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immer der Erfolg Ihrer gütigen Bemühung sein mag, mein theurer Philaras, so sage ich Ihnen mit einem ebenso entschlossenen und standhaften Gemüth, als ob ich Lynceus selbst wäre, mein Lebewohl.

Westminster, Sept. 28, 1654."

7) Dieser Gedanke, daß England vorzugsweise vom Schicksale ausersehen sei, bei allen Reformen den übrigen Nationen als Muster und Vorbild voranzugehen, kommt in Milton's Schriften häufig vor.

8) Von Milton's erhabenen Ansichten über die Liebe geben viele Stellen im „Verlorenen Paradies" Zeugniß. Vgl. unten bei der Schrift über Ehescheidung.

9) Wir werden später noch Gelegenheit haben, durch andere ähnliche Angaben zu beweisen, daß das Lange Parlament ebenso nnter dem Drange und Einflusse der Volksmasse stand, wie manche constituirende Versammlung in Deutschland während der Jahre 1848 und 1849. Die Worte lauten: »>in so much that the meanest artisans and labourers, at other times also women, and often the younger sort of servants assembling with their complaints, and that sometimes in a less humble guise than for petitioners, have gone with confidence, that neither their meanness would be rejected, nor their simplicity contemned; nor yet their urgency distasted either by the dignity, wisdom, or moderation of that supreme senate; nor did they depart unsatisfied.<<

10) Aehnliche Ansichten und Gefühle finden sich häufig im „Verlorenen Paradies", 3. B. im viertem Gesange:

Heil dir, o Liebe,

Der Ehe Liebe, treu, geheimnißvoll,

Des Menschenstammes Quelle, du allein
Dem Paradies geziemend, du vor Allem!

Durch dich ward schmachvoll, sündhaft wilde Lust
Von Menschen zu der Thiere Schwarm getrieben,
Durch dich, die auf Vernunft begründet, stets
Gerecht und rein, ward jeglich theuer Band,
Der Väter, Söhne, Schwestern, Brüder Liebe
Zuerst erkannt. Fern sei von mir die Lust,
Daß ich als Sünde dich und Tadel kündend,
Dich für unwürdig jenes Ortes halte,
Dich ew'gen Quell der häuslich süßen Lust,
Deß Bett als rein und unbefleckt gegolten
Für jede Zeit, das in Vergangenheit
Die Heil'gen, Patriarchen einst benutzt;
Dorthin nur sendet Liebe gold'ne Pfeile;
Hier glüht nur dauernd ihrer Lampe Schein,
Hier regt sie ihrer Purpurflügel Paar,

Hier herrscht sie voll Entzücken, nicht im Lächeln,
Das lieblos von der Buhlerin man kauft,
Als freudenlos und aller Süße baar,
Zufällige Genüsse nur entbietend;
Noch auch in Liebe, wie sie Höfe bieten,
Gemischter Tanz und üpp'ge Maskerade
Und mitternächt'ger Ball und Serenaden,
Die schmachtend ein Verliebter seiner stolzen
Und schnöden Schönen fingt, als besten Lohn
Verachtung erntend.

(Im achten Gesang.)

Die Liebe

Verfeinert die Gedanken und erweitert
Des Menschen Herz; sie weilt in der Vernunft
Und ist die Leiter, die zur Himmelsliebe
Dich aufwärts führt, wodurch du nicht versinkst
In Fleischeslust; d'rum ward Genossenschaft
Für dich dort unter Thieren nicht gesucht.

(Im neunten Gesang.)

Nichts ertheilt dem Weibe größ're Zier,
Als wenn sie mit Verstand den Haushalt leitet
Und ihres Gatten gute Werke fördert.

Doch hat der Herr uns Arbeit nicht so streng
Befohlen, daß wir uns Erfrischung auch
Versagten, ob an Nahrung oder Rede,
Der Seele Nahrung, oder an Verkehr
Des süßen Lächelns und beglückter Blicke.
Es ist das Lächeln aus Vernunft entsprungen,
Den Thieren all' versagt, und beut die Nahrung
Der Liebe dar, die Liebe selbst gehört

Nicht zu des Menschenlebens niedern Zwecken,
Denn zum Entzücken hat er uns geschaffen,
Nicht zu der mühevollen Arbeit Frohn,

Und hat Vernunft vereint mit dem Entzücken.

