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hatten unsere Monarchianer nur zu helle Augen, zu offenen Verstand, um aus der heiligen Schrift und nach der unverfälschten Ueberlieferung, die sich unter ihnen als Bischöfen erhalten, den Beweis zu führen, dafs die Trinitätslehre, wie sie in ihrem ersten Entstehen von den meisten Hierarchen war angenommen worden, zum Tritheismus führe, und mit Joh. 17, 3. 1 Tim. 2, 5 u. a. nicht vereinbart werden. könne.

Ueberhaupt hat der Vf. den Kampf dieses Judenchristenthums und des Heidenchristenthums, auf dessen Veranlassung so viele Paulinische Briefe, die Johanneischen Schriften u. a. verabfafst worden, in der apostolischen Periode nicht hinlänglich geschildert. Hätte er diefs in genetischer Weise gethan, so würde er von selbst eingesehen haben, wie sehr man auch den späteren judaisirenden Secten Unrecht thue, wenn man sie unter diejenigen stellt, welche selbstgefällig neue Systeme hätten aufbauen, die christliche Lehre verfälschen, und sich von der gemeinen Kirche scheiden wollen. Sie waren ja nur Nachkommen der apostolischen Judenchristen. Eben so wenig entspricht aber jene Charakteristik dem Geiste der Gnosis. Es giebt eine ganz falsche Ansicht über den Geist und Zweck der so tiefen, consequenten, eifrigen Anhänger derselben, wenn der Vf. S. 129 sagt, zum Christenthume übergetretene, vormals jüdische oder heidnische, orientalische Theosophen hätten den Gegensatz einer esoterischen Priesterlehre und eines exoterischen Volksglaubens auch der christlichen Kirche aufnöthigen wollen, wenn man ihnen eine, die evangelische Lehre im innersten Grunde verfälschende, esoterische speculative Religionsphilosophie beilegt. Die Gnostiker nahmen auch das Christenthum in das Gebiet ihrer philosophischen Speculation auf, wie es die Philosophen aller Zeiten gethan haben. Und war etwa ihre Ansicht von Christus, seiner Natur und seinem Werke so ganz unwürdig? Auch der Montanismus erscheint in einem anderen Lichte und gewinnt geschichtlichen Grund, wenn wir bedenken, dafs die Lehre von der Fortwirkung des heiligen Geistes in der Kirche schon allgemein feststand; dafs daher Montan, im Sinne seiner Zeit, nichts Neues oder eigentlich Ketzerisches lehrte, wenn er eine strengere Kirchendisciplin, als vom heiligen Geiste für die Kirche geboten, darstellte. Den Zug der Häresicen beschliefsen die vom Vf. sogenannten rationalisirenden Secten." Es werden darunter die Monarchianer verstanden, die sich jene Bezeichnung, womit ihnen aber der Vf. offenbar sehr wehe thun will, immerhin gefallen lassen mögen: die man auch Sectirer nennen mag, aber mit nicht mehr und nicht weniger Recht, als wenn die strengen Katholiken die Evangelischen, oder als wenn etwa die unirte Preufsische Landeskirche die strengen Lutheraner zu den Secten und Sectirern rechnet, wie von jeher die Landes- und Reichskirchen nicht blos heterodoxe, sondern auch hyperorthodoxe mit Intoleranz und Anmafsung auftretende Parteien von sich ausgestolsen haben. Allerdings rationalisirten diese Secten, indem sie die biblische, altapostolische Auffassung der Lehre von Vater, Sohn und Geist zu behaupten suchten, aber höchstens bei einem Polterer, wie weiland Epiphanius, verdient es einige Entschuldigung, wenn Männer der Vorzeit, die ihr Christenthum, wie Praxeas, Noetus u. a., unter Verfolgung standhaft behauptet hatten, auf eine so lieblose Weise charakterisirt werden. Wo steht denn in der Schrift etwas deutlich geoffenbart von den drei Personen in der Gottheit? Im Gegentheile

