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Eiulatione haud opus est múlta; oculis multa misera additis,

und jedenfalls war kein Grund an der Möglichkeit der Scansion von eiulatione nach Lindemann zu zweifeln, da eiu gewils ebensowohl wie cuius und eius einsilbig gelesen werden kann. Auch V. 11 fgg, scheint uns Hr. W. mit Unrecht von Lindemann's Verstheilung abgewichen zu seyn, indem er vinculis herausgeworfen, ille zwischen quid a nobis hereingesetzt hat; die dreifüfsigen kretischen und bakchischen Verse, an denen er wahrscheinlich Anstofs nahm, scheinen uns in so gemischten Scenen um so zulässiger, als wir überhaupt (s. schon Allg. Schulzeit. 1830, S. 719) die dipodische Messung bei lateinischen Dichtern schlechterdings verwarfen und dies, nachträglich bemerkt, auch an Hrn. Ritschl's kleineren Ausgabe der Bacchides rühmen, dafs er selbst in iambischen und trochaischen Versen nicht blos einen Jctus um den andern, sondern alle bezeichnet hat; bei Kretikern und Bakcheen aber, deren jeder gewissermafsen schon eine unvollkommene Dipodie für sich bildet, kann nur die sonstige Regelmässigkeit der Scene eine solche symmetrische Anordnung nöthig machen, die hier ganz wegfällt, und darum würden wir Hrn. Lindemann's Abtheilung um so mehr aufrecht halten, je näher sie sich im Ganzen der handschriftlichen Auctorität anschliefst. Nur in der Accentuirung und andern geringern Punkten haben wir schon vor acht Jahren einige Abweichungen von jenen vorgeschlagen, die uns auch noch jetzt zulässig dünken; eben deshalb können wir auch Hn. W. nicht beipflichten, der an solchen Stellen mitunter viel gewaltsamere Aenderungen macht, wie z. B. V. 24 abite istim für ab istis, was bei der bekannten Beziehung von istim oder istine auf die zweite Person nichts anderes heifsen könnte, als ,, entfernt Euch von dem Platze wo ihr steht," während nach der Vulgatlesart der Lorarius den übrigen Sclaven zuruft:,, tretet von Euren Mitgefangenen dort weg," und gleich nachher V. 33, wo der Creticus dimeter catalecticus sérvom esse adsímulo mit seinem durch Auflösung der Länge bis zur Unkenntlichkeit geschwächten Schlusse uns noch viel weniger behagt, als Lindemann's volle Kretiker, statt deren wir damals einen Trochaicus septenarius vorschlugen :

Nám si heru' mihi tu es atque ego mé tuum esse servom ássimuló tamen ;

und wenn wir denn gar auf solche Schlimmbesserungen stofsen, wie V.25:

quum quam vólùmus nos cópiam esse, facitis nos cóm

potes,

wo die Handschriften lesen: quum quae volumus nos copia est ea facitis nos compotes, und Hermann und

:

Lindemann längst mit geringer Aenderung Construction und Vers hergestellt haben: quum quae volumus nos (scil. eorum) copiae n. f. c., so sehn wir wirklich nicht ein, welche Vorzüge Hr. W. eigentlich vor seinen Vorgängern in Anspruch nehmen und worauf er sein Recht begründen will, über andere, die gleichem Ziele zustreben, den Stab zu brechen! Höchstens kann man ihm das Verdienst einräumen, in denjenigen Stücken, die bisher noch keine besonderen Bearbeiter gefunden haben, wie Asinaria, Casina, Cistellaria, Curculio u. s. w. in metrischer Hinsicht aufgeräumt und dabei doch eine gröfsere Sicherheit hergestellt zu haben als Bothe's Ausgaben sie darbieten ; wie schwach es übrigens auch mit dieser im Einzelnen bestellt ist, haben wir oben bei der Asinaria bereits gesehn, und so wenig wir auch Hn. W.'s jedenfalls selbständige und energische Thätigkeit mit der oben charakterisirten mechanisch - compilatorischen Arbeit des Hn. Richter vergleichen wollen, so vermissen wir doch auch hier wie dort die treufleissige und kundige Benutzung desjenigen, was in so manchen ältern und neuern Schriften zerstreut für denselben Zweck, wie ihn Hr. W. verfolgt, geschehen ist; zum gröfseren Theile scheint es auch nur die Bothe'sche Lectt. Var. zu seyn, die er in seinem Nutzen verwendet hat, und so möchte man fast dem Gedanken Raum geben, als ob seine Polemik gegen Ritschl's und Jacob's Methode theilweise wenigstens nur eine Folge des Bewufstseyns sey, wie sehr die seinige an Gründlichkeit und gelehrtem Fundamente hinter jener zurückstehe.