11) 1. Kor. 7, 12. 13. 14. 15. Den andern aber sage Ich, nicht der Herr: So ein Bruder ein ungläubig Weib hat, und dieselbe läßt es sich gefallen, bei ihm zu wohnen, der scheide sich nicht von ihr. Und so ein Weib einen ungläubigen Mann hat, und Er läßt es sich gefallen, bei ihr zu wohnen, die scheide sich nicht von ihm. Denn der ungläubige Mann ist geheiligt durch das Weib, und das ungläubige Weib wird geheiligt durch den Mann. Sonst wären eure Kinder unrein; nun aber find sie heilig. So aber der Ungläubige sich scheidet, so laß ihn sich scheiden. Es ist der Bruder oder die Schwefter nicht gefangen in solchen Fällen. Im Frieden aber hat uns Gott berufen.

12) Als das Manuscript bereits im Druck war, kam uns die mittlerweile erschienene Uebersetzung der »Areopagitica« von Dr. Richard Roepell (Berlin 1851) zu Gesichte. Wir freuen uns dieser gleichzeitigen Begegnung, wenn wir auch keinen Gebrauch mehr von der Arbeit machen konnten.

13) Selbst der freifinnige Milton war also so sehr in der puritanischen Strenge befangen, daß er an den ländlichen Gesängen und Tänzen um den Maibaum Anstoß nahm!

14) Die Anhänger des Königs schienen über dieses ungeschickte Machwerk selbst beschämt gewesen zu sein, daher in den folgenden Auflagen das Gebet wegblieb. 15) Auf die Expedition von Cadiz wurde folgendes Spottgedicht verbreitet: There was a crow sat on a stone,

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16) Auch Friedrich II. von Preußen war der Ansicht, der König sei der erste Diener seines Volkes. Er schrieb: „Es gibt kein Wohl als das allgemeine des Staats, mit dem der Fürst unauflöslich verbunden ist. Er muß sich unaufhörlich zurufen: daß er Mensch wie der geringste seiner Unterthanen und daß er der erste Diener des Staats ist." In der vortrefflichen Instruction an Karl Eugen von Würtemberg sagt er: „Wenn elende Sterbliche dem höchsten Wesen gefallen können, so ist es nur durch die Wohlthaten, die sie über Menschen verbreiten, nicht durch Gewaltthätigkeiten. Glauben Sie nicht, daß das würtemberger Land Jhretwegen geschaffen ist, sondern daß die Vorsehung Sie hat geboren werden lassen, um das Volk glücklich zu machen.“

17) Unter Andern jener Athener Philaras, dessen Verhältniß zu Milton wir oben angegeben.

18) Er schildert sich als einen Mann von mittlerer Statur, nicht gar zu mager und mit hinlänglicher Stärke und Herzhaftigkeit ausgerüstet, sodaß es ihm in seinen gesundern Tagen weder an Geschicklichkeit noch an Muth gefehlt habe, das Schwert, welches er beständig bei sich getragen, zu gebrauchen; da er sich mit Fleiß im Fechten geübt hätte, so glaube er jedem Gegner stehen zu können, wenn er ihn gleich an körperlicher Stärke überträfe; seine Gesichtsfarbe sei so wenig blaß (was ihm der Gegner vorgeworfen), daß man ihn in seinem vierzigsten Jahr gemeiniglich für zehn Jahre jünger gehalten; selbst seine Augen, obwohl gänzlich des Lichts beraubt, verriethen ihren Mangel nicht, sondern schienen im Gegentheil so fleckenlos und hell, als ob seine Sehkraft vorzüglich scharf gewesen wäre. In diesem Stücke allein“, sett er hinzu, „bin ich, und zwar sehr wider meinen Willen, ein Heuchler.“

19) Die Benennung „der große Salmafius“ erregt zum letzten mal seine Galle gegen den „Grammatiker und Kritiker“. „Nur der verdient diese Benennung,“ sagt Milton dabei, „der entweder große Thaten vollbringt, oder lehrt, wie man fie vollbringen könne, oder der fie, wenn sie vollbracht sind, mit angemessener Würde beschreibt; aber nur jene Thaten sind wirklich groß, welche das Leben glücklicher zu machen bezwecken, welche die unschuldigen Genüsse und Freuden des Daseins vermehren, oder welche den Weg bahnen zu einem künftigen Zustand von dauerhafterem und reinerem Glück. Hat aber Salmafius je etwas gethan, das dem gleich fieht?"

