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versinnlicht. Schade, dafs der Vf. sich nicht kürzer zu fassen wufste und die Umwege nicht vermied, welche durch Walter Scott fast Mode geworden sind. Eine tadelnswerthe Mode. Es ist fast lächerlich, die Heldin der Novelle sich durch die Formen eines Kameels, eines Hündchens und eines Pagen durchwinden zu sehen, so wie denn auch die Prüfungen beinahe zu langwierig werden. Der Wechsel der Scenen jedoch, der lebendige Gang der Erzählung und die glänzende Diction lassen diese Mifsgriffe leicht übersehen.

Die Rosen und Vergifsmeinnicht, welche sonst gesondert ihr Glück in der Welt zu machen suchten, haben sich für 1838 vereinigt (Leipzig, b. Leo) uni treten mit jugendfrischem Glanze auf, zu dem freilich die Widmungsverse, holpricht und prosaisch, wie sie sind, nichts beitragen. Man höre die Rosen: Komm, liebliches Vergissmeinnicht, und winde In unsern Kranz symbolisch Dich auch ein, Dass man vereinet hier uns beide finde, Nie mehr getrennt von heute an zu seyn.

Ich blühte eh' als Ihr, doch gern verbunden
Will ich mit Euch nun bilden einen Kranz,
Dess Blüthen duften durch vertraute Stunden,
Mit höherem wie mit bescheidnem Glanz.

ten, obgleich nicht zu kleinen Druck bei. Der vor
uns liegende neue Jahrgang für 1838 bleibt auch in
so fern seinen Vorgängern ähnlich, als er, wie diese,
das Portrait eines ausgezeichneten Schriftstellers
mittheilt. Die Wahl des Verlegers ist dieses Mal
auf den Verfasser der Todtenkränze (Hn. v. Zedlitz)
gefallen. Der kurze, dicke, bequemlich auf einen
Ruhestuhl hingegossene, sorgfältig geputzte und fri-
sirte Dichter entspricht der Idee nicht, welche man
sich von einem deutschen Poeten macht; die Fort-
schritte der Zeit versprechen jedoch, dafs derglei-
chen behagliche Dichterexistenzen weder Ausnah-
men sind, noch lediglich durch die Willkür des Ma-
lers oder Zeichners zur Anschauung kommen. Die
übrigen Stiche verdienen alles Lob. Der Gedanke,
Meisterwerke von Zöglingen der Düsseldorfer Schu-
le für die Urania nachzeichnen und stechen zu lassen,
ist patriotisch und wird diesem Taschenbuche viele
neue Freunde gewinnen. Bekömmt man durch solche
Kopien auch nur ein sehr unvollkommenes Bild von
dem, was der Künstler wollte und was er leistet; so
machen sie den Beschauer doch stets mit dem Geiste Das Vergifsmeinnicht antwortet:
und Charakter des Künstlers im allgemeinen bekannt
und können als Vorstudien für die dienen, welche
sich mit den Originalen bekannt machen wollen.
Wir finden hier die Nachbildungen folgender Gemäl-
de: 1. Die beiden Leonoren nach Sohn einfach
edel in jeder Hinsicht; dem Beschauer wird es
schwer, zu sagen, welcher der beiden herrlichen
Frauengestalten er den Vorzug geben soll. Der Cha-
rakter des Ganzen ist, wenn wir so sagen dürfen,
Goethe'sche Einfachheit und Gröfse. 2. Don Qui-
xote von la Mancha, nach Adolph Schrödter.
Das
Original ist jetzt das Eigenthum des Hn. G. Reimer
zu Berlin und zeichnet sich durch echt künstlerische
Auffassung des Charakters des berühmten Helden
und die sorgfältigste Ausführung aus. 3. Rothkäpp
chen, nach Hermann, Kretschmer.
Der herrliche
Kontrast zwischen Jugend und Alter allein schon
mufste diesem Bilde Freunde gewinnen, wäre auch
nicht das Ganze von dem romantischen Mährchenzau-
ber überduftet. 4. Die Mädchen am Brunnen, nach
Bendemann, einem der talentvollsten Schüler des
trefflichen Schadow. 5. Der Heirathsantrag auf Hel-
goland, nach Rudolph Jordan, ist bereits sehr be-
kannt, und der Scene aus der Sündfluth hätten wir
gern entbehrt, wie denn die Sündfluths-Scenen in
der neuern Zeit zu den abgenutzten gehören. Unter
den literarischen Gaben (,, Biondetten," Novelle von
einem Ungenannten,,, Elvira," von Ludwig Rellstab
und die Bekenntnisse," von Friedrich v. Heyden)
zeichnen wir Biondetta vorzüglich aus. Elvira" ist
ohne Phantasie, die Bekenntnisse" ermangeln einer
poetischen Grundidee, während die Novelle,, Bion-
detta" den Anforderungen der Kunst fast durchweg
entspricht. Die vorwaltende Idee, obgleich bereits
vielfach und von Genien der ersten Geltung beban-
delt, ist neu und anziehend erfafst, geistreich darge-
stellt und bis in das Detail mit lebendigen Farben