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So viel möge genügen, um das Verhältnifs zu zeigen, worin die neuesten Ausgaben des Plautus zu den Forderungen stehn, die der Standpunkt der Wissenschaft gegenwärtig an die Kritik dieses Dichters macht; kürzer können wir uns in exegetischer Beziehung fassen, weil hierin - leider noch viel weniger gethan ist und selbst das Vorhandene uns noch keine rechten Aussichten für die Zukunft öffnet. Zwar hat Hr. Weise seine Ausgabe auch in dieser Hinsicht brauchbar und praktisch einzurichten gesucht, aber so sehr wir seinen guten Willen achten, so müssen wir doch bekennen, dal's jener Zusatz difficiliora interpretatus est" auf dem Titel nur aus dem Standpunkte und für den Standpunkt eines Schülers zu verstehen ist, während der Gelehrte für sein Bedürfnifs wenig Schwieriges erklärt finden wird, und selbst den Schüler möchten wir nicht unbedingt auf diesen Commentar verweisen, in dem er doch auch manches falsch oder schief lernen und mitunter auf eine wirklich unbegreifliche Weise die einfachste und leichteste Erklärung einer gesuchten und spitzfindigen nachgesetzt finden würde. Was soll man z. B. dazu sagen, wenn zu den Worten ne gratiis im Prolog der Asin. V. 5, wo von einer geflissentlichen Ambiguität keine Rede seyn kann, bemerkt wird: duplex subest sensus, primum relatu ad praeconem, deinde ad spectatores? oder wenn wir p. 281 lesen: satine interdum idem est quod nonne?“ oder P. 277:

