Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Allianz (oder wie der Vf. sie beziehungsweise nennt, den älteren Rheinbund) herbeiführte. Ihrer ersten Entstehung nach ist indessen diese Allianz um etwas älter als der Vf. angiebt; denn sie wurde von den Kurfürsten und Fürsten von Mainz, Trier, Cöln, Münster und Pfalz- Neuburg schon am 15. Decbr. 1654 geschlossen, am 18. August 1658 aber durch den Beitritt Schwedens, wegen seiner deutschen Besitzungen, und einiger anderer deutschen Fürsten verstärkt, worauf am nächstfolgenden Tage der hauptsächlich durch Schweden herbeigeführte Anschlufs Frankreichs erfolgte.

Die Geschichte Englands beginnt (S. 248) mit der Regierung Jakobs I., bei welcher indessen der Vf. nur in soweit verweilt, um zu zeigen, wie diese Regierung, durch Schwäche gepaart mit Despotismus, so wie durch Planlosigkeit, Inconsequenz und fehlerhafte Mafsangabe nach allen Richtungen, das unter Elisabeth erreichte Gute wieder zerstörte, den Staat in sich zerrüttete und in der Meinung des Auslandes herabsetzte, und so die unter der folgenden Regierung ausbrechende traurige Katastrophe unabwendlich vorbereitete. Viel weitläuftiger ist die Geschichte Karls I. und des unter ihm ausgebroehenen Bürgerkrieges behandelt, welche nicht nur (von S. 286 an) den Rest dieses, sondern auch die gröfsere Hälfte des fünften Bandes (bis S. 358) einBinimt. Auch diese Partei gehört im Allgemeinen zu den am sorgfältigsten ausgearbeiteten; doch ist Karl J., dessen begangene Mifsgriffe sich zwar nicht ableugnen lassen, der aber doch in der Hauptsache das Recht auf seiner Seite hatte, von vorn herein in einem etwas zu ungünstigen Lichte dargestellt, indem der Vf. das, was dem Könige und seinen Anhängern zur Last fällt, besonders hervorhebt, dagegen die Schritte, die gegen ihn geschahen, zu gering anschlägt, und was sich zur Rechtfertigung oder zur Entschuldigung des Königs wenigstens von seinem Standpunkte sagen läfst, zu wenig beachtet. Indessen bleibt der Vf. doch weit davon entfernt, die ausgebrochene Empörung selbst zu beschönigen; viel mehr läfst er diese in ibrer ganzen schrecklichen und gräuelvollen Gestalt hervortreten, und macht nicht nur durch die Erzählung der Thatsachen selbst, sondern auch durch eigne Andeutungen, die theoretischen und praktischen Verirrungen, welche sich in jener kund gaben, bemerklich. Zweierlei mufs in der Geschichte dieser Empörung jedem nachdenkenden Leser auffallen. Das eine ist die, nicht nur im allgemeinen Gange der Dinge, sondern selbst in vielen einzelnen, feineren Zügen sich aussprechende Achnlichkeit mit der französischen Revolution, die den Gedanken sehr nahe legt, dafs auch diese Epidemien der geistigen Welt, eben so wie die Epidemien im physischen Leben einen gewissen Normalverlauf haben, den sie gleichmässig durchmachen. Das andere ist die zur bürgerlichen Empörung sich gesellende religiöse Verirrung, welche die Religion, oder vielmehr das Kirchenthum, ganz in den Kreis der politischen Parteikämpfe herabzog, und sich, mit trau