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Unter den Stichen zeichnen wir Saragossa" (von
Carl Mayer zu Nürnberg gestochen) vorzüglich aus.
Es ist etwas Möbeartiges in dieser Gruppe, zu dem
der düstere Ton des Ganzen, die Waffen umher, der
Brand im Hintergrunde vortrefflich passen. Inhalt:
1. „Der Geiger," Phantasiegemälde von Ludwig Rein.
Wir gestehen, dafs es uns etwas zu bunt in diesem
Phantasiebild hergeht und dafs von vorn herein alle
Wahrscheinlichkeit durch den Umstand gestört wird,
dafs der Geiger selbst erzählend auftritt; niemand
glaubt, dafs ein Geiger so taschenbuchnovellenartig
erzählen könne und so ist es alsbald um die Illusion
gethan. Wenn es diesem Gemälde nicht an glänzen-
den Farben und ergreifenden Situationen und dem
ganzen Apparate einer ebenbürtigen Taschenbuchs-
novelle fehlt, so dürfte man vor allem Phantasie ver-
missen, da man durch die Ueberschrift vorzüglich an
diese verwiesen ist. — 2. Fürsten und Künstler,"
oder Dresden im Jahre 1698, historische Novelle von
E. Gehe
eine sehr gelungene Erzählung, voller Le-
ben und Interesse. 3.,, Der Guerillenhäuptling,"
Novelle von Robert Heller, nicht ohne Raschheit und
Frische vorgetragen, aber oft gegen das Costüm sün-
digend. —

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4.,, Lothar," romantische Erzählung nach Begebenheiten unserer Zeit, von Isidor. Unsere Zeit ist so unromantisch, dafs ganz andere Hebel, als die, welche dem Pseudonymen Isidor zu Gebote stehen, in Anwendung gebracht werden müssen, wenn sie in romantischen Tinten erscheinen soll. Man mufs jedoch gestehen, dafs der Vf. mit Geschick zu combiniren und mit Anmuth zu erzählen weifs; einzelne Gemälde der südlichen Welt sind glänzend gelungen.

(Der Beschlufs folgt.)

ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

Der

Januar 1838.

Taschenbücher für 1838.
(Beschlufs von Nr. 18.)

er Delphin, ein Almanach von Th. Mundt (Altona b. Hammerich) erscheint für 1838 zum erstenmal, hat keinen Goldschnitt, keine Gedichte, und nur einen Stahlstich, dem wir keinen Geschmack abgewinnen können, obgleich die Arbeit sehr fleifsig ist. Den Hauptinhalt des Büchleins macht eine Novelle aus, welche den Titel führt:,,Mutter und Tochter." Von Herrn Mundt hätten wir etwas Vorzüglicheres erwartet. Ein junger Taugenichts lernt auf dem Dampfschiff zwischen Coblenz und St. Goar eine Russische Gräfin und deren Tochter kennen, betheuert einem Freunde gegenüber, er werde diese Gräfin noch vor Ablauf von drei Tagen eheligen und hält, mittelst einer schon vor mehreren hundert Jahren von Novellenschreibern abgenutzten List (er thut, als sey er dem Tode nahe und bittet als letzte Gunst um ihre Hand) Wort, reist mit der Gattin auf ihre Güter, wo er sich in die Tochter der Gräfin verliebt, diese in wenigen Stunden kirrt und zur Flucht überredet. Zu Mainz endlich ereilt ihn sein Schicksal und einer seiner ehemaligen Freunde überliefert den Dieb, Betrüger und Mörder den Gerichten, Gräfin Mutter kommt noch zeitig genug aus Kurland, um sich mit dem Helden zu vergiften, während ihre Tochter ein Gegenstück des ewigen Juden abzugeben und ihr Leben fortan stets auf Reisen zu verbringen beschliefst. Und einen solchen Stoff hat Hr. M. in 232 S. ausgesponnen!,,Vertraute Briefe aus Hamburg" viel müfsiges Geschwätz, wie es in den Correspondenzartikeln der belletristischen Zeitungen zu lesen ist. Die Philosophie der Déjazet" — gute und schlechte Einfälle dieser bekannten Schauspielerin, die mit Talleyrand wenigstens das ähnlich hat,,dafs man ihr eine Menge Bonmots in den Mund legt, an welche sie nicht dachte. Wir finden kein grofses Verdienst darin, dergleichen aufzulesen und aneinander zu reihen.

