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hartherzige Vollstrecker der königlichen Befehle, fiel durch die Hand einiger kühnen Verschwörer; der größte Theil der Nation erblickte darin ein Strafgericht des Himmels für schwere Versündigung, sah aber dennoch ruhig zu, wie an den Mördern blutige Strafe genommen ward und furchtbare Inquisitionsgerichte unerhörte Tyrannei und Gewissenszwang im ganzen Lande ausübten. Nur ihre gottesdienstlichen Versammlungen im freien Felde, in stillen Thälern, auf moorigen Haiden ließen sie sich nicht rauben; sie schlugen Gut, Freiheit, Familienglück in die Schanze, aber in ihrem Gewissen, an ihrem Seelenheil wollten sie nicht geschädigt sein; und um nicht schußlos ihren Peinigern zu unterliegen, zogen sie mit Wehr und Waffen dahin. Da geschah es, daß eine Truppenabtheilung eine solche gewaffnete Feldversammlung mit Gewalt auseinander treiben wollte; die Covenanters setzten sich zur Wehre, schlugen die Angreifer zurück und verfolgten den Feind. Dies gab das Signal zu einer Erhebung. Wie in frühern Tagen zogen Schaaren von Gleichgesinnten zu den Siegern, der Aufstand griff um sich, die Zeit der Vergeltung schien gekommen. Aber die Unbefangenheit und das alte Selbstvertrauen war von den Presbyterianern gewichen; Zwietracht, Unschlüssigkeit und die Furcht vor einer neuen Thronumwälzung schwächten die Streitkräfte der Covenanters; das Treffen bei Bothwell-Bridge (1679) entschied wider sie und lieferte 1200 Presbyterianer in englische Kriegsgefangenschaft, aus der ein großer Theil gleich Sclaven nach den Barbadoes-Inseln geschafft wurden, aber fast größtentheils im Meere umkamen. Diese Niederlage war der Anfang jener blutigen Verfolgungsjahre, welche die Schotten als „Mordzeit“ bezeichnen und die an die gräuelvollsten Scenen fanatischer Glaubenswuth erinnern. Damals war das Presbyterianerthum groß im Dulden wie früher im Handeln; auch in diesen Tagen der Trübsal und Verfolgung hatte die Lehre von kirchlicher Freiheit und Gleichheit einen poetischen Strich. Sie ließen den Leib tödten und sich der irdischen Güter berauben, aber den Glauben, von dem das Heil ihrer Seele und das ewige Leben abhing, hielten sie mit allen Kräften fest.

Unter Jacob II., einem Eiferer für die römisch-katholische Kirche,

zu der er öffentlich übergetreten, wurden die strengen Geseze gegen Presbyterianer und Dissidenten abgeschafft und ein Toleranzedikt erlassen, das der Restauration des Papismus den Weg bahnen sollte. Aber sein unbesonnener Glaubenseifer und seine eben so unklugen als ungesetzlichen Maßregeln zu Gunsten der Katholiken erzeugten in England, wo man längst die Ueberzeugung gewonnen, daß von den Stuarts weniger die Wohlfahrt des Landes als das Gedeihen der römischen Kirche und die Mehrung der Königsgewalt erstrebt werde, eine Revolution, die auf Schottland eben so folgenreich rückwirkte, wie einst die Siege des Covenants auf die englische Nation. Jacob II. und seine katholischen Nachkommen starben in der Fremde, indeß unter seinem Schwiegersohne, Wilhelm von Oranien, die Freiheit Englands und Schottlands in Kirche und Staat fröhlich aufblühte. Der kinderlose Monarch hatte nicht das ehrgeizige herrschfüchtige Streben, die Königsmacht auf Kosten der nationalen Freiheit zu erhöhen; er bestätigte die bill of rights, welche die alten Rechte der Nation gegen künftige Gewaltstreiche sicher stellte, ohne der Würde der Krone zu nahe zu treten; als Calvinist hatte er keine besondere Anhänglichkeit an das Bischofthum, er willigte daher in Schottland in die Abschaffung des Episcopats und Supremats und in die Wiederherstellung der Synodalverfassung und wurde somit der Begründer des Presbyterianerthums auf neuer, gemäßigter Grundlage. Der Plan des Königs, auch die Anhänger des Prälatismus in ihren Stellen und kirchlichen Rechten zu schützen, scheiterte an dem Widerstande der Presbyterianer gegen die halbe Maßregel, die eine neue Spaltung in der Nation hervorgerufen hätte und an dem vaterländischen und religiösen Eifer des Schotten Castares, der seinen Einfluß als königlicher Kaplan zur Aufhebung dieser Bestimmung benutte. Alle Jacobiten und Episcopalen verloren ihre Stellen und schieden aus der schottischen Kirche aus, desgleichen auch die eifrigen Anhänger des Covenants, welche die strengen Bestimmungen dieser Bundesurkunde als Standarte des Presbyterianerthums aufgepflanzt sehen wollten. Die große Mehrzahl des Volks dagegen schloß sich der gemäßigten Nationalkirche an, die jedoch

das Patronat als Aussaat neuer Kämpfe und Spaltungen in ihrem Schooße trug.