riger Verkennung des wahren Wesens der Religion, nur an Aufsendinge hing, denen man entweder einen übertriebenen Werth beilegte, oder die man, obwohl sie unschädlich und erbaulich waren, mit ei ner sinnlosen, das wahre religiöse Gefühl tief verletzenden Wuth bekämpfte. Sie konnte nicht anders, als mit einer gänzlichen Zerrüttung alles religiösen Lebens endigen, und liefert einen schauderhaften Beweis für die allgemeine Wahrheit, dass der Religion nichts verderblicher seyn kann, als bürgerlicher Krieg, der die Religion zum Vorwande nimmt, welche Farbe er dieser auch immer leihen mag. Wir enthalten uns, in das Einzelne dieses Abschnittes tiefer einzugehen, aus Besorgnifs, uns allzu tief darin zu verlieren; und bemerken nur, dafs der Vf. (im 5. Bande, S. 282 u. f.) die Scheingründe, wodurch man den Mord König Karls I. zu vertheidigen oder zu entschuldigen suchte, kräftig und siegreich zurückschlägt, und diesen als einen heillosen Frevel darstellt, ohne doch den König unbedingt rechtferti gen zu wollen, in welchem er (S. 285),, mehr ein beklagenswerthes Opfer, als ein begeisterndes Vorbild für künftige Geschlechter" erblickt; und dafs er (ebd. S. 325) das oft gepriesene englische Schifffahrtsgesetz seines Glanzes ganz entkleidet, es an sich als ungerecht und verwerflich darstellt, und ibm den Ruhm, die Gröfse der britischen Seemacht und des britischen Handels begründet zu haben, abspricht. - Mit der Wiederherstellung Karls II. schliefst dieses Hauptstück, nicht ohne am Schlusse, mit einem bedenklichen Blicke in die Zukunft, die bevorstehenden neuen Verwickelungen von fern anzudeuten.

Das fünfte Buch, welches den Rest des fünften Bandes, von S. 358 an, einnimmt, enthält in drei Hauptstücken, 1) die Geschichte Schwedens und Dänemarks, seit dem Tode Gustav Adolfs, bis zu dem Tode Karl Gustav's, und zu der dänischen Staatseränderung (1632-1660); 2) die Geschichte der vereinigten Niederlande, von dem Wiederausbruche des Krieges mit Spanien, bis auf die Zeiten Johanns de Witt (1621 — 1661); 3) die Geschichte Spaniens und Portugals, während der Regierungen Philipps III. und Philipps IV.

Die Geschichte Schwedens führt uns zuerst die Regierung der Königin Christina vor, die der Vf. sowohl als Regentin, als in ihrem nachmaligen, freiwillig gewählten Privatleben, zwar nicht lobrednerisch, aber gewifs sehr gerecht beurtheilt, indem er zwar die Verdienste, die sie in den ersten Zeiten ihrer Regierung entwickelte, anerkennt, aber auch durch ihre ungewöhnliche Erscheinung sich nicht gegen die Verirrungen verblenden läfst, denen sie bald nachher sich überliefs. Die Grundursache dieser Verirrungen hat der Vf. gewifs richtig aufgefalst. Es fehlte ihr, sagt er (S. 365), an der Haltung und Einbeit des Charakters, durch welche z. B. die englische Elisabeth (ein sehr richtig gewähltes Gegenstück zur Vergleichung mit Christinen) sich auszeichnete. Nach dem westphälischen Friedensschlusse machte ihr der