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Zuerst be

eher der Art, als litte die Aermste an Zahnweb. Folgen nun die beliebten Volkscenen in einer neuen (der vierten) Ausstellung und zwar sehen wir zuerst ein,,Römisches Fuhrwerk" der Stadt entgegen eilen; ohne den echt römischen Hintergrund würde man hier wenig Charakteristisches finden; desto origineller und wahrer ist,,der Eselsritt in der Campagna." Das ganze Bildchen lebt, die Figuren bewegen sich, die Kräuter an dem kühlen Felsen duften und der Wind fächelt Kühlung und bewegt die Blätter der Büsche. Eben so heimisch fühlt man sich „vor'm Hause bei Albano." Den Beschlufs machen „Eine Araba mit türkischen Frauen" und,,Rippoldsau," das letztere ungemein zart und duftig gehalten. Der literarische Inhalt ist sehr mannigfaltig. gegnen wir einer Novelle von Wilhelm Blumenhagen die Colonisten" betitelt und ganz in dem breit behaglichen Tone vorgetragen, von dem sich der Vf. nicht mehr trennen zu können scheint.,,Fragmente aus dem Tagebuche einer Fürstin," mitgetheilt von Wilhelm v. Lüdemann. Langweilig. Die Blutbrücke." Novelle von Arnold- wird echten Taschenbuch - Leserinnen ungemein gefallen. „Der Fluch des Mauren," von W. Alexis, gut erzählt. Unter den Gedichten findet man manche sinnige Gabe. Agnes Franz theilt einen Sonettenkranz mit, der zarte Gefüble in meisterhafter Form ausspricht. ,,Schlummerlied des Herzens" und „,des Dulders SchlummerHammerlied lied" verdienen hervorgehoben zu werden. A. G. Eberhard theilt einige Gedichte mit, welche sich wenigstens durch äufsere Anmuth empfehlen. Gabriel Seidl und Johann N. Vogl liefern einige bescheidene Gaben; das erstere Gedicht,,die beiden Kirchlein" und ,,nächtliche Rast" sind lieblich. ,,Carta bianca" von Braun v. Braunthal sehr gefühlvoll. W. Kilzer ist gerade in dem Genre, welches er sich dieses Mal gewählt, nicht glücklich; ans dünkt, er sollte dem Liede, was an den Volkston streift, getreu bleiben und sich von der descriptiven Poesie fern balten. " Der Stundenzeiger des Herzens" von Th. Hell beschliefst den Inhalt dieses niedlichen Taschenbuchs.

Die

Der sieben und zwanzigste Jahrgang der Penelope (Leipzig b. Hinrichs) bietet uns als Titelkupfer das Bild der Prinzessin Amalia von Sachsen, deren Stirne nicht nur die Fürstenkrone, sondern die schönere und heitere der Dichtkunst schmückt. Dieses Taschenbuch hätte Deutschland keine angenehmere Gabe bringen können! - Ein zweiter Stahlstich „Eliza" ist nicht ansprechend; diese Dame schaut angeblich nach ihren jungen Gatten aus, der eine Seereise gemacht; Stellung und Gesicht sind aber

Joh.

Die Cornelia (Heidelberg b. Engelmann) war vielleicht nie so geschmückt wie in diesem neuen Jahrgange - ihrem drei und zwanzigsten in die Welt getreten. Das Titelkupfer -die junge Königin von Griechenland - ist von Eduard Schuler mit seiner be