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Wie die Geschichte der Glaubenslehre, so kann auch die Geschichte der äufseren Gemeinschaft der Kirche nach Grund und Folgen nicht gehörig ins Licht treten, wenn wir nicht von dem Standpunkte der Episcopalhierarchie ausgehen. Werfen wir hier einen Blick auf das sogen. Schisma der Donatisten, so scheint es uns nicht geeignet, die richtige Ansicht über dieses Schisma einzuleiten, wenn der Vf. S. 231 bemerkt: Wenn nie die Kirche ihren wesentlichen Charakter der Einheit verlieren durfte und konnte, so konnte sie diefs am wenigsten nicht einmal aufserlich zu einer Zeit, wo auch die äufsere katholische Kirche noch so viel inneres Leben besafs, und so fest die reine Lehre (wirklich? Gehört etwa dazu auch die Lebre von der Hierarchie?) behauptete, wie im 4ten Jahrhundert, und ernster Kampf mit schwürmerischem Separatismus, wo er sich zeigte, war daher jetzt unumgänglich. Der Hauptkampf dieser Art war der mit dem Donatismus. Unwillkürlich geräth man dadurch auf die Meinung, als hätten die Donatisten von Hause aus die Einheit der Kirche vernichten wollen. Auch aus dem, was der Vf. weiter unten von dem Grunde sagt, warum sie sich von ihren Gegnern getrennt, wird ihr eigentlicher Ursprung nicht einleuchtend. Sie sollen sich nämlich dadurch von ihren Gegnern theoretisch geschieden haben, dafs sie die Prädicate der Reinheit und Heiligkeit, die allerdings der Kirche in ihrem Wesen gebühren, auch durchaus auf die Kirche in ihrer Erscheinung im gegenwärtigen Zeitlaufe, der sie doch nur approximativ zukommen, übertrugen, widrigenfalls eine Kirche, möge sie in Stiftung und Lehre eine apostolisch-katholische seyn oder nicht, aufhöre, eine christliche Kirche zu seyn. Ganz anders werden wir Ursprung und Wesen dieses Schisma beurtheilen, wenn wir dasselbe aus rein hierarchischem Gesichtspunkte auffassen. Persönlichkeit hatte, wie ja fast alle Streitigkeiten, auch über Glaubenslehren, den Streit angeregt, und die wichtigste Streitfrage blieb, wie sie noch zuletzt auf der magna Collatio verhandelt wurde, die, ob Felix Traditor gewesen sey oder nicht. War er diefs wirklich und das scheint aus vielen Gründen das Wahrscheinlichste so waren die Donatisten als solche keinesweges schwärmerische Separatisten, sondern sie erhielten eigentlich, nicht ihre Gegner, die Einheit und Heiligkeit der katholischen Kirche nach damaligen Grundsätzen: denn dafs sie doch endlich der Uebergewalt unterliegen mufsten, beweist nicht die Unrechtmälsigkeit ihrer Sache. Der Vf. hat auch diesen Paragraph in der zweiten Aufl. durch eine lange Einschaltung (S. 233 fg.)

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erweitert, aber hier den Hauptpunkt des ganzen Streites nur am Schlusse berührt, dafs nämlich die Donatisten die von einem nach Lehre oder Leben Excommunicationswürdigen ertheilte Ordination für an sich ungültig, die Katholischen dagegen für gültig erklärt hätten. Dieses letzte ist nicht einmal ganz richtig, denn nicht die von einem Excommunicationswürdigen ertheilte Ordination hielten die Donatisten für ungültig, sondern die von einem wirklich Excommunicirten geschehene, und als solcher galt factisch jeder traditor, der wenn er ein höherer Kleriker war, schon durch die Ueberlieferung der heiligen Schriften die Gabe des heiligen Geistes, mithin auch das Recht verloren hatte, eine gültige Ordination vorzunehmen. In dieser Ansicht stimmten aber die Donatisten mit ihren Gegnern vollkommen überein, und das ganze Schisma würde unterblieben oder bald beseitiget worden seyn, wenn man sich, ehe weitere Schritte geschahen, über den Felix von Aptunga, den angeblichen traditor, hätte vereinigen können und wollen.