gewöhnliche Gang alltäglicher, oft unangenehmer Regierungsgeschäfte nur Langeweile, die sie gar nicht verbarg; bald sah sie in ihren Vergnügungen das höchste Lebensziel, und stellte Neigungen und Einfälle über ernste Pflichten hinauf; ihr Ehrgeiz fand seine Befriedigung darin, nicht blos das Herkömm liche, sondern auch das Sittliche und Ehrwürdige zu verschmähen und zu verspotten. Die hieraus sich entwickelnde Neigung zum Seltsamen, verbunden mit Abneigung gegen die ernsten Geschäfte der RegieFung, und mit Gleichgültigkeit gegen alle Religion, die, der Erfahrung zu Folge, so leicht in das Gegentheil umschlägt, waren die Motive, sowohl ihrer Thronentsagung als ihres Uebertritts zur katholischen Kirche, und äufserten auch in ihrem nachherigen Privatleben noch ihre Wirkung. Ueber das letztere ist der Vf. mit Recht nur kurz, weil es der Staatengeschichte nicht mehr angehört; übrigens hätte unter den von dem Vf. citirten Quellen der S. 371 Anm. 5 erwähnte Brief keine Stelle verdient, der eine blofse gemeine Schmähschrift, ohne alle historische Autorität, ist. Die Geschichte ihres Nachfolgers Karl Gustav, der seinen Ruhm in unbedachtsam unternommenen Kriegen suchte, führt auf die gleichzeitige Geschichte Dänemarks und Polens, die eben durch jene Kriege mit der schwedischen Geschichte zusammenhängt. Karl Gustav's Projekt einer Theilung Dänemarks wurde selbst von dem englischen Usurpator Cromwell mit der Bemerkung zurückgewiesen:,, es sey nicht mehr die Zeit, wo ein Staat gänzlich vertilgt werden könne und dürfte; - ein Grundsatz (fügt der Vf. hinzu) der erst später so feige und leichtsinnig, als verbrecherisch aufgegeben ward." (S. 385.) Soll diese Aeufserung, wie es den Anschein hat, auf die Theilung Polens gehen, so steht sie hier am unrechten Orte; denn zwischen einem so gesetzlich, wohl geordnet und würdig bestehenden Staate wie Dänemark, und einem so gesetzlosen, in sich zerrütteten, seinen Nachbarn nur zur Last fallenden, und hinter allen Fortschritten der Zeitbildung muthwillig zurückbleibenden Zerrbild eines Staates, wie Polen war, kann doch wohl kein Vergleich Statt finden; und von einem sonst so besonnen urtheilenden Historiker, wie der Vf., wäre zu wünschen, er möchte auch hier, anstatt der Einseitigkeit der herrschenden Meinung nachzugeben, dem wahren Urtheil der Geschichte, das sich unbedingt gegen Polen ausspricht, und die über dasselbe verhängte Bestimmung rechtfertigt, seine Ehre angedeihen lassen. Merkwürdig genug brachte Karl Gustav schon damals, nachdem sein Projekt gegen Dänemark ihm mifslungen war, eine Theilung Polens in Vorschlag, die aber durch Oesterreich und Brandenburg verhindert wurde. Der Friede von Roskild, anstatt durch die gewonnenen Vortheile Karl Gustav zu befriedigen, reizte nur seine Eroberungslust von neuem auf, und er begann, ohne Ver

anlassung, sich selbst durch die seltsamsten Vorwände täuschend (S. 387), einen neuen Krieg, in welchem die Bürgerschaft von Kopenhagen, in treuer Anhänglichkeit an ihren König, ihm muthig entgegentrat, und dessen Ende er selbst nicht erlebte. Sehr wahr sagt der Vf. (S. 389): dafs Herrscher dieser Art (welche den Krieg nicht als ein, in gewissen Fällen nothwendiges Mittel für Zwecke des Friedens, sondern selbst als den letzten Zweck königlicher Thätigkeit betrachten),,trotz der oberflächlichen Verehrung, die ihnen oft zu Theil wird, in Wahrheit nur zerstörend wirken, und ihr Daseyn als ein verlorenes, ja als ein verderbliches zu betrachten ist." Wir haben dies in noch grösserem Mafsstabe an einem Kriegsfürsten neuerer Zeit erlebt; und allen denjenigen, welche sich darin gefallen, diesen zerstörenden Eroberer zu lobpreisen, ist jenes treffende Urtheil zur BeherziDie Geschichte Schwedens gung zu empfehlen! wird bis zu den Friedensschlüssen nach Karl Gustay's Tode fortgeführt, und an das bisher sehr kurz erzählte schliefst sich noch eine ausführlichere Darstellung der dänischen Staatsveränderung im Jahre 1660, welche von allen Revolutionen sich dadurch unterscheidet, dafs sie zwar die bis dahin überwiegende Macht des Adels brach, dadurch aber nicht die Rechte der andern Stände vermehrte, sondern alle Staatsgewalt uneingeschränkt in die Hände des Königs legte. Obgleich der Vf. zugesteht, dafs Dänemark seitdem nicht (wie man nach gewissen Theorien annehmen mülste) tyrannisirt worden ist, dafs sich überhaupt sein Zustand verbessert hat, Hufsert er sich doch über jenes Resultat nicht zufrieden, sondern wirft (S. 417) die Frage auf: ob denn nicht, zwischen unbedingter Herrschaft des Adels und des Königs, noch ein Drittes möglich gewesen sey? Gewifs war dies Dritte, was der Vf. meint, nämlich eine durchgebildete, die Rechte aller Stände gleich vertheilende Repräsentativ-Verfassung, in der Idee möglich; da aber nicht einzusehen ist, warum die Stände Dänemarks das nicht eben so gut gewufst haben sollten, als wir, und da sie dennoch, nach vielen Berathungen, auf kein anderes Resultat, als auf die unbedingte Autorität des Königs kamen, so mufs man wohl annehmen, dafs sie etwas anderes, ungeachtet der idealen Möglichkeit, doch unter den gegebenen Umständen nicht für erreichbar, oder nicht für anwendbar hielten; und da der Vf. selbst ganz richtig anerkennt, dafs blofse Formen der Verfassung das Glück eines Volkes nicht ausmachen, so mufste vielmehr auf dem Standpunkte der Geschichte mit Auszeichnung, und gerade in einer Zeit wie die unsrige, die wirklich mit leeren Verfassungsformen Abgötterei treibt, um so mehr anerkannt werden, dafs Dänemark uns die Erscheinung eines Staates zeigt, wo bei einer absoluten Monarchie dennoch individuelle Freiheit bestand, und das Land nach seiner Weise glücklich war (Der Beschlufs folgt.)

[merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small]
[blocks in formation]

Auch unter dem Titel:

Noch kürzer als die nordischen Staaten werden (von S. 418 an) die vereinigten Niederlande, und (von S. 440) Spanien und Portugal abgehandelt, weil

König Friedrich II. und seine Zeit (1740 bis aufseren Sicherstellung der neuen Republik, in der1769) u. s. w.

(Beschlufs von Nr. 27.)

Der Schlufs:

.

,,So ist die dänische Revolution frei geblieben, von den Freveln und Sünden so mancher andern; allein es mangelt ihr andererseits auch die erhabene Bedeutung, welche nur aus einer wahren Wiedergeburt hervorgeht, ein Volk mit -erneuter Kraft in grofsartigen Bahnen vorwärts treibt und es weltgeschichtlich verherrlicht;" dieser Schlufs hätte wohl etwas anders gefasst werden mö-gen; denn so wie er dasteht, könnte er leicht den Irrtbum zu begünstigen scheinen, als ob nur eine Revolution die eigentliche Gröfse eines Volks hervorbringen könne; und in den Reihen derer, welche Revolutionen für etwas Gutes und Grofses halten, -möchten wir den Namen des Vfs. nicht gern genannt "wissen. Er selbst hat freilich jenem Irrthum gewissermalsen schon vorgebaut; denn in der englischen Revolution, deren Greuel er vorher mit so kräftigen und brennenden Zügen geschildert hatte, wird niemand etwas Erhabenes und Grofsartiges finden; und wem wird es einfallen, eine wahrhafte Wiedergeburt der englischen Nation aus ihr abzuleiten? So wie es nicht nothwendig eine Staatsumwälzung seyn mufs, was ein Volk auf eine höhere Babn treibt, und wie z. B. Preufsen, ohne alle innere Revolutionen, einen so hoben und beneidenswerthen Rang unter den europäischen Staaten, sowohl in Hinsicht der äufseren Stellung aus der in neren Ausbildung, erstiegen hat, eben so liegt auch - keineswegs in dem eigenthümlichen Gange und Resultate der dänischen Staatsveränderung, sondern in ganz andern, sich sehr natürlich darstellenden Verhältnissen, der Grund, weshalb Dänemark in dem Staatensysteme Europa's eine weniger imposante Stellung, als andere Staaten, einnimmt.