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Zum ersten Male erscheinen (bei Chr. Belser zu Stuttgart),,Weihnachtsblüthen", ein Almanach für die christliche Jugend auf das Jahr 1838. Herausgegeben von Gustav Plianingen. Die äufsere Ausstattung dieses Taschenbuchs ist ansprechend, die Kupfer ziemlich hübsch und der literarische Inhalt dem Zwecke des Almanachs entsprecheud. „Jakob und Christine, oder die Geschwister von Marienthal" von dem Herausgeber - eine einfach vorgetragene Erzählung, belehrend und unterhaltend. Die Wahl des Hirtenknaben", eine Erzählung nach dem Englischen von Chr. Barth. Wenn wir nicht irren, findet sich eine Bearbeitung dieser anziehenden Erzählung schon in einem schöngeistigen Blatte Norddeutschlands. -,, Die Geschichte eines Leinsamenkörnleins", erzählt von J. C. F. Burk. Die Absicht des Vis. ist lobenswerth, und sein Darsteller-Talent erinnert oft an unsern herrlichen Zschokke. Michael Morieu, oder, wo ist er?" Eine Erzählung von Christoph Möhrle. Auch hier ist die Tendenz zu preisen, aber der Vf. hat die Gabe nicht, den Ton zu treffen, welchen dergleichen Darstellungen fordern, wenn sie ihrem Zwecke entsprechen sollen. Wanderung durch das heilige Land" von Ludwig Voelter eben so auziehend als lehrreich und wohl die empfehlenswertheste Gabe des ganzen Büchleins. Die Ueberschriften der Kapitel allein beweisen schon, welche interessante Punkte der Vf. herausgehoben hat:__der Karmel. Der Thabor. Der See Genezareth. Töne durch Galiläa, über den Libanon und durch das obere Jordanthal herab. Jordanthal zwischen dem See Genezareth und dem todten Meere. Das estjordanische Abendland. Das fodte Meer. Das westjordanische Hochland. Jerusalem. Weg von Jerusalem nach Jaffa. Der Stil ist lebhaft, ohne allen falschen Prunk und Blümeleien, wie sie selbst dem de Lá Martine'schen Werke nicht fremd sind.

kannten Virtuosität ausgeführt - lebendig, kräftig, in seinem Aeufsern elegant ausgestatteten Taschenkühn.,,Ferdinand von Medici und seine Gemahlin von buchs. Velasquez" ist ein bekanntes Gemälde, das hier meisterhaft reproducirt ist.,, Neapolitanische Landleute" nach H. Howard, ganz Leben und Ausdruck. „, Clementine" nach Stone zu nichtssagendes Gesicht, Stich sehr brav. „Der Findling" von Fleischmann gestochen und dieses trefflichen Künstlers nicht unwürdig. Die Liebenden", Stich von Eduard Schuler mittelmäfsig. „, Die Zigeunerkinder", von dem selben, ein meisterhaftes Blatt. Der literarische Inhalt zerfällt in Erzählungen und Gedichte. Adalbert von Schonen theilt eine Erzählung mit, welche ,,die Freundschaftsprobe" überschrieben ist. Einige Breiten abgerechnet ist diese Erzählung in Bezug auf Erfindung und Darstellung ganz lobenswerth. Wilhelm Blumenhagen's Novelle Arabella" versetzt uns nach Schottland und erzählt uns die Schicksale einer Dame, welche durch ihre Abstammung schon das lebhafteste Interesse einflöfst. Jakobs des zweiten Charakter ist meisterhaft zur Anschauung gebracht und dürfte überhaupt diese Novelle zu den gelungensten Arbeiten Blumenhagen's gerechnet werden.,, Peter Schöffer", historische Novelle von Julius von Meerheim." Ohne die grofse Theilnahme, welche man dem welthistorischen Factum der Erfindung der Buchdruckerkunst mit Recht schenkt und die unser Nationalstolz gewifs stets lebendig erhalten wird ohne diese Theilnahme würde die vorliegende historische Novelle schwerlich zu fesseln im Stande seyn. Der Vf. hätte Schaab, Wetter u. A. gründlicher studiren, die Sitten der Zeit, die Oertlichkeiten genauer beachten sollen. Der Hauptvorwurf aber, welcher der Novelle zu machen, ist ihre wässerige Breite. Wenn doch unsere deutschen Novellenschreiber sich den alten, echt deutschen Spruch Kurz und gut" recht zu Herzen nehmen wollten! Was soll uns z. B. die langwierige, bunte, geschniegelte Schilderung eines Frühlingstages in der Einleitung zu der Erzählung, wenn es hinsichtlich des Ganzen durchweg gleichgültig ist, ob es eben Frühling oder Herbst sey? wenn durch eine solche Schilderung nichts motivirt wird? wenn sie nicht durch einen mit der Erzählung innig zusammenhängenden Grund künstlerisch bedingt wird? Jean Paul hat Trelliiches über die Anwendung solcher Naturmalereien in dem Romane gesagt; warum studirt unsere junge Schriftstellerwelt seine Aesthetik nicht? warum

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hält sie sich nicht an die klassischen Muster eines
Cervantes, dessen Novelas in jeder Hinsicht,, exem-
plarisch" sind?
Den Beschlufs der Erzählung
macht,, Mfs Molly" von Julius Schoppe. Der Her-
ausg, entschuldigt sich am Schlusse der Erzählung,
dafs er hier eine Bearbeitung nach dem Französischen
gebe; seine Mitarbeiter hätten ihn im Stiche gelassen.
Wie dem nun seyn möge, die Erzählung ist nicht oh-
ne Interesse. Gedichte von Nauffer, Geib, Haug
(dichtet der vor mehr als zehn Jahren verstorbene
Friedrich Haug immer noch?) und ein Balladenkranz
von C. M. Ed. füllen die letzten Blätter dieses auch