Die Union Schottlands und Englands unter der Königin Anna im Jahre 1707 war nur eine staatliche, keineswegs auch eine kirchliche Vereinigung. Doch betrachteten die eifrigen Presbyterianer die Union als eine Niederlage, da die schottische Nation im englischen Parliamente nur schwach vertreten ist, anglicanische, der presbyterianischen Kirche feindlich gesinnte Bischöfe im Oberhaus Siß und Stimme haben und der Fortbestand der Testacte, durch welche die höhern Staatsämter blos den Episcopalen zugänglich blieben, viele Ehrgeizige zum Uebertritt verleiten konnte, was während der Zeit des Indifferentismys und der kirchlichen Lauheit, die dieser Union folgte, häufig eintrat.

An diesen Verhandlungen nahm Robert Wodrow (1679-1734), von dem unsere Gesellschaft den Namen trägt und mit dessen umfassender Correspondenz wir unsere Notizen schließen, vielfachen Antheil. In der Vorrede zu diesen Briefen, die folgenden Titel führen: The correspondence of the Rev. Robert Wodrow, minister of

Eastwood, and author of the history of the sufferings of the church of Scotland. Edited from manuscripts in the library of the faculty of Advocates by the Rev. Tomas M'Crie. 3 Voll. Edinb. 1842. 1843.

sagt der Herausgeber von Wodrow's Charakter: „Obwohl vorzugsweise ein Mann des Friedens und sogar aus äußerster Furcht vor Streit und Zwiespalt geneigt, sich (wie er bei mehreren Gelegenheiten gethan) Maßregeln zu fügen, die er beklagte, und Grundsäge gelten zu lassen, die er mißbilligte, so kann über seinen gesunden Sinn, seinen ächten Werth und seine vollkommene Ehrenhaftigkeit unter allen Vorurtheilsfreien nur Eine Meinung obwalten. Seine Vaterlandsliebe und seine Gesinnung kamen zum Vorschein in dem thätigen Antheil, den er an allen öffentlichen Fragen des Tages, insonderheit an denen über die Union nahm, wobei er sich durch seine standhafte Opposition keiner geringen Gefahr ausseßte. An allen Controversen, die während seines Lebens die Kirche beunruhigten, nahm er mehr oder weniger

Antheil und kein Vorhaben, das nur im Entferntesten die Interessen der Religion berührte, konnte daheim oder im Auslande in der politischen Welt ins Werk gesezt werden, ohne daß das Auge und die thätige Feder dieses wachsamen Wächters der Kirche darauf gerichtet gewesen wären. Der unersättlichen Wißbegierde, die kleinsten Begebenheiten des Tages zu erforschen, kam nur der unermüdliche Fleiß gleich, mit dem er sie aufzeichnete. Innerhalb seines Bereiches entging ihm nichts, und Alles, was er sich angeeignet, wurde aufbewahrt. Die Correspondenz eines solchen Mannes muß von unschäßbarem Werthe sein für den Forscher der Geschichte und der Sitten vergangener Zeiten." Ist es auch nicht zu läugnen, daß der briefliche Verkehr eines durch seine Gelehrsamkeit und seine historischen Forschungen auf dem Gebiete der einheimischen Kirchengeschichte allgemein geachteten Mannes mit seinen in Staat, Kirche und Wissenschaft ausgezeichnetsten Zeitgenossen manche für die Geschichte und das kirchliche Leben nicht unwichtige Notizen enthalten mag, so gehört doch die ganze Pietät und Ehrfurcht eines Engländers und Schottländers für vergangene Zustände und Personen dazu, um diese Briefe, die Wodrow selbst mit regelrechtem Sinn, und wie es scheint, nicht ohne Ostentation gesammelt und in große Bände eingetragen und eingeheftet hatte, noch heute zu lesen. Denn da jene Periode, aus welcher diese Correspondenz stammt (1709—1731), an großartigen Begebenheiten ärmer war, als irgend eine andere in der schottischen Kirchen- und Profangeschichte, viele Briefe auch ohne alles Interesse sind, so muß nothwendig das Meiste dieser umfangreichen Sammlung von untergeordnetem Werthe sein und würde es noch mehr sein, hätte nicht der Herausgeber (Thomas M'Crie der Sohn) werthvolle Anmerkungen und biographische Notizen über alle in den Briefen vorkommenden Personen beigefügt und das Ganze durch einen umfassenden Index zugänglicher gemacht. Doch scheint die entschuldigende Bemerkung, womit er die Vorrede des dritten Bandes schließt und worin er mehr auf den künftigen Nußen als auf die gegenwärtige Unterhaltung hinweist, anzudeuten, daß er selbst die Dürftigkeit und Trockenheit des

Stoffes gefühlt, aber aus Pietät die Unterdrückung des Unwesentlichen gescheut habe.

Was dem Inhalte an Interesse abgeht, wird keineswegs durch die Form ersetzt. Stil und Sprache zeugen von solcher Nachlässigkeit und Ungeübtheit, daß der Herausgeber in der Vorrede zum ersten Bande die total inattention to the graces of composition and a sad absence of literary taste eines Zeitgenossen von Addison entschuldigen und durch eine Vorliebe für das heimische Idiom erklären zu müssen glaubte.

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