[ocr errors]

von den Geschichten dieser Staaten vieles schon früiher, bei der Geschichte von Deutschland, Frankreich und England, berührt werden mufste, daher hier nur eine allgemeine Uebersicht, besonders mit Bezug auf die inneren Verhältnisse, gegeben wird. Für die Geschichte der Niederlande, wo der Vf., auf sehr beifallswerthe Weise, nicht bei den äufse ren Umrissen stehen bleibt, sondern die inneren Verhältnisse der einzelnen Staaten schildert, geben die, unmittelbar nach der im westphälischen Frieden erfolgten Anerkennung und dadurch bewirkten selben ausbrechenden inneren Streitigkeiten, das Thema; für die Geschichte Spaniens, das durch eine über alle Begriffe nachlässige und verwahrloste Regierung herbeigeführte innere Verderben. In letzterer bilden die Aufstände in Catalonien und Neapel merkwürdige Episoden; aber auch nur solche, da sie ohne erhebliche allgemeinere Folgen blieben. Die Geschichte Portugals endlich, wird, durch die Losreifsung dieses Landes von Spanien, neu angeknüpft. Diese Losreifsung von einer durchaus widerrechtlich aufgedrungenen und gehandhabten Gewalt kann nicht als eine strafbare Empörung betrachtet werden, sie wurde auch im Ganzen rühmlich durchgeführt; doch waren ihre ersten Resultate nicht ganz erfreulich. —

Nr. 2, dessen Anzeige wir mit der des bisher besprochenen Werkes verbinden, kann gewissermafsen als Supplement oder Belegsammlung zu diesem betrachtet werden, und ist aus den zum Behufe desselben von dem Vf. angestellten Quellenforschungen hervorgegangen. Unter sich selbst stehen diese beiden Bände in einer ziemlich lockeren Verbindung, daher auch füglich jeder für sich ein besonderes Werk bildet.

Im ersten Theile hat der Vf., nach Quellen, die ihm bei der Ausarbeitung des betreffenden Theiles der Geschichte Europa's noch nicht zugänglich waren, die Geschichte der Maria Stuart, und besonders ibres Verhältnisses zu Elisabeth von England, einer neuen Untersuchung unterworfen, welebe, mit der gröfsten Umsicht geführt, das Resultat nur bestätigt und noch fester begründet, dafs Maria durch eigne Schuld die Krone Schottlands verlor, und dafs auch Elisabeth sich gegen sie in vollsten Rechte befand, dafs das gegen sie ausgesprochene Todesurtheil gesetzlich und politisch vollkommen begründet war, nichts destoweniger die Vollziehung

desselben gegen den Willen Elisabeths (die hieria durchaus keiner Verstellung beschuldigt werden kann) erfolgte; wiewohl auch die Staatsmänner, welche die voreilige Vollziehung jenes Todesurtheils, die auf den Charakter der Königin Elisabeth in der öffentlichen Meinung, wo man nur nach dem äufseren Anschein urtheilt, immer einen Schatten werfen mufste, verschuldeten, von dem Vorwurfe des Leichtsinns oder persönlichen Hasses frei gesprochen werden müssen, und nur ihrer Ueberzeugung von dem Wohl ihrer Königin und Englands gemäfs handelten. Daneben erhalten wir kräftige, obgleich traurige Schilderungen von der Lage der Dinge in Schottland während und unmittelbar nach Maria's Regierung, und schätzbare Aufschlüsse über die politischen Verhältnisse, nicht nur Englands, sondern selbst Europas, während der Regierung der Königin Elisabeth; wiewohl die Hauptsache mit dem Tode Maria's abgeschlossen ist, von den späteren Geschichten nur das, was die unmittelbaren Folgen dieser tragischen Begebenheit und das fernere Verhältnifs Englands und seiner Königin zu Schottland und dessen König betrifft, ausführlich berührt, und die übrige Geschichte der Elisabeth, bis zu ihrem Tode, gleichsam nur anhangsweise beigefügt wird. Ausserdem hat es der Vf. für gut gefunden (S. 578 u. f.) eine besondere Untersuchung über Schillers Trauerspiel: Maria Stuart, anzustellen, und die willkürlichen Abweichungen von der wahren Geschichte, welche sich Schiller darin erlaubt hat, nachzuweisen; eine Arbeit, die für Einige immer ihren Nutzen haben mag, welche sich durch die Reize der Dichtung so verblenden lassen, dafs sie die Eindrücke derselben auch bei ihren Vorstellungen von Geschichte nicht überwinden können, und ihr Urtheil über geschichtliche Wahrheit beharrlich nach jenen poetischen Ideen gestalten. Hätten wir an diesem Werke des Vfs. etwas zu tadeln, so wär es die unbequeme, der Sache gar nicht angemessene Einkleidung in Briefform, von welcher durchaus weder Grund noch Zweck abzusehen ist, und die der Vf. daher mit Recht in dem sogleich zu erwähnenden zweiten Theile weggelassen hat.