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,,Gedenke mein" (Wien b. Pfautsch) erscheint in seinem gewöhnlichen Glanze. Prachtvolle Stiche, zartes, festes Papier, schöner, reiner Druck und der Inhalt so bunt, dafs sich jeder nach seinem Geschmacke etwas auswählen kann. Das Titelkupfer,,Theodora" ist ein sehr effektvoller Stich, schöne Formen, kühner, edler Stil in der Behandlung und Ausführung. Auch der erste Blick" ist ein meisterhafter Stich, obgleich in dem englischen Genre, während die Sicherheit und Reinheit der Umrisse in der Theodora an die besten Muster Italiens erinnern. Dieser Stich gehört zur Erzählung,, die rächende Maske" von J. F. Castelli. Julie ist von ihrem Geliebten verlassen worden und stirbt aus Gram. Ihre Freundin, Theodora, malt sie in der Todesstunde, läfst eine Larve nach dem Bilde fertigen und zeigt sich auf dem Carneval dem Treulosen, der zusammenstürzt und den Verstand verliert. Die Rache ist weder weiblich, noch christlich, aber nicht unitalienisch und es ist ein feiner Zug unseres Vfs., dafs er der erschreckten Rächerin sofort einen Priester zuführt, der ihr

was nus

zur Bulse räth und ihr wahrscheinlich die Absolution ertheilt. Castelli erzählt bekanntlich gern rasch, mit epigrammatischer Kürze und nicht ohne derbe Schlagschatten, wie sie zu einer grellen Geschichte gehören und eine grelle Geschichte ist, die rächende Maske", wenigstens dem Inhalte nach, gewifs. Frau Regina Frohberg erzählt uns eine Geschichte ,,Vergeltung" überschrieben, in welcher es bunt, schaurig und lustig zumal hergebt. Ein Pärchen stirbt, das Andere schreitet zur Ehe Hedwigs Vater, dem Mörder Rusards wird, erfahren wir nicht. Ohne Zweifel glaubt die Verfasserin, niemand bekümmere sich um das Schicksal dieses Alten und sie mag es als ein Kompliment ansehen, das wir ihrem Talente zollen, indem wir dieses Lebersehen nicht übersahen, ,,Graf Konradin" von Caroline Leonhardt - Lyser. Diese talentvolle junge Schriftstellerin hat hier einen sehr anziehenden Stoff mit der ihr eigenen Anmuth und Phantasietiefe erzählt. Wie flach dagegen die Spieluhr" von Seidl, wie gewöhnlich die Novelle Klara Dünhof von Tschubuschnigg! Darch solche seichte Arbeiten muf's die deutsche Novelle, die ohnehin sich keines glänzenden Namens erfreut, vollends in den Staub der Prosa herabsinken. Unter den Gedichten ist manche treffliche Gabe. Montenebbi von Gustav Pfizer liest sich angenehm; Bechstein's,, Abendlied" ist allerliebst und verklingt süfs, wie das Gutenacht der Freunde im Wiederhall der Felsen. Friedrich Halm's Fragment aus dem dramatischen Märchen ,, Schwert, Hammer, Buch" erinnert an die phantasiereichen Schöpfungen Shakspeare's. Auch die Mittheilungen von Manfred, Carlepago, Rückert und Vogl sind beachtenswerth.

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Vielliebchen" von A. v. Tromlitz (Leipzig, Industrie-Comptoir). Der Jahrgang 1838 dieses Taschenbuchs zeichnet sich durch schöne Stahlstiche von seinen Vorgängern bedeutend aus. Das Titelkupfer, Hedwig, Königin von Polen" ist mit ungemeiner Zartheit und Anmuth behandelt und nur der Ausdruck des Gesichts zu unbedeutend. Varus und Aeneas" ist ganz im englischen Geschmack und spricht weniger an. Wilhelm, Herzog von Oesterreich" kräftig und doch weich; der Kopf voller Leben und Ausdruck. Marie Botkarey" und ,,Jacobine" sind zwei allerliebste Bildchen, wie sie die Leute in Taschenbüchern gern sehen. Die beiden Scenen aus Erzählungen des Herausgebers sind gut erfunden und schön ausgeführt. Den literarischen Inhalt machen drei Erzählungen aus. 1),, Hedwig, Königin von Pulen." Der Vf. hat hier mit ausgezeichnetem Talent eine bestimmte Periode aus der polnischen Geschichte und einige historische Charaktere zur Anschauung gebracht. Hedwig, der Herzog Wilhelm, Casimir, Demetre sind vortrefflich gehaltene Charaktere und der Gang der Erzäblung spinnt sich so einfach und natürlich ab, dafs man sich freut, wie der Vf. hier so geschickt in die Saiten der historischen Novelle zu greifen gewusst hat. Seine,, Hedwig" scheint uns zu dem besten zu gehö