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praepositio re in perfectis producitur in Plauto, non aeque in praesenti, was auch schon p. 60 da war, als ob z. B. in removi, resedi, reverti und dgl. das re verlängert werden könnte! und wenn wir auch diese Ungenauigkeiten eben so wenig rügen wollen, wie p. 185 die Verwechselung der porta Trigemina und Ostiensis (vgl. Sachse's Gesch, und Beschr. d. Stadt Rom Bd. I. S. 210) nebst der kindischen Ableitung der erstern von den Horatiern und Curiatiern, so spricht doch aus diesen Noten selbst schon hinlänglich theils das Gepräge der Trivialität, das selbst die richtigen unter denselben an sich tragen, theils die schlechte Latinität, die um so ernstlicher gerügt werden mufs, je trotziger sich der Vf. bereits in der Vorrede auf diesen Vorwurf gefafst zeigt. Dafs es dabei übrigens auch an wirklich falschen Erklärungen nicht fehlt, lässt sich leicht denken, und wenn auch darin Hr. W. bisweilen grofse Gelehrte zu Vorgängern hat, so macht es doch seinem Urtheile und Geschmacke, mit dem er sich brüstet, keine Ehre, ihren Irrthümern gefolgt zu seyn, namentlich wenn das Bessere, wie wir schon vorhin bemerkten, mitunter selbst näher lag: wir brauchen wieder blos die Captivi aufzuschlagen, wo der Vorarbeiten gewils genug waren, so finden wir gleich Prolog. V. 13 zu quando histrionem cogis mendicarier, die auf einer ganz unhaltbaren Voraussetzung beruhende Erklärung:,,sc. quia nihil solvis, nihil habes," während die richtige, die aus den folgenden ego me tua causa non rupturus sum von selbst hervorgeht, nur mit,,alii sic" "aufgeführt ist; ebend. V. 55 ist die Auslegung von non pertractate durch,,non ita ut contrectationes feminarum in ea occurrant" eben so weit hergeholt als obscön, während Lambin's non usitate auf flacher Hand lag; und noch unbegreiflicher ist es, wie Hr. W. V. 68 so construiren und interpungiren kann, dafs domi bellique, das vorhergehende iudices iustissimi gleichsam überspringend, mit valete verbunden werden soll, wo domi bellique duellatores optimi sich auf den ersten Blick unzertrennlich verbunden kund giebt; die Schwierigkeit, die Hn. W. vermuthlich abgehalten hat, hierin Lindemann's Beispiel zu folgen, weil nämlich domi bellatores einen Widerspruch zu enthalten scheint, hebt sich leicht, wenn wir domi bellique wie unser auf Tod und Leben und ähnliche Redensarten als eine Verbindung contradictorischer Gegensätze betrachten, die nichts weiter bedeutet als auf allen Fall oder in jeder Lage, wie dergleichen in allen Sprachen vorkommen, vgl. Lange's verm. Schr. S. 93 und Petersen's Annott, ad Tacit. spec. 1. p. 9. Eben so gesucht und gezwungen ist Act. I. Sc. 2. V. 4 die Erklärung der catenae singulariae, d. h. einfachen Ketten im Gegensatze der schwereren doppelten, durch aparte oder besondere, wofür die literae singulariae (d. h. vereinzelte Buchstaben) bei Gell. XVII. 9 keinen Beweis abgeben; and ebend. V. 70 die Personenvertheilung: Erg. age sis roga Heg. Emtum? - Erg. nisi qui meliorem afferet etc., wo Lindemann gleichfalls schon das Rich- so können wir sie doch hier auch nur als einen schätztige getroffen hat, wenn auch seine Note selbst wie- baren Beitrag, nicht als eine eigentliche Förderung

der ein Mifsverständnifs enthält; denn dafs die Verkäufer nicht rogabantur, sondern rogabant, erhellt schon aus dem Sprichworte, das Cicero Her. IV. 6 anführt: malo emere quam rogare, und da nun hier jedenfalls Ergasilus der Verkäufer ist, der sich selbst feil bietet und losschlägt, so kann das roga, das alle Hdschr. darbieten, nur dem Mitunterredner Hegio, der gleichsam den Käufer vorstellt, in den Mund gelegt werden. Auch V. 96 war unseres Erachtens nicht der geringste Grund vorhanden, von der gewöhnlichen Auffassung, die auch Lindemann und sogar Bothe beibehalten haben, zu Lambin's Erklärung und Lesart non méus scruposum victus commeat viam zurückzukehren, da des Parasiten Antwort: cum calceatis dentibus veniam tamen deutlich ausspricht, dafs er sich auf den rauhen Weg schon mit guten Sohlen versehen wolle, wogegen in Hu. W.s Erklärung der dentes calceati durch paratissimi tanquam ad lautum convivium der ganze Charakter des schönen Bildes verschwindet; und so könnten wir noch eine gute Weile fortfahren, wenn wir nicht das Angeführte schon für mehr als hinreichend hielten, um darzuthun, dafs auch durch diese Ausgabe Plautus in exegetischer Hinsicht wenigstens nicht viel weiter gefördert ist, als er es durch Lambin und Taubmann war, und noch immer seinen Interpreten erwartet, der mit tiefer und umfassender Kenntnifs des altrömischen Lebens zugleich die Geistesverwandtschaft mit seinem Schriftsteller verbände, die hier nöthiger als kaum irgendwo sonst erfordert wird, um nicht allein das allgemeine Verständnifs desselben zu eröffnen, sondern auch bei dem Chaos von Lesarten und der Verdorbenheit selbst der unverfälschtesten Fundamentalhandschriften den Kritiker mit sicherem Tacte zu leiten. Leider hat ein Mann, der nach dem ehrenvollen Zeugnisse eines urtheilsfähigen Schüilers in den N. Jahrbb, für Philologie Bd. IV. S. 307 fgg. mehr als irgend ein anderer dazu geeignet gewesen wäre, der selige Professor Rost in Leipzig, sein schönes Talent in dieser Hinsicht in einer Menge von Einzelschriften zersplittert, die, wenn auch alle aus der gemeinschaftlichen Quelle genauer Kenntnifs des Dichters hervorgegangen, doch ihrer Natur nach immer zu sehr den Stempel momentaner Entstehung und subjectiver Stimmung an sich tragen, und so dankenswerth daher auch die Sammlung ist, die die Pietät seines Eidams kürzlich von diesen theilweise sehr selten gewordenen Gelegenheitsschriften veranstaltet hat:

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8) Fred. Guil. Ehrenf. Rostii Opuscula Plautina; post auctoris mortem edidit Carol. Henric. Adelb. Lipsius. Vol. I. cont. commentationes Plautinas, Lips. sumpt. C. F. Koehleri. 1836. XVIII und 326 S. 8. Vol. II. cont. novem fabulas Plautinas in sermonem vernaculum conversas; ibid. 1836. XIV und 404 S. 8.;

der plautinischen Exegese aufführen. Dafs die Uebersetzungen, die den zweiten Band bilden (Amphitruo, Curculio, Epidikus, Mercator, Mostellaria, Persa, Poenulus, Pseudolus, Truculentus), sowohl ihrer ursprünglichen Bestimmung als auch ihrer Ausstattung nach, da sie aller Anmerkungen entbehren, minder den Gelehrten als das gröfsere Publicum angehen, dem der würdige Vf. dadurch seinen Liebling empfehlen und zugänglich machen wollte, leuchtet ein, und so richtig derselbe auch in dem Vorworte zum Epidicus bemerkt, dafs eine solche, den Sinn meistentheils erschöpfende und den fremden Ausdruck aufwiegende Uebersetzung, wie er sie hier nach Köpke's Muster bietet, die Stelle eines weitläufigen Commentars vertreten könne, so ist es doch damit immer wie mit Landkarten oder Panoramen, die selbst durch die gröfste Treue und Genauigkeit der Zeichnung die wissenschaftliche Auffassung nicht überflüssig machen, die sich nicht sowohl mit der Veranschaulichung der Einzelheiten als solcher, sondern vielmehr mit der Erörterung des Verhältnisses beschäftigen soll, worin dieselben unter sich und zu dem Ganzen, dessen Glieder sie sind, stehn; aber auch der erste Band, der nach des Herausgebers Meinung gewissermassen als Commentar zu dem zweiten betrachtet werden kann, bietet in dieser Hinsicht doch gröfstentheils nur zerstreute Noten oder Excurse, die nach demselben Bilde vielmehr der topographischen Beschreibung oder Berichtigung besonderer Punkte, als einer tieferen geographischen Entwickelung entsprechen würde, und insofern auch von dem Vf. selbst sehr treffend als Cupedia, d. i. Delicatessen oder Miniaturgemälde bezeichnet worden sind. Nur einige von diesen Abhandlungen stehn auf einem universelleren Standpunkte, und verdienen deshalb auch besonders hervorgehoben zu werden, wie z. B. gleich die erste de Plauti auctoritate ad faciendam rerum antiquarum fidem, die achte de Plauto hybridarum vocum ignaro und unter den Cupedien selbst das zehnte ferculum von den änas λeyouévois bei Plautus, das siebenzehnte unter dem besondern Titel: Theologiae Plautinac brevis expositio, und das achtzehnte de Plautinarum fabularum titulis; die übrigen haben es mehr mit Auslegungen und Verbesserungen einzelner Stellen zu thun, die wir hier um so weniger analysiren wollen, als sie theils schon von ihrer ersten Erscheinung her den Freunden des Dichters bekannt, theils ihre Hauptresultate von Dübner in der vorhin berührten Anzeige in den N. Jahrbb. 1832. Bd. IV. S. 306-341 nach den einzelnen Stücken so übersichtlich bequem zusammengestellt und beurtheilt sind, dafs wir unsere Leser dorthin verweisen kön