In ein ganz anderes geschichtliches Feld führt uns dieser zweite Theil. Hier hat der Vf., vornehmlich aus Gesandtschaftsberichten, Beiträge zur Geschichte der merkwürdigen Jahre 1740 bis 1764 zusammengestellt. Friedrich I. ist zwar eine der Hauptpersonen in diesen Geschichten; auch beginnt das Buch mit ihm und der Lage Preufsens bei seiner Thronbesteigung; indessen ist er nicht in dem Grade Mittelpunkt des Ganzen, als ob nur von ihm und den auf ihn bezüglichen Vorgängen die Rede seyn sollte; vielmehr werden wir auch in die innere und aufsere Geschichte anderer, vornehmlich der nordischen Staaten eingeführt, die mit den Angelegenheiten Preufsens nur in sehr entfernter oder gar keiner Verbindung stehen. In Beziehung auf Rufsland, dem überhaupt besondere Aufmerksamkeit gewidmet ist, wird auch die frühere Geschichte, von 1704 bis 1740, in einem besondern Anhange nachgeholt.

Der Natur der benutzten Quellen gemäfs, besteht das, was uns mitgetheilt wird, nicht so sehr in geschichtlichen Thatsachen, als in Unterhandlungen, und in den Beobachtungen der Gesandten über die Verhältnisse der betreffenden Staaten und ihrer Regenten. Die Freisinnigkeit, welche der Vf. in der Vorrede rühmt, mit welcher ihm in England Schriftvorräthe, die man vor Zeiten als Staatsgeheimnisse eng verschlossen hielt, zu freiem Gebrauche mitgetheilt wurden, verdient in der That allen Beifall; unerwartet aber ist es, dafs der Vf. damit einen tadelnden Seitenblick auf die vaterländischen Archive verbindet, gleichsam als ob diese der wissenschaftlichen Forschung noch verschlossen gehalten würden. Wer die Liberalität kennt, mit welcher die Schätze der preufsischen Archive den Geschichtforschern des In- und Auslandes zur Benutzung geöffnet werden, mufs dergleichen Aeufserungen höchst befremdlich finden. Freilich hat man einerseits zu viel Achtung vor den ehrwürdigen Schriftdenkmalen, welche die Archive aufbewahren, und andererseits zu viel traurige Erfahrungen von Mifsbrauch und Mangel an Achtung des Staatseigenthums, als dafs man Jedem ohne Unterschied erlauben könnte, nach eignem Gutdünken in Papieren und Pergamenten herumzuwüblen; über die, durch die Natur der Sache gebotenen, und für die Erhaltung des Ganzen durchaus nothwendigen Schranken in der Benutzung der Staatsarchive, wird aber gewifs Keiner, dem es wirklich um ernste Forschung und wahre Belehrung zu thun ist, sich zu beklagen, gegründete Ursache haben; ja wie oft ist schon die zuvorkommende Unterstützung geschichtlicher Arbeiten durch die preufsischen Archiv - Behörden öffentlich gerühmt worden! Der Vf. würde also der Einzige seyn, dem man die Benutzung der vaterländischen Archive, wenn er sie ernstlich und in den Schranken der gesetzlichen Ordnung suchte, versagt hätte; was doch schwer zu glauben ist!