Diese Bemerkungen mögen genügen, um den Vf. darauf aufmerksam zu machen, wie er von seinem dogmatischen Standpunkte aus gar Manches in einem falschen Lichte erblicken musste. Noch sichtbarer wird diese Befangenheit da, wo es auf die Geschichte solcher Begebenheiten und Glaubenslehren ankommt, welche die Stützpunkte seiner Dogmatik ausmachen, und es kann uns nicht befremden, wenn dem gelehrten, echt christlich denkenden und lebenden Pelagius S. 325 die härtesten Vorwürfe gemacht werden. Er soll nicht gewohnt gewesen seyn, sich unbedingt unter das göttliche Wort zu beugen, er soll dasselbe vielmehr unbedenklich nach seinem Sinne gedreht haben; er soll die Grundlehren des Evangeliums von dem Verderbnifs der menschlichen Natur und von dem inneren heiligenden Einflusse der göttlichen Gnade auf dieselbe aus der christlichen Dogmatik (aus welcher? möchten wir fragen) ausgemerzt, dadurch der Lehre von der Erlösung ihre wahre und eigentliche Bedeutung, wenn auch unwillkürlich, genommen und die Verwandlung der geoffenbarten Religion in einen nackten Naturalismus unbewufst zwar, aber gründlich vorbereitet haben. Mit welcher Vorliebe und liebevollen Parteilichkeit" dagegen von Augustin die Rede seyn werde, erräth jeder von selbst.

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Der Antiochenischen Schule wird S. 286 ständige und vernünftelnde Klarheit" zugeschrieben, die Chrysostomus durch die Innigkeit und Beredsamkeit seines christlichen Herzens ergänzt habe, wobei der Vf. vielleicht nicht vor Augen hatte, dafs sowohl die exegetische als die dogmatische Ansicht dieser Schule im Grunde die kirchlich herrschende geworden ist.

Characterisch für die Denkweise des Vfs. über die Wunder ist dasjenige, was er S. 345 über die Wunder Muhammeds sagt, den er ungeachtet der ausdrücklichen Versicherung des Koran,,Isa (Jesum) habe Gott mit Wundern gesandt, Muhammed mit dem Schwerte" und ungeachtet es ihm bekannt ist, dafs kein gleichzeitiger Schriftsteller dergleichen berichte, dennoch dergleichen verrichten läfst, aber durch dämo

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nische Kunst. Im Texte sagt er:,,er entstellte sie (die Wahrheit des A. u. N. T.) aber in der Folge, all ibrer characteristischen Eigenthümlichkeit sie entkleidend durch dämonische Kunst zur Lüge und zum Deckmantel der Sünde" und macht zu dâm nischer Kunst" die Anmerkung: was Muhammed, der freilich öfters im Koran die eigentliche Wundergabe sich abspricht, spätern Berichten zufolge etwa wirklich Wunderhaftes verrichtet hat (etwa sein so kräftiges Gebet, dafs ihm die Mondsichel in den Aermel fiel? Rec.) und was an ihm Wunderbares geschehen ist, sofern dieses nicht auf phantastischer Selbsttäuschung oder eiteln Betrug beruht hat, gehört auch und vorzüglich hieher." Wie kann aber von Selbsttäuschung, Betrug oder gar dämonischer Kunst zum Wunderthun die Rede seyn, wo Muhammed selbst wiederholt sagt, dafs er keine Wunder gethan habe? Fast unwillkürlich wird man an die Pariser Jesuiten erinnert, welche die Wunder der Appellanten nicht, wie es in ihrem Interesse seyn konnte, mit einem grofsen Theil des Publicums in Abrede stellten, sondern die Thatsachen in Schutz nahmen und nur vom Satan ableiteten, weil sie einer nicht mit dem Papst in Verbindung stehenden Kirche angehören. Was den zweiten Band oder die neuere Kirchengeschichte betrifft, so ist schon oben bemerkt worden, dafs die Behandlung des ersten und Haupttheiles derselben, der Geschichte der kirchlichen Reformation, im Allgemeinen dem Vf. sehr wohl gelungen ist. Recht geschickt hat derselbe die eigenen Worte der handelnden Personen aus ihren Reden oder Schriften in den Gang der Erzählung einzuweben oder in den Noten beizusetzen gewufst, und trotz der nothwendig zu beachtenden Kürze, gewinnt das Ganze dadurch, so wie überhaupt durch die Lebendigkeit der Darstellung, grofses Interesse. Man sieht und fühlt, der Vf. schreibt hier vertraut mit den Quellen, begeistert für die grofse und heilige Sache, und wir wüfsten nicht, in welchem Handbuche diese Partie gelungener wäre. Freilich stöfst man auch hier wiederholt auf Stellen, besonders in der 2ten Auflage', die der Eifer gegen die Union dem Vf. eingegeben hat. So nimmt S. 178 über den Anfang der Abendmalsstreitigkeiten zwischen den deutschen und schweizerischen Reformatoren einen neuen Anlauf (S. 793 u. 794); gleich von vornherein wird des edlen Zwingli schriftgemäfse Lehre vom Abendmahle als eine Frucht derselben spiritualistischen (?) Verirrung und Einseitigkeit bezeichnet, aus welcher Münzers und der Wiedertäufer Irrthümer hervorgegangen; der Kampf gegen diese Irrung habe um so ernster seyn müssen, da sie bald, und je länger je mehr, als das Centrum und Schibboleth aller einseitigen und falschen reformatorischen Subjectivität habe erscheinen müssen. Ja es ist sogar in der Ueberschrift von einem beginnenden Kampfe gegen einreifsende häretische Verirrung in der Abendmahlslehre die Rede, und wohl nur aus demselben Grunde wird nun in dieser Aufl. Zwingli S. 802 als ein Mann geschildert, dessen religiöses Leben und dogmatisches System sich nicht so wie das Luthersche, kräftig nämlich, tief und