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ren, was je aus der Feder dieses Pseudonymen geflossen ist. - 2),,Die 2),, Die beiden Geizigen", Schwank aus den Zeiten des schwäbischen Kriegs. Abgesehn davon, dafs überhaupt eine historische Grundlage, wie der Titel des Schwanks sie doch verspricht, durchaus fehlt, ist der ganze Charakter des südlichen Deutschlands und seiner Bewohner im Allgemeinen und in jener bestimmten Periode zumal ohne Sachkenntuils aufgefafst und zur Anschauung gebracht. Dafs die Schwänke jener Zeit und jener Oertlichkeiten derb gewesen seyen, dessen geben uns die Chroniken binreichend Zeugnifs; doch scheint uns der vorliegende Schwank weder die süddeutsche, überhaupt jene Derbheit zu haben, die für liebchen" pafst. 3),, Ein Abend in Louvre" ist lebendig erzählt und zieht selbst die Leser an, welche in der französischen Memoiren - Literatur bewandert sind. Freilich ist Sully, wie er sich in seinen Denkwürdigkeiten und in der Geschichte abzeichnet, nicht ganz der hier auftretende Finanzmann, aber den Malern und Dichtern gesteht ja schon Horaz besondere Kühnheitsprivilegien zu.

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noch

,, Viel

Der vierzehnte Jahrgang der Aurora (Wien, b. Franz Riedl) bringt manches Anziehende. Unter den Kupfern rechnen wir dahin: Alice und Mary, meisterhaft in jeder Hinsicht; ,, Albertine, körnig, lebendig, kraftvoll und anmuthig zumal; Schloss Hunyady" in Siebenbürgen, sehr brav gestochen; Fanny," abschreckend;,, ein blauer Tag," sehr unmalerisch; ", Ashton, sorgfältig gearbeitet. Die Erzählungen, Novellen

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und Novelletten dehnen sich beträchtlich über die Aurora aus und verdunkeln selbst dann und wann den blass - rothen Glanz, welchen die zierliche Decke über das Büchlein wirft. Der Vet

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ter" von 4. Bacherer ist nicht sehr komisch, liest sich aber leicht weg. Schloss Norsuch von Seidl ist höchst öde und langweilig. Auch ein Dramolet theilt Aurora mit. Es ist über

schrieben,,Treue siegt über Verrath" und aus Griesel's Feder. Sehr verdienstvoll ist die Beschreibung des Schlosses Hunyady und man bedauert nur, dass sie so kurz ist. An Gedichten fehlt es nicht. Kaltenbrunner beklagt die Kürze unseres Daseyns und seiner Freuden; Paul Renn zweifelt, ob er in seiner Geliebten finde, was er hofft; Schmidt besingt die Erinnerung, Sauter die Sehnsucht, Julie v. Grossmann die Hoffnung. Braun v. Braunthal giebt eine zweite carta bianca ab; Liber und Vogel liefern Balladen, Seidl eine Romanze und ein recht sinniges Gedichtchen,,„die Herzensblüthe" überschrieben. Das Acussere dieses Taschenbuchs ist sehr geschmackvoll.

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Das von Karl Büchner herausgegebene deutsche Taschenbuch für 1838 (Berlin, b. Duncker u. Huflot) ist eine sehr anziehende Gabe. Friedrich Schleiermacher, als Titelkupfer voranglänzend, ist schon ein Fingerzeig, dass es hier eruster und gehaltener zugehe, als in den Füchlein, wo eine halbnackte Schönheit lockend an der Thür steht. Die übrigen Stiche sind: 1. Ansicht vom Heidelberger Schloss echt englisch, schwarz und weiss, der Himmel wie blindes Glas. 2. Bildniss von Madame Schröder - Devrient sehr ernst gehalten, einfach edler Stich. 3. Die trauernden Juden, nach einem Gemälde von Bendemann verdient alles Lob. 4. Die Heimkehr, nach einem Gemälde von Neren, unendlich zierlich, frisch, kräftig, 5. Die Söhne Eduards, nach einem Gemälde von Hildebrandt fast zu tragisch erhaben für ein Taschenbuchkupfer, ohne darum minder willkommen zu seyn, denn die Erzeugnisse Hildebrandt's, welcher aus der Düsseldorfer Schule hervorging und mit Lessing, Sohn, Bendemanu u. s. w. zu ihren schönsten Zierden gehört, verdienen es, in unserm Vaterlande bekannt zu werden. Der literarische Inhalt ist folgender. E. G. Kühne schildert zuerst Friedrich Schleiermacher in würdiger Weise. Dieses Lebensbild wird einem künftigen Biographen des berühmten Theologen reichen Stoff dar

