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1527.

1526.

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in seinen Ausschreiben eine Sprache, wie man sie nur aus dem reformatorischen Heerlager zu vernehmen gewohnt war; er forderte ein allgemeines Concil, wolle Clemens nicht darauf eingehen, so sollten es die Cardinäle auf eigene Hand einberufen. Auch Frundsberg hatte sein Herz der neuen Lehre geöffnet und hegte tiefen Groll gegen den Papst; sein Schreiber Jacob Ziegler hat eine Lebensbeschreibung von Clemens VII. verfaßt, in welcher alle schlimmen Eigenschaften desselben in grellen Farben gezeichnet sind.

Meuterei Obwohl nur ein geringer Sold gereicht werden konnte, so vermochte doch lichen Heer. Frundsberg von den Musterpläßen Meran und Bozen ein auserlesenes Heer von 12,000 Mann, fünf und dreißig Fähnlein rüstiger und tapferer Landsknechte nach Trient und von da auf einem steilen schwierigen Bergpfad nach der Lombardei hinabzuführen. Zu einem Angriff auf das feindliche Heer, um eine Vereinigung mit den Mailändischen Besaßungstruppen zu erzwingen, fühlte er sich nicht stark genug, zumal da er keine Pferde hatte; er wandte sich also südwärts nach dem Po. Es gelang ihm unter steten Angriffen von Seiten der Verbündeten, wobei Johann Medici, der tapferste und beliebteste italienische Führer, auf den Tod verwundet wurde, und unter großen Fährlichkeiten, diesen Fluß zu 28. Decbr. überschreiten und in die Umgegend von Piacenza vorzudringen. Von da aus meldete er dem Connetable nach Mailand: „Ueber die hohen Berge und tiefen Wasser, mitten durch die Feinde in Hunger und Mangel und Armuth sind wir glücklich hier angelangt. Was sollen wir thun?" Die Deutschen mußten noch mehrere Wochen zuwarten, bis Bourbon mit einem Theil des Mailändischen 12. Febr. Heeres zu ihnen stoßen konnte. Erst im Februar geschah die Vereinigung in Firenzuola. Man beschloß nun, auf Rom loszugehen, den Urheber des Kriegs in seiner eigenen Burg aufzusuchen, in der reichen Stadt den Sold zu holen, den der Kaiser nicht zu zahlen vermochte. Der Herzog von Ferrara, im Haß gegen den Papst mit Bourbon und Frundsberg übereinstimmend, sollte den Weg bereiten. Der Plan wurde ausgeführt, aber nicht im Sinne der Feldherren. Mangel und Noth trieb die Miethlinge zur Verzweiflung. Acht Monate war der Sold ausgeblieben und keine Aussicht auf Besserung. Da erhob sich ein Aufruhr der gefährlichsten Art. Die Spanier machten den Anfang; nur mit Mühe entging Bourbon einem gewaltsamen Tod; sein Zelt wurde geplündert. Bald wurden auch die Deutschen von der Aufregung ergriffen. Vergebens suchte der Feldhauptmann, der in seinem langen Soldatenleben so viele Gefahren und Schwierigkeiten durch seinen entschlossenen Muth und seinen kräftigen mannhaften Geist überwunden, durch vernünftige Vorstellungen und beruhigende Reden den Dämon der Empörung in den rauhen Herzen zu ersticken: mit wildem Toben forderten sie Geld, ihre Spieße waren gegen die eigenen Hauptleute gerichtet, verworrene Töne aufgeregter Leidenschaft überschallten seine Worte. Der Eindruck dieser stürmischen Scene, einer in Aufruhr gerathenen Naturgewalt vergleichbar, machte auf den Feldobersten einen solchen Eindruck, daß er sprachlos

zusammensank und bald darauf sein Leben aushauchte. Dieser tragische Ausgang des alten Heerführers hatte eine so erschütternde Wirkung auf die deutschen Landsknechte, daß sie von ihrem Toben abließen und zum Gehorsam zurücktehrten. Frundsbergs Stellvertreter wurde Konrad von Bemelberg, Ritter von Boyneburg, genannt „der kleine Heß“.

Söldner

Rom.

