dienen mufste. Aber was thut er in dieser Verlegenheit? Er hilft sich durch einen Witz, den er aber, wahrlich nicht zum Beweise seines Scharfsinus, auf seine eigenen Kosten macht. Er stellt den Grafen von Spiegel in eine Kategorie mit den Preussischen Generalen, welche 1806 ihre Festungen dem Feinde ohne Schwertstreich überlieferten, und die man doch nicht, wie er meint, ihren Nachfolgern zum Muster aufstellen könne, Also die Preussische Regierung hätte den Grafen von Spiegel bestrafen und den Freiherrn Droste zu Vischering belohnen müssen!! Eben so geht es seinem Scharfsinn noch einmal höchst unglücklich, als er von dem Rechte der Preussischen Regierung spricht, Vorkehrungen in Rücksicht des erzbischöflichen Stuhls zu treffen. Denn hier behauptet er, dafs die Sedes nur durch die Preufsische Regierung, welche den Erzbischof ohne Urtheil und Spruch aus seinem Amte geworfen habe, eine impedita geworden sey, als ob die Regierung gleichsam zum Scherz die Wirksamkeit des Erzbischofs sistirt hätte, während doch die Widersetzlichkeit des Erzbischofs, seine willkürliche Zurücknahme des von ihm freiwillig gegebenen Versprechens, sein Unruhe und Unfrieden veranlassendes Verfahren allein der Regierung zurief: videant Consules ne quid detrimenti capiat respublica! Als rechtlicher Mann, und ich denke, die Kirche wird nicht meinen, dafs ihre Diener gegen die weltliche Macht nicht an ihr Wort gebunden seyen, als rechtlicher Mann also mulste der Erzbischof, war er leichtsinnig genug gewesen, eine Uebereinkunft anzunehmen, die er nicht kannte, sein Amt von selbst niederlegen, als er sie kennen gelernt und sie mit seinem Gewissen unverträglich gefunden hatte. Er that es nicht und so musste die Regierung thun, was er nicht zu einer wirklichen Gefahr werden zu lassen. unterliefs, um die Verlegenheit, in die er sie gestürzt hatte,

En.

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Februar 1838.

MATHEMATISCHE GEOGRAPHIE. Bern, Chur u. LEIPZIG, Verl. u. Eigenth. v. J. F. J. Dalp: Anfangsgründe der mathematischen Geographie, ein Lehrbuch für höhere Gymnasien und Realschulen von V. Studer, Dr. u. Professor. 1836. II u. 178 S. gr. 8. (1 Rthlr.)

Die

ie Veranlassung zur Herausgabe dieser Schrift war das Bedürfuifs des Berner höheren Gymnasiums, an welchem der Vf. während eines Jahres in wöchentlichen zwei Stunden die mathematische Geographie zu lebren hat. Da die Schüler die ebene und sphärische Trigonometrie, zugleich auch den Gebrauch der mathematischen Winkelinstrumente kennen gelernt haben und neben dem Unterrichte in diesem geographischen Theile noch mit der Lehre von den Kegelschnitten nach analytischer Methode sich vertraut machen, so setzt der Vf. für die astronomischen Vorbegriffe die Kenntnifs der sphärischen Trigonometrie und diejenigen Theile der Analysis voraus, welche gewöhnlich gleichzeitig mit jener vorgetragen werden. Für die Betrachtungen der Gestalt und Gröfse der Erde gebraucht er auch analytische Ausdrücke aus der Theorie der Ellipse.