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wahrhaft frey durch gewaltige innere Gährung von einem einzigen Punkte aus, dem innersten Centrum des ganzen Christenthums, dem Glauben, dem lebendigen Glauben an Christum, den lebendigen ganzen Christus, dem unbedingten (?) Glauben ans ganze göttliche Wort; Zwingli sey vielmehr von der Peripherie des Christenthums, von der Wissenschaft, von dem Streben ausgegangen, die Lehre und das ganze Wesen der Kirche als recht und vernünftig zu erkennen. Ist es das etwa nicht? dann wehe ihm! S. 704 der zweiten Auflage wird Plank's Werk über die Reformationsgeschichte, worin Zwingli'n öfter gegen Luther recht gegeben worden, als,,leider rationalisirend" charakterisirt; dem Erasmus wird S. 723 ein,, rationalistischer Standpunkt", wegen seiner Ansicht von den Folgen der Reformation, beigelegt; von Melanchthon gesagt: sein kindlich einfältiges Gemüth, schon frühzeitig durch Studium der heil. Schrift geleitet, habe sich der evangelischen Wahrheit rücksichtslos und ganz dahingegeben", aber in der zweiten Aufl. S, 753 mit dem Zusatze:,, leider in demselben Mafse rücksichtslos und ganz nur nicht für immer." Man sieht leicht, aus welchen Gründen Melanchthon sich dieses unbillige Urtheil gefallen lassen mufs; der Vf. besann sich, dafs derselbe nicht immer Stock lutheraner geblieben, dafs er in der Lehre vom freien Willen und dem Abendmahle selbständig sich der einfachen Schriftlehre wieder zugewandt hatte, und diefs heifst nun, der evangelischen Wahrheit untreu werden. Dagegen findet sich hier und da auch ein Zusatz, der, obschon aus ähnlichem Interesse hervorgegangen, eber Entschuldigung verdient. So S. 842, wo von der Union mit den Schweizern die Rede ist, und er noch einige Stellen aus Luther's Briefen hinzugefügt hat, um bemerklich zu machen, dafs eine sogenannte Conservative Union ganz und gar den Ansichten des grofsen Reformators zuwider gewesen sey. Eine andere Frage bleibt es freilich, ob dessen dogmatische Ueberzeugung auf dem Grunde der reinen Schriftlehre beruhete, sodann, ob sein Betragen apostolischweise war. Mitunter hat auch der Vf. in der neuen Auflage durch kleine Veränderungen angedeutet, wie fest er bei seinen Grundsätzen zu verbarren gedenke. So sagte er früher S. 707 von der Augsburgischen Confession, es habe dieses erste und gemeinsame evangelische Glaubensbekenntnifs vollständig, wahr und kräftig das materielle Princip dargestellt, welches für alle Zeiten die Basis der evangelischen und insonderheit Lutherischen kirchlichen Gemeinschaft bilde. Jetzt aber lautet der letzte Satz S. 852 folgendermalsen:,, welches für alle Zeiten die unerschütterliche Basis der erneueten und wahrhaft gereinigten Kirche bilden mufs." Wie vielfach irrig diese Behauptung sey, hätte dem Historiker als solchen nicht entgehen sollen. Die Augustana Confessio sollte ja bekanntlich ursprünglich, wie sie auch Luther nennt, nur eine Apologie seyn; sie sollte dazu dienen, den Gegnern zur Vereinigung in der streitigen Religionssache die Hand zu bieten, und deshalb dem