nen, und, so sehr wir auch oben bereits darauf aufmerksam gemacht haben, wie Niemand, der sich tiefer mit Plautus beschäftigen wolle, diese durchgehends originellen und mitunter höchst glücklichen Observationen vernachlässigen dürfe, so finden sich doch verhältnifsmäfsig nur wenige darunter, die, wie die antiquarischen Excurse de locatione conductione zu Capt. IV. 2. 38, de morbo qui sputatur zu dens. III. 4. 15, super lege barbarica zu dens. III. 1. 32, de nuptiis servilibus zur Casina Prol. 67, und die lexikalischen Erörterungen über si und ni in Sponsionen p. 72 fgg., über dierectus p. 121, über licere fgg., über numero p. 187 fgg., über dimidiatus, dimidium und dimidius p. 211 fgg., endlich über einige Pflanzennamen bei Plautus p. 221 fgg., durch die Natur des Gegenstands und die gelehrte Ausführlichkeit der Behandlung ein allgemeines Interesse in Anspruch nähmen.

Auch

p.

124

9) Das Schulprogramm von Dr. Anton Rein: Quaestionum Plautinarum particula I. Crefeld, gedruckt bei Funcke. 1834. 16 S. 4.,

das Ref. übrigens nicht aus Autopsie kennt, scheint nach den Anzeigen gelehrter Blätter (N. Jhrbb. 1834. Bd. XII. S. 330; Zimmermann's Zeitschr. f. d. Alterth. 1835. Nr. 7) sich auf kritische Behandlung einzelner Stellen (Asinar. I. 2. 15 fgg. Poenul. Prolog. 45 fgg. Rudens I. 1. 24 fgg.) zu beschränken und nur durch eine gröfsere grammatische Erörterung jiber die Redensart gratiam habere auszuzeichnen; weit günstiger stellt sich dagegen das Verhältnifs in dem kürzlich erschienenen Schriftchen:

10) De comicis Romanorum fabulis, maxime Plautinis, quaestiones; scripsit Guilielmus Adolphus Becker, Archacol. in Univ. Lips. Prof. Extr. Lips. sumpt. Fred. Fleischeri. 1837. 110 S. 8., das sich zwar auch zum gröfseren Theile nur mit einzelnen Stellen beschäftigt, jedoch schon in dem Titel der ersten Abtheilung: Antiquitatis Plautinae generatim illustratae particula prima, die Auffassung unter einem höheren wissenschaftlichen Gesichtspunkte andeutet, in der zweiten aber unter dem Titel: Vindiciae Comoediae Romanae, wenn auch diesen bedeutenden Stoff keineswegs erschöpfend, wenigstens sehr brauchbare Materialien zur ästhetischen Würdigung des Plautus darbietet, und trotz seiner Specialität überall einen Mann zeigt, der sowohl das Bedürfnifs des Schriftstellers als das der heutigen Wissenschaft lebhaft fühlt und beides in harmonischem Einklang zu befriedigen strebt.

(Die Fortsetzung folgt.)

ALLGEMEINE LITERATUR - ZEITUNG

Januar 1838.

Kritische Uebersicht

der

plautinischen Literatur in den letztverflossenen Jahren.