20) Dem Vorwurf, daß die Independenten sich an den Kirchengütern vergriffen, begegnet er durch die Hinweisung auf die Vorgänge in andern Ländern zur Zeit der Reformation und zieht dabei gegen die Selbftsucht und den Eigennuß der presbyterianischen Geistlichen los. Sie erwarteten und wünschten, daß das ganze Kirchenvermögen, das den Bischöfen entrissen wurde, unter die Parochialgeistlichkeit würde vertheilt werden; denn es ist leichter, den tiefsten Abgrund auszufüllen, als die Habgier des Klerus zu sättigen ; sie sollten eher Schafe als Hirten genannt werden, denn sie werden mehr selbst gefüttert, als sie Andere füttern“ und an einer andern Stelle: „Einige von jenen Geistlichen, die noch vor kurzem mit solcher Heftigkeit gegen Pluralisten und Nonresidenten geeifert, wurden, nachdem die Einen

drei, die Andern vier Pfründen von den geschmähten Episcopalen an sich gebracht, nun selbst Nonresidenten, machten sich derselben Sünde schuldig, gegen welche sie so heftig losgezogen, und wurden somit die Opfer ihrer eigenen bliß- und donnerschnaubenden Wuth. Sie haben keinen Funken mehr von Scham und sind jetzt cifrige Verfechter des göttlichen Rechts der Zehnten geworden."

21) Milton preist ihn, daß er den Königstitel ausgeschlagen. „Denn wenn du durch einen Namen gelockt worden wärest, über den du als Privatmann so vollständig triumphirt und den du in den Staub getreten hast, so hättest du ebenso gehandelt, wie wenn du, nach der Unterwerfung irgend eines abgöttischen Volks unter dem Beistande des wahren Gottes, dann auf die Knie gefallen wäreft und die Götter, so du besiegt, angebetet hättest.”

22) Diesen Gedanken hatte er in einem frühern Gedicht schon ausgesprochen, wo es heißt:

That bawl for freedom in their senseless mood

And still revolt when truth would sed them free.
License they mean, when they cry liberty,

For who loves that, must first be wise and good.

23) Kurz nach der Abfassung der obigen Schrift, als der Royalismus sein Haupt kühner emportrug, hielt der ehemalige Kaplan des verstorbenen Königs, Dr. Matth. Griffith, eine Predigt über Sprüche Sal. 24, 21: „Mein Kind, fürchte den Herrn und den König, und menge dich nicht unter die Aufrührerischen.“ Diese Predigt, die auch im Druck erschien, scheint nicht ohne Eindruck geblieben zu sein, weshalb Milton, vieleicht in denselben Tagen, als schon Anstalten zu Karl's II. Rückkehr getroffen wurden, sie einer scharfen Prüfung und Widerlegung unterwarf. Die Kritik gibt, wie die obige Schrift, Zeugniß von der ungebrochenen Kraft, Klarheit und Ueberzeugungstreue Milton's und wir tragen kein Bedenken, sie den gelungensten Streitschriften desselben beizuzählen. Er widerlegt die Rede Schritt vor Schritt, deckt die falschen Auslegungen der Schriftstellen auf und verficht die republikanische Staatsform ohne allen Rückhalt und Ausflüchte. „Freie Staatsformen", sagt er, „haben immer als die geeignetsten und glücklichsten gegolten für gebildete, tugendhafte und thatkräftige Nationen, bei denen verständige und der Regierung würdige Männer vorhanden waren, die Monarchie dagegen als die geeignetste, ein entartetes, verderbtes, träges, hochmüthiges und luxuriöses Volk in Unterwürfigkeit zu halten. Wenn wir wünschen, den ersteren beigezählt zu werden, so ist nichts besser und nichts edler für uns, als ein freies Gemeinwesen; wenn wir uns aber selbst zu den leßtern verdammen, an unserer eigenen Tugend, Thatkraft und Fähigkeit verzweifelnd, so mögen wir uns dann, im Bewußtsein unserer eigenen Unwürdigkeit einer bessern Regierungsweise, trauernd und kleinmüthig der für uns geeigneten Botmäßigkeit fügen." Da die Gründe, die er vorbringt, in den früheren Staatsschriften bereits angegeben sind, so ist es nicht nöthig, auf die kurze Kritik näher einzugehen.

Druck von Breitlopf und Härtel in Leipzig.

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