Wie die Natur der benutzten Materialien dem vorliegenden Werke einen eigenthümlichen Charakter giebt, so scheint es auch nicht zur Unzeit, hier zuvörderst über jene im Allgemeinen einige Worte zu sagen. Dafs die Benutzung der früher, theils durch absichtliche Geheimbaltuug, theils aus Unkunde, übersehenen Gesandtschaftsberichte, eine grofse Bereicherung für die Geschichtsquellenforschung, und aus ihnen vieles zu lernen ist, davon hat unter andern Ranke's Werk über die Päpste einen glänzenden Beweis geliefert; aber bei keiner Art von Geschichtsquellenschriften möchte auch wohl die Warnung nöthiger als bei dieser seyn, ibren Werth nicht zu überschätzen. Das vorliegende Werk gibt manchen Anlafs, gegen die Zuverlässigkeit dieser Art von Berichten mifstrauisch zu werden. Gewifs kommt gleich zuerst vieles auf die Person des Gesandten an, der den Bericht abstattet, auf die Begriffe und Ansichten, die er in sich trägt, auf seine Beobachtungsgabe, seine Wahrheitsliebe, seine gröfsere oder geringere Leichtgläubigkeit, u. dgl. m.; und dann mufs ja nothwendig auch die Stel

lung seines Hofes, zu dem Staate, fiber welchen er berichtet, die besondere Absicht, die er etwa erreichen soll oder will, und so manches andere eigenthümliche Verhältnifs, auf die Art und den Inhalt seiner Berichte einen grofsen Einfluss haben. Wie sollte es uns nicht milstrauisch machen, wenn wir, nach den Mittheilungen des Vfs., einen und densel ben König, Friedrich II., von zwei englischen Gesandten, Hyndford und Mitchel, in nicht gar sehr von einander entfernten Zeiten, ganz verschieden geschildert, ihm einen ganz entgegengesetzten Charakter beigelegt finden? oder wenn diese Männer Thatsachen von ihm berichten, Urtheile über ihn und seine Handlungen aussprechen, von denen wir genugsam wissen können, dafs sie überaus verunstaltet sind, oder vielleicht gerade das Gegentheil davon wahr ist? Indessen ist unser Vf. immer noch in der Benutzung dieser Materialien mit groIser Besonnenheit verfahren, und hat nicht unterlassen, durch eigne Bemerkungen manches Uebertriebene zu müfsigen, manches, Verkehrte zu berichtigen, wobei zuweilen nur die Frage übrig bleibt, ob es denn auch nöthig oder nützlich war, ein Gewäsch (wie man es wirklich manchmal nennen kann), das solche Berichtigungen nöthig machte, und von des sen Gegenstande wir schon besser unterrichtet waren, erst noch drucken zu lassen? Im Allgemeinen aber dürfte es wohl nöthig seyn, von der Einseitigkeit und Uebertreibung, in welche die geschichtliche Benutzung der Gesandtschaftsberichte bereits überzugehen droht, allmählig etwas einzulenken, oder doch wenigstens bei dieser Benutzung die Kritik, sowohl in der Auswahl, als in der Mittheilung und Verarbeitung, mit einiger Strenge zu üben.

So wenig nun die vorliegenden Mittheilungen, die uns der Vf. ziemlich unverändert in ihrer ursprünglichen Excerptenform überliefert, eine vollständige Geschichte bilden, so geben sie uns doch aus den Kreisen, innerhalb deren sie sich bewegen, manche schätzbare Nachricht, um deren willen wir freilich auch manches Uninteressante mit in den Kauf nehmen müssen. Im Eingehen auf das Einzelne wollen wir uns hier auf das, was Friedrich II., seine Thaten und seinen Staat betrifft, beschränken. Sehen wir nur auf die Resultate, welche aus dem Mitgetheilten für die Geschichtskunde an sich hervorgeben, und lassen alles das fahren, was blos subjective Ansicht der einzelnen Gesandten ist, die sich darin aussprechen, so können die Nachrichten, die uns hier vorgelegt werden, nur dazu dienen, den Ruhm Friedrichs II. zu erhöben, so wenig dies auch die Berichterstatter selbst zuweilen gewollt haben, und so wenig selbst der Vf. die Absicht, dies zu erreichen, zur Schau trägt. Vielmehr läfst sich der Vf., zumal in den Zeiten des österreichischen Erbfolgekriegs, angelegen seyn, auch Friedrichs Gegner zu vertheidigen, und ihr Recht, auf ihrem Standpunkte, nachzuweisen, während er Friedrichs Thaten nicht so sehr aus dem Gesichtspunkte des äufseren Rechts, als der inneren weltgeschichtlichen