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bieten, so wie es denen, welche nie in Schleiermacher's Nähe kamen, manche interessante Blicke in das innere und äussere Leben dieses reich begabten Mannes thun lässt. Dieser schätzbaren Mittheilung folgt,, eine Aehrenlese vom deutschen grünen Hügellande," von W. Alexis. Anspruchlose Bemerkungen und dergl., auf einer Reise durch Mitteldeutschland niedergeschrieben. Die Reise mag flüchtig gewesen seyn und daraus sich das Flüchtige mancher Bemerkungen erklären. Zu Würzburg z. B. soll,,der erstorbene Residenzlustre durch einige reiche jüdische Banquiers erhalten werden," was ganz falsch ist, da die Würzburger gute Gesellschaft mit jenen Banquiers in gar keinem socialen Zusammenhange steht. Seine (Würzburgs) Häusermassen erinnern mich an Mailand;" Würzburg und Mailand haben nichts ähnliches mit einander, als dass einzelne Theile beider Städte alt und verräuchert sind; Würzburg kann daher eben so gut an Dublin und Constantinopel, wie an Mailand erinnern. Der Weg von Würzburg nach Mergentheim wird eine selten ,, oder nie von Reisenden besuchte Strecke" (S. 119) genannt and (ibid.) ist von den bunten, auffallend phantastischen Bauerntrachten' die Rede, welche man auf dieser Strecke sieht. Der Hr. Vf. hat hier nicht gesehen, was ist, und gesehen, was nicht ist. Dergleichen Uebereilungen Folgen der Eile in einer Zeit, wo Alles eilt sind jedoch in dem Berichte dieser Reise selten und man liest das Ganze mit Interesse, selbst mit Belehrung. Gleiches gilt von dem folgenden Aufsatze: Ueber den Zustand der Musik in Deutschland" von Ludwig Rellstab. Der Vf. ist als gründlicher Kenner der Musik und als Gegner Spontini's bekannt und man weiss, dass sein sonst unbestechliches Urtheil von der Leidenschaft zuweilen bestochen wird. Von diesem Standpunkte aus kann der Leser manches Neue aus dieser Abhandlung lernen. Für den grössern Theil der Almanachsleser folgen nun: Der Retter," gut erzählte Novelle von Theodor Mügge, und Gemüth und Selbstsucht," Novelle von F. v. W. Mitgetheilt von Leopold Schefer. Breit und langweilig. Die Gedichte, welche angehängt sind, zeugen von geschmackvoller Wahl; besonders anziehend sind die Lieder in Litthauischer Weise von Reichenau. Der Herausgeber hat leider die Erscheinung des zweiten Jahrgauges seines Taschenbuchs nicht mehr erlebt und wir finden es daher passend, sein würdiges Streben, den Saamen des Schönen und Guten nach allen Richtungen auszustreuen, hier dankbar anzuerkennen. Ehre seinem Andenken!

men.

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Das der Liebe und Freundschaft gewidmete Taschenbuch (Frankfurt, b. Wilmans) bringt in dem neuen Jahrgange niedliche Kupfer und einen bunten Kranz hübscher Blüthen und BluDas Titelkupfer Liebe und Freundschaft ist allerliebst; die Kupfer zu den Ueberschwenglichen unserer Zeit" sind ziemlich komisch, der Witz nicht attisch, sondern von echt deutschem Korne. Die Erzählung von St. Schütze,,, der unentschlossene Freier," ist zu kalt und prosaisch. der Erbschleicher, von W. Blumenhagen, anziehende Darstellung, sorgfältige Detailmalerei. Die Dame aus England," Novelle von Ludwig Storch, ganz für den Gaumen echter Almanachsleserinnen appretirtes Gericht, stark gewürzt, nicht ohne einigen haut.. goût. El ultimo Sospiro del moro,' von Wilhelm Wachsmann der spanische Romanzenton geschickt nachgebildet. Die Mutter Gottes von Urspringen," Hennebergische Sage von Ludwig Bechstein. In der bekannten Manier des Vf. Gedichte von dem liebenswürdigen Humoristen St. Schütze, Johann Gab. Seidl und Friedrich Rüderl. Die Mittheilungen des letzteren sind die Zierden dieses Taschenbuchs. Sehr anziehend sind auch seine Bruchstücke aus der Weisheit des Brahmanen." Minage" von Ferd. Freiligrath, echt poetisch. Der Graurock," Erzählung von A. G. Prä