Nun stellten die Truppen an den Connetable die Forderung, er solle sie nach Zug bes Rom führen. Dieser willfahrte ihrem Verlangen. Da die größeren Städte wohl heers nach befestigt waren, so wählte er den Weg über die Berge und Thalungen der April 1527. Apenninen, in den Quellgebieten des Arno und der Tiber die Bedürfnisse durch Plünderungen und Requisitionen beschaffend. Wer hätte dem Zug der nach den Schäßen und Reichthümern der ewigen Stadt lüsternen Söldnerhaufen Einhalt gebieten können! Auch hat es Niemand ernstlich versucht; selbst der Kaiser, wie freigebig er auch mit Versicherungen seiner kindlichen Ergebenheit gegen den heil. Vater in öffentlichen Schreiben war, hat doch keine Schritte gethan, das bevor, stehende Ereigniß abzuwenden: man sah seinen Vicekönig Lannoy mit Bourbon im Lager vertraulich zusammen leben, an derselben Tafel speisen. Der Gedanke, daß der Papst eine Züchtigung für seine treulose Politik erleide, und daß das Heer sich in Rom selbst bezahlt mache, schien den Kaiser nicht sehr zu beunruhigen. Als Bourbon in den letzten Tagen des April in Toscana erschien, um auf der alten Römerstraße nach der Tiberstadt vorzurücken, fand er an den Sienesen, die mit den Florentinern und Mediceern stets im Kampfe lagen, Vorschub und Unterstüßung. Ja in Florenz selbst erregte die mit der mediceischen Herrschaft unzufriedene Partei einen Aufstand und zwang die Signoria zu einem Staatsbeschluß, kraft dessen die Soderinische Staatsordnung wieder hergestellt und die mediceische 26. April. Familie auf ewig aus der Stadt verbannt werden sollte. Ohne auf Widerstand zu stoßen, wohl aber im Rücken von nachziehenden ligistischen Truppen bedroht, gelangte Bourbon nach Viterbo und durchzog dann die Campagna. Am Abend 2. Mai. des 5. Mai sah man die deutschen und spanischen Söldnerhaufen vom Monte Mario her bis an die Mauern des Vaticans vordringen. Clemens verlor den Muth nicht. Die ligistischen Truppen standen bereits in Toscana, wo die republikanische Erhebung in Florenz schnell ihr Ende nahm und das Regiment Ippolito's de' Medici unter dem Cardinal Cortona wieder aufgerichtet ward; in Rom selbst dienten 5000 geworbene Hakenschüßen unter dem bewährten Kriegsobersten Lorenzo da Ceri, auf den Mauern war zahlreiches Geschüß aufgepflanzt.

rung Rome.

Aber die Sache nahm einen andern Verlauf, als der Papst gehofft haben erstürmung mochte. Es war an einem nebeligen Morgen des 6. Mai, als die spanischen Söld- und Blundes ner und deutschen Landsknechte mittelst zusammengebundener Leitern die Mauern 6. Mai 1627. und Wälle Roms ohne große Mühe und bedeutenden Widerstand erstiegen. Unter den ersten Gefallenen war der Connetable von Bourbon. Sein Verhalten gegen seinen König, meint Vettori, verdiente einen so ehrlichen Tod nicht, aber im Sterben hatte er den Schmerz, dem von ihm so heiß ersehnten und mit Trug