Nothwendigkeit und geistigen Ueberlegenheit, rechtfertigt. Obgleich nun nicht zu leugnen ist, dafs dieser Gesichtspunkt bei der Beurtheilung aller weltgeschichtlichen Thatsachen, noch mehr als man gewöhnlich zu thun pflegt, festgehalten, und das Üebergewicht des Geistes über den Buchstaben anerkannt werden mufs, wenn man sich nicht in tausend Labyrinthe und unnütze Streitfragen verwickeln will; so scheint es uns doch ein gefährlicher, zu mancherlei bedenklichen Folgerungen verleitender, und mindestens doch etwas zu unbehutsam ausgesprochener Grundsatz zu seyn, wenn man das buchstäbliche Recht so gar zu gering anschlägt, wie der Vf. S. 85 u. f. thut. Auch ist die Anwendung seiner Grundsätze auf den eigentlich in Rede stehenden Fall (Friedrichs II. Benehmen gegen Oesterreich im Jahre 1740) nicht ganz richtig. Der Vf. scheint nemlich, für die rechtliche Beurtheilung dieses Benehmens, vorauszusetzen, dafs Friedrich eigentlich durch die von seinem Vater angenommene pragmatische Sanction verbunden gewesen sey, die österreichischen Staaten in ihrer damaligen Integrität zu erhalten, dafs er also, indem er dies nicht that, auch von Seiten des strengen Rechts nicht ganz zu entschuldigen sey, und der Zorn der damaligen österreichischen Patrioten über sein Auftreten hierdurch gerechtfertigt erscheine. Allein die, auf die pragmatische Sanction begründete Verpflichtung, Maria Theresia's Erbfolge in den väterlichen Staaten anzuerkennen (wozu Friedrich auch jederzeit bereit war), schlofs ja keineswegs die Berechtigung aus, seine eignen Ansprüche auf einige, mit diesen Staaten ungebührlich vereinigte Fürstenthümer, die er auch gegen jeden andern Inhaber der österreichischen Länder zu behaupten befugt war, geltend zu machen; und wenn er seinen, der Maria Theresia zu leistenden Beistand von der Befriedigung jener Ansprüche abhängig machte, so geschah dies mit eben der Consequenz, mit welcher man im Privatrechte verlangt, dafs jeder, der eine Erbschaft antritt, auch die auf derselben haftenden Schulden abtragen soll. Behauptet nun der Vf,, dafs es doch eigentlich nicht dieser Rechtsgrund war, durch den Friedrich zum Kriege bestimmt wurde, so ist dies erstlich eine reine Gewissenssache, die als solche vor kein menschliches Urtheil gehört; sodann läfst sich dieser Satz auch umkehren, und behaupten, dafs eben so wenig bei den österreichischen Patrioten der Unwille über die Unternehmungen des Königs von Preufsen aus ihrem Rechtsgefühl, sondern vielmehr aus dem gekränkten Stolze, dafs der ehemals so gering geachtete Kurfürst von Brandenburg es wagte, sich als gleichberechtigt neben das grofse Haus Oesterreich zu stellen, hervorging; ferner hatte Friedrich das theure Vermächtnifs seines Vaters auf sich, ihn und sein Haus für die seit langen Jahren von dem österreichischen Hofe erduldeten Unbilden zu rächen; und endlich, da Friedrich durch die schnöde Abweisung aller seiner gütlichen Vorstellungen und Erbietungen von allen Seiten des österreichischen Hofes genöthigt wurde, den Krieg

« ZurückWeiter »