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Rheinisches Taschenbuch für das Jahr 1838. geben von Dr. Adrian. Mit 7 Stahlstichen. (Frankfurt a. Main b. Sauerländer.) Diese Stahlstiche alle zeichnen sich sehr vortheilhaft aus. Aufser dem Bildnifs des Herrn Herausgebers findet man lauter weibliche Figuren, unter denen den Liebhabern des Schöuen die Wahl nicht leicht werden dürfte. Sie sind sämmtlich von englischen Künstlern gemalt und gestochen: ob irgend woher entlehut, weifs Ref. nicht. Ein glücklicher Gedanke war es, die Erklärung in einen kleinen Roman zu verwandeln, in welchem, wie sich erwarten lässt, ein Heiratheskandidat die Hauptrolle hat. Es steht aber jedem frei, sich selbst cinen kleinen Roman daraus zu bilden, und ein solcher könnte z. B. finden, däfs N. 5 doch wohl nicht bestimmt seyn könne, den kleinen Pudel zu kämmen, und dafs auf N. 1 den ersten Stein zu werfen gewifs den Meisten unmöglich seyn wird, welche dann sagen werden, der Schlufs von einem frommen Abendliede auf Frömmigkeit sey eben so unsicher, als der von einem Putz nach der Mode auf Mangel an Sittenreinheit. Genug aber, man kann sich an andern kleinen Romanen dabei versuchen, und am Ende gäbe es bei sechs Heirathscandidaten gar einen grofsen. Für die Lectüre ist hier geboten: Die Sardinierin, von Adrian; als Charaktergemälde gut, als Erzählung. einer Begebenheit unbefriedigend. Der Brigittenkirchtag in Wien führt auf erfreuliche Weise durch das leicht erlustigte Volksleben dieser Kaiserstadt, nicht ohne manchen ernsten Wink zu geben, wie z. B. über Ungarn S. 44. Die Mondblume, eine Erzählung von Otto Müller. Mit dieser Erzählung beginnt das Dämonische, dessen nicht wenig in diesem Taschenbuch ist, und Hr. Müller, dem das Talent zum guten Erzähler nichl fehlt, weifs damit wohl umzugehen, jedoch werden alle Leser wünschen, dafs der Schlufs weniger zum Errathen übrig liefse. Die Seeräuber, Reiseabenteuer einer jungen Engländerin, von ihr selbst beschrieben. Nicht ohne Interesse, wenn gleich von Marryat Verwöhnte sich ein wenig getäuscht finden werden, wird man den Bericht von diesem Abenteuer, welcher durchaus den Charakter der Wahrheit an sich trägt, leDer Hermaphrodit, Scenen aus dem Leben eines Künstlers. Wenn die Leserinnen sich damit begnügt haben, in dem Hermaphroditen (denn sie könnten danach fragen) nichts andres zu sehen als eine „,eigenthümliche halb knabenhafte, halb mädchenhafte Gestalt;" so werden sie gewifs der lieblichen und durch die Liebe so heldenmässigen Fortunate sich innig erfreuen und an dem wackern Künstler herzlichen Antheil nehmen. Was mag aber der Vf. bei der ,,Idee des Bewulstwerdens der reinsten Körperschönheit" gedacht haben? Sagen aus dem Süden von Irland. Die beste ist die erste, die übrigen werden wenig ansprechen; einige vielleicht würden anziehender geworden seyn, wenn der Ton Chronikartig gehalten wäre. Dem Weissbuben fehlt Motivirung. Die Tochter des Blitzes, Novelle von Ludw. Storch, in welcher das dämonische Element am meisten hervortritt, darf auf den Beifall der Leser rechnen, denn es spannt die Erwartung. Der Vf. hat es aber auch verstanden, das Dämonische, anstatt es à la Kerner zu behandeln, an das Natürliche anzuschliefsen-wenn gleich an ein aufsergewöhnliches Natürliches und das Märchenhafte in ein historisch Wunderbares hinüber zu spielen. Die Scene bei den Exequien aber ist doch zu empörend. Man treibe die menschliche Verworfenheit nicht über alle Grenzen.

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