Kaiser offen darlegen,, unsere Pfarrherrn, Prediger und ihrer Lebren, auch unseres Glaubens Bekenntnils, was und welcher Gestalt sie aus Grunde göttlicher heiliger Schrift in unsern Landen, Fürstenthümern, Herrschaften, Städten und Gebieten predigen, lehren, halten und Unterricht thun." Wo aber haben damals ihre Verfasser und Vertreter erklärt, sie müsse die unerschütterliche Basis der lutherischen Kirche bilden? Als solche Basis erkannten sie nur die heilige Schrift oder, wie es im lateinischen Exemplar heilst, die Scripturae sacrae et purum Dei verbum an, und nicht einmal von der uralten kirchli.chen Ueberlieferung, auf welche nach dem Vf. neben der heiligen Schrift die Conf. Aug. gegründet seyn soll, ist in der Praefatio die Rede. Dem Rec. ist diese Confession ein eben so theueres und werthes Buch, aber nur als historische Basis der evangelischen Kirche, nicht als die untrügliche Auslegung des Schriftwortes, sondern, nach der Grundlehre der ConcordienFormel, gehörig zu den reliquis sive Patrum sive Neotericorum scriptis, quocunque nomine veniant, sacris litteris nequaquam aequiparandis. Ueber das Zerrbild, welches der Vf. zu Ende des Werkes von der rationalen Denkweise der neueren Zeit, die er auf das Plumpste mit Naturalismus, Atheismus, und Radicalismus jeder Art zusammenwirft, verlieren wir kein Wort. Niemand wird darin das so natürliche Bestreben einer wissenschaftlichen Zeit, die christlichen Religionswahrheiten durch Vernunft und Philosophie aufzuklären, wieder erkennen, und nur zur Charakteristik des Vfs, führen wir an, was er II. S. 897 vom Werthe der Philosophie sagt:,,Jede Philosophie, die nicht auf der Anerkennung des tiefen, nur durch die Wiedergeburt zur Kindschaft Gottes zu hebenden Grundverderbens der menschlichen Natur beruhet, kann ja die wahre nicht seyn. Sie ist wesentlich heidnisch"; in der neuen Auflage noch mit dem Zusatze: Diefs moderne Heidenthum, ins Leben geführt, wie es ein neuer Aristoteles der ernsten Wissenschaft manifestirt hatte, repräsentirte Göthe." Eben dahin gehört, dafs die Kantische Philosophie (S. 1084) der französischen Revolution an die Seite gestellt, und ihr der Vorwurf gemacht wird, sie habe ihren Schutz und ihre Hülfe geboten der von göttlicher Erleuchtung durch die französische Revolution emancipirten und mündig gemachten Menschenvernunft.

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Eine ernstere Rüge verdient, dafs S. 1279 in den Zeittafeln beim Jahre 1833 von einer,, Lästerung des Wortes vom Kreuze durch Weimarischen Oberconsistorial - Erlafs" die Rede ist. Der neuesten Geschichte der Alt-Lutheraner in Preufsen hat der Vf. weder im Texte noch in den Zeittafeln erwähnt. Papier und Druck sind untadelig, und Druckfebler oder sonstige Versehen gerade nicht häufig. Dabin gehört z. B. Semipelianische Streitigkeiten I, S. 330, und dafs der Vf. stets Bischoff, Bischöffe schreibt. Unrichtig ist auch,, Yatschreb I, 345 f. Yatereb, Medina al Nabi für Medinat al Nabi, arab. ➡✰ und .

ALLGEMEINE

JURISPRUDENZ.

LITERATUR ZEITUNG

Februar 1838.