verfolgten Siege ins Gesicht zu schauen und doch zu wissen, daß er ihn nicht genießen konnte. Der Tod des Oberfeldherrn vermochte den Sturm nicht zu hemmen: die Landsknechte, voran Claus Seidensticker, sein großes Schlachtschwert schwingend, und Michael Hartmann überwältigten die Verschanzungen und drangen vor, die andern folgten ihren Spuren. Bald war das transtiberinische Viertel und die Brücke in ihrer Gewalt. Noch einmal boten die Hauptleute dem in die Engelsburg geflüchteten Papste einen Vertrag an; Clemens, in sicherer Erwartung der nahen Bundeshülfe, verwarf ihre Forderungen und führte dadurch Rom einem schweren Schicksale entgegen. Von Habgier getrieben ergossen sich nun die wilden Schaaren über die Straßen der Stadt und wiederhol ten die Auftritte der Vandalenzeit. Die reichen Paläste und Wohnhäuser wurden geplündert, die Kirchen ihres Schmucks und ihrer Gefäße beraubt, die Klöster ausgeleert, kostbare Kunstwerke vernichtet; die Beute soll sich auf mehr als eine Million Ducaten belaufen haben. Im Vatican zündeten die Hauptleute ihre Wachfeuer an; mit Mummereien und lächerlichen Aufzügen höhnten die Deutschen Papst und Cardinäle; fie riefen unter den Mauern des Castells Luther als Papst aus. An Zuchtlosigkeit und frevelhaften Ausschweifungen aber thaten es ihnen die spanischen Söldner weit zuvor. Auf dem Campofiore, wo die Deutschen ihr Lager aufschlugen, und auf der Piazza Navona, dem Hauptquartier der Spanier und Neapolitaner, wurden die Tage unter Spiel, Schwelgerei und Lustbarkeit verpraßt und die Beute fast eben so schnell verjubelt, als sie gewonnen worden. Immer noch hoffte Clemens auf die Ankunft der Ligisten, allein der Herzog von Urbino, der einst von den Mediceern seiner Herrschaft beraubt worden, zeigte keine Eile, den Papst zu befreien, er mochte sich vor der tapfern Gegenwehr der Landsknechte fürchten. So mußte denn Clemens mit den Hauptleuten einen 5. Juni Vertrag schließen, worin er sich zur Zahlung einer hohen Geldsumme und zur Uebergabe der Engelsburg verpflichtete. Darauf beseßten die Deutschen das Castell und wählten 200 der schönsten und stärksten Landsknechte unter Sebastian Schärtlin für den Dienst des heiligen Vaters aus, während Alarcon, Oberst des spanischen Fußvolks, den Oberbefehl über die Burg übernahm. Sie dachten, daß es mit der päpstlichen Herrschaft zu Ende sei, und gaben der Hoffnung Raum, „daß der junge theure Kaiser Carolus durch seine milde Tugend nach dem einigen Worte unseres Seligmachers regieren werde“. Zugleich erhob auch in Florenz die republikanische Partei wieder ihr Haupt. Der Cardinal Cortona, der im Auftrag des Papstes das Regiment führte, mußte mit den beiden jungen Mediceern Ippolito und Alessandro die Stadt verlassen, worauf Niccolo de' Capponi an die Spitze der Verwaltung trat und den florentinischen Staat nach republikanischen Formen regierte. Nochmals kam der Name Savonarola's zu Ehren bei den freien Bürgern der Arnostadt. So endete die „Plünderung Roms“, ein Ereigniß, welches in die Stadt Leo's X. die Brandfackel geschleudert, auf lange ihren Wohlstand vernichtet, ihrem heitern Leben ein Ende gemacht,

1527.

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ihre Künstlerwelt zerstreut, über eine Unzahl ihrer Familien Schmach und Elend gebracht hat. Ein Unglück, wie es kaum irgend eine große Stadt in solchem Maaße betroffen, zugleich aber ein furchtbares göttliches Strafgericht für eine Verweltlichung, die ihren Gipfel erreicht hatte, eine entseßliche Mahnung zur Rückkehr auf andere Bahnen, auf welche die blutige Hand des Geschicks die in langjährigem Sinnenrausch Taumelnden hinwies“.

Was den Händen der fremden Soldaten entging, fiel den Vasallen der Colonna anheim, welche, etwa zweihundert Reiter und eine Menge Fußvolk, am achten Tage nach der Erstürmung in Rom einrückten. Wüstes, halbverhungertes Volk, das die kaiserlichen Truppen an Indisciplin noch übertraf und sich mit dem Raube der traurigen Ueberbleibsel von den Opfern spanischer und deutscher Habsucht belud. Der Cardinal Pompeo, Ascan und Vespasian waren an ihrer Spize. Pompeo ließ des Papstes Villa am Monte Mario, die berühmte Villa Madonna, anzünden. Vom Castell aus fah Clemens VII. die Flammen, er sagte: „Das ist Pompeo's Rache für seine verbrannten Schlösser“.

4. Siege der Kaiserlichen.

Kaisers.

Der Kaiser bezeigte Schmerz und Unwillen über das Mißgeschick, welches das Haltung des Haupt der Christenheit erfahren, und entschuldigte sich bei allen Fürsten, an deren Ansicht ihm etwas gelegen war. Dennoch freute er sich im Herzen über die Demüthigung des Gegners und suchte aus der Lage der Dinge den besten Nußen zu ziehen. Während er für die Befreiung des heil. Vaters in den Kirchen beten ließ, schrieb er an den Vicekönig von Neapel, die Freiheit sollte demselben nur unter solchen Bedingungen gewährt werden, daß wenn er jemals wieder den Willen haben sollte, dem Kaiser zu schaden, er nicht das Vermögen dazu hätte. Am liebsten möchte er ihn nach Spanien oder Neapel gebracht sehen; in jedem Falle aber wünschte er alle festen Orte des Kirchenstaats, Ostia und Civitavecchia, Parma und Piacenza, Bologna und Ravenna in seiner Gewalt zu haben. Er überlegte, ob nicht die alten dynastischen Lehnsherrschaften wieder hergestellt werden sollten; er wünschte die Einberufung eines Conciliums zur Begründung kirchlicher Reformen. Man lebte in der Zeit der Säcularisationen; so manche Rechte wurden damals in katholischen wie in evangelischen Ländern den Bisthümern entzogen und den weltlichen Regierungen übertragen; könnte nicht auch im Kir chenstaat das weltliche Regiment an den Kaiser gelangen, nicht auch in Rom eine kaiserliche Vogtei, wie in alten Zeiten eingerichtet werden, an welche die wichtigsten Befugnisse der landesherrlichen Gewalt abgegeben werden möchten? Dem spanischen Obersten Alarcon, dem die Hut des Papstes in der Engelsburg über. tragen war, wurde von Neapel die Anmuthung gestellt, Clemens nach Gaëta zu entführen, dieser weigerte sich aber, „den Leib Gottes“ aus der heiligen Stätte wegzubringen.