(Fortsetzung von Nr. 16.)

Ursprünglich, wie es scheint, aus zwei verschie- cob's Epidicus hauptsächlich mit den für Kunstge

denen akademischen Gelegenheitschriften entstanden, zu welchen alsdann zur Rechtfertigung einer wahrscheinlich bei der mündlichen Disputation angefochtenen Stelle noch ein Epimetrum de caesura senarii apud Plautum hinzugekommen ist, hat es freilich nur in der gemeinschaftlichen Beziehung auf Plautus seinen Mittelpunct, wenn man aber sieht, wie fest der Vf. in diesem Mittelpuncte steht, und sich mit Leichtigkeit in allen den verschiedenen Radien bewegt, deren Verein um jenen gerade der Sonnenglanz des Plautinischen Geistes bildet, so können wir ferneren und gröfseren Bemühungen desselben um diesen Dichter nur ein sehr günstiges Prognostikon stellen: Kritik, Metrik, Wort- und Sinnerklärung sind an den einschlagenden Stellen mit Geschick und Gründlichkeit gehandhabt und dabei mit einer Bescheidenheit verbunden, die gegen Hn. Weise's cavaliere Rodomontaden sehr vortheilhaft absticht. Nur was den literaturgeschichtlichen Standpunct des Dichters betrifft, wird es allerdings noch einer tieferen Betrachtungs- und Begründungsweise bedürfen, als sie in den offenbar höchst flüchtig niedergeschriebenen Vindiciis comoediae Romanae enthalten ist eine Abhandlung, die sich schon dem Titel nach mit Lange's Vindiciis tragoediae in eine Classe zu stellen versprach, mufste mehr leisten als ein Paar Collectaneen über Anspielungen des Dichters auf einheimische Verhältnisse, über seine Paronomasie, Prologe u. dgl. m., sogern wir auch einräumen, dafs dem nächsten Zwecke derselben, der Rechtfertigung des Plautus gegen die seichten, und ganz an Boileau's und Voltaire's weiland ästhetische Kritik erinnernden Vorwürfe von Raumer's in den Abh. der Berl. Akad. 1820 hist. philol. Cl. S. 181 fgg. dadurch völlig genügt war, und eben so möchte auch von den einzelnen Bemerkungen dieses Abschnittes manche noch erheblichen Zweifeln unterliegen, wie denn die zu Capt. I. 2. 76, wo Hr. B. rogo vertheidigt, schon durch das oben Gesagte erledigt wird; in dem ersten Theile dagegen, der sich nach einigen Vorbemerkungen über Ritschl's Bacchiden und Ja

schichte interessanten Stellen des Dichters (Trinum.
I. 2. 46, Merc. II. 2. 42, Asinar. IV. 1. 16, Cistell.
II. 1. 46, Poenul. I. 2. 14) beschäftigt, haben wir
einen einzigen Punct gefunden, wo wir einen ent-
schiedenen Irrthum des Vfs. behaupten möchten.
Dieser betrifft p. 7 die Stelle Trinum. I. 2. 56:
Sunt, quos scio esse amicos; sunt, quos suspicor;
Sunt quorum ingenia atque animos non possum noscere,
Ad amici partem, an ad inimici pervenant,
wo Hr. B. im mittleren Verse sunt wegwerfen zu
müssen glaubt und damit nicht nur, gegen den Sinn
des Dichters und die Natur der Sache, diejenigen,
in welchen man Freunde vermuthet, mit denen, über
deren Gesinnungen man ganz ungewiss ist, in gleiche
Kategorie setzt, sondern auch zwei seiner eigenen
Beobachtungen vernachlässigt, die eine p. 25 und
104 fgg., dafs Plautus sich nie die s. g. alexandri-
nische Casur am Ende des dritten Fulses erlaubt ha-
be, die andere p. 14 fgg., dafs jede Silbe, die vor
einem doppelten Consonanten hergehe, als anceps be-
trachtet werden könne, wonach selbst die Vulgatles-
art jenes Verses, deren Bestätigung Hr. B. den Codd.
Palatt, zum Vorwurfe macht, keinen Anstofs mehr
gewähren würde:

Sunt quorum ingénia atque ánimos nón possům noscere und es der am nächsten liegenden Emendation nequeo gar nicht bedürfte; im Uebrigen finden wir nicht nur die archäologischen mit einem reichen gelehrten Apparate unterstützten Auslegungen des Vfs. sehr ansprechend, sondern auch dasjenige, was er gegen Ritschl und Jacob bemerkt, insofern es nur den abusus der Pfälzer Hdschr. betrifft, mit unseren eigenen oben geäufserten Ansichten so wenig streitend, dafs wir auch in dieser Beziehung das ausgesprochene allgemeine Lob nur bestätigen können. Eben so schätzbar und fleifsig gearbeitet ist in ihrer Art die schon in den Jahren 1833 und 1834 in zwei Gelegenheitsschriften erschienene, jetzt aber für den Buchhandel umgearbeitete Abhandlung:

11) De Punicis Plautinis scripsit Eduardus Lindemann, Gymn. Plaviensis Conrector, Lips. Guil. Nauck, 1837. 48 S. 8.

die wir inzwischen, da sie für die allgemeinere
Auslegung des Dichters von untergeordneterem In-
teresse ist, um so kürzer berühren wollen, je we-
niger wir uns über den eigentlichen Inhalt dersel-
ben, die Deutung der punischen Stellen im Poenu-
lus aus dem Hebräischen, ein Urtheil zutrauen;
wir erwähnen daher nur soviel, dafs der Vf. die
Literatur dieser schwierigen Aufgabe sehr voll-
ständig und kundig benutzt und gewürdigt hat,
dafs er unter seinen Vorgängern insbesondere Sap-
puhn (Commentatio philologica, Lips. 1713. 8.) und
Bochart hervorhebt, Bellermann dagegen mehrfach
tadelt, und dafs er namentlich im Gegensatze mit
diesem die der ersten Scene des fünften Acts in
den Handschriften beigegebene lateinische Ueber-
setzung für ein authentisches Werk des Dichters
oder eines seiner Zeitgenossen hält und sowohl
aus diesem als andern triftigen Gründen auch nur
die zehn ersten Verse dieser Scene für den ur-
sprünglichen punischen Text hält, während die
übrigen sechs, die auch in dem Mailänder Palim-
psest ganz fehlen, nur als eine ungeschickte und
mit lateinisch aussehenden Worten verfälschte Wie-
derholung der ersteren seyen, was alles sehr scharf-
sinnig und einleuchtend ausgeführt ist; weiteres
möge der Leser, den die Sache interessirt, in
dem Schriftchen selbst aufsuchen. Etwas speciel-
leren Bericht fodern dagegen die beiden gleichfalls
als Gelegenheitschriften erschienenen Prolegome-
nen zu zwei plautinischen Stücken:

12) De Plauti Bacchidibus disputatio, qua ora-
tíonem muneris professorii ordinarii.. suscepti
causa.. habendam indicit Fridericus Ritschelius;
Vratislaviae 1836. 23 S. 4.
und

13) Prolegomena ad Plauti Aululariam scripsit
Godofr. Aug. Benedict. Wolff, Prof. Portensis.
Numburgi 1836. 43 S. 4.