BRAUNSCHWEIG, b. Vieweg u. Sohn: Die Recuperatio der Römer. Eine rechtshistorische Abhandlung von Dr. Carl Sell. Beitrag zum Völkerrechte des Alterthums überhaupt, insbesondere des Römischen. 1837. XIV und 498 S. gr. 8. (2 Rthlr. 12 gGr.)

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Ziele gesetzt hat, die Recuperatoren als Ausflüsse der Recuperationen, wie vielmehr in ihrer späteren Uebertragungsform auf rein Röm. Processe zu schildern. Die Aufgabe, welche ich mir glaubte stellen zu müssen, war eine andere, nämlich die, das alte Institut der Röm. Recuperatio, welches den Recuperatoren das Daseyn gegeben, vor allen Dingen so erschöpfend wie möglich zu erörtern.' Mehr als Huschke hat Collmann dasselbe Ziel, welches S. verachdem der gelehrte und vielseitig gebildete Ph. folgt, ins Auge gefafst, warum sich der letztere jeEd. Huschke in einem ausführlichen den Analectis lit- doch auch mit dessen Darstellung nicht begnügen terariis seines Oheims beigefügten Excurse (pag. 208 konnte, wird in der Vorrede S. XI dahin angegeben: bis 253) den Römischen Recuperatoren eine beson-,,dafs diese zuletzt bezeichnete Verfabrungsart" (wodere Aufmerksamkeit gewidmet, und jüngst noch nach die Recuperatoren ursprünglicher Bedeutung Dr. Collmann in einer eigenen wohl geschriebenen von den späteren geschieden werden),, zur ErörAbhandlung (de Romanorum iudicio recuperatorio terung des indicium recuperatorium wesentlich sey, commentatio. Berolini 1835) denselben Gegenstand hat auch der jüngste Schriftsteller, der, nach Huscheiner neuen Untersuchung unterworfen hatte, ist zu- ke's Vorgange, das iudicium recuperatorium in einer letzt Hr. Dr. Sell mit seinem inhaltsreichen Werke eigenen Abhandlung dargestellt hat, Collmann nämhervorgetreten, worin er in möglichster Vollständig- lich, gefühlt, indem er die alte Recuperatio der Rökeit alle Andeutungen und Meinungen früherer For- mer von der daraus abgeleiteten Gestaltung der Rescher über die Recuperatoren selbständig geprüft, cuperatoren in späterer Zeit sorgfältig trennt. Alund die ganze Frage in ihrem weitesten Umfange zu lein gleichwohl konnte Collmann meinem Wunsche, lösen sich bemühet hat. Den Hauptgedanken, wel- über den Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung cher in diesem Buche dargelegt wird, dafs nämlich im Klaren zu seyn, keine Befriedigung bieten, weil die Recuperatoren ursprünglich Bundes- Richter ge- ich seinen Ansichten von den alten Recuperationen wesen, d b. dafs sie die Processe, welche Bürger und deren Folgerungen meistens nicht beizustimmen aus fremden mit Rom durch ein wechselseitiges vermochte, und mir auch die daraus hervorgegangeRechts-Schutzbündnifs verbündeten Staaten gegen nen Recuperatoren späterer Zeit nicht in dem UmRömische Bürger und unter sich selbst geführt, ent- fange verfolgt schienen, als es die Quellen gestatteschieden, später aber auch gewisse Klagen Römi- ten." Unser Vf. hat sich in seinem Buche die scher Bürger unter einander abgeurtheilt hätten, die Aufgabe gestellt, theils durch sorgfältige Benutzung sen Hauptgedanken also hat Hr. Sell von seinen der betreffenden Nachrichten alter Autoren, theils jüngsten Vorgängern, namentlich von Heimbach, bei deren Ermangelung durch Hypothesen ein anHeffter, Collmann und anderen beibehalten, zugleich schauliches und umfassendes Bild der Röm. Recupeaber hat er ein bestimmteres Bild von den ältesten ratio zu entwerfen; der Weg aber, welchen er zur sogenannten völkerrechtlichen Recuperationen zu Erreichung dieses Zieles eingeschlagen hat, d. b. die entwerfen, und die Gründe, warum dieselben sich Anlage seines Buches, ist folgender. In einer allgeallmählig umgestalten mussten, im Zusammenhange meinen Einleitung (S. 1-32) wird gezeigt, dafs bei mit der Entwickelung des Röm. Staats und des Röm. den Völkern des Alterthums der Fremde, welcher Rechts nachzuweisen versucht, Ueber das Verhält sich in einem nicht verbündeten Staate aufhielt, als nifs seines Werkes zur Abhandlung von Huschke be- rechtlos betrachtet wurde, und dadurch mancherlei merkt der Vf. (Vorr. S. X) selbst:,, Reichhaltigkeit Gefahren ausgesetzt war; das gegenseitige Bedürfan Quellen, insofern darin der Recuperatoren aus- nifs habe zur Abwendung dieses Uebelstandes Rechtsdrücklich gedacht wird, Scharfsinn im Combiniren Schutzbündnisse zwischen einzelnen Staaten, naderselben, Einfachheit und Klarheit in der Darstel- mentlich zwischen Rom und anderen Staaten, herlung sind Eigenschaften der Huschkeschen Abhand- vorgerufen. Ein Vertrags-Verhältnif's mehrerer lung, die ihr einen bleibenden Werth sichern. Staaten, in gefolge dessen ein wechselseitiger RechtsWenn ich trotz dem durch sie das iudicium recupera- stand anerkannt wurde, hätten die Römer Recuperaterium noch nicht für genügend erörtert hielt, so war tio, und die dabei thätigen Richter Recuperatores gedavon der Grund der, dafs Huschke sich weniger zum nannt. In einem etymologischen Theile (S. 33