Die Heergemeinde.

Unfälle der kaiserlichen

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Der Bevölkerung war der Gedanke eines kaiserlichen Regiments in Rom fein widerwärtiger. Thatsächlich war ja damals der Kaiser Herr im Lande: in der Stadt und deren Umgegend lag eine spanisch-deutsche Armee unter Oranien, Bemelberg und andern Hauptleuten, die, wie nur je in den Zeiten der Völkerwanderung eine Heervereinigung, das Regiment führte, das Staatsoberhaupt sammt dem Gebiete in ihrer Gewalt hatte und in den Colonnas und an Neapel einen starken Hinterhalt besaß. Sie warteten ab, bis der Papst die vertragsmäßige Summe von 400,000 Goldkronen vollständig bezahlt haben würde. In Roca del Papa constituirten sie sich zu einer Heergemeinde. Sie erwählten einen Ausschuß von zwanzig Männern, welcher nicht nur ihren Schwur des Gehorsams entgegennahm, sondern auch noch ein großes Verbrüderungsfest mit den spanischen und italischen Soldaten veranstaltete, wobei sie in erregter Stimmung sich treues Zusammenhalten in guten und bösen Tagen gelobten.

Aber die bösen Tage waren bereits angebrochen. Das wüste unordentliche Truppen. Leben brachte die Landsknechte massenhaft unter die Erde. Eine Pest wüthete von Neapel bis nach Rom und hielt eine furchtbare Todesernte. Auch der Vice23. Septbr. könig Lannoy fiel ihr zum Opfer. An seine Stelle trat durch kaiserliche Bestallung jener Hugo de Moncada, der einst mit den Colonnesen den Vatican überfallen hatte. Von den 30,000 Landsknechten, welche unter Frundsberg und Bourbon ausgezogen, waren am Ende des Jahres noch 13,000 vorhan den. Auch der Hauptmann Wähinger, der wälschen Sprache und Sitten kundig und ein fähiger Führer, mußte fieberkrank abziehen. Dabei herrschten Zwietracht, Eifersucht und Streit unter dem gemischten zuchtlosen Kriegsvolk. Und bereits war auch ein großes französisches Heer unter Lautrec in Italien eingerückt, um in Verbindung mit den Italienern und Schweizern die Kaiserlichen aus der Halbinsel zu vertreiben und den Papst zu befreien.

Schwierige

Lage.

Heinrich VIII. von England hatte sich mit Frankreich wegen der alten Ansprüche verständigt und sich zur Zahlung beträchtlicher Hülfsgelder verpflichtet. Wir wissen, daß er schon längere Beit dem Kaiser wegen verschiedener Ursachen grollte; jest meinte er, es sei eine Ehrensache aller christlichen Fürsten, die dem kirchlichen Oberhaupte widerfahrene Kränkung und Schmach zu rächen und ihn aus den Händen räuberischer und gewaltthätiger Soldknechte zu befreien.

Im August eroberte Lautrec Pavia und verhängte zur Vergeltung der unAug. 1527. glücklichen Begebenheit, die sich vor ihren Mauern zugetragen, ein schweres Strafgericht über die Ghibellinenstadt. Acht Tage lang durften die Soldaten plündern und alle Grausamkeiten verüben. Zugleich wurde Genua durch Andreas Doria, der in französische Dienste getreten war, und durch Cäsar Fregoso zu Wasser und zu Land belagert und zur Rückkehr unter Frankreichs Hoheit gezwungen. Der Marschall Theodor Trivulzio zog als Gouverneur ein. Im Oktober überschritt Lautrec den Po, um in den Kirchenstaat vorzudringen. Da suchte der Kaiser den Papst zu einem Friedensvertrag zu bewegen, ehe die

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