mit welchen wir noch um der Aehnlichkeit des Inhalts willen den Aufsatz von Osann über den Amphitruo des Plautus im dritten Stücke des zweiten Jahrgangs (1834) des Rheinischen Museums von Welcker und Näke S. 305-335 verbinden wollen, obschon jede dieser drei Abhandlungen wieder ihr ganz eigenthümliches Gepräge an sich trägt, 80 dafs man die von Wolff mehr als eine Einleitung, wie sie ein Lehrer erwachsenen Schülern oder Studenten gehen mag, die von Ritschl dagegen als eigentliche Prolegomenen zu seiner Ausgabe, die von Osann endlich als einen der Beiträge zur griechischen und römischen Literaturgeschichte betrachten kann, deren wir dem gelehrten Vf. schon so manche verdanken und noch mehr von seiner fleifsigen und geübten Feder erwarten. Während nämlich die beiden ersten alles

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umfassen, was sich auf den Namen der behandelten Stücke und ihre Stellung unter den übrigen plautinischen, ihre Lückenhaftigkeit und die EntZeit der Abfassung u. dgl. m. bezieht, beschränkt stehung der interpolatorischen Supplemente, die Zeit der Abfassung u. dgl. m. bezieht, beschränkt sich Hr. O. auf die einzige Frage nach dem Ursprunge des eigenthümlichen Charakters, der den Dichters unterscheidet; dafs dieser in irgend einem Amphitruo von alleu übrigen Stücken desselben griechischen Vorbilde liegen müsse, das Plautus auch hier, wie anderswo, nur frei nachgeahmt habe, unterliegt keinem Zweifel, da sich der Mythus in dieser Gestalt selbst mit allen Specialităten nicht nur bis auf Pherecydes hinauf verfolgen lässt, sondern auch nachweislich bereits von Sophokles (wahrscheinlich in einem Satyrdrama) und zweien Dichtern der älteren attischen Komödie, Plato und Archippus (vgl. Meineke quaestt. scen. spec. II. p. 20 u. 47) behandelt worden war, und so gewinnt diese Untersuchung fast noch ein gröfseres Interesse für den Freund der griechischen als der lateinischen Literatur, in welcher Hinsicht wir namentlich auf das über Rhinthon und seine Hilarotragödie S. 319 fgg. gesagte verweisen. Was Plautus selbst angeht, läuft es freilich unseres Erachtens zuletzt auf einen Wortstreit hinaus, ob man seine Tragikomödie, wie Eichstädt, Neukirch und noch neuerdings Petersen in der Zeitschr. für Alterth. 1836. S. 618 thun, als ein Muster der Rhinthonischen Hilarotragödie betrachten will oder nicht, eine heitere Behandlung eines tragischen Stoffs beinsofern beides ursprünglich Appellativa sind, die zeichnen, wenn auch Rhinthon mehr dem einem, Plautus dem andern Namen den Vorzug gab, und so bereitwillig wir Hn. Osann einräumen, dafs der Amphitruo in sofern kein Muster der Rhinthonischen Gattung seyn könne, als diese sich nach der bekannten Stelle des Laurentius Lydus des daktylischen Hexameters bediente, so war doch einerseits auch dieser Gebrauch keine eigenthümliche Erfindung Rhinthons, da er bereits in den Odvoσes des alten Komikers Kratinus vorkam, und andererseits liefse es sich immer noch denken, dafs Plautus, zu dessen Zeit der Hexameter in Rom noch keineswegs national und populär geworden war, denselben bei der Nachahmung Rhinthon's mit dem troch äischen Verse vertauscht hätte, dessen sich gleichzeitig Ennius in seinem Scipio und später noch Lucilius in manchen Büchern seiner Satiren statt des Hexameters bediente, zumal da Hr. O. selbst zugiebt, dafs Rhinthon's Stücke wobl schwerlich aus lauter Hexametern bestanden hätten; doch wollen wir damit eben so wenig behaupten, dafs der plautinische Amphitruo wirklich eine Nachahmung des rhinthonischen (Athen. III. p. 111) sey, als des archippeischen, rücksichtlich dessen Hr. O. die Unmöglichkeit dieser Annahme überzeugend nachgewiesen hat, und so stimmen wir, wenn auch über Einzelpunkte abweichend, doch im Ganzen seinem Resultate bei, dafs weder Epichar

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