bis 43) wird über die Abstammung und die sprach liche Bedeutung von recuperator und recuperatio gesprochen. Darauf folgt ein zweiter historischer Theil (S. 44-444), der in vier Abschnitten darthun soll, wie das in Rede stehende Rechtsinstitut ins Leben tritt und bestehet, sich fortbildet und wieder vergehet. Diese vier Abschnitte handeln A. von den Erfodernissen, durch welche die Entstehung einer Recuperatio bedingt ist, B. von der wirklich bestehenden Recuperatio, und den dadurch ins Daseyn gerufenen iudiciis recuperatoriis, C. von der Entwickelung und Fortbildung der Recuperatoren, D. von dem Verschwinden der Recuperatoren aus dem Römischen Rechte. In einem Anhange wird die ursprüngliche Trias des Röm. Volkes besprochen. Den Schlufs macht ein reichhaltiger Index.

se angedeutet worden seyn: z. B. cum inter liberos po-
pulos et reges nationesque cum peregrinis civitatibus
lex convenit, oder cum inter liberos populos et reges
nationesque et inter peregrinas civitates lex convenit.
Es lassen sich dieser Arten, wie der vom Vf. ange-
gebene Sinn hätte ausgedrückt werden können, noch
andere denken, allein das läfst sich nicht denken,
dafs Aelius Gallus einen solchen Sinn mit solchen
Worten, dafs er überhaupt diesen Sinn habe aus-
drücken wollen. Was das Erste betrifft, so baben
wir blos zu bemerken, dass populus nie so viel als po-
pulus liber heifsen kann, dafs wir ferner civitates pe-
regrinas, und nicht einmal peregrinas civitates in der
Stelle des Aelius Gallus lesen, was doch seyn müfste,
wenn die fremden Staaten mit Bezug auf die vorher-
genannten Glieder populus reges nationesque genannt
wären. Dal's populus soviel als populus liber heifsen
könne, will der Vf. aus zwei Stellen des Cicero be-
weisen, nämlich pro Balbo c. 5. o nationes, urbes, po-
puli, reges cet. und ebendas. c. 6. Pompeii praestabi-
nibus populorum, regum, exterarum nationum. Wenn
wirklich populi bisweilen gleichbedeutend mit populi
liberi wäre, so würden wir dieselbe Bedeutung doch
nicht ohne klare Belege dem Singular beilegen, da
in der lateinischen Sprache mehr als in jeder andern
der Pluralis in einer Menge von Wörtern eine neue
Bedeutung annimmt; allein die angeführten Stellen
beweisen nichts für die vorgebliche Bedeutung, son-
dern enthalten eine gewöhnliche oratorische Anapho-
ra, wodurch ein einziger Begriff, indem er entweder
in seinen Theilen zerlegt oder von verschiedenen Sei-
ten aufgefafst wird, anschaulicher hervortritt. So
steht bei Tacitus Agr. c. 18. qui classem, qui naves,
qui mare exspectabant für das einfache qui classem
exspectabant. Bei Rednern ist diese Wendung be-
sonders häufig, und doch meint der Vf., in den ge-
nannten Stellen des Cicero müfste man die
ste Tautologie" annehmen, wenn populi nicht repu-
blikanische Staaten bedeute. Allein wir bebaup-
teten auch, dafs Aelius Gallus den Sinn des Vfs.
überhaupt nicht, also auch nicht einmal mit anderen
deutlicheren Worten, habe ausdrücken wollen: denn
hätte er dieses gethan, so würde er die Reciperatio
auf Bündnisse monarchischer und republikanischer
Staaten mit anderen Staaten beschränkt haben, d. b.
er würde behauptet haben, dafs unter den beiden
einen Rechts- Vertrag abschliefsenden Staaten der
eine wenigstens ein republikanischer oder ein monar-
chischer seyn müsse. Man sche nur die Worte an:
Die Recuperatio tritt dann ins Leben, wann ein
freies Volk oder Könige sammt ihren Nationen mit
fremden Staaten einen Rechtsvertrag abschliessen."
Nach dieser Definition könnte z. B. zwar zwischen
einem republikanischen und aristokratischen, aber
nicht zwischen zwei aristokratischen, auch nicht
zwischen zwei oligarchischen Staaten ein Rechts-
Vertrag geschlossen werden.
Vertrag geschlossen werden. Aus diesen Gründen
müssen wir die Sell'sche Erklärung obiger Stelle ver-
werfen. Wir stellen ihr die uusrige entgegen. Zuerst