Dafs er sich wenig oder gar nicht in mechanische oder physikalische Lebren einliefs, ist in so fern zu billigen, als die meisten Disciplinen, welche er von jenen in der mathematischen Geographie gewöhnlich vorträgt, zur physikalischen gehören. Nur selten ging er von diesem Grundsatze ab, wie dieses bei der Refraktion, Aberration und bei der historischen Einleitung zur Lehre von der Abplattung der Fall ist. Neues hat er um so weniger gegeben, als die Wissenschaft so vielfach bearbeitet sey (welches den Gedanken erregt, die Arbeit desselben sey überflüssig und dem Bedürfnisse durch Einführung und Gebrauch eines gut geschriebenen Lehrbuches leicht abzuhelfen gewesen) und er aus ihr kein Hauptfach gemacht habe (was theilweise Mifstrauen gegen die Darstellungen erregen dürfte, jedoch nicht allgemein wirklich der Fall ist). Als alleinigen Zweck setzte er sich vor, seinen Schülern ein Buch in die Hände zu geben, das ihnen zur Wiederholung des Vortrages, zur Uebung in trigonometrischen Rechnungen und als Grundlage zu späteren Studien dienen könnte. In wie weit er diesen Zweck mehr oder weniger gut erreicht haben dürfte, mag die nachfolgende kurze Beleuchtung der Darstellungen zu erkennen geben.

Wenn aber der Vf. sagt, wie man ohne diese Die Anordnung des Stoffes kann Ref. nicht ganz Kenntnisse voraussetzen zu dürfen, die mathemati- billigen, wofür der sachverständige Leser den sche Geographie lehren könne, sey ihm unbegreif- Grund in der allgemeinen Inhaltsangabe finden wird. lich, so geräth er mit dieser Bemerkung und der Die Schrift zerfällt nach einer Einleitung (S. 1-3). Hauptquelle, woraus er geschöpft hat, nämlich mit über physische Geographie, ihre Eintheilung und Littrow's Wunder des Himmels mehrfach in Wider- über Verhältnifs der Astronomie zur mathematischen spruch; da dieser Astronom einen Weg betreten hat, Geographie in drei Kapitel; das erste handelt in drei der eines Theils die Voraussetzung höherer mathe- Abschnitten von den astronomischen Vorbegriffen, matischer Kenntnisse umgehet, anderen Theils leere nämlich von der täglichen Bewegung S. 3-16; von Unterhaltung zur beliebigen Zeitverkürzung für mü- der jährlichen Bewegung der Sonne (S. 17-31); von fsige Leute vermeidet: da er die Darstellungsweise der Bewegung des Mondes, der Planeten und Komedesselben kennet, so hält es Ref. blofs für nothwen- ten S. 32-44; ein Anhang hierzu beschäftiget sich dig, denselben auf seine Quelle hinzuweisen, womit mit dem Kalender S. 45-53. Das 2te Kapitel verer nicht gesagt haben will, als sollte man alle mathe- breitet sich in 4 Abschnitten über die Gestalt und matische Erörterungen übergehen. Er hat aus dem Lit- Gröfse der Erde; bespricht also die Erde als Kugel trowschen Werke die Ueberzeugung gewonnen, dafs man S.54-77; die Kreise und Zonen auf derselben S. 77 mittelst des darin befolgten Weges wahrhaft auf grüind--88; die geographische Ortsbestimmung S. 88-103 liche Naturstudien vorbereiten und alle flache Vielwisserei vermeiden kann. In der Schrift von Schmidt, welche der Vf. gleichfalls benuzt hat, fand er dagegen ziemlich ausgedehnte mathematische Darstellungen; ob er übrigens die Deutlichkeit und Klarheit von Littrow erreicht hat, bezweifelt Ref. um so mehr, als die Schmidt'sche Schrift sehr viel zu wünschen übrig liefs und einen wissenschaftlichen Vergleich gewils nicht aushält.

und endlich die wahre Gestalt der Erde S. 103-117. Ein Anhang hierzu giebt eine Uebersicht der Kartenprojectionen. S. 117-130.

Im 3ten Kap. wird durch drei Abschnitte das Verhältnifs der Erde zu den Himmelskörpern und zwar die Entfernung des Mondes, der Sonne und der übrigen Körper S. 131-139; die Bewegungen der Erde; S. 139-153 und die Stellung der Erde im Weltsysteme als Planet und in Bezug auf die Fix

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