,, crasse

Was wir an dem Buche des Hrn. Sell gern anerkennen, ist die Anlage der Untersuchung, welche ganz darauf berechnet ist, seinen Hauptgedanken von vielen Seiten her zu bewähren und den Mangel inbaltsreicher Angaben durch Benutzung und geschick-lem esse scientiam in foederibus, pactionibus, condicioter Verknüpfung vieler zerstreuter Notizen zu ersetzen, ferner eine Leichtigkeit alte Verhältnisse zu reconstruiren und für das Unbekannte irgend einen Aufschlufs zu finden. Damit wollen wir jedoch nicht behaupten, dafs der Vf. alles, was er zu beweisen suche, auch wirklich bewiesen, oder dafs er von seinen Beweismitteln immer den richtigen Gebrauch gemacht habe. Selbst das, was er sich als die ursprüngliche Bedeutung der Recuperatio und als die älteste Bestimmung der Recuperatores vorstellt, also selbst der Hauptsatz seiner Schrift ist durch die vor liegende Ausführung nur wahrscheinlich gemacht, aber noch keinesweges zu einem sicheren historischen Resultate erhoben worden. Denn der einzige directe Beleg, welcher etwa für die Ansicht, dal's die Recuperatores ursprünglich Bundesrichter gewesen seyen, beigebracht werden kann, ist eine Stelle des Juristen Aelius Gallus bei Festus unter dem Artikel Reciperatio, welche also lautet: Reciperatio est, ut ait Gallus Aelius, cum inter populum et reges nationesque et civitates peregrinas lex convenit, quomodo per reciperatores reddantur res reciperenturque, resque privatas inter se persequantur. Da auf diese Stelle das ganze Gebäude des Hn. Sell sich vorzugsweise stützt, so wollen wir sie einer neuen Prüfung unterwerfen, was uns um so nöthiger scheint, als wir ihm weder in Betreff ihrer Auslegung, noch der daraus entnommenen Folgerungen beistimmen können. Die Erklärung der erwähnten Stelle beschäftigt den Vf. S. 46-51; der Sinn, welcher nach seiner Meinung darin enthalten ist, wäre folgender: „Die Recuperatio kann ins Leben treten sowohl dann, wann ein republikanisches Volk (inter populum), als auch wann Könige mit ihren Nationen (et reges nationesque) ein Rechtsbündnifs mit fremden Staaten (et civitates peregrinas) eingegangen haben.' -Sollten aber die fremden zuletzt erwähnten Staaten dasjenige Glied seyn, welchem alle vorhergehenden entgegengestellt würden, so müsste dieses auf irgend eine Wei

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